Leitsatz (amtlich)

1. Ein Antrag, Steuern wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen, kann nicht allein auf die Behauptung gestützt werden, ein die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung betreffendes rechtskräftiges Urteil sei falsch; dem steht die Rechtskraft dieses Urteils entgegen.

2. Die Richtigkeit eines unanfechtbar gewordenen Steuerbescheides ist im Verfahren gemäß § 131 AO grundsätzlich nicht nachprüfbar.

 

Normenkette

AO § 131; FGO § 110 Abs. 1

 

Gründe

In der Sache selbst ist die Revision unbegründet.

1. Das FG ist mit Recht davon ausgegangen, daß eine sachliche Unbilligkeit im Sinne des § 131 AO in der Regel nicht damit begründet werden kann, die Steuerfestsetzung sei sachlich unrichtig. Da das FG durch rechtskräftig gewordenes Urteil die Einkommensteuernachforderungen auf 4 391 DM ermäßigt hat, durfte das FG im Verfahren über die Klage, das FA zum Erlaß von Einkommensteuer zu verpflichten, die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung nicht mehr nachprüfen. Dem stand die Rechtskraft des Urteils des FG vom 6. Juni 1973 VIII-VII-II a 302-304/65 entgegen (§ 110 Abs. 1 FGO). Ein Antrag, Steuern wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen, kann nicht allein auf die Behauptung gestützt werden, ein die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung betreffendes rechtskräftiges Urteil sei falsch. Andere Gesichtspunkte, die geeignet wären, die rückständige Einkommensteuer aus Gründen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen, sind nicht festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO).

Eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß die Richtigkeit eines unanfechtbar gewordenen Steuerbescheides im Verfahren gemäß § 131 AO nicht mehr nachprüfbar ist (vgl. Urteil des BFH vom 3. März 1970 II 135/64, BFHE 99, 8, BStBl II 1970, 503, mit Nachweisen), ist vom FG hinsichtlich der Umsatzsteuernachforderung ebenfalls mit Recht verneint worden. Die Klägerin hatte die Möglichkeit, die Umsatzsteuerberichtigungsbescheide des FA gerichtlich überprüfen zu lassen. Wenn sie dies unterlassen hat, obwohl sie die vom FA praktizierte Umsatzermittlung nach der Formel "Beschäftigtenzahl x Multiplikator = Umsatz" für eine "Absurdität" (Schriftsatz vom 9. Dezember 1974 - S. 3 -) gehalten hat, so kann sie nicht verlangen, im Verfahren nach § 131 AO die infolge ihres Verhaltens unterbliebene Prüfung der Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerfestsetzungen nachzuholen.

2. Es ist auch nicht ersichtlich, daß das angefochtene Urteil insoweit einen Rechtsfehler enthält, als das FG im Hinblick auf persönliche Billigkeitsgründe ermessensfehlerhaftes Verhalten der Behörden verneint hat. Es ist nicht erkennbar, daß die Versagung des begehrten Billigkeitserlasses zur Zeit der Beschwerdeentscheidung der OFD (BFH-Urteil vom 26. Juli 1972 I R 158/71, BFHE 106, 489, BStBl II 1972, 919) zu einer Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz der Klägerin geführt haben würde, zumal die Verwaltungsbehörden durch Stundung die im Falle sofortigen Zahlungsverlangens eintretende Härte gemildert haben würden. Die Berücksichtigung der Höhe der Umsätze, Gewinne und Privatentnahmen durch die Behörde ist vom FG mit Recht gebilligt worden. Gleiches gilt auch für den Umstand, daß die Klägerin es unterlassen hat, sich darauf einzustellen, daß sie aus Anlaß der Betriebsprüfung im Jahre 1964 Steuernachforderungen werde erfüllen müssen. Das FG ist zu Recht der Ansicht, daß die der Klägerin zuzumutende kaufmännische Vorsicht es geboten hätte, sich selbst dann auf einen für sie zumindest teilweise ungünstigen Ausgang der Rechtsbehelfsverfahren einzurichten, wenn sie davon überzeugt gewesen sein sollte, daß die Berichtigungsbescheide unrichtig seien.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413363

BStBl II 1977, 771

BFHE 1978, 388

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