Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Betriebsprüfung Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frage der Ordnungsmäßigkeit einer Buchführung

2. Ob eine Buchführung ordnungsmäßig ist, muß einheitlich beurteilt werden. Es ist nicht zulässig, an die Ordnungsmäßigkeit für den Verlustabzug andere Anforderungen zu stellen als z. B. für §§ 7a, 7c, 10a usw.

 

Normenkette

AO § 208; EStG §§ 5, 10 Abs. 1 Ziff. 4

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin (Bfin.), eine GmbH, hatte für die Veranlagungszeiträume II/1948 und 1949 einen Verlust und für 1950 und 1951 unter Berücksichtigung des Verlustabzugs aus den Vorjahren ein Einkommen von 0 DM erklärt. Nach einer Betriebsprüfung schätzte das Finanzamt das Einkommen der Bfin. für II/1948 und 1949 auf 0 DM, für 1950 auf 2000 DM und für 1951 auf 20 000 DM.

Das Finanzgericht ermittelte folgende Einkommen (in DM) II/1948 - - - - - - 1949 - - 1950 - - 1951 Verlust 18.844 Verlust 396 + 625 + 18.080.Den Abzug der Verluste aus II/1948 und 1949 in den Jahren 1950 und 1951 versagte es, weil die Buchführung nicht ordnungsmäßig gewesen sei. Die Abweichungen gegenüber den Feststellungen des Finanzamt beruhen darauf, daß das Finanzgericht die Zuschätzungen des Finanzamts herabsetzte, und zwar für

II/1948 von 6 000 DM auf 1 000 DM 1949 - - von 1 000 DM auf 500 DM 1950 - - von 1 000 DM auf 500 DM 1951 - - von 1 000 DM auf 500 DM.Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) wendet sich die Bfin. gegen die Versagung des Verlustabzugs.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

Das Finanzgericht hat die Buchführung der Bfin. vor allem deshalb nicht als ordnungsmäßig bezeichnet, weil in den Jahren II/1948 bis 1951 erhebliche Kassenfehlbeträge festgestellt worden waren. Die Bfin. glaubt, daß die festgestellten Mängel nicht schwerwiegend seien; die Zuschätzungen seien geringfügig; bis auf die geringen Zuschätzungen sei ihr Buchergebnis der Besteuerung zugrunde gelegt worden. Sie beruft sich auf die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs IV 356/51 U vom 27. März 1952 (Slg. Bd. 56 S. 310, Bundessteuerblatt - BStBl - 1952 III S. 122), I 129/52 S vom 10. Februar 1953 (Slg. Bd. 57 S. 268, BStBl 1953 III S. 106), I 102/53 U vom 15. Dezember 1953 (Slg. Bd. 58 S. 386, BStBl 1954 III S. 59), IV 131/54 U vom 26. Oktober 1955 (Slg. Bd. 62 S. 6, BStBl 1956 III S. 3).

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs kann eine beantragte Vergünstigung nur gewährt werden, wenn die Buchführung dem System der kaufmännischen Buchführung entspricht und des weiteren, wenn die Bücher ordnungsmäßig geführt werden. Werden von der kaufmännischen Buchführung geforderte Aufzeichnungen nicht oder so mangelhaft geführt, daß ihnen eine sachliche Bedeutung nicht zugesprochen werden kann, so liegt ein Mangel im System der Buchführung vor. Enthält eine Buchführung Systemmängel, so kann die Vergünstigung nicht gewährt werden, auch wenn das Finanzamt das Ergebnis der Buchführung der Besteuerung zugrunde gelegt hat. Des weiteren müssen die von der kaufmännischen Buchführung geforderten Aufzeichnungen ordnungsmäßig, d. h. im Sinne des Handelsrechts sachlich richtig, geführt werden. Das ist auch dann nicht der Fall, wenn das Finanzamt gemäß §§ 208 Abs. 1, 217 der Reichsabgabenordnung (AO) die Besteuerungsgrundlagen schätzt, und zwar in Anlehnung an das durch die mangelhafte Buchführung ausgewiesene Ergebnis. Entspricht dagegen eine Buchführung in ihrem System den Anforderungen, die an eine kaufmännische Buchführung zu stellen sind, enthält sie aber Mängel nicht erheblichen Ausmaßes, die berichtigt werden können, so ist sie als ordnungsmäßig anzuerkennen, wenn das Finanzamt sie als geeignete Besteuerungsgrundlage verwendet. Auf diesen Rechtsgrundsätzen beruhen die von der Bfin. angeführten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs.

Ob festgestellte Mängel das System einer kaufmännischen Buchführung berühren oder ob die Buchführung nicht mehr als ordnungsmäßig im Sinne der oben gemachten Ausführungen anzusprechen ist, muß im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände festgestellt werden. Es handelt sich vorwiegend um eine Frage der tatsächlichen Feststellung. Die zeitgerechte Verbuchung der Geschäftsvorfälle und eine ordnungsmäßige Kassenführung sind aber in der Regel entscheidende Grundlagen einer kaufmännischen Buchführung. Mängel auf diesem Gebiet berühren demnach im allgemeinen das System einer kaufmännischen Buchführung. Das Finanzgericht hat im Streitfall einen solchen Systemmangel bejaht. Es konnte auf Grund seiner freien Beweiswürdigung (§ 278 AO) ohne Rechtsverstoß zu dieser Feststellung kommen und deshalb annehmen, daß die Buchführung der Bfin. im System mangelhaft sei. Dann kommt es aber nicht auf die Höhe der Zuschätzungen an.

Die Frage, ob eine kaufmännische ordnungsmäßige Buchführung vorliegt, kann nur einheitlich beurteilt werden. Es ist nicht zulässig, die Buchführung für die Frage, ob der Verlustabzug nach § 10 Abs. 1 Ziff. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zulässig ist, anders zu beurteilen als in anderen Bestimmungen, z. B. in §§ 7a, 7c EStG usw. Aus der von der Bfin. angeführten Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI 115/38 vom 9. März 1938 (Steuer und Wirtschaft 1938 Nr. 229) ergibt sich nichts anderes.

Nach allem hat das Finanzgericht ohne Rechtsirrtum abgelehnt, die Verluste aus den Veranlagungszeiträumen II/1948 und 1949 mit den Gewinnen der Veranlagungszeiträume 1950 und 1951 gemäß § 10 Abs. 1 Ziff. 4 EStG auszugleichen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408860

BStBl III 1958, 102

BFHE 1958, 260

BFHE 66, 260

BB 1958, 293

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