Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Siloanlage für Getreide kann bei der Einheitsbewertung, auch wenn es sich um ein einheitliches Bauwerk handelt, durch eine gedachte Trennlinie in einen Gebäudeteil und einen Betriebsvorrichtungsteil aufgeteilt werden.

 

Normenkette

BewG §§ 50, 68, 57, 99

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine von der Bgin. errichtete Siloanlage teilweise als Gebäude zu bewerten oder in vollem Umfang als Betriebsvorrichtung anzusehen ist. Die Bewertung des ganzen Bauwerks als Gebäude, einschließlich der Silozellen, wird vom Finanzamt nicht begehrt.

Der Einheitswert des der Bgin. gehörigen Lagers mit Bürogebäude und Garage, das im Jahre 1953 auf fremdem Gelände errichtet wurde, ist durch unanfechtbaren Bescheid vom Dezember 1957 als Geschäftsgrundstück auf fremdem Grund und Boden auf den 1. Januar 1954 festgestellt worden. Im Anschluß an das Lager, mit dem Lagerraum durch eine Tür verbunden, errichtete die Bfin. im Jahre 1958 ebenfalls auf dem fremden Gelände eine Getreide-Siloanlage. Das Finanzamt stellte durch Bescheid vom April 1959 den Einheitswert eines Teiles dieser Anlage und des Lagers zusammen als Geschäftsgrundstück (Gebäude auf fremdem Grund und Boden) zum 1. Januar 1959 fest. Hiergegen machte die Bgin. im Einspruchsverfahren geltend, der Silo, bei dem die Außenwände der Silozellen zugleich die Außenwände des Gebäudes seien, gehöre als Betriebsvorrichtung in ganzen nicht zum Einheitswert des Grundstücks. Der Fortschreibungsbescheid zum 1. Januar 1959 sei daher ersatzlos aufzuheben.

Der Einspruch führte betragsmäßig zu einer Herabsetzung des Einheitswerts und einer entsprechenden Minderung des Grundsteuermeßbetrags. Es wurde das Bauwerk derart in einem Gebäudeteil und in die Betriebsvorrichtung aufgeteilt, daß die Silozellen als Betriebsvorrichtung und der restliche Teil des Bauwerks als Gebäude zu bewerten seien. Das Bauwerk zeige die Wesenszüge eines zweckbestimmten Gebäudes. Nur die Silozellen stellten Betriebsvorrichtungen dar, die raummäßig gesehen 666 cbm von insgesamt 2.037 cbm des Bauwerks ausmachten, so daß 1,371 cbm als Gebäude zu bewerten seien. Die Einheitswertberechnung auf der Grundlage des Normalherstellungswerts mit Abschlägen und Zuschlägen ergibt sich im einzelnen aus der Einspruchsentscheidung.

Mit der Berufung macht die Bgin. unter Wiederholung des Antrages, die gesamte Siloanlage als Betriebsvorrichtung zu behandeln, geltend, es fehle für den Gebäudebegriff an zwei entscheidenden Merkmalen:

An ausreichender und eigener Standfestigkeit. Es sei konstruktiv nicht möglich, die Silozellen aus dem Gebäude zu entfernen, ohne das ganze Gebäude abreißen zu müssen. Denn die Stahlbetonaußen- und Stahlbetoninnenwände sowie Decken und Treppen seien statisch mit den Silozellen, Dachgeschoß und Dachaufbau fest mit den Silowänden und der Silodecke verbunden.

Der Aufenthalt von Menschen sei in den vom Finanzamt als Gebäude bezeichneten Bauwerkteilen nicht möglich. Das enge, mit den Silozellen fest verbundene Treppenhaus diene ausschließlich der überwachung der Maschinenanlage. Die kleinstbemessenen Maschinengeschosse gäben einem Bedienungsmann nur so viel Platz, in gebückter Haltung die Maschinen nachzusehen und zu bedienen. Die nur teilweise Unterkellerung diene der Maschinenanlage und sei kein Lagerraum, ebensowenig wie das Rampengeschoß, in dem die Körnertrockenanlage aufgestellt sei. Von dort aus werde das in den Silozellen lagernde Getreide durch Umlauf gesund erhalten oder zur Auslagerung gebracht.

Das Finanzamt lehnte die Anwendung des von der Bgin. erwähnten Ländererlasses des niedersächsischen Finanzministers vom 12. April 1960 / 28. März 1960 (BStBl 1960 II S. 93 und 115) betreffend Abgrenzung der Betriebsvorrichtungen vom Grundvermögen ab, da er nicht rückwirkend anwendbar sei. Aber auch nach dem neuen Erlaß könne nicht der gesamte Silobau als Betriebsvorrichtung anerkannt werden. Sämtliche vom Finanzamt als Gebäude bewerteten Räumlichkeiten seien zum Aufenthalt von Menschen in der Weise geeignet, wie es Textziff. 7 des Erlasses als hinreichend vorsehe. Die Frage der Standfestigkeit beantworte sich nach Textziff. 16 des Erlasses. Die Umwandungen der Silozellen machten nur einen geringen Teil der Außenwände des Bauwerks mit Gebäudemerkmal aus. Es handle sich um ein Bauwerk, dessen Silozellen einen selbständig vertikal abgrenzbaren Teil des gesamten Bauwerks darstellten, wie es in Zeichnung 12 des Erlasses ausgeführt worden sei. Ab Bewertungsstichtag 1. Januar 1960 müsse für die Siloanlage die vertikale Abgrenzung zwischen Gebäude und Betriebsvorrichtung vorgenommen werden. Bis dahin, also auch zum 1. Januar 1959, müsse es bei der in der Einspruchsentscheidung dargelegten Aufteilung verbleiben, die mit dem damals maßgeblichen Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 4. Mai 1940 (RStBl 1940 S. 497/498) und der bisherigen Rechtsprechung übereinstimme.

Unter der Führung des Architekten, der die Siloanlage konstruiert hat, fand im Beisein der Parteien eine Ortsbesichtigung durch den Berichterstatter des Finanzgerichts statt.

Das Finanzgericht hob auf die Berufung die Einspruchsentscheidung und den Fortschreibungsbescheid mit Grundsteuerfortschreibungsveranlagung vom April 1959 ersatzlos auf und stellte den Einheitswertbescheid vom Dezember 1957 wieder her. Es führte aus, Betriebsvorrichtungen könnten nur solche Gegenstände sein, die keine Gebäude seien. Der Erlaß vom 12. April 1960 entspreche der gesetzlichen Regelung, da auch er vom Gebäudebegriff ausgehe. Für die Anwendung des Gebäudebegriffs auf die von der Bewertung erfaßten Teile der Siloanlage - Keller, Rampengeschoß, Treppenhaus, Maschinenräume des 1., 2. und 3. Obergeschosses, Dachgeschoß und Dachaufbau - sprächen die räumliche Umschließung und die Gestaltung dieser Räume, die Menschen und Sachen Schutz gegen äußere Einflüsse gewähren könnten und den längeren Aufenthalt von Menschen durch Türen und eine gut begehbare Treppe gestatteten, und zwar auch bei laufendem Betrieb, wie die Ortsbesichtigung gezeigt habe. Des weiteren sei eine feste Verbindung mit dem Grund und Boden auf tiefem, durchgehendem Fundament gegründet. Dagegen werde die vom Finanzamt angenommene Standfestigkeit des Gebäudes verneint. Die Silozellen und die Umschließungen der übrigen Räume des Gebäudes ständen in besonders enger Verbindung und Teile der Betriebsvorrichtung bildeten die Umschließung. Nach den vorgelegten Bauzeichnungen betrage die Gesamtlänge der Außenwände der 10 Silozellen 27,10 m, die Länge der Außenwände des Treppenhauses und der Maschinenräume (die sogenannte Umschließung) nur 17,20 m. Die Außenwände der Silozellen ruhten auf den Wänden des Rampengeschosses. Die Außenwände des Dachgeschosses setzten auf den Außenwänden der Silozellen, soweit sie über diesen verliefen, auf und seien darum genauso wie die entsprechenden Wände des Rampengeschosses als notwendiger Bestandteil der Silozellen anzusehen. Das gleiche gelte für den unterhalb der Silozellen liegenden Sockel und das Rampengeschoß. Die Flächen der Außenwände der Silozellen seien also nach der Gesamthöhe des Bauwerks zu berechnen. Sie betrügen 27,10 m x 16,85 m = 457 qm. Die Höhe der sogenannten Umschließung habe von der Kellersohle an gerechnet werden müssen. Sie betrage 18,50 m, somit die Gesamtfläche der Außenwandumschließung 17,20 m x 18,50 m = 310 qm. Die Außenwandfläche der Silozellen sei somit 1/3 größer als die Außenwandfläche der Umschließung. Auch das Dach des Bauwerks ruhe überwiegend auf den zu den Silozellen zu rechnenden Außenwänden. Der Dachaufbau sei auf den Silozellen abgestützt. Nach Textziff. 16 Satz 1 des Ländererlasses sei darum die Umschließung nicht als standfest anzusehen. Soweit sich das Finanzamt zur Standfestigkeit auf Textziff. 16 Satz 3 und auf die Zeichnung 12 a. a. O. berufe, könne ihm nicht gefolgt werden, da bei der Siloanlage eine vertikale Trennung zwischen Betriebsvorrichtung und Gebäude nicht möglich sei. Die 10. Silozelle rage über die gedachte vertikale Trennwand hinaus. Außerdem seien das Rampengeschoß und das Dachgeschoß über die gesamte Länge des Bauwerks angeordnet und nicht von den unter und über den Silozellen liegenden Räumen getrennt. Bei Entfernung der Zellen mit ihren Zellwänden würden Maschinen- und Treppenhaus keine geschlossene räumliche Umschließung haben. Da das gesamte Bauwerk nach statischen Berechnungen unter Einschluß der Silozellen und der Umschließung errichtet worden sei, würde bei Entfernung der den größten Raumanteil beanspruchenden Silozellen das restliche Bauwerk einstürzen. Die gesamte Siloanlage sei als Betriebsvorrichtung anzusehen. Sie bilde eine technische Einheit, die eine Trennung in Betriebsvorrichtung und Gebäude nicht zulasse.

Der Vorsteher des Finanzamts legte Rb. mit dem Antrage ein, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Einspruchsbescheid dahin abzuändern, daß der Einheitswert des Gebäudes zum 1. Januar 1959 auf einen bestimmten niedrigeren Betrag festgestellt, und dementsprechend der Grundsteuermeßbetrag herabgesetzt werde. Das Finanzgericht habe bei der Prüfung der Standfestigkeit des Gebäudes im Widerspruch zu den eigenen Feststellungen die Außenwände des Rampengeschosses, des Sockels und des Dachgeschosses zu den notwendigen Bestandteilen der Silozellen gerechnet, obwohl sie und ihre Außenwände einwandfrei zum Gebäudeteil gehörten. Es ergebe sich somit nach den Bauzeichnungen (die einzelnen Zahlen enthält die Rechtsbeschwerdebegründung) folgendes Berechnungsergebnis:

Gesamte Außenwandfläche ----------------------- 772,40 qm Fläche der Außenumwandung der Silozellen ------ 244,98 qm Anteil der Silozellenumwandungen --------------- 31,72 %.Danach hätte das gesamte Bauwerk als Gebäude angesehen werden können. Es werde jedoch die Auffassung vertreten, es handle sich bei den auf das Rampengeschoß aufgesetzten Silozellen um einen von dessen Decke an nach oben vertikal abgrenzbaren Teil des Bauwerks. Zu diesem abgrenzbaren Teil sei allerdings auch der über den Silozellen befindliche Teil des Dachgeschosses entgegen der bisherigen eigenen Auffassung zu rechnen. Der übrige Teil des Dachgeschosses gehöre jedoch zum Gebäude. Denn wenn auch ein Abbruch der Silozellen die Standfestigkeit dieses Dachgeschoßteils beeinträchtigen würde, so könne andererseits die eigene Standfestigkeit durch zusätzliche Baumaßnahmen ohne nennenswerten Kostenaufwand nachträglich erreicht werden. Eine vertikale Trennungslinie brauche nicht geradlinig zu verlaufen, so daß die 10. Silozelle über die gedachte Trennwand hinausragen dürfe.

Die Bgin. betont demgegenüber, das ganze Bauwerk sei ausschließlich als Siloanlage errichtet worden und diene ausschließlich, unmittelbar und einheitlich dem Gewerbebetrieb, d. h. der Silierung des Getreides. Bautechnisch liege ebenfalls ein in sich geschlossenes Ganzes ohne die Möglichkeit der Abtrennung oder der Verselbständigung von Einzelteilen vor. Es handle sich bewertungsrechtlich um eine einheitliche Betriebsvorrichtung, wie auch das Finanzgericht nach eingehender Prüfung festgestellt habe. Alsdann komme es nicht mehr darauf an, ob irgendwelche Teile der Betriebsvorrichtung Gebäudemerkmale aufwiesen. Die Berechnungsmethode des Finanzamts führe überhaupt zu keinem Sinn. Davon abgesehen sei eine bewertungsrechtliche Abtrennung des Rampengeschosses nicht möglich, da auf dessen Außenwänden der Silokern ruhe. Eine horizontale Abgrenzung komme nach dem oben genannten Erlaß nicht in Betracht. Nach Abbruch der Silozellen wäre die Standfestigkeit des restlichen Bauwerks beeinträchtigt und für einen Teil des Dachgeschosses überhaupt nicht mehr gegeben. Wenn ein Gebäude durch einen zerstörenden Eingriff in die statische Konstruktion keine Standfestigkeit mehr habe, könne diese auch nicht ohne nennenswerten Kostenaufwand nachträglich wieder hergestellt werden.

Die Bgin. reichte zu ihren Ausführungen die gutachtliche Stellungnahme eines Prüfungsingenieurs für Baustatik ein.

Der Bundesminister der Finanzen trat dem Verfahren bei, da die Streitfrage im Hinblick auf die in dem koordinierten Ländererlaß vom 28. März 1960 (BStBl 1960 II S. 93) aufgestellten neuen Grundsätze für die Abgrenzung der Betriebsvorrichtungen vom Grundvermögen von besonderer Bedeutung sei. In der Stellungnahme ist ausgeführt, nach § 50 Abs. 1 BewG schließe der Gebäudebegriff, der im Satz 1 vorausgesetzt werde, das Vorliegen einer Betriebsvorrichtung nach Satz 2 aus. Auch die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs habe hervorgehoben, daß Bauwerke, die die Begriffsmerkmale des Gebäudes erfüllten, keine Betriebsvorrichtungen sein könnten (so Entscheidung des Reichsfinanzhofs III 212/39 vom 10. Oktober 1940, RStBl 1941 S. 205; Entscheidung des Bundesfinanzhofs III 434/58 S vom 24. Februar 1961, BStBl 1961 III S. 228, Slg. Bd. 72 S. 621). Die nicht vollständige Begriffsbestimmung "Gebäude" der früheren Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs (Entscheidung des Reichsfinanzhofs III 212/39 vom 10. Oktober 1940, a. a. O., und Entscheidung des Bundesfinanzhofs III 5/53 S vom 24. April 1953, BStBl 1953 III S. 156, Slg. Bd. 57 S. 397) mit dem Hinweis auf die Verkehrsauffassung sei nun durch den oben genannten Ländererlaß vervollständigt worden. Dieser allgemein zutreffende Gebäudebegriff müsse ohne ein etwa abweichendes Ergebnis der Verkehrsauffassung unbeschränkt gelten, abgesehen von der Auslegung einzelner in der Definition wiederkehrender Begriffsmerkmale. Die allgemein gültige Begriffsbestimmung des Gebäudes sei entscheidend, ob ein Bauwerk ein Gebäude oder eine Betriebsvorrichtung sei. Im übrigen stelle der Ländererlaß lediglich eine Anpassung an die Fortentwicklung der Technik dar. Dazu gehöre das von der Rechtsprechung geschaffene Merkmal "Standfestigkeit" und die Umwandlung des Merkmals "den Eintritt" in "den Aufenthalt von Menschen gestattet". Aus Textziff. 7 Satz 3 und dem Beispiel C in Textziff. 8 des Erlasses ergebe sich, daß nicht ein nur vorübergehender Aufenthalt gemeint sei und daß das von der Bgin. unter Bezugnahme auf eine Abhandlung in Finanz-Rundschau (FR) 1960 S. 340/344 angeführte Beispiel (Rundofen einer Ziegelei) zum Nachweis eines zu weit festgelegten Gebäudebegriffs abwegig sei. Beim fraglichen Silo träfen auf alle nicht der eigentlichen Getreidelagerung dienenden Räume die Merkmale des Gebäudebegriffs nach dem oben genannten Erlaß zu. Streitig sei hier eigentlich nur noch die Standfestigkeit. Beurteilungsmaßstab sei nach Textziff. 16 des Erlasses, ob die Außenwandflächen des Gebäudeteils oder der Silozellen überwögen. Die entsprechende Berechnung des Finanzgerichts sei nicht zutreffend, wie die im einzelnen in der Stellungnahme vorgenommene Aufgliederung der Räume und Flächen ergebe. Kellerräume, Rampengeschoß, Treppenhaus, Maschinenraum und Dachgeschoß dienten nicht unmittelbar dem Silobetrieb, so daß diese Außenwände nicht zu den Siloumwandungen gehörten. Der Anteil der Umwandung der Silozellen an den gesamten Außenwandflächen betrage somit nicht, wie das Finanzgericht angenommen, 59 %, sondern entsprechend der Rechtsbeschwerdebegründung des Vorstehers des Finanzamts nur rund 32 %. Das Bauwerk sei daher an sich in vollem Umfang als Gebäude anzusehen, die Silozellen selbst blieben jedoch als Betriebsvorrichtungen außer Betracht und hätten bei der Bewertung des Gebäudes nicht in Erscheinung zu treten, also getrennte Berechnung der Normalherstellungskosten für Gebäude und Silozellen. Dieses Ergebnis sei sachgerecht, da die Umwandlungen des Silokerns eine doppelte Funktion hätten und es alsdann für die Bewertung auf die überwiegende Funktion abzustellen sei. Die Außenumwandungen des Silokerns würden im übrigen einer änderung der Verwendung des Bauwerks nicht entgegenstehen.

Dem Vorschlag des Finanzamts auf Aufteilung des Bauwerks in einen Gebäudeteil und einen Betriebsvorrichtungsteils solle gefolgt werden. Die nach Textziff. 16 Satz 3 und Zeichnung 12 des Erlasses vorgesehene vertikale Teilung durch das ganze Gebäude sollte gerade bei Silobauten unter Außerachtlassung der Aufgliederung der Umschließungswände Anwendung finden. Die vertikale Trennungslinie brauche nicht geradlinig zu verlaufen. Hier träfen vertikal und horizontal abgrenzbare Bauwerkteile zusammen. Trotz der Wortfassung in Textziff. 16 könne in einzelnen Fällen eine horizontale Aufteilung des Gesamtbauwerks in Gebäude und Betriebsvorrichtung sinnvoll und zweckmäßig sein. Befänden sich allerdings einzelne Geschosse nicht unter, sondern über den Betriebsvorrichtungen, so müßte es bei der Regelung nach Textziff. 16 Sätze 1 und 2 verbleiben. Für die Annahme der Gebäudeeigenschaft für die aufgesetzten und möglicherweise horizontal abgrenzbaren Geschosse würde es an dem Merkmal der Standfestigkeit fehlen.

Die Bgin. hält auch gegenüber der Stellungnahme des Bundesministers der Finanzen ihren Antrag auf Zurückweisung der Rb. aufrecht. Eine Siloanlage sei nach der allgemeinen Verkehrsauffassung kein Gebäude, sie sei in erster Linie eine gewerbliche Einrichtung (Betriebsvorrichtung) und der Gewerbesteuer unterworfen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht.

Wie in dem oben genannten Urteil des Bundesfinanzhofs III 434/58 S vom 24. Februar 1961, auf das Bezug genommen wird, ausgeführt ist, sind rechtliche Grundlage für die Unterscheidung von Gebäuden (Betriebsgrundstücken) und Betriebsvorrichtungen die §§ 57 und 50 BewG. Betriebsvorrichtungen sind Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, auch wenn sie wesentliche Bestandteile des Grundstücks im Sinne des § 94 BGB sind. Dieses Merkmal kann also nicht zur Unterscheidung von Gebäuden und Betriebsvorrichtungen herangezogen werden. Ausgangspunkt der Unterscheidung, die die jeweilige Unterwerfung der Wirtschaftsgüter unter die Grundsteuer oder die Gewerbesteuer bezweckt und sich des weiteren bei der Absetzung für Abnutzung durch Inanspruchnahme der degressiven Abschreibung bei Betriebsvorrichtungen erheblich auswirken kann, ist der in § 50 Abs. 1 Satz 1 BewG enthaltene Grundsatz, daß Gebäude zum Grundvermögen gehören, in das nach Satz 2 die Betriebsvorrichtungen nicht einbezogen werden. Bei der Abgrenzung ist daher vom Gebäudebegriff auszugehen, wie es auch das Finanzgericht und der Bundesminister der Finanzen getan haben. Nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs waren unter Gebäude Bauten zu verstehen, die durch räumliche Umfriedung Personen oder Sachen Schutz gegen äußere Einflüsse gewähren, den Zutritt von Menschen gestatten, von einiger Beständigkeit und mit dem Grund und Boden fest verbunden sind. Dabei war die Unterscheidung noch stark auf die Verkehrsauffassung abgestellt. Eine Zusammenfassung dieser Rechtsprechung ist in dem oben genannten Urteil III 434/58 S enthalten. Im großen und ganzen stimmten die Erlasse des Reichsministers der Finanzen vom 4. Mai 1940 (a. a. O.) und der genannte Ländererlaß vom 28. März 1960 (für Niedersachsen vom 12. April 1960) mit dem Stand der Rechtsprechung überein. So tritt nach Textziff. 7 des letztgenannten Erlasses entsprechend dem Urteil des Bundesfinanzhofs III 110/50 S vom 24. Januar 1952 (BStBl 1952 III S. 84, Slg. Bd. 56 S. 209) als Merkmal des Gebäudebegriffs hinzu, daß Menschen in das Bauwerk nicht nur eintreten, sondern sich darin - auch während des Betriebsvorgangs - nicht nur vorübergehend aufhalten können. Des weiteren muß die räumliche Umschließung eine ausreichende Standfestigkeit aufweisen (siehe das oben genannte Urteil des Bundesfinanzhofs III 434/58 S und Textziff. 13 ff. des Erlasses). Der Hinweis der Bgin. auf eine unzulässige Ausweitung des Gebäudebegriffs, unter den alsdann auch ein Rundofen fallen würde (siehe dazu FR 1960 S. 340/344), ist abwegig, da derartige Vorrichtungen nach den obigen Darlegungen weder von der Rechtsprechung noch von dem Ländererlaß (siehe auch Stellungnahme des Bundesministers der Finanzen) als Gebäude angesprochen werden.

Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz erfüllt das Bauwerk als solches die Voraussetzungen des Gebäudes bis auf die vom Finanzamt angenommene Standfestigkeit, die das Finanzgericht auch unter Bezugnahme auf Textziff. 16 des Ländererlasses verneinte. Dabei ist gleichzeitig übereinstimmend davon ausgegangen, daß ein Silo als solcher eine Betriebsvorrichtung ist. Dementsprechend wird vom Finanzamt nicht die Wertung des ganzen Bauwerks einschließlich der Silozellen als Gebäude verlangt und auch vom Bundesminister der Finanzen in seiner Stellungnahme nicht befürwortet, sondern es handelt sich bei dem Streit um die Bewertung des Teiles der Anlage, der keine Silozellen enthält. Es ist dabei nach der bewertungsrechtlichen Begriffsbestimmung entscheidend, ob die Umschließung des Silobaus eine ausreichende Standfestigkeit hat.

Es bestehen keine Bedenken, zur Entscheidung dieser Frage neben der bisherigen Rechtsprechung auch den genannten Ländererlaß heranzuziehen. Dabei spielt es keine Rolle, daß die Richtlinien erst nach dem hier maßgeblichen Bewertungsstichtage mit dem Hinweis, danach "nunmehr zu verfahren", veröffentlicht wurden. An eine etwaige verwaltungsmäßig vorgeschriebene, zeitliche Abgrenzung sind die Gerichte bei Verwertung dieser Richtlinien nicht gebunden. Enthält das Bauwerk neben den nicht zum Aufenthalt geeigneten reinen Betriebsvorrichtungen auch Räume, die den Aufenthalt von Menschen gestatten, so dürfen, um ein Gebäude annehmen zu können, die letzteren nicht von untergeordneter Bedeutung sein. Das ist hier nicht der Fall. Nach der Berechnung des Finanzamts in der Einspruchsentscheidung machen die Silozellen raummäßig nur 666 cbm von insgesamt 2.037 cbm des gesamten Bauwerks aus. Dieser Auffassung ist das Finanzgericht in seinen tatsächlichen Feststellungen gefolgt und hat die Gebäudeeigenschaft dieser Teile des Bauwerks auch dann bejaht, wenn die Maschinenanlagen in Betrieb und die Silozellen gefüllt sind. Andererseits haben Finanzamt und Bundesminister der Finanzen nicht den Standpunkt vertreten, das ganze Bauwerk als Gebäude zu bewerten, da weder der zum Aufenthalt von Menschen geeignete Teil noch die Silozellen als von untergeordneter Bedeutung im Sinne der Textziff. 7 des Erlasses anzusehen sind, und bei Silos in erster Linie Textziff. 16 und Beispiel 12 Anwendung finden.

Ein Bauwerk ist nur dann ein Gebäude, wenn es standfest ist. Dieser besonderen Prüfung bedarf es, wenn Betriebsvorrichtung und Umschließung in enger Verbindung stehen. Alsdann ist nach Textziff. 16 des Ländererlasses ein Bauwerk nicht als Gebäude anzusehen, wenn die Fläche der Außenwände ganz oder zum größten Teil aus Umwandungen besteht, die notwendiger Bestandteil einer Betriebsvorrichtung sind, und die überdachung auf diesen Umwandungen ruht. Bestehen dagegen die Umschließungen eines Bauwerks zum Teil aus Umwandungen einer Betriebsvorrichtung, die einen selbständigen, vertikal abgrenzbaren Teil des gesamten Bauwerks darstellen, so sieht der Ländererlaß eine Aufteilung des Bauwerks in ein Gebäude und eine Betriebsvorrichtung vor. Der Senat hält eine solche Aufteilung durch eine gedachte vertikale Trennlinie, wie sie in der dem Erlaß beigefügten Zeichnung 12 ersichtlich ist (BStBl 1960 II S. 104), für zutreffend. Es könnte auch eine horizontale Abtrennung erfolgen, wobei allerdings das Gebäude den unteren Teil des Bauwerks bilden müßte, da sonst in der Regel die Verbindung mit dem Grund und Boden und die Standfestigkeit fehlen dürften. Unter Beachtung dieser Gesichtspunkte könnte auch eine Verbindung der horizontalen und der vertikalen Trennung derart in Frage kommen, daß sich auf dem horizontal abgegrenzten, unten gelegenen Gebäudeteil von dort aus ein vertikal abgrenzbarer, schmälerer Gebäudeteil nach oben fortsetzt.

Da nach den übereinstimmenden Berechnungen des Vorstehers des Finanzamts und des Bundesministers der Finanzen die Wände der Silozellen nicht überwiegend, d. h. nicht zu 51 % und mehr gleichzeitig Umfassungswände sind, ist das Bauwerk nicht insgesamt Betriebsvorrichtung. Das Hinüberragen der 10. Silozelle über die gedachte vertikal durchlaufende Trennlinie hinaus steht der Aufteilung nicht entgegen, da diese Trennung bewertungsrechtlich beachtlich, aber praktisch sowieso kaum durchführbar ist.

Die Ausführungen des Finanzamts sind in sich schlüssig. Ob die Berechnung, die zu nur rund 32 % Anteil der Siloumwandungen an den Außenwänden führt, auch tatsächlich in den einzelnen Berechnungsfaktoren richtig ist, bedarf der Nachprüfung in der Tatsacheninstanz und wahrscheinlich einer nochmaligen Ortsbesichtigung. Hierbei sind die tatsächlichen Stellungnahmen der Bgin. zu beachten, nicht aber kann den Einwendungen der Bgin. insoweit Raum gegeben werden, als sie grundsätzlich den von der Rechtsprechung und dem Ländererlaß herausgestellten Gebäudebegriff widerspricht. Insoweit kommt auch dem von der Bgin. beigefügten Gutachten keine maßgebliche Bedeutung zu, da es nicht von der hier zu entscheidenden Möglichkeit einer bewertungsrechtlichen Aufteilung des Gesamtgebäudes, sondern von rein bautechnischen Betrachtungen ausgeht.

Es erfolgt daher Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht zur erneuten Prüfung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411532

BStBl III 1965, 220

BFHE 1965, 611

BFHE 81, 611

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