Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Das Verkehrsverbot für bestimmte Kraftfahrzeuge und für Anhänger hinter Lastkraftwagen an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen (ß 4 a Straßenverkehrs-Ordnung) begründet keine Ermäßigung der Kraftfahrzeugsteuer.

 

Normenkette

KraftStG §§ 1, 10

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) betreibt Güterfernverkehr mit Lastkraftwagen. Für einen seiner Lastkraftwagen mit einem verkehrsrechtlich höchstzulässigen Gesamtgewicht von 16.000 kg hat das Finanzamt für die Zeit vom 17. Mai 1956 bis 16. Juni 1956 die Kraftfahrzeugsteuer in der gesetzlichen Höhe festgesetzt. Der Bf. begehrt eine Ermäßigung der Steuer um 17 v. H., weil er durch das im § 4 a der Straßenverkehrs-Ordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. März 1956 (Bundesgesetzblatt - BGBl - 1956 I S. 327 ff.) angeordnete Verkehrsverbot für gewisse zur Beförderung von Gütern bestimmte Kraftfahrzeuge und für Anhänger hinter Lastkraftfahrzeugen seinen Lastkraftwagen an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen nicht mehr voll ausnutzen könne.

Die Vorentscheidung gab seinem Begehren nicht statt.

 

Entscheidungsgründe

Auch die hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde (Rb.) ist ohne Erfolg.

Der Bf. macht insbesondere geltend, bei der Schaffung des § 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) habe der Kraftfahrzeughalter die grundsätzlich uneingeschränkte Möglichkeit der jederzeitigen Benutzung gehabt. Diese Möglichkeit sei durch das Verkehrsverbot des § 4 a der Straßenverkehrs-Ordnung fortgefallen. Es habe sich also inzwischen ein neuer "Tatbestand" ergeben, der bei steuerlicher Nichtbeachtung zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit in der Besteuerung führe (vgl. hierzu Art. 3 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland - GG -). Dem neuen Tatbestand müsse durch eine entsprechende Auslegung des § 1 KraftStG Rechnung getragen werden.

Zunächst sei darauf hingewiesen, daß die Verkehrsbeschränkung nach § 4 a der Straßenverkehrs-Ordnung entgegen der Auffassung des Bf. keinen Tatbestand gebracht hat, der die Vorschrift des § 1 KraftStG berührt. § 1 a. a. O. stellt nur den Entstehungstatbestand für die Kraftfahrzeugsteuer allgemein fest. Er knüpft die Steuerpflicht als solche - abgesehen von dem Fall der widerrechtlichen Benutzung des Kraftfahrzeuges auf öffentlichen Wegen - an das Halten des Kraftfahrzeuges zum Verkehr auf öffentlichen Straßen an, wobei das Gesetz im § 5 a. a. O. bei zulassungspflichtigen Fahrzeugen ein Halten solange als gegeben ansieht, als das Fahrzeug verkehrsrechtlich zugelassen ist. Es kann hiernach keinem Zweifel unterliegen, daß der Tatbestand des Haltens auch in dem Fall gegeben ist, in dem die Benutzungsmöglichkeit eingeschränkt ist, wobei gleichgültig bleiben muß, ob die Einschränkung auf gesetzlichem Zwang oder auf dem freien Willen des Halters oder einem sonstigen beim Halter liegenden Umstand beruht. Damit entfällt auch die vom Bf. geforderte erweiterte Auslegung des § 5 a. a. O. Der Bf. wendet sich im Grund genommen auch gar nicht gegen die Steuerpflicht als solche, die im § 1 KraftStG festgelegt ist, er wendet sich vielmehr gegen die Höhe der Steuer und damit gegen die Vorschrift des § 11 a. a. O. über den Steuersatz. Dabei begehrt er entweder eine entsprechende Ermäßigung der in dieser Vorschrift vorgesehenen Steuersätze für die durch § 4 a der Straßenverkehrs-Ordnung betroffenen Fahrzeuge durch die Finanzverwaltungsbehörden oder die Steuergerichte oder aber die Feststellung, daß mit dem Inkrafttreten des § 4 a der Straßenverkehrs-Ordnung das KraftStG insoweit verfassungswidrig geworden sei, als es die Höhe der Steuer für die unter das Verkehrsverbot fallenden Fahrzeuge regelt, so daß unter Aussetzung des Verfahrens die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Art. 100 Abs. 1 GG, § 80 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht - BVerfGG -) eingeholt werden müsse.

Dem Begehren des Bf., an Stelle des gesetzlichen Steuersatzes einen niedrigeren Steuersatz der Besteuerung zugrunde zu legen, kann keine Folge gegeben werden. Selbst wenn ein Steuersatz unrichtig geworden wäre oder eine Ermäßigungsvorschrift fehlen würde, wären die Finanzverwaltungsbehörden nicht befugt, dem Gesetzgeber vorzugreifen und den gesetzlichen Steuersatz zu ändern oder eine im Gesetz nicht vorhandene Ermäßigungsvorschrift im Auslegungswege als vorhanden zu unterstellen. Das gleiche gilt für die Steuergerichte. Die besondere Regelung, die durch § 4 a der Straßenverkehrs-Ordnung für das Verkehrsrecht getroffen worden ist, kann mangels einer richtungweisenden gesetzlichen Norm auch durch die Steuergerichte nicht ohne weiteres für das KraftStG berücksichtigt werden. Andernfalls würde das Gericht die Grenzen der richterlichen Auslegungsbefugnis überschreiten (Art. 20 Abs. 3 GG) und sich selbst an die Stelle des Gesetzgebers setzen. Daher gehen auch die Ausführungen des Bf. über die Folgerungen fehl, die nach seiner Ansicht für den Streitfall aus den steuerlichen Vergünstigungen des § 11 Abs. 2 Nr. 3 KraftStG zu ziehen wären.

Es kann auch keine Rede davon sein, daß das KraftStG durch das zeitweise Verkehrsverbot des § 4 a der Straßenverkehrs-Ordnung insoweit für verfassungswidrig zu halten sei, als es die Besteuerung der unter das Verkehrsverbot fallenden Fahrzeuge regelt. Die Meinung des Bf. berücksichtigt nicht den Charakter der Kraftfahrzeugsteuer als einer Pauschsteuer. Eine Pauschsteuer bringt zwar ihrem Wesen nach eine gewisse Ungleichmäßigkeit in der Besteuerung mit sich. Diesen Umstand nimmt jedoch der Gesetzgeber bewußt in Kauf, wobei er ihm ausgleichend bei der Bemessung der Höhe der Pauschsteuer Rechnung trägt. Die Erhebung der Kraftfahrzeugsteuer als Pauschsteuer ist als solche nicht verfassungswidrig. Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 16. März 1955 - 2 BvK 1/54 - Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bd. 4 S. 145, 155, ausgesprochen hat, ist der Gesetzgeber zwar an den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz in dem Sinne gebunden, daß er weder wesentlich Gleiches willkürlich ungleich, noch wesentlich Ungleiches gleichbehandeln darf. Von einer Willkür des Gesetzgebers kann aber nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts nicht schon dann gesprochen werden, wenn der Gesetzgeber im Rahmen seines freien Ermessens unter mehreren gerechten Lösungen im konkreten Falle nicht die "zweckmäßigste", "vernünftigste" oder "gerechteste" gewählt hat, vielmehr nur dann, wenn sich ein sachgerechter Grund für eine gesetzliche Bestimmung nicht finden läßt. Bei wiederholter überprüfung der Möglichkeiten der Besteuerung der Kraftfahrzeuge hat der Gesetzgeber die geltende Pauschsteuer mit den Besteuerungsgrundlagen des § 10 KraftStG nach Anhören der in Betracht kommenden Wirtschaftsverbände immer noch als die zweckmäßigste angesehen. Er konnte dies ohne Verstoß gegen die vorstehend dargelegten Grundsätze tun. Es fragt sich daher nur, ob die vom Steuergesetzgeber nicht berücksichtigte Einschränkung der Benutzungsmöglichkeit gewisser Kraftfahrzeuge durch die Vorschrift des § 4 a der Straßenverkehrs-Ordnung zur Bejahung der Verfassungswidrigkeit des KraftStG, soweit die Besteuerung dieser Fahrzeuge in Betracht kommt, führen muß. Das ist nicht der Fall. Es ist zwar zuzugeben, daß bestimmte Fahrzeuge an Sonn- und Feiertagen in der Zeit von 0.00 bis 22.00 Uhr zum Stilliegen gezwungen sind. Dies kann aber in seiner steuerlichen Auswirkung ebensowenig als gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG) verstoßend angesehen werden, wie das z. B. bei denjenigen Kraftfahrzeugen der Fall ist, für die sich auf Grund der Vorschriften der §§ 105 a und b der Gewerbeordnung (Nichtbeschäftigung von Arbeitern usw. an Sonn- und Festtagen) ebenfalls zwangsläufig, wenn auch nur mittelbar zwangsläufig, ein Stilliegen ergibt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409153

BStBl III 1958, 402

BFHE 1959, 332

BFHE 67, 332

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