Entscheidungsstichwort (Thema)

Zahlung fremder Geschäftsschulden als Betriebsausgaben

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bezahlt ein Kaufmann im eigenen betrieblichen Interesse fremde Geschäftsschulden, vor allem um einen kaufmännischen Ruf zu wahren, so sind seine Zahlungen Betriebsausgaben, auch wenn er rechtlich nicht zu der Zahlung verpflichtet war.

2. Bezahlt ein Kaufmann aber Geschäftsschulden naher Angehöriger (Mutter und Schwester), so geschieht das in der Regel aus familiären Gründen und ist nicht betrieblich veranlaßt.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4

 

Tatbestand

Der Bf., ein Buch- und Zeitschriftenhändler, bezahlte 1954 = 15.442 DM Schulden einer KG an der seine Mutter als persönlich haftende Gesellschafterin und seine zwei Schwestern als Kommanditistinnen beteiligt waren; die KG betrieb am selben Ort einen Buch- und Zeitschriftengroßvertrieb. Streitig ist, ob diese Zahlungen Betriebsausgaben des Bf. waren. Der Vater des Bf. führte seit 1919 einen Zeitschriftengroßvertrieb, zuletzt als KG, an der auch der Bf. bis 1939 als Kommanditist beteiligt war; dieses Unternehmen wurde nach dem Tod des Vaters 1939 von der Mutter und den beiden Schwestern weitergeführt. Der Bf. selbst war kurz vor dem Tod seines Vaters aus der Firma ausgeschieden und hatte deren auswärtige Filiale übernommen. Sein Geschäft kam durch Kriegsschaden 1943 zum Erliegen. Als der Bf. 1945 aus Kriegsgefangenschaft zurückkehrte, nahm er die Geschäfte seiner Einzelfirma im Haus seiner Mutter auf. Dieses räumte er auf Drängen der KG 1951 und bezog andere Räume am gleichen Ort. Die Firma des Bf. hatte nach der Währungsumstellung steigende Umsätze; die KG ging dagegen zurück und wurde 1954 zahlungsunfähig. Der Bf. leistete 1954 folgende Zahlungen:

an die KG selbst

1.754 DM

an das FA

4.410 DM

Ablösung einer Grundschuld

5.024 DM

an einen Zeitschriftenhändler

3.892 DM

an andere Gläubiger

359 DM

Der Bf. meint, diese Zahlungen seien für ihn Betriebsausgaben, weil er dadurch die Verminderung seiner eigenen Einkünfte habe verhindern wollen; wegen der Namensgleichheit und des gemeinsamen Ursprungs beider Firmen nähmen die Lieferanten einen engen Zusammenhang an; der Konkurs der KG hätte daher seine eigene Kreditwürdigkeit gefährdet; er sei auch bereits in einer Kreditliste der Verleger anstelle der KG als säumiger Zahler angeprangert worden; ihm sei bedeutet worden, er solle veranlassen, daß die KG ihre Schulden bezahle, wenn er selbst zu günstigeren Geschäftsbeziehungen kommen wolle; seine Verwandten zu unterstützen, habe er wegen erheblicher Zerwürfnisse keinen Anlaß gehabt. Das FA erkannte die Zahlungen nicht als Betriebsausgaben an. Die Berufung blieb erfolglos. Auch die Rechtsbeschwerde wurde als unbegründet zurückgewiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die streitigen Zahlungen sind keine Betriebsausgaben des Bf. Denn sie waren nicht, wie § 4 Abs. 4 Satz 1 EStG 1953 voraussetzt, „durch den Betrieb veranlaßt”, selbst wenn der Bf. diese Aufwendungen allein zur Wahrung seines guten Rufs als Kaufmann gemacht hätte. Zwar können auch Zahlungen, die ein Kaufmann zur Wahrung seines guten Rufs macht, Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) sein, und sind diesfalls nicht darauf nachzuprüfen, ob sie notwendig, erzwingbar oder zweckmäßig waren (BFH-Urteil I 55/59 vom 22.9. 1959, DB 1959 S. 1389). Voraussetzung ist aber, daß die Anwürfe sich gegen die gewerbliche Betätigung des Kaufmanns gerichtet haben. Nur dann läßt sich sagen, daß die Aufwendungen „unmittelbar” der Wahrung des guten Rufs „als Kaufmann” dienten. Hier aber war die kaufmännische Qualität des Bf. nicht zweifelhaft. Sollten die Gläubiger der KG seinen „guten Ruf” angezweifelt haben, so allein deshalb, weil er Sohn der Komplementärin und Bruder der Kommanditistinnen der KG war, also allein auf Grund persönlicher, betriebsfremder Beziehungen. Sie wären an den Bf. nicht herangetreten, wenn er mit den Gesellschaftern der KG zwar namensgleich, aber nicht verwandt gewesen wäre. Sein „guter Ruf” als Kaufmann stand also, wenn überhaupt, nicht als solcher, sondern nur wegen der familiären Beziehungen und der allgemeinmenschlichen Bewertung in Frage.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1392249

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