Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft gegen Zahlung wiederkehrender Bezüge, die erst vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung (Fündigwerden von Erdölbohrungen) ab erfolgen soll, begründet kein leibrentenähnliches Stammrecht. Die wiederkehrenden Bezüge sind vom Zeitpunkt ihrer Zahlung ab gewerbliche Einkünfte; ihre Versteuerung richtet sich nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen über die Versteuerung betrieblicher Veräußerungsrenten.

 

Normenkette

EStG § § 17, 22 Ziff. 1, § 24/2, § 49 Abs. 1 Ziff. 2, § 49 Abs. 1 Ziff. 7; BGB § 99

 

Tatbestand

Streitig ist die steuerrechtlich zutreffende Behandlung von Einnahmen aus Förderzinsen, die unstreitig aus der Abtretung von Ausbeuterechten und wesentlichen Beteiligungen an Erdölausbeutungsgesellschaften seitens des Rechtsvorgängers (Vaters) der Revisionsbeklagten an die nunmehrigen Zahlungsverpflichteten bzw. deren Rechtsvorgänger resultieren. Die Revisionsbeklagte besitzt die belgische Staatsangehörigkeit. Sie hat im Inland weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt. Sie unterliegt mit ihren Einnahmen aus Förderzinsen der inländischen Besteuerung nur dann, wenn dieses als Einkünfte im Sinne des § 49 EStG anzusehen sind.

Den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet der Einkommensteuerbescheid 1959, mit dem das Finanzamt (FA) die Revisionsbeklagte zur Einkommensteuer heranzog.

Auf die Berufung hob das Finanzgericht (FG), dessen Urteil in den "Entscheidungen der Finanzgerichte" (EFG) 1964 S. 379 veröffentlicht ist, den Steuerbescheid ersatzlos auf. Seine Entscheidung begründet es wie folgt:

Die aus der Abtretung von Ausbeuterrechten resultierenden Förderzinsen seien Rechtsfrüchte des für die Hergabe der Ausbeuterechte erlangten Bezugsrechts (Stammrechts) und daher nach Abzug der auf sie entfallenden Werbungskosten sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Ziff 1 EStG. Sie gehörten somit nicht zu den in § 2 Abs. 3 Ziff 1 bis 6 EStG genannten Einkunftsarten und unterlägen auch nicht dem Steuerabzug (§ 49 Abs. 1 Ziff 7 EStG).

Dasselbe gelte für die aus der Abtretung wesentlicher Beteiligungen resultierenden Förderzinsen. Der Vater der Revisionsbeklagten habe als Gegenleistung für die Hergabe seiner Beteiligungen nicht eine Vielzahl von Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen, sondern ein einheitliches Bezugsrecht auf Förderzins als Stammrecht erlangt. Aber auch wenn man annehme, daß die Abtretung zu einem Veräußerungsgewinn hätte führen müssen, so wäre zu dessen Berechnung den Anschaffungskosten der Verkehrswert der Beteiligungen im Zeitpunkt der Veräußerung gegenüberzustellen gewesen, der angesichts des damaligen Wagnisses (die Förderung und auch die Zahlung von Förderzinsen setzte erst nach 1950 ein) so gering anzunehmen, daß sich ein die Anschaffungs- und Veräußerungskosten übersteigender Betrag nicht ergeben hätte. In jedem Fall aber hätte die Erfassung eines solchen Veräußerungsgewinns in den Jahren der Veräußerung erfolgen müssen (Urteil des BFH IV 64/57 U vom 17. Oktober 1957, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 65 S. 544 - BFH 65, 544 -, BStBl III 1957, 443). Die zur Abgrenzung von Kaufpreisraten und laufenden Bezügen mit Rentencharakter bei Veräußerung eines Gewerbebetriebs entwickelten Grundsätze (BFH- Urteil I 200/58 U vom 20. Januar 1959, BFH 68, 500, BStBl III, 192) könnten im Streitfall keine Anwendung finden, in dem die laufenden Bezüge auf einem Stammrecht beruhten das ebenso wie die seinerzeit hingegebene Beteiligung zum Privatvermögen der Berechtigten gehöre. Der Tausch einer Beteiligung gegen ein Stammrecht löse kraft gesetzlicher Fiktion ggf. die Versteuerung eines Veräußerungsgewinns unmittelbar aus. Bezüge, die laufend aus dem Stammrecht flössen, könnten dagegen auch nicht mehr mittelbar als gewerbliche Einkünfte angesehen werden. Sie hätten unbeschadet des Rechtsgrundes ihrer Entstehung des Charakter wiederkehrender Bezüge. Einkunftsquelle der Revisionsbeklagten sei nicht die Veräußerung der wesentlichen Beteiligungen als gewerbebetriebliche Fiktion, sondern allein das eingeräumte private Stammrecht.

Dagegen richtet sich die als Revision zu behandelnde Rb. des FA, zu deren Begründung es folgendes ausführt:

Die Auffassung des FG gehe insofern fehl, als die Förderzinsen nicht Ausfluß eines - von der Revisionsbeklagten und dem FG angenommenen - Bezugsrechts, sondern unmittelbar die Gegenleistung für die Abtretung der Gesellschaftsanteile seien. Soweit die Gegenleistung für die Veräußerung nicht in einem sofort greifbaren Veräußerungsgewinn, sondern in der Zahlung wiederkehrender Bezüge bestehe, setze die Besteuerung der Bezüge als gewerbliche Einkünfte erst bei ihrer Vereinnahmung ein (BFH-Urteile I 200/58 U, a. a. O., IV 346/61 U vom 7. Oktober 1965, BFH 83, 462 BStBl III 1965, 666).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

Veräußert ein nur beschränkt Steuerpflichtiger Anteile an einer inländischen Kapitalgesellschaft, die nicht zum Betriebsvermögen einer von ihm im Inland unterhaltenen Betriebstätte gehören, gegen Entgelt, so ist es für die Annahme gewerblicher Einkünfte in Höhe des Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG unerheblich, ob er im Zusammenhang mit der Beteiligung im Ausland eine gewerbliche Tätigkeit entfaltet hat. Denn § 49 Abs. 1 Ziff. 2 EStG stellt in seiner zweiten Alternative allein auf die Tatsache der Veräußerung zu einem die Anschaffungskosten um mehr als 10.000 DM (jetzt 20.000 DM) übersteigenden Veräußerungserlös ab (BFH-Urteil I 209/60 U vom 13. Dezember 1961, BFH 74, 222, BStBl III 1962, 85). Erfolgt die Veräußerung gegen die Gewährung einer Leibrente, so sind die aus dem Rentenstammrecht fließenden wiederkehrenden Bezüge von dem Zeitpunkt ab als gewerbliche Einkünfte zu erfassen, in dem sie die Anschaffungskosten der veräußerten Beteiligung nachweislich um mehr als 10.000 DM übersteigen.

Die von der Revisionsbeklagten geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorschrift des § 17 EStG teilt der Senat nicht. Die in der besonderen Machtposition des Steuerpflichtigen als wesentlich beteiligter Gesellschafter begründete Heranziehung des Veräußerungsgewinns zur Steuer kann nicht als willkürlich oder Ungleichbehandlung gegenüber nicht wesentlich beteiligten Gesellschaftern der Kapitalgesellschaft angesehen werden (Siehe auch BFH-Urteil IV 204/62 U vom 27. August 1964, BFH 80, 416, BStBl III 1964, 624). Auch der Gesetzgeber hat bei der Neufassung des § 17 EStG im Steueränderungsgesetz vom 14. Mai 1965 (BStBl I 1965, 217 (219)) die in der Literatur erörterte und durch Beschluß des FG Stuttgart I 636/63 vom 21. Januar 1964 (EFG 1964 S. 439) dem Bundesverfassungsgericht unterbreitete Frage der Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift nicht zum Anlaß genommen, die Vorschrift gänzlich zu streichen, vielmehr in der Begründung des Entwurfs (Deutscher Bundestag 4. Wahlperiode, Drucksache IV/2400 vom 19. Juni 1964, S. 69) die Ansicht vertreten, daß zu mehr als einem Viertel an einer Kapitalgesellschaft beteiligte Steuerpflichtige sich wirtschaftlich der Rechtsstellung von Mitunternehmern nähern, deren Veräußerungsgewinne nach § 16 EStG der Einkommensteuer unterliegen und diesen gegenüber nicht begünstigt werden dürfen.

Im Streitfall erfolgte die Abtretung der Ausbeuterechte sowie der Anteile an den - mangels Förderung - nur ihre Ausbeuterechte haltenden Kapitalgesellschaften nach Darstellung der Revisionsbeklagten jeweils gegen die Einräumung eines Bezugsrechts auf Extraförderzins (im Gegensatz zum Pachtzinsanspruch des Grundeigentümers). Die Revisionsbeklagte und das FG sehen dieses Bezugsrecht als ein im Tauschwege erworbenes Stammrecht an, dessen Rechtsfrüchte die der Revisionsbeklagten zufließenden wiederkehrenden Bezüge seien. Demgegenüber sieht das FA die der Revisionsbeklagten zufließenden wiederkehrenden Bezüge unmittelbar als die Gegenleistung für die seitens ihres Rechtsvorgängers vorgenommene Abtretung seiner Ausbeuterechte und Gesellschaftsanteile an.

Soweit die Abtretung von Ausbeuterechten in Frage steht, die dem Vater der Revisionsbeklagten unmittelbar zustanden, fehlt es für eine Heranziehung der Förderzinsen nach § 17 EStG an der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. Sie unterliegt auch nicht der Vorschrift des § 16 EStG, da die Veräußerung einzelner Rechte der Veräußerung eines Betriebes oder Teilbetriebes nicht gleichsteht. Die Förderzinsen sind wiederkehrende Bezüge im Sinne des § 22 Ziff. 1 EStG, die indes einem Steuerabzug nicht unterliegen und deshalb gemäß § 49 Abs. 1 Ziff. 7 EStG im Streitfall außer Betracht bleiben.

Soweit die Abtretung von Anteilsrechten an Kapitalgesellschaften - als wesentliche Beteiligungen - in Frage steht, vermag der Senat der Auffassung der Revisionsbeklagten und des FG nicht zu folgen. Wie die Revisionsbeklagte in dem von ihr überreichten Gutachten hat ausführen lassen, trat das Recht auf Förderzins an die Stelle des Kaufpreises, der (als Wert der Geschäftsanteile) "nicht durch eine absolute Zahl ausgedrückt werden konnte, weil noch nicht zu übersehen war, wann und in welcher Menge öl gefördert werden würde". Die Revisionsbeklagte sieht hierin einen Tausch (als Austausch von Rechten), der einem Kauf wirtschaftlich nicht vergleichbar sei.

Unbeschadet dieser Auffassung führen aber Tausch wie Kauf grundsätzlich in gleicher Weise zur Gewinnrealisierung. Die Ausnahmelage, die bei wirtschaftlicher Betrachtung wegen der Wert-, Art- und Funktionsgleichheit der getauschten Anteile von Kapitalgesellschaften eine Gewinnrealisierung verneinen läßt (BFH- Gutachten I D 1/57 S vom 16. Dezember 1958, BFH 68, BStBl III 1959, 30; BFH-Urteil I 169/63 U vom 2. November 1965, BFH 84, 353, BStBl III 1966, 127), ist im Streitfall nicht gegeben. Der Anspruch auf die Zahlung des Förderzinses bei Fündigwerden der Zahlungsverpflichteten trat nach eigener Darstellung der Revisionsbeklagten, die sich mit den vorliegenden Verträgen deckt, praktisch an die Stelle eines Kaufpreises; er war danach als eine aufschiebend bedingte Forderung anzusehen, ohne sich indes als ein besonderes Bezugsrecht nach Art eines Rentenstammrechts zu manifestieren. Das hat auch das von der Revisionsklägerin vorgelegte Gutachten nicht verkannt, wenn es ausführt, daß die Tauschgeschäfte zwar Veräußerungen im Sinne von § 17 EStG seien und auch die streitigen Tauschgegenstände zu den dort aufgeführten Veräußerungsgegenständen gehörten; es erscheine jedoch zweifelhaft, ob aus den Tauschgeschäften Gewinne erzielt worden seien.

Wie im BFH-Urteil IV 346/61 U, a. a. O., dargelegt, tritt im Falle der Veräußerung eines zum Betriebsvermögen gehörigen Wirtschaftsguts gegen eine Leibrente der Leibrentencharakter zurück, wenn die Zahlung der wiederkehrenden Bezüge den gewerblichen Einkünften zuzuordnen ist. Einem solchen Fall ist der Fall der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung gegen eine Leibrente auf Grund des § 17 EStG (bei Erfüllung seiner Voraussetzungen) gleichzustellen. Das hat aber auch im Streitfall zu gelten, wenn man - mit der Revisionsbeklagten und dem FG - die Entstehung eines besonderen Bezugsrechts annimmt, statt die wiederkehrenden Bezüge unmittelbar als nachträgliche gewerbliche Einkünfte zu erfassen; denn § 22 EStG enthält nur einen Ersatztatbestand, so daß die bereits vom Reichsfinanzhof vertretene Auffassung (Urteil VI A 706/28 vom 14. Mai 1930, RStBl 1930, 580) dem System des Einkommensteuerrechts nicht widerspricht.

Inwieweit sich dabei in Ansehung der Anschaffungskosten ein Veräußerungsgewinn ergibt, wird das FG noch festzustellen haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412304

BStBl III 1967, 45

BFHE 1967, 102

BFHE 87, 102

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