Leitsatz (amtlich)

Die Züchterprämie nach der Rennordnung ist in der Regel auch dann kein Entgelt, wenn der Züchter nicht mehr Halter des siegreichen Pferdes ist (Ergänzung zum Urteil V R 163/66 vom 2. Oktober 1969, BFH 97, 263, BStBl II 1970, 111).

 

Normenkette

UStG 1951 § 1 Nr. 1, § 4 Nr. 19; BGB § 657

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Steuerpflichtiger) züchtete in seinem landwirtschaftlichen Betrieb Pferde (Traber), die die Besitzer in den Veranlagungszeiträumen 1960 bis 1962 an Pferderennen teilnehmen ließen und mit denen sie Rennpreise erlangten. Da einerseits nach § 15 der Trabrennordnung der Züchter eines im Inland gezüchteten und in einem inländischen Rennen siegreichen Tieres, wenn er bei dessen Geburt Besitzer der Mutterstute war und im Zeitpunkt des Rennerfolgs mindestens noch eine Zuchtstute besitzt, gegenüber dem Veranstalter des Rennens Anspruch auf 10 v. H. des ausgesetzten Rennpreises hat, und andererseits der Steuerpflichtige alle diese Voraussetzungen erfüllte, führten die Erfolge der von ihm gezüchteten Tiere zur Vereinnahmung von sogenannten Züchterprämien. Diese betrugen in den genannten Veranlagungszeiträumen insgesamt 151 293 DM. Das FA zog diese Einnahmen zur Berechnung der Umsatzsteuer (4 %) heran. Der Steuerpflichtige sieht sich dadurch in seinen Rechten verletzt. Er ist der Auffassung, es könne dahingestellt bleiben, ob überhaupt ein unmittelbarer Leistungsaustausch i. S. des § 1 Nr. 1 UStG 1951 zwischen dem Veranstalter des Rennens und dem Steuerpflichtigen stattgefunden habe, da ggf. die steuerbare Leistung „in der Aufzucht und dem Halten von Vieh innerhalb eines landwirtschaftlichen Betriebs im Inland” zu sehen und eine derartige Leistung gem. § 4 Nr. 19 UStG steuerfrei sei.

Das FG hat im angefochtenen Urteil die Steuerveranlagung um 6 051 DM herabgesetzt und damit der Anfechtungsklage in vollem Umfang entsprochen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Das Züchten des siegbringenden Pferdes und das Halten mindestens einer Zuchtstute im Zeitpunkt des Sieges, also die beiden Bedingungen für die Züchterprämie, seien zwar Leistungen i. S. des § 1 Nr. 1 UStG, die der Steuerpflichtige gegenüber dem Rennverein ausgeführt habe. Der Steuerpflichtige könne sich aber auf die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 19 UStG berufen.

Gegen dieses Urteil hat das FA Revision mit der Begründung eingelegt, § 4 Nr. 19 UStG sei verletzt, da die Vorschrift nur Aufzucht und Halten fremden Viehs begünstige, der Steuerpflichtige aber unstreitig eigene Pferde gezüchtet habe.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet.

Der erkennende Senat hat bereits mit Urteil V R 163/66 vom 2. Oktober 1969 (BFH 97, 263, BStBl II 1970, 111) die umsatzsteuerrechtliche Bedeutung der Züchterprämie unter der tatsächlichen Voraussetzung untersucht, daß der Empfänger nicht wie hier nur Züchter, sondern auch Besitzer des Tiers zur Zeit des Rennens ist. Die Grundsätze dieses Urteils finden aber weitgehend auch auf den vorliegenden Fall Anwendung.

Wie im Vergleichsfall geht der Senat in Übereinstimmung mit der auch vom FG herangezogenen Rechtsprechung des RFH (vgl. Urteil V 133/41 vom 13. Februar 1942, RStBl 1942, 543) davon aus, daß der Steuerpflichtige die Züchterprämien auf der Rechtsgrundlage einer öffentlichen Auslobung i. S. des § 657 BGB erhalten hat. Die Züchterprämie ist deshalb als eine „Belohnung” zu beurteilen, die der Auslobende (Rennverein) „für die Vornahme einer Handlung, insbesondere für die Herbeiführung eines Erfolgs” (Züchtung des siegreichen Pferdes im Inland) dem Kreis von Züchtern versprochen hat, der im Zeitpunkt des Rennens im Besitz einer Mutterstute ist.

Schon der im BGB gebrauchte Begriff der Belohnung sowie die im § 657 BGB enthaltene Verpflichtung des Auslobenden, die Belohnung an den auslobungsgemäß Handelnden zu entrichten, „auch wenn dieser nicht mit Rücksicht auf die Auslobung gehandelt hat”, deutet darauf hin, daß die Zahlung auf der Grundlage dieser Vorschrift zumindest grundsätzlich nicht als „Entgelt” i. S. des Umsatzsteuerrechts zu beurteilen ist.

Jedenfalls für den vorliegenden Fall kann der Meinung des FG nicht gefolgt werden, „das Züchten des siegbringenden Pferdes und das Halten mindestens einer Zuchtstute im Zeitpunkt des Sieges, also die beiden Handlungen, von deren Vornahme die Zahlung der Züchterprämie abhängt”, seien „Leistungen i. S. von § 1 Nr. 1 UStG, die der Züchter gegenüber dem Auslobenden, d. h. gegenüber dem Rennverein ausführt”. Wie der Senat in dem genannten Urteil vom 2. Oktober 1969 ausgesprochen hat, ist die Gütererzeugung (z. B. Pferdezüchtung), die ein Unternehmer in seinem Unternehmen für sich selbst betreibt, ebensowenig ein Umsatz wie das Halten von Produktionsmitteln (z. B. Zuchtstuten). Insoweit findet kein Rechtsverkehr statt. Eine Leistung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne kann auch nicht darin gesehen werden, daß der Unternehmer – wie im vorliegenden Falle der Steuerpflichtige durch die Pferdezucht – einem öffentlichen Interesse dient oder den Wünschen und Bedürfnissen eines durch einen bestimmten Zweck verbundenen Personenkreises (Rennverein) entspricht. Denn auch ein solches Wohlverhalten als Reflex aus der Verfolgung eigener Interessen ist keine Leistung im Rechtsverkehr. Dementsprechend sind auch geldwerte Vorteile in Form von Subventionen, Beihilfen, Förderungsprämien, Geldpreisen und dergleichen, die ein Unternehmer als Anerkennung oder zur Förderung seiner im allgemeinen Interesse liegenden Tätigkeiten ohne Bindung an bestimmte Umsätze erhält, keine Entgelte im Sinne des Umsatzsteuerrechts (vgl. Hartmann-Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, 5. Aufl., Rdnrn. 82, 83 zu § 5; Urteil des erkennenden Senats V 31/64 vom 24. August 1967, BFH 89, 407, BStBl III 1967, 717).

Eine andere Beurteilung einer als Belohnung und dergleichen bezeichneten Zahlung, die uneigennützig, insbesondere nicht für eine Leistung an den Zahlenden gewährt wird, ist allerdings geboten, wenn die Belohnung an einen Umsatz des Empfängers mit einem Dritten gebunden ist. Denn nach § 10 UStDB ist dem zur Bemessung der Umsatzsteuer gemäß § 11 Abs. 1 UStG maßgebenden Entgelt auch hinzuzurechnen, was ein anderer als der Empfänger dem Unternehmer für die Lieferung und sonstige Leistung gewährt. Nach der ständigen Rechtsprechung des RFH und des BFH muß aber in solchen Fällen ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Aufwendung des Dritten und der Leistung – oder einer Gattung von Leistungen – des Unternehmers bestehen (vgl. BFH-Urteil vom 24. August 1967, a. a. O., und die dort angeführte Rechtsprechung).

Nach diesen Grundsätzen könnten die Züchterprämien nur dann als eine derartige „Entgeltauffüllung” beurteilt werden, wenn sie bestimmungsgemäß für die Züchtung fremder Pferde oder für den Verkauf gezüchteter Pferde gewährt worden wären; nur dann wäre die Belohnung, wie es die Rechtsprechung zur Anwendung des § 10 UStDB verlangt, in einen unmittelbaren Zusammenhang mit einem nach den Umständen des vorliegenden Falles in Betracht zu ziehenden Umsatz gestellt. Nach den Feststellungen des FG aus der für die Prämiengewährung verbindlichen Rennordnung waren die Züchterprämien aber gerade nicht an derartige Leistungen, sondern ausschließlich an innerbetriebliche Tätigkeiten gebunden; die Züchtung fremden Viehs wäre sogar prämienschädlich gewesen, da die Rennordnung verlangt, daß der Züchter zur Zeit der Geburt des Fohlens der Besitzer der Mutterstute gewesen sein muß.

Für die Erwägung des erkennenden Senats im Urteil vom 2. Oktober 1969 (a. a. O.), die abweichende Rechtsauffassung des RFH hinsichtlich der Züchterprämien im Urteil vom 13. Februar 1942 (a. a. O.) könne, wenn nicht der Züchter selbst, sondern wie hier ein Dritter die erfolgreichen Pferde dem Rennveranstalter zur Verfügung gestellt habe, unter Umständen nach den Grundsätzen der Entgeltauffüllung gerechtfertigt sein, ist deshalb im vorliegenden Falle kein Raum.

Nach diesen Überlegungen können die strittigen Züchterprämien nicht als Entgelt für steuerbare Leistungen beurteilt werden. Sie sind vielmehr echte Zuschüsse, die bei der Berechnung der Umsatzsteuer auszuscheiden haben. Das angefochtene Urteil, in dem der Klage – allerdings aus rechtsirrigen Erwägungen – stattgegeben wurde, ist deshalb im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Revision war sonach mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 2 FGO gemäß § 126 Abs. 4 FGO als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 557410

BStBl II 1970, 730

BFHE 1970, 504

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