Leitsatz (amtlich)

Computerprogramme (hier Anwender-Standardsoftware) sind immaterielle Wirtschaftsgüter; für ihre Anschaffung kann daher keine Investitionszulage nach § 19 BerlinFG gewährt werden (Bestätigung des BFH-Urteils vom 5.Oktober 1979 III R 40/76, BFHE 129, 110, BStBl II 1980, 17).

 

Orientierungssatz

1. Der Senat hält an seinen in den Urteilen vom 3.12.1982 III R 132/81 und vom 17.12.1982 III R 87/82 genannten Kriterien zur Beurteilung der Frage, ob Standardprogramme materielle oder immaterielle Wirtschaftsgüter darstellen, nicht mehr fest. Computerprogramme (Individualprogramme und Standardprogramme) sind als geistig-schöpferische Werke anzusehen. Der Anwender bezahlt das Entgelt für dieses geistige Werk. Für Trivialprogramme gelten möglicherweise andere Grundsätze, weil sich bei ihnen das Wertverhältnis von Programminhalt und Programmträger wesentlich verschoben hat. Ein Vergleich dieser Programme mit Büchern oder Schallplatten ist nicht ausgeschlossen.

2. "Bewegliche Wirtschaftsgüter" i.S. des § 19 BerlinFG und i.S. der Vorschriften des InvZulG sind ebenso wie i.S. entsprechender bilanzsteuerrechtlicher Vorschriften (z.B. §§ 7d, 7f, 7g EStG) nur materielle Wirtschaftsgüter, nicht hingegen immaterielle Wirtschaftsgüter (z.B. i.S. von § 5 Abs. 2 EStG; Festhalten an BFH-Rechtsprechung).

3. Technische und elektronische Geräte, in deren Gehäuse die Computerprogrammsteuerung als unselbständiger Bestandteil eingebaut ist, sind ein körperliches (materielles) Wirtschaftsgut und damit zulagebegünstigt nach § 19 BerlinFG.

 

Normenkette

BerlinFG § 19; EStG §§ 7d, 7f, 7g; InvZulG; EStG § 5 Abs. 2

 

Tatbestand

Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) unterhält in Berlin (West) einen Fabrikationsbetrieb. Im Streitjahr 1979 erwarb sie eine Datenverarbeitungsanlage sowie drei Anwenderprogramme: Auftragsbearbeitung und Materialwirtschaft für 17 000 DM, Löhne und Gehälter für 2 000 DM und Finanzbuchhaltung für 4 000 DM. Bei den Programmen handelt es sich um sog. Standardprogramme. Dem Antrag der Klägerin, ihr gemäß § 19 Abs.1 Satz 4 Nr.1 Buchst.a aa des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) i.d.F. des Gesetzes vom 22.Dezember 1978 (BGBl I 1979, 1, BStBl I 1979, 3) die erhöhte Investitionszulage von 25 v.H. zu gewähren, entsprach der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) nur hinsichtlich der Datenverarbeitungsanlage (Hardware). Für die Programme lehnte das FA die Zulage ab. Es vertrat die Auffassung, daß es sich insoweit um immaterielle Wirtschaftsgüter handele.

Die dagegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) im ersten Rechtsgang mit seiner in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1983, 105 veröffentlichten Entscheidung ab. Das FG hielt die streitigen Programme ebenfalls für immaterielle Wirtschaftsgüter. Denn ihr wirtschaftlicher Wert liege im geistigen Gehalt. Ohne Einfluß sei, daß die Programme serienmäßig hergestellt seien.

Auf die Revision der Klägerin hob der Senat das Urteil der Vorinstanz auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück. Der Senat entschied, die Frage, ob EDV-Standardprogramme materielle oder immaterielle Wirtschaftsgüter seien, sei vorrangig nach dem Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Ersteller des Programms und dem Anwender zu beurteilen. So könnten Nutzungsverträge (Lizenz- oder Know-how-Verträge) für die Annahme eines immateriellen Wirtschaftsguts sprechen. Je nach dem Ergebnis seiner Entscheidung müsse das FG auch zu der Frage Stellung nehmen, ob die von der Klägerin erworbenen Programme sog. datenträgergebundene fixe Standardprogramme seien. Bei diesen Programmen habe sich nach Walter (Der Betrieb --DB-- 1980, 1766 und 1815 unter IV.4. Buchst. a aa) die ursprünglich geistige Leistung im wirtschaftlichen Verkehr weitgehend in dem Datenträger materialisiert, so daß auf die Annahme materieller Wirtschaftsgüter geschlossen werden könne. Hier werde das FG ggf. die Auffassung der beteiligten Wirtschaftskreise feststellen müssen. Wegen des Inhalts seiner Entscheidung im einzelnen verweist der Senat auf sein in BFHE 138, 126, BStBl II 1983, 647 veröffentlichtes Urteil vom 3.Dezember 1982 III R 132/81, das die gleiche Problematik betrifft.

Im zweiten Rechtsgang hat das FG Beweis erhoben

a) durch schriftliche Anfrage bei der Lieferantin der Programme nach den zwischen ihr und der Klägerin getroffenen Vereinbarungen,

b) durch Einholung eines Gutachtens der Industrie- und Handelskammer Berlin zu der Frage, ob datenträgergebundene fixe Standardprogramme nach der Verkehrsauffassung der beteiligten Wirtschaftskreise materielle Wirtschaftsgüter seien und

c) durch schriftliche Anfrage bei den Herstellern der Programme nach dem Verhältnis der Kosten der Programmentwicklung zu dem Einzelveräußerungspreis und danach, ab wann die Programme serienmäßig hergestellt und verkauft worden sind und welche Stückzahl jeweils erreicht worden ist.

Nach der von der Lieferantin erteilten Auskunft ist der Klägerin zwar die Vervielfältigung der Programme zum Zwecke der Datensicherung und Archivierung, nicht aber die Modifizierung der Programme gestattet. Weitere Vereinbarungen seien nicht getroffen worden.

Das von der Industrie- und Handelskammer Berlin vom 11.Oktober 1984 in Zusammenarbeit mit den beteiligten Wirtschaftskreisen erstattete Gutachten hat im wesentlichen folgenden Inhalt:

Auf dem Markt gebe es heute anwendungsorientierte datenträgergebundene fixe Standardprogramme, bei denen sich die ursprünglich rein geistige Leistung im wirtschaftlichen Verkehr materialisiert habe. Diese Software zeichne sich dadurch aus, daß sie in größerer Auflage auf dem Markt erscheine, daß der Preis im Verhältnis zu den Entwicklungskosten sehr gering sei und daß sie in der Regel über Zwischenhändler (u.a. auch Kaufhäuser, Versandhandel) "über den Ladentisch" vertrieben werde. Als Anwendungsgebiet komme der Einsatz auf Mikro- bzw. Personalcomputern in Betracht. Solche Software sei als materielles Wirtschaftsgut zu qualifizieren. Dagegen sei die Einordnung im relativ großen Bereich zwischen der Individualsoftware und der Standardsoftware als Massenprodukt mit Schwierigkeiten verbunden. Eine allgemeingültige Lösung könne für diesen Bereich nicht gefunden werden. Es sei im Einzelfall zu entscheiden, ob sich die ursprünglich geistige Leistung im wirtschaftlichen Verkehr bereits materialisiert habe. Oft werde dies aber nicht möglich sein, weil im Einzelfall die Bedingungen zwar auf der Anwender- nicht aber auf der Herstellerseite festgestellt werden könnten. Mit Hilfe von Katalogen könnten jedoch Anhaltspunkte für die Beurteilung gefunden werden.

Die Herstellerfirmen der Programme haben dem FG folgende Auskünfte erteilt:

a) Die Entwicklungskosten des Standardprogramms "Auftragsbearbeitung und Materialwirtschaft" hätten mehrere 100 000 DM betragen. Ein Datenträger, auf dem dieses Programm dem Anwender zur Verfügung gestellt werde, koste zwischen 10 DM (Floppy-Disk) und 2 000 DM (Plattenstapel). Das Programm sei in den Jahren 1977/78 entwickelt und ab Mitte 1978 an Anwender abgegeben worden. Dem Anwender werde die Modifizierung eines Programms untersagt, weil nur so der Ersteller die Gewährleistungspflicht übernehmen könne. Außerdem erhalte der Anwender in der Regel nur ein Nutzungsrecht an dem Programm, das es ihm gestatte, das Programm in unveränderter Form auf seiner EDV-Anlage zu nutzen.

b) Das Programm "Löhne und Gehälter" werde seit Januar 1979 geliefert und sei ca. hundertmal installiert worden. Der Preis für das Programm sei ein Lizenzpreis, welcher die zeitlich unbegrenzte Nutzung des Programms beinhalte. Die Installation des Programms und die Lieferung von Datenträgern würden normalerweise separat berechnet. Die Kosten der Programmentwicklung könnten rechnerisch nicht dem Lizenzpreis gegenübergestellt werden, da der Lizenzpreis vom Markt diktiert werde.

c) Das Programm "Finanzbuchhaltung" sei bisher mehr als hundertmal verkauft worden. Da die Herstellerfirma verpflichtet sei, das Programm den jeweils gültigen Vorschriften der Finanzverwaltung anzupassen, würden dem Anwender eigene Änderungen untersagt.

Das FG hat die Klage erneut abgewiesen.

 

Entscheidungsgründe

Auch die Revision ist unbegründet. Das FG hat zu Recht die von der Klägerin erworbenen Programme nicht als materielle (körperliche), sondern als immaterielle (unkörperliche) Wirtschaftsgüter beurteilt, und es deshalb zu Recht abgelehnt, für den Erwerb dieser Programme Investitionszulage zu gewähren.

1. Nach § 19 Abs.1 Satz 1 BerlinFG in der für das Streitjahr 1979 maßgeblichen Fassung können Steuerpflichtige mit einer Betriebsstätte in Berlin (West) für "abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens" eine Investitionszulage erhalten. Diese beträgt grundsätzlich 10 v.H. der Summe der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der im Kalenderjahr "angeschafften oder hergestellten abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens" und 12,5 v.H. der Summe der Herstellungskosten der im Kalenderjahr hergestellten "abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsgüter" (§ 19 Abs.1 Satz 3 BerlinFG); sie erhöht sich unter bestimmten Voraussetzungen für "abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens" auf 25 v.H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 19 Abs.1 Satz 4 BerlinFG).

Die Vorschriften über die Bemessung der Investitionszulage (§ 19 Abs.1 Sätze 3 und 4 BerlinFG) machen deutlich, daß "abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens" i.S. von § 19 Abs.1 Satz 1 BerlinFG nur "bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter" sind und daß demgemäß nur für die Anschaffung oder Herstellung solcher abnutzbarer beweglicher oder unbeweglicher Wirtschaftsgüter Investitionszulage beansprucht werden kann.

Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mehrfach ausgesprochen hat (z.B. Urteile vom 22.Mai 1979 III R 129/74, BFHE 128, 289, BStBl II 1979, 634; vom 20.November 1970 VI R 44/69, BFHE 100, 555, BStBl II 1971, 186; vom 6.August 1964 IV 215/62 U, BFHE 80, 279, BStBl III 1964, 575), sind "bewegliche Wirtschaftsgüter" i.S. des § 19 BerlinFG und im Sinne der Vorschriften des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) ebenso wie im Sinne entsprechender bilanzsteuerrechtlicher Vorschriften (z.B. §§ 7d, 7f, 7g des Einkommensteuergesetzes --EStG--) nur materielle, d.h. körperliche Wirtschaftsgüter, nicht hingegen immaterielle, also unkörperliche Wirtschaftsgüter (z.B. i.S. von § 5 Abs.2 EStG). Hieran hält der Senat ausdrücklich fest. Daß die gesetzlichen Bestimmungen über die Voraussetzungen für die Gewährung von Investitionszulage so verstanden werden müssen, erschließt sich mittelbar aus § 4 Abs.2 InvZulG i.d.F. vom 2.Januar 1979 (BGBl I 1979, 24), wonach bei der Bemessung der Investitionszulage für Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen neben den Anschaffungs- und Herstellungskosten von "neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern" und den Herstellungskosten von "abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsgütern" (§ 4 Abs.2 Nrn.1 und 2 InvZulG) unter bestimmten Voraussetzungen auch die Anschaffungskosten von "neuen abnutzbaren immateriellen Wirtschaftsgütern" (§ 4 Abs.2 Nr.3 InvZulG) zu berücksichtigen sind. Hierauf hat der erkennende Senat bereits in seinem Urteil in BFHE 128, 289, 293, BStBl II 1979, 634 hingewiesen. Demgemäß wird im neueren Schrifttum auch nicht mehr in Zweifel gezogen, daß nach derzeit geltendem Recht --außerhalb des Anwendungsbereichs des § 4 Abs.2 Nr.3 InvZulG-- für die Anschaffung immaterieller Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens keine Investitionszulage beansprucht werden kann und daß allenfalls eine gesetzliche Änderung dieser Rechtslage erwägenswert ist (vgl. z.B. George, Finanz-Rundschau --FR-- 1980, 68).

2. Der Senat hat in seinen Urteilen vom 5.Oktober 1979 III R 78/75 (BFHE 128, 575, BStBl II 1980, 16), und III R 40/76 (BFHE 129, 110, BStBl II 1980, 17) sowohl Individualprogramme als auch Standardprogramme als immaterielle Wirtschaftsgüter angesehen. In seinem zurückverweisenden Urteil vom 17.Dezember 1982 (vgl. auch Urteil in BFHE 138, 126, BStBl II 1983, 647) hat der Senat die Auffassung vertreten, daß Gesichtspunkte für die Zuordnung von Standardprogrammen aus der Rechtsnatur der zwischen dem Ersteller des Programms und dem Anwender abgeschlossenen Verträge (Mietverträge, Lizenzverträge, Kaufverträge) sowie aus den Marktverhältnissen (datenträgergebundene fixe Standardprogramme nach Walter, a.a.O.) gewonnen werden könnten.

a) Mit der Anknüpfung an die Rechtsnatur des im Einzelfall abgeschlossenen Software-Vertrags erwartete der Senat, daß in einer Vielzahl von Fällen eine praktikable und zutreffende steuerliche Einordnung von Standardsoftware vorgenommen werden könne. Denn Standardprogramme wurden in der Praxis in aller Regel aufgrund von Verträgen überlassen, die sich als Nutzungsverträge darstellten (vgl. Kindermann, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht --GRUR-- 1983, 150). Reine Kaufverträge bildeten die Ausnahme. Bei Nutzungsverträgen sprach die Vermutung für die Anschaffung eines immateriellen Wirtschaftsguts, weil nach der Rechtsprechung des BFH Nutzungsrechte, gleichgültig, ob Gegenstand der Nutzungsüberlassung materielle oder immaterielle Wirtschaftsgüter sind, bilanzsteuerrechtlich und damit mangels abweichender Begriffsbestimmung auch investitionszulagenrechtlich als immaterielle Wirtschaftsgüter zu qualifizieren sind (z.B. BFH-Urteile vom 1.August 1968 I 206/65, BFHE 94, 52, 55, BStBl II 1969, 66; vom 2.August 1983 VIII R 170/78, BFHE 139, 76, 78, BStBl II 1983, 735); hingegen erschien bei Kaufverträgen die Annahme, der Anwender habe ein materielles Wirtschaftsgut erworben, jedenfalls nicht ausgeschlossen.

b) Mit dem von Walter in die Diskussion eingeführten Begriff der "datenträgergebundenen fixen Standardprogramme" schien sich eine Möglichkeit anzubieten, auf dem Markt bereits als "Massenware" vorhandene Standardsoftware als materielle Wirtschaftsgüter zu qualifizieren und diese gegenüber den übrigen Standardprogrammen als immaterielle Wirtschaftsgüter abzugrenzen.

c) Der Senat hält an seinen in den Urteilen vom 3.Dezember 1982 III R 132/81 (BFHE 138, 126, BStBl II 1983, 647) und vom 17.Dezember 1982 III R 87/82 genannten Kriterien nicht mehr fest.

3. a) Nach inzwischen gewonnenen Erkenntnissen erweist sich das Vertragsrecht als keine sichere Beurteilungsgrundlage für die steuerliche Einordnung der Software. Denn das Vertragsrecht ist im Fluß (vgl. Koch, Computer-Vertragsrecht 1986 S.127). Die Gründe liegen im teils ungeklärten, teils unzulänglichen Rechtsschutz für Computerprogramme und in der starken Verbreitung der Personalcomputer in den letzten Jahren. Die in der Praxis bisher üblichen Nutzungsverträge standen ersichtlich unter dem Eindruck, daß Computerprogramme urheberrechtlich geschützt seien (oder doch vertraglich in gleicher Weise geschützt sein sollten). Das war in Schrifttum und Rechtsprechung auch vorherrschende Meinung (vgl. Kolle, GRUR 1982, 443, sowie Koch, a.a.O., S.205 f. mit einer zusammenfassenden Darstellung der Rechtsprechung). Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 9.Mai 1985 I ZR 52/83 (Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1986, 192) jedoch entschieden, daß an Computerprogrammen ein Urheberrecht nur besteht, wenn die Leistung des Programmierers über das Schaffen eines Durchschnittsprogrammierers hinausreicht und damit einen hinreichenden schöpferischen Eigentümlichkeitsgrad i.S. von § 2 Abs.2 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) erreicht. Seitdem wird die Urheberrechtsschutzfähigkeit von Computerprogrammen in der Literatur sehr zurückhaltend beurteilt (vgl. Bauer, Computer und Recht, 1985, 5). Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Entwicklung auf die künftige Vertragsgestaltung auswirkt. Auch die rasche Ausbreitung des Personalcomputers kann die Vertragsgestaltung dahin beeinflussen, daß die Vertragsform für auf Mikrocomputer einsetzbare Standardsoftware künftig im allgemeinen nicht mehr der Nutzungsvertrag, sondern der Kaufvertrag sein wird. Das FG hat sich im Streitfall auch außerstande gesehen, seine Entscheidung auf die abgeschlossenen Verträge zu stützen. Denn nach Auffassung des FG enthielten diese Verträge keine datenverarbeitungsrechtlichen Besonderheiten, die zur Lösung der Streitfrage etwas hätten beitragen können. Dies ist auch der Eindruck des Senats aus weiteren bei ihm anhängigen Verfahren. So gehen die Ersteller von Programmen vielfach von der Einräumung von Nutzungsrechten aus; diese Nutzungsverträge werden von den Zwischenhändlern jedoch nicht "weitergegeben", so daß sich die Anwender darauf berufen, daß sie die Programme gekauft und zu Eigentum erworben haben. Als entscheidender Gesichtspunkt kommt aber hinzu, daß zivilrechtlich die Einordnung der in der Praxis üblichen Nutzungsverträge nicht gesichert erscheint. Zwar wird dem Anwender nur das nicht ausschließliche und nicht übertragbare Nutzungsrecht an dem Programm übertragen (vgl. § 31 UrhG für Programme, an denen ein Urheberrecht besteht; für nicht urheberrechtlich geschützte Programme ergeben sich die Einzelheiten des eingeräumten Nutzungsrechtes aus dem jeweiligen Vertrag, vgl. Institut "Finanzen und Steuern", Die ertragsteuerliche Behandlung von Software, Grüner Brief Nr.264, S.41). In der Literatur werden solche Nutzungsverträge als Know-how- oder Lizenzverträge bezeichnet, auf die die Vorschriften über die Pacht anwendbar seien. Die Nutzungsüberlassung erfolgt in diesen Software-Nutzungsverträgen jedoch (im Gegensatz zu Pachtverträgen) unbefristet, d.h. endgültig; auch ist die Einmalvergütung die Regel. Wegen dieser Besonderheiten (unbefristete Nutzungsüberlassung und einmalige Gegenleistung) hat der BGH in seinem Urteil vom 25.März 1987 VIII ZR 43/86 (DB 1987, 1290) die Möglichkeit angedeutet, daß solche Verträge nach Kaufrecht zu beurteilen seien. Auch wird in solchen Fällen angenommen, daß der Anwender an dem überlassenen Programm wirtschaftliches Eigentum erwirbt. Geht man hiervon aus und berücksichtigt man zusätzlich, daß Gegenstand eines Kaufvertrags nach allgemeiner Auffassung nicht nur die in § 433 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ausdrücklich erwähnten Sachen und Rechte, sondern vielmehr verkehrsfähige Güter jeglicher Art wie z.B. ungeschützte Erfindungen, know-how u.ä., also immaterielle Werte sein können (z.B. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 45.Aufl., § 433 Anm.1 c, cc; Jauernig, Bürgerliches Gesetzbuch, 4.Aufl., § 433 Anm.5 c; Engel, Betriebs-Berater --BB-- 1985, 1159/1162, m.w.N. in den Fußnoten 33-35), so wird ohne weiteres einsichtig, daß allein aus der zivilrechtlichen Qualifikation eines Software-Vertrages z.B. als Kaufvertrag noch kein zwingender Rückschluß darauf möglich ist, daß der Anwender durch den Abschluß dieses Software-Vertrags kein immaterielles, sondern ein materielles Wirtschaftsgut angeschafft hat und deshalb Investitionszulage erhalten kann.

b) Auch der von Walter (a.a.O.) in die Diskussion eingeführte Begriff des "datenträgergebundenen fixen Standardprogramms" ist für eine Abgrenzung nicht geeignet. Walter hatte mit seiner Begriffsbildung in erster Linie den Einsatzbereich des Mikro- und Personalcomputers im Auge. In der Tat ist in diesem Bereich die Standardisierung von Computersoftware bereits weit fortgeschritten. Die Begriffsmerkmale des datenträgergebundenen fixen Standardprogramms gehen über diesen Bereich aber weit hinaus (ebenso das Gutachten der Industrie- und Handelskammer Berlin vom 11.Oktober 1984). So gilt die Nichtabänderbarkeit des Programms durch den Anwender im allgemeinen für die gesamte Standardsoftware, weil dem Anwender nur der maschinenlesbare Objektcode, nicht aber auch das Quellenprogramm (vgl. dazu Moritz/Tybusseck, Computersoftware 1986 S.22) zur Verfügung gestellt wird. Auch ist der mit dem Programm mitgelieferte Datenträger in aller Regel nicht nur im Personalcomputerbereich, sondern auch bei Computern höherer Leistungsklasse zugleich das Eingabemedium. Aus den genannten Gründen hat sich der Begriff des datenträgergebundenen fixen Standardprogramms in der Praxis auch nicht durchgesetzt (vgl. Institut "Finanzen und Steuern", a.a.O., S.65 f.).

c) Ungeeignet sind auch die von der Industrie- und Handelskammer Berlin in ihrem Gutachten vom 11.Oktober 1984 genannten Abgrenzungskriterien: Auflagenhöhe, Verhältnis von Entwicklungskosten zu Einzelerwerbspreis sowie der Vertriebsweg. So sehr diese Merkmale im einzelnen und in ihrer Gesamtheit bestechend erscheinen, weil sie einen Markt kennzeichnen, auf dem --wenigstens in Teilbereichen-- bereits ein Gut den Charakter einer "Ware", u.U. sogar einer "Massenware" angenommen hat, so sind diese Merkmale für eine sichere Abgrenzung in der Praxis doch nicht brauchbar (ebenso Institut "Finanzen und Steuern", a.a.O., S.68 f.). Die Gründe dafür sind nach Auffassung des Senats so evident, daß sie im einzelnen hier nicht dargestellt zu werden brauchen. Diese Merkmale erwiesen sich auch im Streitfall als so wenig ergiebig, daß das FG seine Entscheidung darauf nicht stützen konnte.

4. Das FG hat den Erwerb der streitigen Programme als Anschaffung immaterieller Wirtschaftsgüter gewertet, weil es die Programme als geistig-schöpferische Werke ansah und davon ausging, daß der Anwender das Entgelt für dieses geistige Werk bezahlt. Der Senat tritt dieser Auffassung bei. Er sieht dabei im Ergebnis zwischen Individualprogrammen und Standardprogrammen keinen Unterschied.

a) Bei der Wertung eines Computerprogramms steht sein geistiger Gehalt im Vordergrund. An ihm ist der Anwender in erster Linie interessiert; dafür ist er bereit, u.U. einen hohen Preis zu zahlen. Das Programm stellt für ihn einen betrieblichen Vorteil dar, indem es ihn befähigt, in seinem Betrieb oder Büro vielfältige Aufgaben zu erledigen: z.B. mathematische, wissenschaftliche und technische Berechnungen durchzuführen, Produktionsvorgänge zu steuern, Kalkulationen und Buchführungsaufgaben zu lösen, Texte zu schreiben u.ä. (vgl. Engel, BB 1985, 1159). Computerprogramme sind anderen wirtschaftlichen Gütern ähnlich, wie technischen Erfindungen und geistigen Schöpfungen im Sinne des Urheberrechts, die unstreitig immaterielle Wirtschaftsgüter sind. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch, daß Datenverarbeitungsprogramme nach § 2 Abs.1 UrhG urheberrechtlich geschützte Werke sein können.

Dem Programminhalt kommt die überragende wirtschaftliche Bedeutung zu. Der Datenträger tritt demgegenüber zurück. Er dient nur dazu, das Programm unverlierbar zu machen und es als Gut im wirtschaftlichen Verkehr umsetzen zu können, sowie als Eingabemedium für den Computer. Sein Materialwert steht im Regelfall auch in keinem Verhältnis zum Programm und muß daher grundsätzlich außer Betracht bleiben.

b) Soweit Computer-Programme und die sie speichernden Datenträger (Vervielfältigungsstücke) aufgrund von Verträgen "geliefert" werden, die nicht nur, wie in der Praxis bisher weithin üblich, als Nutzungs- oder Lizenzverträge bezeichnet sind, sondern auch tatsächlich dem Anwender nur ein befristetes Nutzungsrecht an dem Programm als geistiger Leistung und dem dazugehörigen Datenträger als Sache einräumen, ist im Hinblick auf die oben zu 2. a) erwähnte Qualifizierung von Nutzungsrechten als immaterielle Wirtschaftsgüter ohne weiteres einsichtig, daß der Anwender, im Streitfall die Klägerin, kein materielles, sondern ein immaterielles Wirtschaftsgut, eben ein Nutzungsrecht an einer geistigen Leistung und der sie speichernden Sache angeschafft und daher mit dem Nutzungsentgelt nur Anschaffungskosten für ein immaterielles Wirtschaftsgut aufgewendet hat, dessen Anschaffung nach § 19 BerlinFG nicht begünstigt ist.

c) Der Senat kann jedoch zugunsten der Klägerin ohne weiteres unterstellen, daß diese die drei Computer-Programme zusammen mit den sie speichernden Datenträgern (d.h. den Vervielfältigungsstücken der Originalkopie) "käuflich" erworben und für diesen Erwerb ein Entgelt bezahlt hat (vgl. zur evtl. Anwendung von Kaufrecht auf einen Software-Vertrag bei unbefristeter Nutzungsüberlassung BGH-Urteil vom 25.März 1987 VIII ZR 43/86, BB 1987, 1277, 1279 Spalte 1 oben). Gleichwohl hat die Klägerin damit keine materiellen, sondern immaterielle Wirtschaftsgüter angeschafft; ihre Aufwendungen sind keine Anschaffungskosten für "bewegliche Wirtschaftsgüter" (Sachen), sondern Anschaffungskosten für immaterielle Wirtschaftsgüter, nämlich die Programme. Denn auch soweit Software-Verträge zivilrechtlich als Kaufverträge (oder kaufrechtsähnliche Austauschverträge) zu qualifizieren sind, ist Gegenstand des Kaufvertrags (Austauschvertrags) keine Sache (i.S. von § 90 BGB), sondern --mindestens weitaus primär-- ein immaterielles Gut, nämlich das Programm als Werk mit geistigem Inhalt. Der Käufer will mit Abschluß des Software- Vertrags die rechtliche und wirtschaftliche Macht erlangen, das Programm als Werk mit geistigem Inhalt für seine betrieblichen Zwecke einsetzen zu können; das sachenrechtliche Eigentum am Datenträger ist für ihn bei weitem sekundär und nicht das eigentliche Kaufziel. Das immaterielle Gut "Programm", und nicht etwa die Sache "Datenträger" ist es, wofür er den u.U. hohen Kaufpreis vereinbart und bezahlt (vgl. z.B. Engel, BB 1985, 1159/1160 und 1162, m.w.N. in den Fußnoten 10 und 32; Mehrings, NJW 1986, 1904/1905; ähnlich Brandi-Dohrn, Computer und Recht --CuR-- 1986, 63, 66; vgl. auch BGH-Urteil vom 25.März 1987 VIII ZR 43/86, BB 1987, 1277, 1278 Spalte 2 Absatz 4). Demgemäß sind bei Mängeln (Fehlern) des Programms die Vorschriften der §§ 459 ff. BGB über die Sachmängelhaftung jedenfalls nicht unmittelbar anwendbar, weil diese tatbestandlich den Kauf einer Sache und einen Mangel "der verkauften Sache" voraussetzen (vgl. Engel, a.a.O., S.1164; Mehrings, a.a.O., S.1907).

Wenn aber zivilrechtlich Kaufgegenstand, also das Gut, wofür der Kaufpreis vereinbart und bezahlt wird, das Programm als Werk mit geistigem Inhalt und damit ein immaterieller Wert ist, so ist auch investitionszulagenrechtlich davon auszugehen, daß Gegenstand der Anschaffung ein immaterielles Wirtschaftsgut ist und die Aufwendungen des Käufers, im Streitfall der Klägerin, Anschaffungskosten für ein immaterielles Wirtschaftsgut sind.

Dieser Wertung steht nicht entgegen, daß Anwender-Standardprogramme, die käuflich erworben werden, möglicherweise in bestimmten Wirtschaftskreisen als "Waren" bezeichnet und angesehen werden. Der Begriff der Ware ist sowohl im allgemeinen als auch im gesetzlichen Sprachgebrauch vieldeutig und keineswegs stets auf körperliche Gegenstände (Sachen) beschränkt (vgl. z.B. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 14.Aufl., § 2 UWG Rz.1). Aus der Bezeichnung eines Wirtschaftsguts als "Ware" lassen sich daher keine zwingenden Schlüsse auf seine investitionszulagenrechtliche Einordnung als materielles oder immaterielles Wirtschaftsgut ziehen.

d) Im zivilrechtlichen Schrifttum wird allerdings befürwortet, auf Software-Verträge, die als Kaufverträge (oder kaufrechtsähnliche Austauschverträge) einzuordnen sind, bei Mängeln (Fehlern) des erworbenen Programms ungeachtet dessen, daß Kaufgegenstand keine Sache, sondern ein immaterielles Gut ist, die für den Kauf von Sachen gültigen Vorschriften der §§ 459 ff. BGB über die Sachmängelhaftung analog anzuwenden (z.B. Engel, a.a.O.; Mehrings, a.a.O.). Demgemäß hat der Senat erwogen, im Wege der Rechtsfortbildung --nach dem Vorbild der im zivilrechtlichen Schrifttum befürworteten Analogie-- auch im Investitionszulagenrecht die Vorschriften über die Gewährung einer Investitionszulage für die Anschaffung materieller (beweglicher) Wirtschaftsgüter analog auf die Anschaffung immaterieller Wirtschaftsgüter schlechthin oder wenigstens auf die Anschaffung bestimmter immaterieller Wirtschaftsgüter wie z.B. die im Streitfall zu beurteilenden Computer-Programme anzuwenden. Der Senat hält eine solche Analogie jedoch aus folgenden Gründen für unzulässig und außerhalb seiner Kompetenzen: Wie sich aus § 4 Abs.2 InvZulG erschließt (siehe oben zu 1.), enthält das Investitionszulagenrecht damit, daß es die Anschaffung immaterieller Wirtschaftsgüter nicht generell und ausdrücklich in die Begünstigung einbezieht, gerade keine Lücke im Sinne einer "planwidrigen Unvollständigkeit" des Gesetzes, die Voraussetzung für eine analoge Anwendung bestimmter gesetzlicher Vorschriften wäre. Auch ist die Frage, welche Investitionen durch Gewährung einer Investitionszulage subventioniert werden sollen und in welchem Umfang dies geschehen soll, eine rechts- und wirtschaftspolitische Frage mit so umfangreichem Ermessensspielraum für den Gesetzgeber, daß es nicht möglich ist, eine dem Investitionszulagenrecht system-immanente Zwecksetzung zu ermitteln, die eine Begünstigung auch der Anschaffung immaterieller Wirtschaftsgüter als allein folgerichtig und unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung wirtschaftlich gleichgelagerter Sachverhalte geboten erscheinen läßt. Für die Frage einer Begünstigung speziell der Aufwendungen für Computer-Programme kommt hinzu, daß kaum einzusehen wäre, weshalb zwar der Erwerb eines unbefristeten Nutzungsrechts (Kauf) begünstigt sein sollte, nicht hingegen der Erwerb eines befristeten Nutzungsrechts (Pacht). Auch erscheint der Erwerb von Individual-Software möglicherweise eher förderungswürdig als gerade der Erwerb von Standard-Software.

e) Über Trivialprogramme hat der Senat nicht zu entscheiden. Für sie gelten möglicherweise andere Grundsätze, weil sich bei ihnen das Wertverhältnis von Programminhalt und Programmträger wesentlich verschoben hat. Einen Vergleich dieser Programme mit Büchern oder Schallplatten will der Senat nicht ausschließen. Allerdings könnte die Investitionszulagefähigkeit für diese Programme an § 6 Abs.2 EStG scheitern.

Unberührt bleiben von der Senatsentscheidung auch technische und elektronische Geräte, in deren Gehäuse die Programmsteuerung als unselbständiger Bestandteil eingebaut ist. Hier ist nur das technische Gerät zu beurteilen; es ist ein körperliches (materielles) Wirtschaftsgut und damit zulagebegünstigt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 61818

BStBl II 1987, 728

BFHE 150, 259

BFHE 1987, 259

BB 1987, 2213

BB 1987, 2213-2216 (ST)

DB 1987, 1970-1973 (ST)

DStR 1987, 623-624 (ST)

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