Leitsatz (amtlich)

Zu Beginn des Jahres gutgebrachte Zinsen auf Spareinlagen rechnen wirtschaftlich zum Vorjahr, auch wenn sie erst später im Sparbuch eingetragen werden.

 

Normenkette

EStG § 11 Abs. 1 S. 2

 

Tatbestand

Es ist streitig, welchem Veranlagungszeitraum zu Beginn des Jahres gutgeschriebene Sparzinsen zuzurechnen sind.

Das FA berücksichtigte die im Sparbuch des Klägers am 13. Januar 1967 eingetragenen Zinsen bei der Einkommensteuerveranlagung für 1966. Das FG vertrat in seinem in den EFG 1970, 335, veröffentlichten Urteil die Meinung, daß die Zinsen erst 1967 zugeflossen seien, weil hierüber erst in diesem Jahr habe verfügt werden können.

 

Entscheidungsgründe

Der erkennende Senat teilt die Ansicht des FG, daß die dem Kläger zu Beginn des Jahres 1967 im Sparbuch gutgeschriebenen Zinsen auch erst in diesem Veranlagungszeitraum berücksichtigt werden können, nicht.

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Das ist nach der Rechtsprechung des BFH dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige wirtschaftlich über die Einnahmen verfügen kann (vgl. Urteile vom 5. November 1970 IV 210/65, BFHE 100, 512, BStBl II 1971, 97, und vom 22. Mai 1973 VIII R 97/70, BFHE 109, 573, BStBl II 1973, 815). Abweichend von dieser Regelung gelten aber regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, als in diesem Kalenderjahr bezogen (§ 11 Abs. 1 Satz 2 EStG). Zu diesen wiederkehrenden Einnahmen rechnen auch Zinsen für Sparguthaben, die mit Ablauf des Kalenderjahres zu Beginn des neuen Kalenderjahres gutgeschrieben werden. Es ist nicht erforderlich, daß bei dem jeweiligen Steuerpflichtigen diese Einnahmen regelmäßig oder in gleichbleibender Höhe wiederkehren. Der Ausdruck wiederkehrende Einnahmen ist ganz allgemein zu verstehen, daß diese Einnahmen ihrer Natur nach wiederkehren. Das folgt aus der Bedeutung dieser Vorschrift, die unter Beachtung wirtschaftlicher Gegebenheiten klarstellen will, daß derartige Einnahmen dem Kalenderjahr zuzurechnen sind, zu dem sie wirtschaftlich gehören, weil damit auch die häufig zu Zweifeln Anlaß gebenden und vielfach auf Zufälligkeit beruhenden Umstände, wann die Einnahmen zugeflossen sind, weitgehend ausgeschlossen werden (vgl. Urteil des RFH vom 20. Dezember 1928 VI A 1127/28, RFHE 25, 1). Die Literatur vertritt daher auch einhellig die Meinung, daß Zinsen (wie auch Miet- und Pachtzinsen) unter § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG fallen, soweit sie nach dem zugrunde liegenden Verhältnis oder den Geschäftsbedingungen zu Beginn oder am Ende des Jahres zu zahlen sind (Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 11 EStG, Anm. 36 und 37, allerdings etwas mißverständlich zu Anm. 50; Blümich-Falk, Einkommensteuergesetz, 10. Aufl., § 11 Anm. 4; Lademann-Lenski-Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 11 Anm. 3; Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 11. Aufl., § 11 Anm. 5, und ohne Verfasserangabe Der Betrieb 1961 S. 51 und 1962 S. 219). Der BFH hat diese Meinung ebenfalls in seinem Urteil vom 10. Oktober 1957 IV 98/56 U (BFHE 66, 52, BStBl III 1958, 23), allerdings in einem anderen Zusammenhang, vertreten.

Für Zinsen auf Sparguthaben trifft dies ebenfalls zu. Denn diese werden dem Sparguthaben regelmäßig zu Beginn des neuen Jahres für das alte Jahr gutgebracht. Auf den Zeitpunkt, wann die Gutschrift im Sparkassenbuch festgehalten wird, kommt es nicht an. Hiernach waren die dem Kläger im Jahre 1967 für das Kalenderjahr 1966 gutgeschriebenen Zinsen auf seine Spareinlage bei der Veranlagung 1966 zu berücksichtigen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 71476

BStBl II 1975, 696

BFHE 1976, 147

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