Entscheidungsstichwort (Thema)

Einfuhr eines im Ausland getankten Gemisches aus gekennzeichnetem und nicht gekennzeichnetem Mineralöl

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Steuertatbestand nach § 12 Abs.9 MinöStG ist auch gegeben, wenn ein im Ausland getanktes Gemisch aus gekennzeichnetem und nicht gekennzeichnetem Mineralöl im Tank eines Sportschiffs eingeführt wird. Eine Einfuhrsteuerbefreiung ist insoweit ausgeschlossen.

2. Der Steuertatbestand (1.) stellt allein auf objektive, nicht auch auf subjektive Merkmale ab.

 

Normenkette

MinöStG § 12 Abs. 9, 7, § 8 Abs. 2 S. 2; EVerbrStBV § 1 Abs. 1 Nr. 6; AZO § 46 Abs. 2

 

Tatbestand

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) verbrachte im Sommer 1984 eine Motorjacht auf dem Seewege nach Deutschland. Nach seinen Angaben hatte der Kläger die Jacht in Spanien erworben, sie über Großbritannien und die Niederlande eingeführt und nur in diesen Ländern sowie ―nach einer Ausfahrt von Deutschland dorthin― in Dänemark getankt. Am 18.Juli 1984 wurden die Treibstoffvorräte der Jacht zollamtlich auf Beimischungen von Heizöl zu dem Dieselkraftstoff überprüft, mit dem Ergebnis, daß eine Rotfärbung sowie der Indikator Furfurol festgestellt wurden. Diese Feststellung ―Vorhandensein beider nach § 8 Abs.2 Satz 2 des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG) vorgeschriebenen Kennzeichnungsstoffe― wurde durch die amtliche Untersuchung der Probe bestätigt. Im Hinblick hierauf sah das beklagte und revisionsbeklagte Hauptzollamt den Treibstoff in den Vorratstanks der Jacht als Gemisch aus Dieselkraftstoff und Heizöl an und setzte, gestützt auf § 12 Abs.9 MinöStG, gegen den Kläger Mineralölsteuer fest (Steuerbescheid vom 14.Januar 1985). Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, der Besteuerungstatbestand wäre auch gegeben, wenn die Mischung mit Heizöl im Ausland vorgenommen und das dort ―in den Niederlanden― getankte Gemisch hier eingeführt worden sein sollte. § 12 Abs.9 MinöStG erfasse jedes im Erhebungsgebiet befindliche Gasöl, das die deutschen Kennzeichnungsstoffe enthalte, ohne daß es auf den Ort der Herstellung des Gemischs aus Kraftstoff und Heizöl ankomme. Die Besteuerung hänge allein von der Verwirklichung des objektiven Tatbestands ab.

Demgegenüber macht die Revision geltend, es sei unzulässig, in den Niederlanden getankten Dieselkraftstoff, der Stoffe enthalte, die nach deutschem Recht Heizöl-Indikatoren seien, ohne weiteres nach deutschen Vorschriften zu besteuern. Das deutsche Mineralölsteuerrecht könne keine Weltgeltung beanspruchen. Bei Aufklärung des Sachverhalts hätte sich ergeben, daß nicht in Deutschland getankt worden sei. Das FG hätte auch ―wie beantragt― die Rückstellprobe untersuchen lassen müssen, um die Herkunft des Gasöls aufzuklären. Der Kläger habe nicht erkennen können, daß es sich um nach deutschen Vorschriften gekennzeichnetes Mineralöl gehandelt habe. Auf die erforderliche Kenntnis von der Beschaffenheit des Mineralöls hätte das FG abstellen müssen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist nicht begründet.

Das FG hat zutreffend entschieden, daß für das in den Vorratstanks der Jacht des Klägers vorhanden gewesene Gemisch aus Dieselkraftstoff und Gasöl (Heizöl) gemäß § 12 Abs.9 MinöStG (in der vor Inkrafttreten des Verbrauchsteueränderungsgesetzes 1988 vom 20.Dezember 1988, BGBl I 1988, 2270, geltenden Fassung) in der Person des Klägers eine Mineralölsteuerschuld ―wie im angefochtenen Steuerbescheid festgesetzt― entstanden war, und zwar unabhängig davon, ob i.S. von § 8 Abs.2 Satz 2 MinöStG gekennzeichnetes Heizöl im Erhebungsgebiet oder außerhalb desselben ―in den Niederlanden― zugemischt worden war.

Nach § 12 Abs.9 MinöStG in der hier maßgebenden Fassung hat die Steuer zu entrichten, wer Gasöl … mit den in § 8 Abs.2 Satz 2 MinöStG aufgeführten Kennzeichnungsstoffen entgegen § 12 Abs.7 MinöStG mit nicht gekennzeichnetem Mineralöl mischt oder als Kraftstoff bereithält, abgibt, mit sich führt oder verwendet. § 12 Abs.7 MinöStG (a.F.) verbietet ―grundsätzlich, d.h. von hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen― die Mischung gekennzeichneten Gasöls mit nicht gekennzeichnetem Mineralöl, ferner ―ebenfalls grundsätzlich― sein Bereithalten oder Mitführen sowie seine Abgabe oder Verwendung als Kraftstoff. Für die Begründung der Mineralölsteuerschuld reicht es aus, daß das als Kraftstoff verwendete Mineralöl einen der Kennzeichnungsstoffe enthält (Senat, Urteil vom 2.Oktober 1986 VII R 1/82, BFHE 147, 568). Nach den Feststellungen des FG ist davon auszugehen, daß in dem Gemisch beide Kennzeichnungsstoffe vorlagen. Diese Feststellungen sind für den Senat bindend (§ 118 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―), weil durchgreifende Revisionsrügen nicht erhoben worden sind. In der Revisionsbegründung wird lediglich mangelnde Aufklärung (§ 76 FGO) in bezug auf die "Herkunft" des Treibstoffs gerügt. Diese Rüge geht ins Leere, weil das FG selbst ein Zutanken in den Niederlanden unterstellt hat, nicht aber eine "Beimischung deutschen Heizöls" (Bunkerung im Erhebungsgebiet). Soweit der Kläger nachträglich auch gerügt hat, es sei nicht genügend aufgeklärt, daß in den Tanks "Dieselkraftstoff mit deutschen Kennzeichnungsstoffen" enthalten gewesen sei, ist seine Rüge verspätet (§ 120 Abs.2 Satz 2 FGO); ob sie sonst zulässig erhoben wäre, braucht nicht entschieden zu werden.

Daß die Kennzeichnung im Erhebungsgebiet oder sonst nach deutschem Recht erfolgt ist, ist nicht erforderlich; sie kann auch, mit den in § 8 Abs.2 Satz 2 MinöStG bezeichneten Stoffen, im Ausland vorgenommen worden sein (vgl. auch § 8 Abs.2 Satz 5 MinöStG; § 11 der Verordnung zur Durchführung der Heizölkennzeichnung vom 1.April 1976, BGBl I 1976, 873). Auch im übrigen ist, wie das FG richtig erkannt hat, der Steuertatbestand erfüllt. Zwar liegt, wenn mit dem FG zugunsten des Klägers ein Zutanken gekennzeichneten Gasöls in den Niederlanden angenommen wird, kein (durch § 12 Abs.7 Satz 1 MinöStG nur im Inland untersagtes) Mischen vor, wohl aber ein verbotswidriges Bereithalten, Mitführen oder Verwenden als Kraftstoff (§ 12 Abs.7 Satz 2, Abs.9 MinöStG). Das Verbot erfaßt nicht allein den Verkehr mit unvermischtem gekennzeichneten Gasöl, sondern auch das Bereithalten usw. von Mischungen solchen Gasöls mit nicht gekennzeichnetem Mineralöl, denn in derartigen Mischungen ist gleichfalls gekennzeichnetes Gasöl enthalten (ebenso Schädel/Langer/Gotterbarm, Mineralölsteuer/Mineralölzoll, Stand April 1988, § 12 MinöStG Rz.80 a). Diese durch den Gesetzeswortlaut nahegelegte Auslegung entspricht dem Gesetzeszweck, der darauf gerichtet ist, daß Gemische von gekennzeichnetem Heizöl und Dieselkraftstoff "eindeutig und zügig vor allem im Anschluß an Verkehrskontrollen" besteuert werden können (amtliche Begründung in BTDrucks 7/1944 S.11; dazu Senat, Urteil vom 16.November 1982 VII R 58/82, BFHE 137, 518, 523). Ihr steht nicht entgegen, daß in § 12 Abs.7 Satz 3, Abs.9 Satz 2 MinöStG i.d.F. des Gesetzes vom 20.Dezember 1988 Gemische aus gekennzeichnetem und "anderem" Mineralöl ausdrücklich aufgeführt sind. Darin ist lediglich eine Klarstellung zu sehen (vgl. BTDrucks 11/2970 S.13). Eine Verletzung des Territorialitätsprinzips, wie sie die Revision offenbar rügt ("Weltgeltung"), liegt nicht vor, denn der Steuertatbestand knüpft allein an die Tatbestandsverwirklichung im Erhebungsgebiet an (Bereithalten/Mitführen/Verwenden). Aus dem Steuertatbestand selbst ergibt sich, daß die Verbotswidrigkeit der Tatbestandsverwirklichung die Besteuerung nicht ausschließt (vgl. auch § 40 der Abgabenordnung), daß im Gegenteil verbotswidriges Handeln sogar vorausgesetzt wird. Die Einfuhrsteuerbefreiung nach § 1 Abs.1 Nr.6 der Einfuhr-Verbrauchsteuer-Verordnung i.V.m. § 46 Abs.2 der Allgemeinen Zollordnung (AZO) ―vor dem 1.Juli 1984 § 9 Abs.2 der Verordnung zur Durchführung des MinöStG (a.F.) i.V.m.§ 72 Abs.2 AZO (a.F.)― wird durch § 12 Abs.9 MinöStG ausgeschlossen (Schädel/Langer/Gotterbarm, a.a.O., § 7 MinöStG Rz.116, 117; FG Bremen, Urteil vom 27.Juli 1989 II 69/89 K, Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 1990, 37).

Der Senat teilt ferner die Auffassung der Vorinstanz, daß die Steuer ohne Rücksicht auf Verschulden entsteht. § 12 Abs.9 MinöStG stellt allein auf objektive Merkmale ab; auch nach den Motiven (BTDrucks 7/1944 S.11 mit Hinweis auf den gutgläubigen, freilich erst nachrangig in Anspruch zu nehmenden Kraftfahrer als Steuerschuldner; vgl. auch FG Bremen, a.a.O.) sind subjektive Merkmale ohne Bedeutung. Erforderlich, aber auch ausreichend ist ein (natürlicher) Handlungswille dahin, daß über die Ware als Kraftstoff verfügt wird (Schädel/Langer/Gotterbarm, a.a.O., § 12 MinöStG Rz.87 mit Nachweisen; ebenso ―zum zollrechtlichen Tatbestand der Nichtbeachtung von Zollvorschriften― Senat, Urteil vom 12.März 1985 VII R 94/82, BFHE 143, 477, 480, und ―zu § 12 Abs.4 MinöStG― Beschluß vom 23.April 1969 VII R 70/66, BFHE 95, 480). Wie sich den Feststellungen des FG entnehmen läßt (Mitführen des Treibstoffs in den Tanks der Jacht), lag dieser Handlungswille beim Kläger vor. Eine zusätzliche Kenntnis von der Beschaffenheit des Mineralöls oder wenigstens ein Kennenmüssen ist für die Besteuerung nach Wortlaut und Zweck der Steuervorschrift nicht erforderlich. Soweit sich aus dem von der Revision angeführten Urteil des FG Düsseldorf vom 7.Juli 1982 IV 151/78 VM (EFG 1983, 257) eine andere Beurteilung ergibt, kann dieser nicht gefolgt werden. Auf die vom Kläger insoweit vermißte Aufklärung kam es mithin nicht an.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63084

BFH/NV 1991, 29

BFHE 162, 531

BFHE 1991, 531

BB 1991, 1321

BB 1991, 1321-1322 (LT)

DB 1991, 582 (T)

HFR 1991, 296 (LT)

StE 1991, 106 (K)

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