Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Der Begriff "Eigentum" in § 8 Ziff. 7 GewStG 1958 ist weit auszulegen. Er umfaßt auch den Eigenbesitz (wirtschaftliches Eigentum) im Sinne von § 11 Ziff. 4 StAnpG.

Zahlt ein Unternehmen "Förderzinsen" für ein Kiesausbeuterecht, so können die Zahlungen beim Gewerbeertrag nicht als Miet- und Pachtzinsen im Sinne von § 8 Ziff. 7 GewStG 1958 behandelt werden, wenn das Recht zur Gewinnung des Bodenschatzes dem Betriebsvermögen des Unternehmens als wirtschaftliches Eigentum zugerechnet worden ist.

 

Normenkette

GewStG § 8 Ziff. 7, § 12 Abs. 2 Ziff. 2; StAnpG § 11 Ziff. 4

 

Tatbestand

Die Steuerpflichtige (Stpfl.), eine KG, befaßt sich mit der Gewinnung von Kies. Sie beutet Grundstücke aus, die teilweise in fremdem Eigentum stehen. Streitig ist, ob die sogenannten Förderzinsen, die die Stpfl. an die fremden Eigentümer zahlt, gemäß § 8 Ziff. 7 GewStG 1958 als Miet- und Pachtzinsen ihrem Gewinn aus Gewerbebetrieb zur Hälfte wieder zuzusetzen sind.

Im Einheitswertverfahren rechnete das Finanzamt (FA) den Wert der Ausbeuterechte als Gewerbegerechtsame der Stpfl. voll zu. Soweit die Ausbeuterechte an fremden Grundstücken bestanden, sah das FA die Stpfl. als wirtschaftliche Eigentümerin an. In einem früheren Verfahren (Urteil des BFH III 301/59 S vom 13. Januar 1961, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 72 S. 323 - BFH 72, 323 -, BStBl III 1961, 122) wurde diese Frage zuungunsten der Stpfl. entschieden. Der III. Senat des BFH stellte unter Bezugnahme auf sein Urteil III 242/59 S vom 22. Juli 1960 (BFH 71, 454, BStBl III 1960, 420) fest, daß eine Gewerbeberechtigung regelmäßig dem Eigentümer und nicht dem Pächter zuzurechnen sei, sofern nicht der Pächter wirtschaftlicher Eigentümer sei. Hier sei die Stpfl. wirtschaftliche Eigentümerin. Bei der Festsetzung der Gewerbesteuer nach dem Gewerbekapital sah das FA von einer Zurechnung gemäß § 12 Abs. 2 Ziff. 2 GewStG 1958 ab, weil es das wirtschaftliche Eigentum der Stpfl. anerkannte. Bei der Festsetzung der Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag wandte es die Grundsätze des Urteils III 301/59 S (a. a. O.) dagegen nicht an. Es rechnete darum in den Streitjahren 1958 bis 1962 19.954 DM. 27.455 DM, 32.234 DM, 33.776 DM und 34.438 DM dem Gewerbeertrag gemäß § 8 Ziff. 7 GewStG 1958 zu.

Die Sprungberufung hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, die Zurechnung gemäß § 8 Ziff. 7 GewStG 1958 sei berechtigt. Die Stpfl. sei bürgerlich-rechtlich nicht Eigentümerin der Grundstücke, sie nutze die Grundstücke in Anerkennung fremden Rechts. Die Förderzinsen seien echte Pachtzinsen. Die Zurechnung nach § 8 Ziff. 7 GewStG hänge auch nicht davon ab, ob ein Einheitswert für die Gewerbeberechtigung festgestellt worden sei oder nicht. Es komme auch nicht darauf an, wem die Einheitswerte zugerechnet worden seien.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Gemäß § 8 Ziff. 7 GewStG 1958 werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die Hälfte der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zugerechnet, die im Eigentum eines anderen stehen. Mit Recht zählt das FG Gewerbeberechtigungen selbst dann nicht zu den Grundstücken, wenn sie nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke behandelt werden oder wenn sie mit dem Eigentum an einem Grundstück als Subjektive dingliche Gerechtigkeiten verbunden sind (Urteil des BFH I 199/57 U vom ). Oktober 1958, BFH 68, 10, BStBl III 1959, 5; Littmann-Kilian, Gewerbesteuer 1963 S. 161).

Das FG hat offenbar angenommen, im Rahmen des § 8 Ziff. 7 GewStG 1958 sei das bürgerlich-rechtliche Eigentum entscheidend. Dies trifft nicht zu. Der Begriff "Eigentum" in § 8 Ziff. 7 GewStG 1958 ist weit zu fassen. Er umfaßt nicht nur das Eigentum im bürgerlich-rechtlichen, sondern auch in wirtschaftlichem Sinne (Eigenbesitz. Denn zu den Wirtschaftsgütern in § 8 Ziff. 7 GewStG gehören außer Sachen, an denen nach bürgerlichem Recht allein Eigentum bestehen kann, auch Rechte. Ausschlaggebend ist also für die Zurechnung gemäß § 8 Ziff. 7, daß das gepachtete Wirtschaftsgut einem anderen zusteht (vgl. Blümich-Boyens- Steinbring-Klein, Gewerbesteuergesetz, 7. Aufl. 1961 § 8 Anm. 34).

Nach der Rechtsprechung ist das durch Verpachten genutzte Recht zum Abbau von Bodenschätzen regelmäßig dem Grundstückseigentümer zuzurechnen (Urteile des BFH III 242/59 S, a. a. O; VI 76/63 U vom 21. August 1964, BFH 80, 229, BStBl III 1964, 557; das zur Veröffentlichung bestimmte Urteil des Senats VI 161/65 vom 2. März 1966). Das gilt nicht nur für Bodenschätze, bei denen das Recht zu ihrer Gewinnung von dem Eigentum an dem Grundstück getrennt und als selbständiger Recht (Gerechtigkeit) behandelt wird (Urteil des BFH III 110/58 S vom 4. November 1960, BFH 72, 682, BStBl III 1961, 250), sondern auch für solche Bodenbestandteile, deren Abbau dem unbeschränkten Verfügungs- und Ausbaurecht des Grundstückseigentümers unterliegt (Urteil des BFH III 406/59 U vom 12. Oktober 1962, BFH 76, 1, BStBl III 1963, 2).

Die Frage, wem ein Wirtschaftsgut zusteht, kann im Steuerrecht anders beurteilt werden als im bürgerlichen Recht, wie sich aus § 11 Ziff. 4 StAnpG ergibt. Der Eigenbesitzer (wirtschaftlicher Eigentümer) steht im Bereich des Steuerrechts dem bürgerlich- rechtlichen Eigentümer gleich. Der Pächter einer Gewerbeberechtigung kann Eigenbesitzer (wirtschaftlicher Eigentümer) sein, etwa wenn ihm in einem langfristigen und bedingungsfreien Vertrag die Befugnis zur vollen Ausbeute des vorhandenen abbaufähigen Materials übertragen wurde. (Urteile des BFH III 242/59 S; III 301/59 S, a. a. O.). Im Streitfall konnte das FG ohne Rechtsverstoß Eigenbesitz der Pächterin annehmen. Das FA selbst hatte sich für diese Beurteilung im Einheitswertverfahren eingesetzt und hatte obgesiegt. Der III. Senat des BFH hat im Urteil III 301/59 S (a. a. O.) die Auffassung bestätigt. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Entscheidung nur für die auf den Einheitswerten beruhenden Steuern gilt und § 218 der Reichsabgabenordnung eingreift. Der Begriff des wirtschaftlichen Eigentums kann aber bei der Einheitsbewertung nicht anders ausgelegt werden als im Ertragsteuerverfahren. Der Entscheidung des III. Senats des BFH kommt jedenfalls für den Streitfall Bedeutung zu, weil sie eine zweifelhafte Frage in rechtlich vertretbarer Weise gelöst hat. Das Urteil ist daher auch für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits von Bedeutung, da die Verhältnisse sich seitdem nicht geändert haben.

Der Auffassung des FG, gewerbeertragsteuerrechtlich bestehe kein wirtschaftliches Eigentum der Stpfl. an den Gewerbeberechtigungen und es komme für die Anwendung des § 8 Ziff. 7 GewStG ausschließlich auf das bürgerlich-rechtliche Eigentum an, ist nicht zu folgen. Dasselbe Wirtschaftsgut kann für denselben Zeitraum steuerlich nur einheitlich einer bestimmten Person zugerechnet werden. Darum hat der BFH in der Entscheidung I 22859 U vom 2. Mai 1961 (BFH 73, 194, BStBl III 1961, 338) gefordert, daß, wer als wirtschaftlicher Eigentümer eines Wirtschaftsgutes gelten will, auch alle steuerlichen Folgen daraus zu ziehen hat. Er hat es aus diesem Grunde abgelehnt, für die Zurechnung von Wirtschaftsgütern bei der Einheitsbewertung echte Mietverträge anzunehmen, die Zurechnung der Pachtzinsen aus diesen Mietverträgen gemäß § 8 Ziff. 7 GewStG 1958 aber zu verneinen. Das gleiche gilt auch umgekehrt. Wenn das FA ein Wirtschaftsgut bei der Einheitsbewertung einem Stpfl. zurechnet, so hat es grundsätzlich auch bei der Besteuerung davon auszugehen. Das gilt insbesondere, wenn, wie im Streitfall, bei der Gewerbesteuer diese Frage sowohl beim Gewerbekapital als auch beim Gewerbeertrag zu entscheiden ist und beim Gewerbekapital infolge der Bindung an die Einheitsbewertung ohne wirtschaftliches Eigentum des Pächters anzunehmen ist. Es geht dann nicht an, bei der Ermittlung des Gewerbeertrags das gleiche Wirtschaftsgut als "gepachtet" zu behandeln.

Da die Vorentscheidung auf einer anderen Beurteilung beruht, muß sie aufgehoben werden. Die Sache geht an das FA zurück, damit es den Gewerbesteuermeßbetrag entsprechend den obigen Ausführungen festsetzt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412183

BStBl III 1966, 599

BFHE 1966, 595

BFHE 86, 595

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