Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Förderungsgesetze Bankrecht Kreditrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Eine spätvalutierte Verbindlichkeit im Sinne des § 101 Abs. 1 LAG liegt nur dann vor, wenn die persönliche Schuldverbindlichkeit nach dem 8. Mai 1945 entstanden ist. Auf den Zeitpunkt der Entstehung des Grundpfandrechts kommt es insoweit nicht an.

Bei der Abtretung von Briefhypotheken und Briefgrundschulden geht das Grundpfandrecht schon mit der Briefübernahme auf den neuen Gläubiger über. Der Eintragung des Gläubigerwechsels im Grundbuch bedarf es insoweit nicht mehr. Folgt die Eintragung im Grundbuch nach, so hat sie nur deklaratorische Bedeutung.

 

Normenkette

LAG § 101 Abs. 1; BGB §§ 1154, 1192

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) ist seit 1942 Eigentümer des bereits vorher von ihm als Pächter bewirtschafteten Adeligen Gutes K-N im Kreise R. Zur Sicherung des von ihm eingebrachten Pächterinventars war am 20. Juli 1939 im Grundbuch von K-N Bd. I Bl. Nr. I in Abtl. III unter Nr. 37 eine Verkehrshypothek im Betrage von 100.000 RM eingetragen worden, die beim Erwerb des Gutes durch den Bf. infolge der Vereinigung von Forderung und Schuld zur Eigentümergrundschuld wurde. Diese Eigentümergrundschuld hat der Bf. in einer notariell beglaubigten Erklärung vom 8. Juli 1943 unter gleichzeitiger Briefübergabe an die Landschaftliche Bank in X zur Sicherung eines Kredits aus laufender Rechnung abgetreten. Im Grundbuch ist diese Abtretung erst am 11. Juli 1946 eingetragen worden.

Mit dem Schuldnergewinn, den der Bf. aus der im Verhältnis 10 : 1 vollzogenen Umstellung des durch Grundpfandrecht gesicherten Reichsmark-Kredits erzielt hat, ist er vom Finanzamt zur Hypothekengewinnabgabe herangezogen worden. Das Finanzamt hat den der Abgabe unterliegenden Schuldnergewinn auf 9/10 des niedrigsten Schuldsaldos aus der Zeit zwischen dem 8. Mai 1945 und dem 20. Juni 1948 in Höhe von 46.718,36 RM berechnet und danach die Hypothekengewinnabgabe auf 42.046,97 DM festgesetzt.

Der Bf. vertritt demgegenüber die Ansicht, daß Hypothekengewinnabgabe im Streitfall nicht zu erheben sei, weil es sich hier um eine spätvalutierte Hypothek i. S. des § 101 Abs. 1 des Lastenausgleichsgesetzes (LAG) handele, bei der die Forderung der Gläubigerin erst nach Kriegsende durch Grundbucheintragung gesichert worden sei. Vor diesem Zeitpunkt, dem 8. Mai 1945, habe eine dingliche Sicherung durch eingetragenes Grundpfandrecht nicht bestanden. Denn eine dingliche Sicherung in diesem Sinne liegt nicht vor, wenn lediglich eine Eigentümergrundschuld verpfändet oder durch übertragung des Briefes lombardiert werde. Nur in diesem Sinne habe die Landschaftliche Bank in X die Abtretung der Eigentümergrundschuld gemäß der Abtretungserklärung vom 8. Juni 1943 zunächst verstanden. Der Bf. beantragt demgemäß Freistellung von der Hypothekengewinnabgabe.

Sein Einspruch und die von ihm eingelegte Berufung sind jedoch als unbegründet zurückgewiesen worden.

 

Entscheidungsgründe

Auch die mit im wesentlichen gleichlautender Begründung erhobene Rechtsbeschwerde (Rb.) kann nicht zum Erfolg führen.

Die Vorschrift des § 101 Abs. 1 LAG, deren Anwendung der Bf. erstrebt, sieht eine Ermäßigung der Hypothekengewinnabgabe in solchen Fällen vor, in denen die der Umstellung unterliegende Verbindlichkeit erst nach dem 8. Mai 1945 entstanden ist.

Für die umgestellte Schuldverbindlichkeit selbst trifft dies nicht zu. Daß im Streitfall diese Schuldverbindlichkeit schon am 8. Mai 1945 zumindest in der Höhe bestanden hat, in der sie vom Finanzamt der Berechnung des Schuldnergewinns zugrunde gelegt worden ist, steht außer Frage. Denn das Finanzamt ist bei seiner Berechnung von dem niedrigsten Schuldsaldo ausgegangen, der sich in der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 20. Juni 1948 aus dem Kontokorrentverhältnis zwischen dem Bf. und der Landschaftlichen Bank ergeben hat. Dies wird auch vom Bf. nicht bestritten.

Der Bf. ist aber der Meinung, daß die Vergünstigungsvorschrift des § 101 Abs. 1 LAG im Streitfalle dennoch anzuwenden sei, weil die schon vor dem 8. Mai 1945 eingegangene Schuldverbindlichkeit erst nach diesem Zeitpunkt durch Eintragung eines Grundpfandrechts dinglich gesichert worden sei. Die vorangegangene Verpfändung der Grundschuld oder ihre Lombardierung durch übergabe des Briefes könne der Bestellung eines Grundpfandrechts zur Sicherung der umgestellten Schuldverbindlichkeit nicht gleichgeachtet werden.

Das Finanzgericht, das zwar in übereinstimmung mit der Auffassung des Bf. die Anwendung des § 101 Abs. 1 LAG schon dann für zulässig erachtet, wenn im Einzelfalle auch nur die Bestellung des Grundpfandrechts zur Sicherung der umgestellten Forderung nach dem Stichtag vom 8. Mai 1945 erfolgt war, hat dennoch im Streitfall die Anträge des Bf. abgelehnt, weil die dingliche Sicherung der umgestellten Forderung durch Grundpfandrecht nach seiner - des Gerichts - Auffassung schon vor dem Stichtag bewirkt war.

Der Entscheidung des Finanzgerichts ist in ihrem Ergebnis schon deshalb beizupflichten, weil es für die Frage, ob eine spätvalutierte Verbindlichkeit im Sinne des § 101 Abs. 1 LAG vorliegt, ausschließlich darauf ankommt, ob die Verbindlichkeit selbst vor oder nach dem 8. Mai 1945 entstanden ist, während der Zeitpunkt der Eintragung des Grundpfandrechts selbst dafür belanglos ist. Dies entspricht nicht nur dem klaren Wortlaut des § 101 Abs. 1 LAG, sondern auch der allgemeinen Systematik der Vorschriften über die Hypothekengewinnabgabe, die anders als die Vorschriften des Hypothekensicherungsgesetzes für die Frage der Entstehung, der Erhebung und des Umfangs der Abgabe grundsätzlich nur auf die Umstellung der persönlichen Forderung, nicht des dinglichen Rechts abgestellt sind (vgl. Harmening, Lastenausgleich Bd. 1 Bem. 9 zu § 101 LAG).

Im übrigen ist den Ausführungen des Finanzgerichts darin beizupflichten, daß die dingliche Sicherung der umgestellten Forderung durch Grundpfandrechte im Streitfall schon vor dem Stichtag vom 8. Mai 1945 bewirkt war. Unstreitig ist nämlich die ursprünglich zugunsten des Bf. in Abt. III unter Nr. 37 des Grundbuchs von K-N Bd. I Bl. 1 eingetragene Hypothek durch den nachfolgenden Erwerb des Grundstücks und den damit verbundenen übergang der Hypothekenschuld zur Eigentümergrundschuld geworden. Diese Eigentümergrundschuld hat der Bf. zur Sicherung des laufenden Kredits der Landschaftlichen Bank an diese abgetreten, nicht nur, wie er meint, verpfändet oder lombardiert. Denn in der notariell beglaubigten Erklärung vom 8. Juni 1943 wird ausdrücklich von der "Abtretung" der (in eine Eigentümergrundschuld umgewandelten) Hypothek gesprochen. Diese schriftliche Abtretung in Verbindung mit der übergabe des Hypothekenbriefes bewirkte den übergang des Grundpfandrechts auf die Landschaftliche Bank gemäß §§ 1154, 1192 BGB schon zur damaligen Zeit, ohne daß es der später nachgeholten Grundbucheintragung des Abtretungsvorganges insoweit noch bedurfte. Daß mit der Vollabtretung dieser auf 100.000 RM lautenden Grundschuld die Landschaftliche Bank als Gläubigerin mehr erhalten hat, als zur Sicherung des dem Bf. eingeräumten Kontokorrentkredits unbedingt erforderlich gewesen wäre, und daß die Sicherstellung der Bank auch durch Verpfändung der Grundschuld oder ihre Lombardierung im Weg der Briefübergabe hätte erreicht werden können, ist nicht zu bestreiten, ändert aber nichts an der Tatsache, daß tatsächlich eine Vollabtretung des Grundpfandrechts schon am 8. Juni 1943 vollzogen worden ist. Die Rechtswirkung dieser Abtretung wird auch nicht dadurch berührt, daß die Bank nach den zwischen den Beteiligten bestehenden vertraglichen Beziehungen gehalten war, das ihr überlassene Grundpfandrecht nur im Rahmen des Sicherungszwecks zu verwerten und es im übrigen wie ein Treuhänder zu verwalten (vgl. hierzu Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Bd. 148 S. 206). Tatsache bleibt vielmehr, daß die Sicherung der umgestellten Kreditforderung bereits am 8. Mai 1943 durch Abtretung des in Abtl. III Nr. 37 Bd. I Bl. 1 des Grundbuchs von K-N eingetragenen Grundpfandrechts bewirkt worden ist, das seit seiner Eintragung im Jahre 1939 bis zur Währungsumstellung unverändert in der Höhe von 100.000 DM fortbestanden hat. Die Rechtsvorgänge sind insoweit völlig klar und geben in ihrem Inhalt zu Zweifeln keinen Anlaß, so daß, selbst wenn die Landschaftliche Bank zunächst nur an eine lombardmäßige Kreditsicherung gedacht haben sollte, die Entgegennahme der von ihr veranlaßten Abtretungserklärung tatsächlich zu einer weitergehenden Sicherung geführt hat.

Unter diesen Umständen sind die Voraussetzungen für die Anwendung des § 101 Abs. 1 LAG nicht als erfüllt anzusehen. Da im übrigen über die Höhe und die Berechnung des Schuldnergewinns kein Streit besteht, war die Rb. mit der Kostenfolge aus § 307 der Reichsabgabenordnung als unbegründet zurückzuweisen.

Was die Feststellung des Streitwerts anlangt, so trägt der Senat keine Bedenken, sich der Anregung anzuschließen, die für die Bemessung des Streitwerts anläßlich der letzten Hypothekengewinnabgabebesprechung der Referenten des Bundes und der Länder gegeben worden ist. Der Senat hat demgemäß den Streitwert auf 20 v. H. der streitigen Hypothekengewinnabgabe bemessen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408604

BStBl III 1956, 388

BFHE 1957, 502

BFHE 63, 502

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