Leitsatz (amtlich)

Der Ersatz von Aufwendungen eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH durch die Gesellschaft ohne eine im voraus getroffene klare und eindeutige Vereinbarung kann auch dann eine verdeckte Gewinnausschüttung sein, wenn der Ersatzanspruch des Gesellschafter-Geschäftsführers zivilrechtlich begründet ist.

 

Normenkette

KStG § 6 Abs. 1 S. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, wurde durch notariellen Vertrag vom 3. März 1969 gegründet und am 1. April 1969 in das Handelsregister eingetragen. Auf das Stammkapital von 50 000 DM übernahmen der alleinige Geschäftsführer K M eine Einlage von 40 000 DM und dessen Ehefrau eine Einlage von 10 000 DM. In weiteren notariellen Verträgen vom gleichen Tage bot K M den Herren... an, ihnen bis Juni 1975 je 10 000 DM Geschäftsanteile abzutreten. Das Angebot wurde bisher nicht angenommen.

Im Anschluß an eine Betriebsprüfung erhöhte der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) das Einkommen der Klägerin im Streitjahr 1969 um folgende verdeckte Gewinnausschüttungen:

1.3 000 DM ausgewiesene Rückstellungen für die Reparatur eines dem Geschäftsführer K M gehörenden PKW.

2.1 000 DM ausgewiesene Rückstellungen für Miete, weil die Klägerin ein Büro in der Wohnung des Geschäftsführers K M unterhielt.

3.10 000 DM ausgewiesene Rückstellungen für eine außergewöhnliche Prämie wegen des zu erwartenden guten Jahresergebnisses nach einer mit K M getroffenen Vereinbarung vom 15. Dezember 1969.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Zur Begründung führte das FG aus: Es fehle an klar nachweisbaren und im voraus getroffenen Vereinbarungen als Grundlage der in der Bilanz ausgewiesenen Rückstellungen. Nach dem Anstellungsvertrag vom 1. März 1969 habe der Geschäftsführer K M Anspruch auf Ersatz von 0,25 DM je dienstlich mit dem eigenen PKW gefahrenen Kilometer. Von einem Ersatz der Reparaturkosten sei in diesem Vertrag nicht die Rede. Auch ein Vertrag über die Zahlung von Miete für das Büro liege nicht vor. Die Vereinbarung über die Gewährung einer außergewöhnlichen Prämie vom 15. Dezember 1969 wirke zurück, weil damit das Arbeitsergebnis der Klägerin und ihres Geschäftsführers für das ganze Jahr und nicht nur die Arbeitsleistung für die letzten Tage des Jahres angesprochen sei.

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts (§ 6 Abs. 1 Satz 2 KStG). Sie trägt dazu vor, ihr Geschäftsführer K M sei nicht beherrschender Gesellschafter gewesen. K M habe nach den - der Revisionsschrift in einer Anlage beigefügten - schriftlichen Treuhandverträgen vom 3. März 1969 die Geschäftsanteile von je 10 000 DM nur als Treuhänder für die Herren ... gehalten. Im übrigen schließe der Dienstvertrag einen Ersatz von Reparaturkosten nicht aus. Ein schriftlicher Mietvertrag über das Büro sei für die kurze Übergangszeit nicht erforderlich gewesen.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und - sinngemäß- die Körperschaftsteuer nach dem um den Betrag der verdeckten Gewinnausschüttungen verringerten Einkommen festzusetzen sowie - hilfsweise - die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Die streitigen Rückstellungen dürfen das Einkommen der Klägerin nicht mindern. Es handelt sich um verdeckte Gewinnausschüttungen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 KStG).

1. Leistungen einer Kapitalgesellschaft an ihren beherrschenden Gesellschafter werden steuerrechtlich nur anerkannt, wenn sie auf einer im voraus getroffenen klaren und eindeutigen Vereinbarung beruhen. Fehlt es an einer solchen Vereinbarung, sind die Leistungen verdeckte Gewinnausschüttungen (vgl. zuletzt Urteil des BFH vom 30. Juli 1975 I R 110/72, BFHE 117, 36, BStBl II 1976, 74, mit weiteren Nachweisen). Diese Grundsätze gelten für alle schuldrechtlichen Vereinbarungen, die zwischen einer Kapitalgesellschaft und beherrschenden Gesellschaftern getroffen werden, also insbesondere auch für Miet- und sonstige Verträge, die eine Gebrauchsüberlassung zum Gegenstand haben (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 20. September 1967 I 97/64, BFHE 90, 212, BStBl II 1968, 49; vom 10. März 1971 I R 178/69, BFHE 102, 247, BStBl II 1971, 566; für den Ersatz von Auslagen vgl. z. B. BFH-Urteil vom 13. Dezember 1960 I 88/60 U, BFHE 72, 182, BStBl III 1961, 68, und für Tantiemen vgl. BFH-Urteil vom 10. Juli 1974 I R 205/72, BFHE 113, 218, BStBl II 1974, 719).

2. Von diesen Grundsätzen ist auch im Streitfall auszugehen.

a) Der Geschäftsführer K M war in den Streitjahren mit 80 v. H. am Stammkapital der Klägerin beteiligt. Er war infolge dieser gesellschaftsrechtlichen Stellung in der Lage, auf die Klägerin einen beherrschenden Einfluß auszuüben (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 8. Januar 1969 I R 91/66, BFHE 95, 215, BStBl II 1969, 347). Eine solche Beteiligung gewährleistet in der Regel die nach § 47 GmbHG erforderliche Mehrheit bei Gesellschafterbeschlüssen. Umstände, die dem entgegenstehen könnten, sind im Streitfall nicht ersichtlich. Die Behauptung der Klägerin, K M habe die Geschäftsanteile von je 10 000 DM lediglich als Treuhänder für die Herren... gehalten, kann als neues Vorbringen im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden (§ 118 Abs. 2 FGO).

b) Die Rückstellungen beruhen nicht auf im voraus getroffenen eindeutigen Vereinbarungen.

aa) Der Vertrag über die Zahlung einer außergewöhnlichen Prämie wegen des zu erwartenden guten Jahresergebnisses wurde erst am 15. Dezember 1969 geschlossen. Kurz vor Ablauf des Geschäftsjahres können Tantiemen für dieses Geschäftsjahr jedoch mit steuerrechtlicher Wirkung nicht mehr gewährt werden (BFH-Urteil vom 6. März 1968 I 135/65, BFHE 92, 205, BStBl II 1968, 482). Eine Aufteilung der Tantieme mit der Folge, daß diese nur insoweit verdeckte Gewinnausschüttung ist, als sie den bereits verflossenen Teil des Wirtschaftsjahres betrifft (vgl. BFH-Urteil I R 205/52), kommt in diesem Fall nicht in Betracht.

bb) Der Rückstellung für die Reparaturkosten des PKW liegt keine vertragliche Verpflichtung zum Ersatz solcher Aufwendungen zugrunde. Der Ersatzanspruch des Geschäftsführers ist deshalb - soweit er nicht bereits durch die Vereinbarung ausgeschlossen ist, daß dem Geschäftsführer nur eine Pauschale von 0,25 DM je dienstlich gefahrenen Kilometer zusteht - nur begründet, wenn und insoweit ihm das Gesetz einen solchen Anspruch zubilligt (vgl. §§ 675, 670 BGB). Auch in diesem Fall dürfen die gebildeten Rückstellungen jedoch das Einkommen der Klägerin nicht mindern. Ein Gesellschafter kann die Geschäfte der Gesellschaft aufgrund eines Anstellungsvertrages gegen Entgelt oder auch in seiner Gesellschaftereigenschaft ohne besondere Vergütung führen. Die schuldrechtlichen und die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen der Gesellschaft zu ihrem Gesellschafter müssen deshalb klar voneinander abgegrenzt sein. Das erfordert dort, wo diese Abgrenzung von den Gesellschaftern und der Gesellschaft selbst vorgenommen werden kann, klare und eindeutige Vereinbarungen. Der erkennende Senat hat bereits in seinem Urteil vom 3. April 1974 I R 241/71 (BFHE 112, 178, BStBl II 1974, 497) darauf hingewiesen, daß diese Vereinbarung sich auch auf zivilrechtlich begründete Ansprüche erstrecken muß, die einem Gesellschafter möglicherweise auch ohne eine eindeutige Regelung zustehen. Das gilt auch für einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen, die der Gesellschafter im Rahmen seiner Geschäftsführertätigkeit vorgenommen hat. § 670 BGB ist abdingbar.

cc) Aus dem gleichen Grunde bedarf es auch einer ausdrücklichen Vereinbarung für die der Klägerin von K M in Rechnung gestellte Miete für einen Büroraum. Daß diese Miete nur für eine kurze Übergangszeit bezahlt werden sollte, ist für die Beurteilung der hierfür zurückgestellten Beträge unter dem Gesichtspunkt der verdeckten Gewinnausschüttung ohne Bedeutung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72179

BStBl II 1977, 172

BFHE 1977, 388

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