Leitsatz (amtlich)

1. Allgemeine Grundsätze zur steuerrechtlichen Beurteilung von Vorbehalten des Arbeitgebers bei Pensionszusagen an seine Arbeitnehmer.

2. Steuerschädliche Vorbehalte, die dem Grunde nach die Bildung von Pensionsrückstellungen ausschließen.

2. Zur Höhe einer steuerlich zulässigen Pensionsrückstellung, wenn die Zusage des Arbeitgebers zwar einen das Risiko des Arbeitgebers einschränkenden Vorbehalt enthält, der aber dem Grunde nach die Bildung einer Rückstellung nicht vollständig ausschließt.

2. Zur steuerrechtlichen Bedeutung der gemeinsamen und übereinstimmenden arbeitsrechtlichen Auslegung von Vorbehalten durch den Arbeitgeber und die Betriebsvertretung der Arbeitnehmer.

 

Normenkette

EStG 1955 § 5; EStR 1955 (und später) Abschn. 41

 

Tatbestand

I. Sachverhalt, Entscheidung des Finanzgerichts und Revisionsbegründung der Steuerpflichtigen

Ende des Jahres 1955 hat die Stpfl., eine OHG, ihren Arbeitnehmern eine Ruhegeldzusage gegeben, nach der alle Arbeitnehmer, die im Dienst der Stpfl. das 65. Lebensjahr vollenden, einen Anspruch auf Altersversorgung haben. Die Zusage enthielt zunächst den folgenden Vorbehalt:

"Unsere Firma hat das Recht, die Rentenzahlung dann und solange auszusetzen bzw. die Renten allgemein zu kürzen, wenn und solange sie ohne ausreichenden bilanzmäßigen Gewinn arbeitet und ein ausreichendes Deckungskapital, welches für den einzelnen Rentenanspruch zurückgestellt wurde, nicht mehr vorhanden ist. Sie wird jedoch, um diesen Eventualfall nach Möglichkeit auszuschließen, jährlich in ihrer Bilanz die nach mathematischer Berechnung erforderlichen Deckungskapitalien zurückstellen."

Im Jahre 1960 wurde der Vorbehalt wie folgt gefaßt:

"Die Firma hat das Recht, die Rentenzahlungen dann und solange auszusetzen oder die Rente allgemein zu kürzen, wenn sie ohne bilanzmäßigen Gewinn arbeitet und ein ausreichendes Deckungskapital für den einzelnen Rentenanspruch nicht mehr vorhanden ist. Die Firma verpflichtet sich jedoch, um diesen Fall weitgehend auszuschalten, jährlich in ihrer Bilanz die nach mathematischen Berechnungen jährlich erforderlichen Deckungskapitalien für die Rentenansprüche zurückzustellen, soweit hierdurch ein bilanzmäßiger Verlust nicht entsteht. Soweit dies der Fall sein würde, sind die Zuführungen zum Deckungskapital in dem Umfang zu kürzen, daß kein Verlust entsteht. Sofern zur Vermeidung eines Verlustes das mathematisch errechnete Deckungskapital in einem Jahr nicht in voller Höhe der Rückstellung zugeführt werden kann, ist die Nachholung der unterlassenen Rückstellung in einem nachfolgenden Gewinnjahr vorgesehen."

Auf Grund dieser Ruhegehaltszusage hat die Stpfl. in ihren Bilanzen - erstmals in der Schlußbilanz 1955 - Rückstellungen gebildet, die nach versicherungsmathematischen Grundsätzen berechnet sind. Das FA hat die Rückstellungen zunächst anerkannt. Bei der einheitlichen Gewinnfeststellung 1959 strich das FA die Rückstellung, weil der Vorbehalt zu der Zusage schädlich sei. Es verwies dabei auf den Erlaß des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 30. Juni 1959 (BStBl II 1959, 72 ff.). Es löste die Rückstellung zum 31. Dezember 1959 von 177 552 DM zu einem Drittel gewinnerhöhend auf und überführte die restlichen zwei Drittel in eine steuerfreie Rücklage.

Auf die Sprungberufung der Stpfl. erließ das FG das angefochtene Zwischenurteil, das in EFG 1964, 214, abgedruckt ist. Der Tenor lautet:

"Die Rückstellung für Ruhegeldverpflichtungen ist der Höhe nach insoweit anzuerkennen, als unter Beachtung der Grundsätze der Gleichverteilung davon ausgegangen wird, daß Zeitpunkt der Versorgungszusage die jeweilige tatsächliche Zuführung in der Bilanz ist und daß sich die Höhe der Ruhegelder aus der Berechnung nach versicherungsmathematischen Grundsätzen ergibt, wenn die tatsächlichen Zuführungsbeträge als Barwerte dieser Jahresrenten angesehen werden."

Mit der Revision rügt die Stpfl. unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts, Verstoß wider den klaren Inhalt der Akten und wesentliche Verfahrensmängel. Sie macht geltend: Der Anspruch jedes Belegschaftsmitglieds ergebe sich aus der Betriebsvereinbarung und sei vor den Arbeitsgerichten einklagbar; für willkürliche oder eigenmächtige Handlungen der Geschäftsleitung bleibe kein Raum. Selbst Kürzung oder Einstellung der Rentenzahlung nach "billigem Ermessen" lasse die Betriebsvereinbarung nicht zu. Sie (die Stpfl.) müsse vielmehr in jedem Falle, auch bei ernsten Rentabilitäts- und Liquiditätsschwierigkeiten, die Zahlungen voll aufrechterhalten, bis das gebildete Deckungskapital verbraucht sei. Nach der Betriebsvereinbarung stehe also die Kürzung oder der Widerruf der Pensionsleistungen nicht in ihrem Belieben. Es seien die Bedingungen erfüllt, welche der BFH in seinem Urteil I 14/57 S vom 22. Januar 1958 (BFH 66, 481, BStBl III 1958, 186) gesetzt habe. Der Aufnahme der in den Musterbeispielen der Finanzverwaltung aufgeführten Formulierungen bedürfe es nicht. Die Auflösung der bisherigen Rückstellungen sei - entgegen der Ansicht des FG - auch mit Treu und Glauben unvereinbar. Das FG habe sich an den Wortlaut der Musterbeispiele geklammert, ohne die viel weitergehenden rechtlichen Bindungen aus der Betriebsvereinbarung zu werten. Eine derart engherzige Bindung an den Wortlaut der Musterbeispiele verstoße gegen das Grundrecht der Vertragsfreiheit (Artikel 2 GG).

II. Stellungnahme des Bundesministers der Finanzen

Der BdF, der auf Bitte des Senats gemäß § 122 Abs. 2 FGO dem Verfahren beigetreten ist, hält die Vorentscheidung für richtig. Im einzelnen führt er aus:

Der Vorbehalt - und zwar auch in der Neufassung 1960 - lasse es nicht zu, für die Pensionslast in der von der Stpfl. erstrebten Höhe Rückstellungen zu bilden; vielmehr seien die Rückstellungen nur mit den Einschränkungen zulässig, die das FG gemacht habe.

Pensionszusagen seien künftig zu erfüllende und der Höhe nach "ungewisse" Verbindlichkeiten. Rückstellungen für solche Zusagen dienten der Ermittlung des richtigen Periodengewinns. Für die Bildung solcher Rückstellungen werde durch § 6a EStG eine bestimmte Rechtsgrundlage gefordert. Pensionsrückstellungen für Pensionsverpflichtungen, die nur auf dem arbeitsrechtlichen Grundsatz der betrieblichen Übung oder der Gleichbehandlung beruhten, seien steuerlich ausgeschlossen; die Pensionsverpflichtung müsse rechtsverbindlich eingegangen sein (Abschnitt 41 Abs. 1 EStR). Die spätere Erfüllung einer Pensionsverpflichtung dürfe nicht im freien Belieben des Unternehmers stehen. Arbeitsrechtlich könne eine vorbehaltlos zugesagte Pension nur in engen Grenzen - im wesentlichen nur bei der Gefährdung der Existenz des Unternehmens - widerrufen oder herabgesetzt werden. Pensionszusagen würden deshalb meist unter dem Vorbehalt des Widerrufs oder der Kürzung der Pensionsleistungen bei Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Unternehmens oder bei anderen nicht vorhersehbaren Ereignissen, die die Aufrechterhaltung der Pensionsverpflichtung unzumutbar oder unbillig machten, gegeben. Der Arbeitnehmer müsse damit rechnen können, daß er die Pension auch tatsächlich erhalte und sie ihm nicht willkürlich entzogen werden könne.

Nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BArbG) vom 14. Dezember 1956 (BStBl I 1959, 258) könne der Arbeitgeber eine Pensionszusage frei widerrufen, wenn der "jederzeitige Widerruf" vorbehalten sei oder die Pensionsleistungen "freiwillig" und "ohne Rechtsanspruch" gewährt würden. Enthalte die Pensionszusage keine dieser Klauseln und sei nur ihre Anpassung an nicht voraussehbare künftige Entwicklungen oder Ereignisse vorgesehen, so sei ein Widerruf oder eine Kürzung der zugesagten Pensionsleistungen nur nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) gestattet. "Billiges Ermessen" bedeute, daß der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung auch die Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigen müsse. Ein Widerrufsvorbehalt schließe zwar die Rechtsverbindlichkeit einer Pensionszusage nicht allgemein aus und stehe deshalb der Bildung von Rückstellungen steuerlich nicht ohne weiteres entgegen. Wenn der Arbeitgeber die Pensionszusage aber nach freiem Belieben, d. h. jederzeit und ohne Angabe sachlicher Gründe, widerrufen könne, sei die Bildung von Rückstellungen dem Grunde nach ausgeschlossen. Könne der Arbeitgeber die Pensionszusage dagegen nur nach billigem Ermessen widerrufen, so könne man die Wahrscheinlichkeit einer späteren Erfüllung der Pensionszusage nicht von vornherein bezweifeln. Solche Vorbehalte schlössen darum die Bildung von Rückstellungen dem Grunde nach nicht ohne weiteres aus.

Es müßten jedoch an die Voraussetzungen für den Widerruf strenge Anforderungen gestellt werden. Der Widerruf dürfe nicht schlechthin bei Änderung der Verhältnisse zulässig sein, sondern nur, wenn die Verhältnisse sich nachhaltig und so wesentlich geändert hätten, daß dem Unternehmen die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht zugemutet werden könne. Die "Mustervorbehalte" in Abschnitt 41 Abs. 3 EStR gingen in ihrer Wirkung nicht wesentlich über die Voraussetzungen hinaus, unter denen auch ohne Vorbehalt gegebene Pensionszusagen wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage widerrufen oder an veränderte Verhältnisse angepaßt werden könnten.

Sei eine Pensionsverpflichtung dem Grunde nach rückstellungsfähig, so bemesse sich ihre Höhe nach § 6a Abs. 2 bis 4 EStG. Für die versicherungsmathematische Gleichverteilung seien nach § 9 Abs. 1 EStDV die "anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik" maßgebend, d. h. die versicherungsmathematischen Grundsätze, die an den Hochschulen gelehrt würden und im Fachschrifttum niedergelegt seien (Blümich-Falk, Einkommensteuergesetz, 9. Aufl., S. 733). In der Versicherungsmathematik würden Vorbehalte in Pensionszusagen nicht berücksichtigt, weil sie statistisch nicht erfaßbar seien. Vorbehalte dürften deshalb, sofern sie die Rückstellungsbildung nicht dem Grunde nach ausschlössen und solange von ihnen kein Gebrauch gemacht würde, bei der Bildung von Rückstellungen nach § 6a Abs. 2 EStG nicht berücksichtigt werden.

Die Stpfl. habe ihren Arbeitnehmern im Jahre 1955 eine Pensionszusage in einer Betriebsvereinbarung gemacht. Nach der Neufassung des Vorbehalts im Jahre 1960 könnten die zugesagten Leistungen gekürzt werden, wenn die Firma nach Eintritt des Versorgungsfalls keinen bilanzmäßigen Gewinn habe und ein ausreichendes Dekkungskapital nicht vorhanden sei. Das letztere werde der Fall sein, wenn die Firma während der Anwartschaftszeit keinen zur Bildung des Deckungskapitals ausreichenden Gewinn habe. Die Stpfl. könne die zugesagten Leistungen einstellen oder kürzen, wenn und solange sie ohne bilanzmäßigen Gewinn arbeite und ein ausreichendes Deckungskapital für den einzelnen Rentenanspruch nicht vorhanden sei. Sie müsse zwar für die Bildung eines ausreichenden Deckungskapitals sorgen, aber nur, wenn dadurch kein bilanzmäßiger Verlust entstehe, mit anderen Worten, wenn die Zuführung zur Rückstellung aus dem Gewinn erbracht werden könne. Ein ausreichendes Deckungskapital werde nicht vorhanden sein, wenn während der Dauer der Bildung der Pensionsrückstellung in einem Jahr ein Verlust ausgewiesen werde oder nur der Gewinn geringer sei als der erforderliche Zuführungsbetrag. Die Stpfl. könne also ihre Leistungen einstellen oder kürzen, wenn nach dem Eintritt des Versorgungsfalls in einem Jahr ein Verlust eintrete und auch schon vorher - während der Bildung der Rückstellung - ein Jahr mit Verlust abgeschnitten habe. Es genügten mithin bereits zwei Verlustjahre, damit die Stpfl. die Leistungen einstellen oder kürzen könne. Welches Ausmaß die Verluste gehabt hätten und ob sie die wirtschaftliche Lage der Stpfl. erheblich beeinträchtigten, spiele nach dem Wortlaut des Vorbehalts keine Rolle. Bei der langen Laufzeit von Pensionsverpflichtungen sei es aber nicht außergewöhnlich, daß in dieser Zeit zwei Verlustjahre vorkämen. Zwei Verlustjahre besagten nichts Wesentliches über die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens. Wenn dennoch die Stpfl. auf Grund des Vorbehalts ohne weiteres zur Kürzung oder sogar zur Einstellung ihrer Leistungen berechtigt sei so bestehe keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, daß sie die zugesagten Leistungen später auch tatsächlich voll erbringen werde. Der Widerrufsvorbehalt sei danach steuerschädlich und stehe der erstrebten Rückstellungsbildung entgegen.

Anders läge es, wenn der Vorbehalt die Bedeutung hätte, daß er nur eingreife, wenn sich die wirtschaftliche Lage der Stpfl. so wesentlich und nachhaltig verschlechtert habe, daß ihr die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht mehr zumutbar sei. Eine solche Einschränkung, die dem Mustervorbehalt nach Abschnitt 41 Abs. 3 EStR entspräche, lehne die Stpfl. jedoch ab.

Der Auffassung der Stpfl., daß die in den Mustervorbehalten enthaltenen Begriffe "nachhaltige und wesentliche Änderung der Verhältnisse", "Unzumutbarkeit der Aufrechterhaltung der Leistungen" und "billiges Ermessen" unpräzise und schwammig seien, sei nicht zu folgen. Diese Kriterien seien durch die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte fest umrissen. Sie schlössen den willkürlichen Widerruf einer Pensionszusage durch den Arbeitgeber aus.

Allerdings schließe im Streitfall der Vorbehalt die Bildung einer Rückstellung nicht vollständig aus; denn die Einstellung oder Kürzung der Pensionsleistung sei bei nicht ausreichendem Gewinn bzw. bei einem Verlust im Jahr der Pensionsleistung nur zulässig, soweit ein ausreichendes Deckungskapital nicht vorhanden sei. Die Stpfl. müsse also die Leistungen in jedem Fall erbringen, soweit sie rechnerisch durch das vorhandene Deckungskapital gedeckt seien. In Höhe dieses Betrages liege sachlich eine Pensionszusage ohne Vorbehalt vor, die rückstellungsfähig sei. Der rückstellungsfähige Betrag ergebe sich in diesem Falle nicht unmittelbar aus der Pensionszusage, sondern erst aus der gebildeten Rückstellung. Denn erst nach der Bildung der Rückstellung sei es wahrscheinlich, daß der Pensionsanspruch in Höhe des zurückgestellten Betrags erfüllt werde. Der Vorbehalt habe danach den Charakter einer sogenannten leistungsbegründenden Rückstellungsklausel (Heißmann, "Die Rückstellungsklausel in Pensionszusagen", Der Betriebs-Berater [BB] 1966, 975). Die Rückstellung könne dabei steuerlich in der Höhe gebildet werden, die sich ergebe, wenn der in der Handelsbilanz ausgewiesene Rückstellungsbetrag verrentet und der danach berechnete Rentenbetrag als zugesagte Pension für die Bildung der Rückstellung zugrunde gelegt werde (Röncke, BB 1958, 657). In diesem Sinne habe auch das FG entschieden.

III. Mündliche Verhandlung

Gegenüber dem Vorbescheid des Senats, durch den das Urteil des FG aufgehoben wurde und der im wesentlichen der heutigen Entscheidung entspricht, beantragte die Stpfl. mündliche Verhandlung. In dieser machte sie gegenüber der Auffassung des Senats, daß die Bedeutung der Klausel nochmals geprüft werden müsse, wiederum geltend, daß die Klausel ihr weniger Rechte gebe als die Vorbehalte, die der BdF als unschädlich ansehe, und daß es nach Lage der Dinge völlig unwahrscheinlich sei, daß die ihren Arbeitnehmern zustehenden Renten jemals gekürzt werden könnten. Der BdF schränkte seine Stellungnahme dahin ein, daß er der Auffassung des Senats entsprechend es nicht für ausgeschlossen halte, daß eine nochmalige Prüfung der Klausel durch das FG deren Unschädlichkeit ergebe.

 

Entscheidungsgründe

IV. Entscheidung des Senats

Die Revision muß zur Aufhebung der Vorentscheidung führen.

Nach § 6a EStG darf eine Rückstellung nur gebildet werden, wenn " die Pensionsanwartschaft auf einer vertraglichen Verpflichtung beruht oder sich aus einer Betriebsvereinbarung, einem Tarifvertrag oder einer Besoldungsordnung ergibt". In Abschnitt 41 EStR 1955 (und später) wird das rechtlich zutreffend dahin erläutert, daß die Pensionszusage rechtsverbindlich sein muß und daß Vorbehalte, die die Einhaltung der Pensionszusage in das freie Belieben des Arbeitgebers stellen, die Bildung der Rückstellung ausschließen.

Für die Beurteilung der Unschädlichkeit eines Vorbehalts will der BdF mit Recht einen strengen Maßstab angelegt wissen. Wenn auch Maßnahmen eines Unternehmens zur Altersversorgung seiner Arbeitnehmer förderungswürdig sind, so gilt das doch nur für solche Maßnahmen, die den Arbeitnehmern nicht bloß einen unsicheren "Wechsel" auf die Zukunft geben, sondern zugunsten der Arbeitnehmer eine Verpflichtung begründen, der sich das Unternehmen rechtlich nicht entziehen kann. Daß allerdings bei langfristigen Verpflichtungen die Gefahr eines Widerrufs oder einer tatsächlichen Verschlechterung nicht ganz auszuschließen ist und der Bildung von Rückstellungen nicht ohne weiteres entgegensteht, legt der BdF zutreffend dar.

Mit Recht weist der BdF auch darauf hin, daß die in Abschnitt 41 Abs. 2 EStR 1963 angeführten Beispiele von schädlichen Vorbehalten "freiwillig und ohne Rechtsanspruch", "jederzeitiger Widerruf vorbehalten" usw. dem Arbeitgeber letztlich frei darüber zu entscheiden gestatten, ob er später tatsächlich Versorgungsleistungen zahlen will. In diesen Fällen sind darum Rückstellungen steuerlich nicht zulässig.

Andererseits ist aber auch nicht etwa jeder Vorbehalt schädlich. Wie in Abschnitt 41 Abs. 3 und 4 EStR 1963 zutreffend ausgeführt ist, wird die Rechtsverbindlichkeit einer Pensionszusage und die Ernstlichkeit der Belastung nicht schon dadurch in Frage gestellt, daß dem Arbeitgeber ein Widerruf bei geänderten Verhältnissen nach billigem Ermessen gestattet ist.

Unter diesen Gesichtspunkten ergeben sich in der Tat Bedenken, ob nicht das, was die Stpfl. in Ziff. 1 ff. den einzelnen Arbeitnehmern der Höhe nach als Versorgungsleistungen versprochen hat, durch den Vorbehalt in Ziff. 6 aus Gründen, die allein dem Interesse der Stpfl. dienen, erheblich eingeschränkt wird. Die Stpfl. kann die Rentenzahlungen schon dann und solange aussetzen bzw. die Renten allgemein kürzen, "wenn sie ohne bilanzmäßigen Gewinn arbeitet und ein ausreichendes Dekkungskapital für den einzelnen Rentenanspruch nicht mehr vorhanden ist". Dieser Vorbehalt geht über den allgemeinen Vorbehalt der "Änderung der Geschäftsgrundlage" insofern weit hinaus, als die Höhe des bilanzmäßigen Gewinns wesentlich auch von bilanzmäßigen Maßnahmen der Stpfl. abhängt und daher, wie der BdF mit Recht dargelegt hat, nicht ohne weiteres über ihre Leistungsfähigkeit Entscheidendes aussagt. Allein auf diese Möglichkeit und nicht darauf, ob der Eintritt eines Aussetzungs- oder Kürzungsfalles wahrscheinlich ist, kann es für die Würdigung des Vorbehalts ankommen. Zuzugeben ist der Stpfl. allerdings, daß für die Arbeitnehmer eine gewisse Sicherheit insofern geschaffen ist, als auch das Deckungskapital erschöpft sein muß, dieses also auf jeden Fall für die Erfüllung der Zusagen erhalten bleibt.

Bei der steuerlichen Beurteilung eines Vorbehalts muß man berücksichtigen, daß die Alterssicherung der Arbeitnehmer eine arbeitsrechtliche und soziale Maßnahme ist, die nicht durch steuerliche Anforderungen unangemessen erschwert werden darf. Auf der anderen Seite besteht aber kein Anlaß, steuerliche Erleichterungen für Pensionszusagen zu gewähren, die dem Arbeitnehmer keine Sicherheit auf Erfüllung der Zusagen geben.

Unter diesen Umständen liegt es in der Tat nahe, den Vorbehalt der Stpfl. mit dem FG und dem BdF als schädlich anzusehen. Der Vorbehalt der Kürzung der Rentenzahlungen oder der Rente "allgemein" bei Fehlen eines Gewinns dient einseitig dem Interesse der Stpfl.; er verringert von vornherein ihr Risiko aus der Zusage auf Kosten der Arbeitnehmer. Das wird noch deutlicher, wenn man berücksichtigt, daß die Stpfl., wenngleich sie zur Vornahme der erforderlichen jährlichen Rückstellungen verpflichtet ist, doch auch die Rückstellungen nur vorzunehmen braucht, "soweit hierdurch ein bilanzmäßiger Verlust nicht entsteht".

Welches Gewicht man dem Vorbehalt für die steuerrechtliche Betrachtung gibt, hängt entscheidend davon ab, ob man darin mehr eine das Risiko der Stpfl. ausschließende oder vermindernde Klausel oder mehr eine nur für Notfälle gedachte Klausel sieht. Maßgebend ist, ob man den Satz 1 des Vorbehalts tatsächlich so auffassen muß, wie die Stpfl. meint, nämlich daß die Aussetzung oder Kürzung trotz Fehlens eines bilanzmäßigen Gewinns solange nicht möglich ist, als noch überhaupt ein Deckungskapital vorhanden ist, oder ob man den Satz mit dem FG und dem BdF - und wohl auch dem Wortlaut entsprechend - dahin verstehen muß, daß die Aussetzung oder Kürzung schon möglich ist, wenn das bisher gebildete Deckungskapital für Rentenzahlungen und Anwartschaften nicht mehr ausreicht.

Weil es sich um einen Grenzfall handelt und die Stpfl. sich für die von ihr vertretene Auslegung des Vorbehalts vor dem FG ausdrücklich darauf berufen hat, daß sie darin mit ihren Arbeitnehmern übereinstimme, scheinen die Ausführungen des FG über die Schädlichkeit des Vorbehalts nicht voll überzeugend. Wenn es auch nicht darauf ankommen kann, ob nach der Ertragslage der Stpfl. mit dem Anfall von Verlusten tatsächlich zu rechnen ist, sondern allein der rechtliche Gehalt des Vorbehalts maßgebend sein muß, kann doch an der Auslegung, die die Stpfl. und angeblich auch ihre Arbeitnehmer dem Vorbehalt gemeinsam und übereinstimmend und damit arbeitsrechtlich einander bindend geben, auch steuerrechtlich nicht vorbeigegangen werden. Wie das FG und der BdF mit Recht keine Bedenken gehabt haben, in der Neufassung des Vorbehalts im Jahre 1960 nur eine Klarstellung der Fassung des Jahres 1955 zu sehen, so kann man auch auf die übereinstimmende Auslegung durch die Beteiligten zurückgreifen, soweit diese in der vertraglichen Vereinbarung eine Stütze findet und nicht etwa nur auf Grund einer nachträglichen Abrede nachgeschoben wird.

Das Urteil des FG war deshalb wegen möglichen Rechtsirrtums aufzuheben. Das FG hat bei seiner Entscheidung unter Anhörung des Stpfl. und der Betriebsvertretung zu prüfen, welche Rolle das Deckungskapital für die Aussetzung oder Kürzung spielt und ob der Vorbehalt schon unter der Voraussetzung des Eintritts von Verlusten der Stpfl. ein Einstellungs- und Kürzungsrecht gibt oder ob, wie die Stpfl. behauptet, nach der übereinstimmenden und gemeinsamen Auslegung, die sie selbst und ihre Arbeitnehmer dem Vorbehalt geben, hinzukommen muß, daß ihre Lage sich allgemein so verschlechtert haben muß, daß sie einen Widerruf auch nach billigem Ermessen aussprechen könnte, und daß, solange überhaupt ein Deckungskapital vorhanden ist, eine Kürzung der laufenden Renten nicht möglich sei. Nur im letztgenannten Fall wäre die Rückstellung in voller Größe anzuerkennen. Anderenfalls ist die Rückstellung nur in der Höhe zulässig, wie das FG das in der angefochtenen Entscheidung angenommen hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412797

BStBl II 1968, 90

BFHE 1968, 343

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