Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Unverzinsliche Darlehnsschulden zur Förderung des Schiffsbaues (ß 7d EStG) sind bei der Feststellung des Einheitswertes nicht mit dem Nennwerte, sondern unter Berücksichtigung der Abzinsung gemäß § 14 Abs. 3 BewG zu bewerten.

 

Normenkette

EStG § 7d; BewG §§ 10, 9, 14, 12, 66, 109

 

Tatbestand

Streitig ist, ob bei der Bewertung von unverzinslichen empfangenen Darlehen nach § 7d EStG als Schulden eine Abzinsung vorzunehmen ist oder ob die Bewertung mit dem Nennwert zu erfolgen hat.

Die Bfin. hat für den Bau von Schiffen mehrere unverzinsliche Darlehen nach § 7d EStG aufgenommen, deren Nennwerte am 1. Januar 1953 2,1 Mio DM und am 1. Januar 1954 2,3 Mio DM betrugen. Hiervon erkannte das Finanzamt bei den Feststellungen der Einheitswerte des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1953 1,5 Mio DM und auf den 1. Januar 1954 1,8 Mio DM als abzugsfähige Schulden an. In übereinstimmung mit dem Betriebsprüfer ermittelte es den Kapitalwert der jährlichen Tilgungsraten der § 7d-Darlehen und führte diese dann unter Bezugnahme auf §§ 14 Abs. 3, 15 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) nebst den Hilfstafeln 1 und 2 auf den Gegenwartswert zurück.

Die Bfin. begehrte, die Darlehnsschulden nach §§ 12, 66 BewG mit dem Teilwert, der dem Nennwert entspreche, anzusetzen. Diese Bestimmung ginge als lex specialis dem § 14 Abs. 3 BewG vor. Nach den Grundsätzen des Handelsrechtes gelte für Schulden das Höchstwertprinzip. Daher finde das Urteil des Bundesfinanzhofs III 133 und 134/55 S vom 26. August 1955 (BStBl 1955 III S. 278, Slg. Bd. 61 S. 207), das die Forderungen aus §§ 7c- und 7d-Darlehen abzinse, auf der Schuldnerseite keine Anwendung. Der empfangene Verfügungsbetrag gelte als Anschaffungskosten, deren Bilanzierung § 6 EStG vorschreibe. Dieser Betrag entspreche dem Teilwert des § 12 BewG. Betriebliche Kapitalforderungen und Schulden seien nach § 66 BewG zum Teilwert anzusetzen. Kein Käufer des Betriebes würde die § 7d-Schulden unter ihrem Nennwert übernehmen. Wegen der ungünstigen Rentabilität des Reedereigeschäftes müßten von jedem Erwerber die § 7d-Darlehen als Schulden mit dem Nennwert angesetzt werden, da der gesamte Schiffsneubau in der Bundesrepublik wirtschaftlich auf der Zinsfreiheit der § 7d-Darlehen beruhe. Ertragswert und Teilwert der Schiffe würden durch die § 7d-Darlehen bestimmt.

Das Finanzamt vertrat demgegenüber im Berufungsverfahren die Auffassung, die § 7d-Darlehen seien mit dem gemeinen Wert unter Anwendung des § 14 Abs. 3 BewG zu bewerten. Davon abgesehen entspreche aber auch der Teilwert einer unverzinslichen Schuld nicht dem Nennwert, sondern müsse wegen der Unverzinslichkeit geringer angesetzt werden, so daß die in den Einheitswertbescheiden 1953 und 1954 vorgenommenen Bewertungen betragsmäßig in jedem Falle zutreffend seien.

Die Sprungberufung blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht führte aus, für die Einheitswertfeststellungen seien die Grundsätze der handelsrechtlichen und der ertragsteuerlichen Bilanz nicht maßgebend. Dem Teilwertbegriff komme im Bewertungsrecht nicht dieselbe Bedeutung wie im Ertragsteuerrecht zu. Bei Betriebsschulden fänden § 14 Abs. 3 und § 15 Abs. 1 BewG Anwendung. Im übrigen wäre auch bei Unterstellung einer Anwendung des Teilwertes für die § 7d-Schulden ein solcher Teilwert nicht gleich dem Nennwert. Die an die Steuerbegünstigung geknüpften Bedingungen hätten nicht die Bewertung der Verbindlichkeiten maßgeblich beeinflußt. Den Reedern seien, anders als z. B. den Eigentümern im sozialen Wohnungsbau, keine Auflagen hinsichtlich der aus dem Betrieb der Schiffe, die mit § 7d-Darlehen gebaut seien, zu erwartenden Erträge gemacht worden. Die Bewertung der Schiffe (mit dem Teilwert) sei unabhängig von der Bewertung der auf ihnen und dem Reedereiunternehmen ruhenden Schulden. Somit liege auch der Teilwert der Schulden unter dem Nennwert, entsprechend einer Abzinsung.

Die Bfin. hat mündliche Verhandlung beantragt. In ihr führte sie aus, das Betriebsvermögen sei gemäß §§ 2, 54 BewG nach dem Gesamtwertprinzip zu bewerten; eine Einzelbewertung der Schulden sei nicht zulässig. Die Gesamtbewertung habe nach § 66 Abs. 1 BewG durch Ansatz des Teilwertes gemäß § 12 BewG zu erfolgen. Die einzige Ausnahme hiervon bildeten die Absätze 2 und 3 des § 66 BewG. Deshalb komme für Betriebsschulden § 14 Abs. 3 BewG nicht in Frage, wie sich auch aus § 62 BewG ergebe. Eine Darlehnsschuld nach § 7d EStG könne nur eine Betriebsschuld sein. Sie sei nicht austauschbar, nicht veräußerbar und immer mit dem Nennwerte anzusetzen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist im Streitpunkte unbegründet; sie führt aber wegen der Neuberechnung der Abzinsung zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das Finanzamt.

Grundsätzlich sind Schulden ebenso wie Forderungen mit dem Nennwert anzusetzen (vgl. Gürsching-Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz, § 14 BewG Anm. 6). Die Bewertung von unverzinslichen § 7d-Schulden für die Feststellung des betrieblichen Einheitswertes erfolgt nach dem Nennwerte unter Berücksichtigung der Abzinsung gemäß § 14 Abs. 3 BewG. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs III 133 und 134/55 S vom 26. August 1955 (a. a. O.) steht die in §§ 12 und 66 Abs. 1 BewG enthaltene Bestimmung, daß die einem Unternehmen dienenden Wirtschaftsgüter in der Regel mit dem Teilwerte anzusetzen sind, der Bewertung von betrieblichen Forderungen und Schulden mit dem allgemein für die Bewertung vorgeschriebenen gemeinen Wert entsprechend dem Ersten Teil des BewG unter Anwendung des § 14 Abs. 3 BewG nicht entgegen. Denn Forderungen und Schulden haben grundsätzlich innerhalb und außerhalb des Betriebes den gleichen Wert. Die Bewertung von § 7c- und § 7d-Forderungen nach dem gemeinen Wert unter Berücksichtigung des § 14 Abs. 3 BewG ist in dem Urteil des Bundesfinanzhofs III 390/58 U vom 22. April 1960, BStBl 1960 III S. 288, erneut hervorgehoben worden. Der Senat hält diesen Grundsatz entgegen den Ausführungen der Bfin. auch für die Bewertung von § 7d-Darlehnsschulden aufrecht. Diesem Standpunkt hat sich übrigens die Finanzverwaltung in Abschn. 8 der Vermögensteuer-Ergänzungsrichtlinien 1957 unter Aufgabe der anderslautenden Anweisungen (Teilwert für Schulden) in Abschn. 20 der Vermögensteuer-Richtlinien (VStR) 1953 angeschlossen. Die Darlegungen der Bfin. über die Gesamtbewertung des Betriebsvermögens und insbesondere über den Ausschluß der Einzelbewertung bei Schulden lehnt der Senat unter Hinweis auf §§ 62, 66 Abs. 4 BewG ab (vgl. Urteil III 161/54 S vom 26. Juli 1957, BStBl 1957 III S. 314, insbesondere Teil V, Slg. Bd. 65 S. 206). Der Gesamtwert eines gewerblichen Betriebes ergibt sich aus der Summe der Werte der einzelnen Wirtschaftsgüter, vermindert um die Schulden des Betriebes, für die ebenso wie für die Aktiva die Einzelbewertung gilt. Diesen Grundsatz hat der Senat nochmals in dem Urteil III 345/57 S vom 8. Januar 1960 (BStBl 1960 III S. 83, Slg. Bd. 70 S. 222) ausdrücklich hervorgehoben und eingehend begründet. Damit entfallen die Folgerungen, die die Bfin. aus der behaupteten Notwendigkeit einer Gesamtbewertung des Betriebsvermögens und insbesondere der Schulden gegen die Anwendung des § 14 Abs. 3 BewG zieht. Im übrigen sei noch darauf hingewiesen, daß auch die Bewertung der unverzinslichen Darlehnsschuld nach dem Teilwertprinzip wirtschaftlich zu demselben Ergebnis wie die Abzinsung nach § 14 Abs. 3 BewG führen würde. Denn eine langfristige unverzinsliche Schuld ist in jedem Falle, gleichgültig ob mit oder ohne Betriebszusammenhang, eine geringere Last als eine verzinsliche Schuld. Diesem Umstande würde auch der Erwerber des ganzen Betriebes Rechnung tragen. Eine Minderbewertung wegen Unterverzinsung oder wegen völliger Zinslosigkeit entspricht der ständigen Rechtsprechung (Urteile des Reichsfinanzhofs III 11/41 vom 3. September 1941, RStBl 1942 S. 61, und des Bundesfinanzhofs III 109/54 U vom 2. Dezember 1955, BStBl 1956 III S. 49, Slg. Bd. 62 S. 130). Ob der Gläubiger die Forderung unter dem Nennwerte abtreten würde, spielt hier bei der Schuldenbewertung keine Rolle, da die Bewertung aus dieser Sicht beim Schuldner und Gläubiger verschieden sein kann (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs III A 262/33 vom 19. Januar 1934, RStBl 1934 S. 334).

Das dem Niederstwertprinzip für die Vermögenswerte entsprechende Höchstwertprinzip für die Verbindlichkeiten des Handelsrechtes findet im Bewertungsrechte keine Anwendung. Diese dem Gläubigerschutz dienenden Bestimmungen sind für die Einheitsbewertung durch die Sonderregelung des BewG ersetzt. Auf der Schuldnerseite sind § 7d-Darlehen nicht anders als sonstige unverzinsliche Schulden zu bewerten, da die Zinslosigkeit und Langfristigkeit dem Schuldner nur Vorteile gewährt, während diese Umstände sich auf der Gläubigerseite als wirtschaftliche Nachteile darstellen. Der Unverzinslichkeit der § 7d-Darlehen stehen daher bei der Bfin. keine wirtschaftlichen Nachteile gegenüber, die etwa die Abzinsung nach § 14 Abs. 3 BewG aufheben (vgl. Abschn. 58 Abs. 7 VStR 1953). Die geltend gemachte allgemeine schwierige Rentabilitätslage der Schiffahrt steht der ordnungsmäßigen Einzelbewertung der Schulden ebenfalls nicht entgegen. Für § 14 Abs. 1 BewG, wonach Schulden bei Vorliegen besonderer Umstände höher als nach dem Regelwerte anzusetzen sind, ist kein Raum.

Die Vorinstanzen haben daher zutreffend den Grundsatz der Bewertung der § 7d-Schulden mit dem gemeinen Werte und die Abzinsung bejaht. Soweit sie jedoch zur Berechnung der Abzinsung § 15 BewG in Verbindung mit der Hilfstafel 2 angewendet haben, ist ihnen nicht zu folgen. Die Tilgungsraten eines § 7d-Darlehens fallen nicht unter den Begriff der wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen im Sinne des § 15 BewG. Die Hilfstafel 2 gilt nur für vorschüssige Zahlungen und ist deshalb nicht ohne weiteres für die Berechnung des Gegenwartswertes von unverzinslichen Forderungen, die durch gleich hohe nachschüssige Raten zu tilgen sind, anzuwenden (siehe Gürsching-Stenger, a. a. O., § 15 BewG Anm. 2).

Zur ordnungsmäßigen Berechnung des gemeinen Wertes der § 7d-Schulden unter Beachtung obiger Rechtsausführungen erfolgt Zurückverweisung an das Finanzamt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409894

BStBl III 1961, 59

BFHE 1961, 157

BFHE 72, 157

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