Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Sind mehrere Personen Miteigentümer eines Grundstücks, so ist der Ertrag des Hauses auf sie grundsätzlich nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile zu verteilen. 2. Macht ein Miteigentümer Ausgaben (Werbungskosten) für das Haus, hat er aber gegen seine Miteigentümer einen Anspruch auf Ersatz der auf sie entfallenden Kostenanteile, so berührt dieser Umstand die Ertragsverteilung nicht, solange der Miteigentümer damit rechnen kann, daß er Ersatz erhält. 3. Diese Grundsätze gelten auch, wenn nahe Familienmitglieder Miteigentümer eines Hauses sind.

 

Normenkette

EStG §§ 9, 21

 

Tatbestand

Die Bf., Mutter und Sohn, sind Miteigentümer eines Mietwohngrundstücks, das zunächst der Mutter und dem Vater je zur Hälfte gehört hat. Nach dem Tode des Vaters Ende 1939 ist dessen Anteil auf die Mutter und den Sohn als alleinige Erben übergegangen, so daß seither das Grundstück der Mutter zu 5/8 und dem Sohn zu 3/8 gehört.

Bei der das Jahr 1960 betreffenden einheitlichen Feststellung der Einkünfte der Bf. aus Vermietung und Verpachtung rechnete das Finanzamt den in diesem Jahr entstandenen Verlust von 6.758 DM zu 5/8 der Mutter und zu 3/8 dem Sohn zu. Nach Ansicht der Bf. ist der Verlust voll dem Sohn zuzurechnen, weil dieser im Jahre 1959 Instandsetzungskosten von rund 27.000 DM allein getragen habe, die auf 5 Jahre verteilt werden sollen. Der Steuerausschuß folgte der Auffassung der Bf. und gab deren Einspruch statt.

Auf die Berufung des Vorstehers des Finanzamts wurde der Feststellungsbescheid wiederhergestellt. Die Bf., so führte das Finanzgericht aus, seien rechtlich und wirtschaftlich Miteigentümer. Es bestehe kein Anhalt, daß der Sohn auch über den mütterlichen Anteil am Grundstück wie ein Eigentümer habe verfügen können. Nach der Erbauseinandersetzung sei die Mutter kraft Grundbucheintragung zu 5/8 statt früher zu 1/2 Miteigentümerin, und zwar auf Grund ihres am 5. Juni 1959 gestellten Antrages. Danach habe die Mutter auf ihrem Miteigentum zu 5/8 sogar noch zu einer Zeit bestanden, als die umfangreichen Instandsetzungen des alten Gebäudes schon geplant oder angelaufen gewesen seien. Zur Begründung des wirtschaftlichen Eigentums reiche es nicht aus, daß die Mutter dem Sohn nur die Nutzung und die Lasten des Grundstücks überlassen habe. Die Unterstellung, die Mutter sei nur aus Pietätsgründen Miteigentümerin geblieben, sei lebensfremd. Wenn die Mutter an ihrem Miteigentum wirklich nicht wegen der durch das Miteigentum gewährleisteten größeren Sicherheit interessiert gewesen sein würde, hätte sie dem Sohn nach dem Tode des Vaters das volle bürgerlich-rechtliche Eigentum verschaffen können, besonders bei der Erbauseinandersetzung im Jahre 1959, als der Sohn bereits die umfangreichen Instandsetzungen eingeleitet und die Mutter gewußt habe, daß allein er die Kosten tragen würde. Es sei auch nicht so, daß die Mutter dem Sohn die volle Nutzung des Hauses überlassen habe. Sie lebe in dessen Familie und in dessen Hause. Im übrigen hätte unter so nahen Verwandten, die in einem Haushalt lebten, der behauptete Verzicht der Mutter auf die Verfügungsmacht durch eine jeden Zweifel ausschließenden Regelung klargestellt werden müssen. Die Eintragung des Erbteils der Mutter im Grundbuch im Jahre 1959 sei aber das Gegenteil einer solchen Klarstellung. Nach allem müsse hier das bürgerlich-rechtliche Eigentum nach Maßstab für die Verteilung des Verlustes sein.

Mit ihrer Rb. rügen die Bf. unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts. Sie tragen vor: Aus der Berichtigung des Grundbuchs im Jahre 1959 könne nicht gefolgert werden, daß die Mutter auf ihrem Eigentum bestanden habe. Sie habe sich seit 1939 nicht um das Haus gekümmert und habe den Sohn frei schalten lassen, insbesondere auch bei der großen Instandsetzung im Jahre 1959. Der Sohn sei der alleinige Erbe der heute über 80 Jahre alten Mutter; beide lebten in bestem Einvernehmen. Schon nach dem Todes des Vaters hätten beide vereinbart, daß alle Nutzungen und Lasten des Hauses auf den Sohn übergingen. Daß die Mutter in die Familie des Sohnes aufgenommen sei, stehe der vollen überlassung der Nutzungen des Hauses nicht entgegen. Mit der übernahme der Instandsetzungskosten habe der Sohn eine Leistung erbracht, die es rechtfertige, den Verlust ihm allein zuzurechnen. Er allein habe Werbungskosten getragen, die auch nur bei ihm berücksichtigt werden könnten.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. kann keinen Erfolg haben.

Den Bf. steht das Eigentumsrecht an dem Haus gemeinsam zu, und zwar der Mutter zu 5/8 und dem Sohn zu 3/8. Die beiden bilden eine Gemeinschaft im Sinne von §§ 741 ff. BGB. Ihr Rechtsverhältnis untereinander ist nach diesen Vorschriften zu beurteilen, soweit die Beteiligten nichts anderes vereinbart haben. Nach § 743 BGB gehört jedem Teilhaber ein seinem Anteil entsprechender Teil der Früchte aus der gemeinschaftlichen Sache. Die Erträge aus einem Haus, das im Miteigentum mehrerer Personen steht, sind darum grundsätzlich nach den Miteigentumsanteilen zu verteilen, sofern die Beteiligten keine andere Vereinbarung getroffen haben.

Dem Finanzgericht ist darin beizustimmen, daß der Streitfall keinen Anlaß bietet, von diesem Grundsatz abzugehen. Vor allem konnte das Finanzgericht ohne Rechtsirrtum den Eigenbesitz des Sohnes an dem ganzen Haus im Sinne von § 11 Ziff. 4 StAnpG verneinen. Selbst wenn die Mutter und der Sohn sich schon im Jahre 1939 darüber einig geworden sein sollten, die Nutzungen und Lasten des Hauses voll dem Sohn zuzurechnen, so läßt sich, da die Mutter offensichtlich nicht auf ihr Miteigentum verzichten wollte, dies zwanglos dahin verstehen, daß die Mutter ihren Anteil an den Einkünften dem Sohn überließ, weil sie in dessen Haushalt aufgenommen war. Geht man hiervon aus, dann verwendete der Sohn die Einkünfte seiner Mutter, die aber zunächst ihr zuflossen. Wenn ein Steuerpflichtiger seine Einkünfte vorweg ein für allemal einem anderen in dieser Weise überläßt, so sind sie ihm trotzdem zuzurechnen.

Der Sohn konnte zwar über das Haus tatsächlich in mancher Hinsicht frei verfügen. Aber weil er es weder veräußern noch belasten konnte, war seine Stellung nicht so stark, daß man ihn als Eigenbesitzer (wirtschaftlichen Eigentümer) des Hauses betrachten konnte. Wirtschaftliches Eigentum wurde für ihn auch nicht durch den Umstand begründet, daß er voraussichtlich Alleinerbe seiner Mutter ist. Durch diese Aussicht erwarb er zunächst nicht einmal eine Anwartschaft. Selbst wenn wahrscheinlich die Mutter auch keinen anderen Erben einsetzen wird, so gibt die Aussicht, den Miteigentumsanteil der Mutter zu erben und damit Eigentümer des ganzen Hauses zu werden, dem Sohn gegenwärtig noch kein Recht auf den Miteigentumsanteil der Mutter. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob die Mutter wirklich mit der überschreibung ihres Miteigentumsanteils auf den Sohn einverstanden sein würde. Denn für die gegenwärtige steuerrechtliche Beurteilung kann nur zugrunde gelegt werden, was bereits vollzogen ist.

Sind danach die Mutter und der Sohn beide Bezieher der Einkünfte aus dem Haus, dann erhebt sich allerdings die Frage, welche Bedeutung es hat, daß der Sohn allein die erheblichen Instandsetzungskosten des Hauses, die ihrer Art nach Werbungskosten im Sinne von § 9 EStG sind, getragen hat.

übernimmt einer von mehreren Miteigentümern besondere Kosten für die Unterhaltung des gemeinschaftlichen Hauses, so kann dieser Vorgang bürgerlich-rechtlich verschieden zu beurteilen sein. Es kann sein, daß dieser Miteigentümer einen besonderen Beitrag für die Gemeinschaft leisten will, ohne die anderen Miteigentümer dadurch zu belasten. Solche Fälle werden im Wirtschaftsleben aber Ausnahmen sein. Normalerweise wird ein Miteigentümer, der Sonderaufwendungen macht, von seinen Miteigentümern Ersatz verlangen, soweit die Aufwendungen den auf seinem Miteigentumsanteil entfallenden Betrag übersteigen. Der Ersatz kann von den anderen Miteigentümern in verschiedener Form geleistet werden, z. B. dadurch, daß sie dem einen Miteigentümer ihren Kostenanteil in einer Summe oder in Raten bar erstatten, oder in der Form, daß sie auf ihren Anteil an den Erträgen aus dem Hause verzichten, bis der Miteigentümer wegen seines Ersatzanspruchs befriedigt ist, oder auch in der Form, daß sie den Anteil des Miteigentümers am gemeinschaftlichen Haus vergrößern, oder so, daß sie den Ausgleich verschieben, bis das Haus verkauft wird und dann der Miteigentümer aus dem Verkaufserlös einen Vorweg in Höhe seines Ersatzanspruchs erhält. Allen diesen Fällen ist gemeinsam, daß der Miteigentümer den auf die anderen Miteigentümer entfallenden Kostenanteil nicht endgültig trägt, sondern daß er zu irgendeiner Zeit in irgendeiner Form Ersatz erhalten soll. Die Erwägung rechtfertigt es, die Kostentragung des Miteigentümers als eine Kreditgewährung (Darlehen) an seine Miteigentümer zu betrachten, mithin als einen Vorgang auf dem Gebiet des Vermögens.

Anders liegt es allerdings, wenn der Miteigentümer von vornherein keinen Anspruch auf Ersatz gegen seine Miteigentümer hat oder wenn die Miteigentümer ihm tatsächlich später keinen Ersatz leisten, der zahlende Miteigentümer also mit seinem Ersatzanspruch ausfällt. In diesen Fällen trägt er allein die Kosten, so daß es gerechtfertigt ist, ihm allein auch die Kosten als Werbungskosten zuzurechnen.

Zwischen nahen Familienangehörigen liegen die Verhältnisse nicht grundsätzlich anders. Hier wird oft ein an dem Grundstück besonders interessierter Miteigentümer die Kosten zunächst allein tragen, ohne aber dabei etwa endgültig auf einen späteren Ausgleich, vor allem bei der späteren Erbauseinandersetzung, zu verzichten. Auch in diesen Fällen spielt die vorläufige übernahme der Kosten im Bereich des Vermögens und berührt die Ertragsverteilung unter den Beteiligten deshalb zunächst nicht.

Das Finanzgericht ist von ähnlichen überlegungen ausgegangen und hat darum den Mietüberschuß auf die Mutter und den Sohn nach ihren Miteigentumsanteilen am Grundstück zerlegt. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden. Es spricht nichts dafür, daß hier der Sohn etwa endgültig und allein die Reparaturkosten tragen sollte. Wenn wider Erwarten eine andere Person Erbe der Mutter werden sollte, so würde der Sohn von dem Erben einen Ausgleich für den Kostenanteil der Mutter verlangen können und sicher auch verlangen. Wird er aber selbst, wie erwartet, Erbe der Mutter, so erlischt durch den Erbfall die Ausgleichsforderung gegen die Mutter, weil sich dann Forderung und Schuld in seiner Person vereinigen. Dem Sohn fließt dann als Erbschaft nicht der volle Wert des durch die hohen Reparaturkosten im Wert gestiegenen Miteigentumsanteils der Mutter zu, sondern nur der Wert, der um den Ausgleichsanspruch gegen die Mutter vermindert ist.

Nach allem konnte das Finanzgericht zu dem Ergebnis kommen, daß dem Sohn nur in Höhe des ihn endgültig treffenden Kostenanteils Werbungskosten entstanden seien, mit anderen Worten, daß auch die Reparaturkosten auf die Mutter und den Sohn im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu zerlegen waren.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411535

BStBl III 1965, 256

BFHE 1965, 25

BFHE 82, 25

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