Leitsatz (amtlich)

Unterliegt die Abgabe eines Meistgebotes der Grunderwerbsteuer, so gehört bei einer Teilungsversteigerung auch der Betrag zur Gegenleistung, den der Meistbietende dem Grundstückseigentümer (bzw. dem Konkursverwalter) dafür zahlt, daß dieser den Zuschlag nicht durch Anwendung der ihm als Antragsteller zustehenden Rechte verhindert.

 

Normenkette

GrEStG Nordrhein-Westfalen § 11 Abs. 1 Nr. 1; GrEStG Nordrhein-Westfalen § 11 Abs. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt seit 1959 eine Tischlerei auf einem Grundstück, das A X und B X in ungeteilter Erbengemeinschaft gehörte. Auf dem Grundstück befand sich neben dem Werkstattgebäude noch ein Wohnhaus. Über das Vermögen von A X war das Konkursverfahren eröffnet worden. Der Konkursverwalter hatte zum Zwecke der Auseinandersetzung die Zwangsversteigerung des Grundstücks beantragt. Im Versteigerungstermin vom 9. Juni 1975 gab der Kläger das Meistgebot ab. Am 12. Juni 1975 zahlte er zusätzlich zu dem Bargebot weitere ... DM an den Konkursverwalter. Der Zuschlag wurde dem Kläger am 16. Juni 1975 erteilt.

Hinsichtlich des an den Konkursverwalter gezahlten Betrages hat der Kläger folgendes vorgetragen: Drei Tage nach dem Versteigerungstermin habe sich der Konkursverwalter fernmündlich mit ihm in Verbindung gesetzt und dabei erklärt, der streitige Grundstückserwerb werde rückgängig gemacht, wenn er, der Kläger, nicht weitere ... DM für das streitige Grundstück zahlen werde. Er habe sich mit dieser Zahlung einverstanden erklärt, weil er nicht habe riskieren wollen, daß der Zuschlag möglicherweise versagt würde.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) setzte gegen den Kläger Grunderwerbsteuer fest. Als Teil der Gegenleistung sah das FA auch die an den Konkursverwalter gezahlten ... DM an.

Nach erfolglosem Einspruch machte der Kläger mit seiner auf Aufhebung des Steuerbescheides gerichteten Klage geltend, daß der Grundstückserwerb nach dem nordrhein-westfälischen Gesetz über Grunderwerbsteuerbefreiung bei Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftsstruktur (GrEStStrukturG) steuerfrei sei.

Hilfsweise trug er vor, daß die an den Konkursverwalter gezahlten ... DM nicht zur Gegenleistung zu rechnen seien und außerdem noch 5 000 DM wegen des mitersteigerten Inventars von der Gegenleistung abgezogen werden müßten.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage im wesentlichen abgewiesen, es hat lediglich die Gegenleistung um 5 000 DM gemindert (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1981, 103).

Mit der wegen grundsätzlicher Bedeutung Vom FG zugelassenen Revision hat der Kläger beantragt, die Grunderwerbsteuer zu ermäßigen. Die an den Konkursverwalter gezahlten ... DM gehörten nicht zur Gegenleistung.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen. Die an den Konkursverwalter gezahlten ... DM gehören zur Gegenleistung für den Erwerb des Grundstückes. Dies ergibt sich bei einer Auslegung des § 11 Abs. 2 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes in der in Nordrhein-Westfalen geltenden Fassung (GrEStG) nach seinem Sinn und Zweck.

Erwerbsvorgang ist zwar im vorliegenden Fall das von dem Kläger am 9. Juni 1975 abgegebene Meistgebot (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG). Aus diesem Grunde ist die Grunderwerbsteuer an diesem Tage nur in Höhe von 7 v. H. des Meistgebotes einschließlich der bestehenbleibenden Rechte entstanden. Die Zahlung der ... DM an den Konkursverwalter führte aber zur Erhöhung der Grunderwerbsteuer gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG.

Diese Vorschrift ist nicht nur in den Fällen vertraglichen Grundstückserwerbes, sondern auch bei Ersteigerung eines Grundstückes anwendbar. Hieran ändert auch der Umstand nichts, daß der Wortlaut des § 11 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG darauf hindeutet, daß in erster Linie Fälle des Kaufes oder Tausches eines Grundstückes erfaßt werden sollen. Es entspricht nicht dem Sinn und Zweck der Vorschrift, zusätzliche Zahlungen des Erwerbers in den Fällen des Erwerbs durch Zwangsversteigerung nicht zur Gegenleistung im Sinne des Grunderwerbsteuerrechts zu rechnen. Auch in diesen Fällen ist, wie der vorliegende Fall zeigt, nicht auszuschließen, daß ein Erwerber zusätzliche Leistungen aufbringen muß, um das Grundstückseigentum zu erwerben. Der Fall, daß der Meistbietende bei der Teilungsversteigerung eine zusätzliche Zahlung an den Antragsteller leistet, damit dieser den Antrag nicht etwa wegen eines seiner Auffassung nach unzureichenden Gebotes zurücknimmt oder aus diesem Grunde die Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens beantragt und so die Erteilung des Zuschlages verhindert, unterscheidet sich nicht wesentlich von dem Fall, daß der Grundstückserwerber an den Veräußerer eine zusätzliche Zahlung leistet, damit dieser es beispielsweise unterläßt, den Kaufvertrag anzufechten. Mit Abgabe des Meistgebotes hatte der Kläger wegen der Rechte des Konkursverwalters, die einstweilige Einstellung des Verfahrens zu bewilligen oder den Antrag auf Versteigerung zurückzunehmen, noch kein unentziehbares Recht auf den Zuschlag des Grundstücks und damit auf den Eigentumsübergang; er mußte daher, wenn ihm das Grundstück so viel wert war, auf die Forderung des Konkursverwalters nach einer zusätzlichen Zahlung eingehen, wollte er das Grundstückseigentum mit Sicherheit erlangen.

Ein gesetzgeberischer Wille, den § 11 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG nicht über die ausdrücklich genannten Fälle einer vereinbarten Gegenleistung hinaus anzuwenden, ist trotz des eingeschränkten Wortlautes nicht erkennbar. Aus der Regierungsbegründung ergibt sich vielmehr, daß der Gesetzgeber alles als Gegenleistung ansehen wollte, was der Ersteher eines Grundstücks aufzuwenden hatte, um das Grundstückseigentum zu erlangen. Denn in der Regierungsbegründung zu § 11 GrEStG heißt es (vgl. RStBl 1940, 407 linke Spalte): "Das neue Gesetz ist deshalb zu einer Regelung gelangt, die im Ergebnis Ott's Standpunkt entspricht, daß zur Gegenleistung des Erstehers alles gehört, was er zur Erlangung des Grundstücks im Zwangsversteigerungsverfahren oder außerhalb des Zwangsversteigerungsverfahrens aufwenden muß."

Der vorliegende Fall bietet für den Senat keine Veranlassung, auf die Frage einzugehen, ob bzw. inwieweit das Urteil vom 3. Mai 1973 II R 37/68 (BFHE 109, 476, BStBl II 1973, 709) der Überprüfung bedarf. Dieses Urteil behandelt den nicht vergleichbaren Fall einer leistungsmindernden Privatvereinbarung außerhalb des Zwangsversteigerungsverfahrens.

Der Senat stimmt im übrigen den vom Kläger nicht angegriffenen Ausführungen des FG zu, daß die Voraussetzungen des GrEStStrukturG nicht vorliegen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 74227

BStBl II 1982, 334

BFHE 1982, 228

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