Leitsatz (amtlich)

Die Verordnung über die Erhebung einer Ausgleichsabgabe zur Sicherung der deutschen Landwirtschaft vom 14. Mai 1971 (BGBl II 1971, 233) ist rechtswirksam.

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) führte am 16. Mai 1972 aus Frankreich Pfirsichkonserven ein. Das Zollamt (ZA) fertigte die Ware zum freien Verkehr ab und erhob mit Bescheid vom 16. Mai 1972 i. d. F. des Änderungsbescheids vom 21. September 1972 61,44 DM „Angleichungszoll”. Mit Zustimmung des Beklagten und Revisionsklägers (Hauptzollamt – HZA –) erhob die Klägerin Sprungklage mit der Begründung, die Erhebung der Abgabe sei unzulässig.

Das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg legte im Verlauf des Klageverfahrens dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EGH) Fragen über die Gültigkeit der einschlägigen EWG-Verordnungen und die Zulässigkeit der Freigabe der Wechselkurse zur Vorabentscheidung vor. Der EGH entschied mit Urteil vom 24. Oktober 1973 Rs. 10/73 über die vorgelegten Fragen wie folgt (EGHE 1973, 1175):

„1. Die Prüfung der Vorlagefragen hat nichts ergeben, was die Gültigkeit der Verordnung Nr. 974/71 des Rats bzw. der Verordnungen Nr. 979/72 und 980/72 der Kommission zur Festsetzung der in dem lt. Vorlagefragen maßgeblichen Zeitpunkt anwendbaren Ausgleichsbeträge in Frage stellen könnte.

2. Weder die Artikel 5 und 107 des Vertrages noch die Entschließung des Rates und der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 22. März 1971 über die stufenweise Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion in der Gemeinschaft können dahin ausgelegt werden, daß sie ohne weiteres ein an die Mitgliedstaaten gerichtetes Verbot, die Parität ihrer Währungen anders als durch Festsetzung einer neuen festen Parität zu ändern, beinhalten, auf das die Gemeinschaftsangehörigen sich vor ihren nationalen Gerichten berufen können.”

Das FG hob den angefochtenen Steuerbescheid durch Urteil vom 20. Februar 1974 II 29/72 Z (Entscheidungen der Finanzgerichte 1974 S. 210 – EFG 1974, 210 –) ersatzlos auf und ließ die Revision zu. Zur Begründung führte es u. a. aus:

Die Bundesrepublik Deutschland habe durch die Verordnung (EWG) Nr. 974/71 des Rates vom 12. Mai 1971 (im folgenden VO (EWG) 974/71; Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften – ABlEG – Nr. L 106 vom 12. Mai 1971, S. 1, BZBl 1971, 550) die Gesetzgebungsbefugnis in dem dort gezogenen Rahmen gegenüber der EWG zurückgewonnen. In Ausnutzung dieser gemeinschaftsrechtlichen Ermächtigung sei die Verordnung über die Erhebung einer Ausgleichsabgabe zur Sicherung der deutschen Landwirtschaft vom 14. Mai 1971 (BGBl II 1971, 233, BZBl 1971, 486) erlassen worden. Diese Verordnung der Bundesregierung stütze sich auf § 21 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. f des Zollgesetzes ZG als nationaler Ermächtigungsnorm. Diese Ermächtigung gelte nur für die Fälle, in denen Ausgleichsabgaben in der Form von Angleichungszöllen, also von Zöllen erhoben werden könnten. Sie gelte also nicht für Abgaben anderer Art. Die in der VO (EWG) 974/71 erwähnten Ausgleichsbeträge seien keine Zölle. Die Ermächtigung gelte außerdem nur für Fälle, in denen Folgen von Wechselkursänderungen bei landwirtschaftlichen Waren des Anhangs II des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWGV) und bestimmter anderer Erzeugnisse behoben würden. Die Ermächtigung könne nicht auf Fälle von Wechselkurs freigaben ausgedehnt werden. Die Verordnung der Bundesregierung vom 14. Mai 1971 sei deshalb nichtig. Daher sei der angefochtene Abgabenbescheid fehlerhaft und ersatzlos aufzuheben.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des HZA, mit der unrichtige Auslegung des § 21 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. f ZG gerügt wird.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.

Die Verordnung der Bundesregierung ist wirksam erlassen worden. Sie hält sich im Rahmen der Ermächtigung des § 21 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. f. ZG. Diese Ermächtigung entspricht den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG.

1. Nach § 21 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. f ZG ist die Bundesregierung ermächtigt, unter bestimmten Voraussetzungen, auf die später noch einzugehen ist, anzuordnen, daß „für Waren zusätzlich Ausgleichsabgaben in Form von Angleichungszöllen” erhoben werden. Das FG schließt aus diesem Wortlaut, der Gesetzgeber habe die Bundesregierung nur zur Einführung eines Zolls, nicht aber einer Abgabe anderer Art ermächtigen wollen; die durch die Vorordnung eingeführte Abgabe sei aber eine Abgabe anderer Art. Diese Auffassung hält einer näheren Prüfung nicht stand.

Das FG stützt seine Auffassung allein auf den Begriff des Zolls, ohne diesen näher zu definieren. Erkenntnisse über den Inhalt der fraglichen Ermächtigungsnorm vermag aber ein Zurückgreifen auf den Begriff des Zolls nicht zu vermitteln. Es bedarf vielmehr einer Auslegung der Vorschrift nach normalen Auslegungsgrundsätzen. Maßgebend ist dabei der im Gesetz zum Ausdruck gekommene objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG –, vgl. z. B. Beschluß vom 18. Oktober 1996 2 BvR 386, 478/63, BVerfGE 20, 283, 293).

Dem Wortlaut der Ermächtigungsnorm läßt sich nichts darüber entnehmen, daß der Gesetzgeber die Bundesregierung nur zur Erhebung von Zöllen – wie immer man diesen Begriff bestimmen mag – ermächtigen wollte. Vielmehr zieht die Bestimmung die Möglichkeit vor, „Ausgleichsabgaben in der Form von Angleichungszöllen” zu erheben. Die fraglichen Abgaben bezeichnet der Gesetzgeber also zunächst lediglich als „Ausgleichsabgaben”. Dieser Begriff ist so allgemein gehalten, daß die durch die Verordnung angeordnete Abgabe zweifellos von ihm gedeckt wird. Insbesondere ergibt sich schon aus der Wahl dieses Begriffes und der Vermeidung des Begriffes „Zoll” durch den Gesetzgeber, daß er eine Abgabe besonderer Art ins Auge gefaßt hatte, wobei er es unentschieden gelassen hat, ob diese Abgabe materiell-rechtlich als Zoll anzusehen ist oder nicht.

Das wird bestätigt durch den weiteren Wortlaut der fraglichen Verordnungsermächtigung. Danach ist diese Ausgleichsabgabe „in der Form von Angleichungszöllen” zu erheben. Damit sagte der Gesetzgeber nur etwas über die Form der Erhebung der fraglichen Abgabe, während er die Frage offenließ, ob die Abgabe auch wirklich ein Zoll ist oder nicht.

Diese schon durch den Wortlaut angezeigte Auslegung wird durch die Entstehungsgeschichte dieser Worte bestätigt. In § 21 Abs. 2 Nr. 4 ZG 1961 in seiner ursprünglichen Fassung hieß es noch, die Bundesregierung könne durch Rechtsverordnung anordnen, daß „für Waren zusätzlich Angleichungszollsätze angewendet werden” könnten. Dieser einleitende Satz der Bestimmung hat dann durch Art. 1 Nr. 1 Buchst. a des Ersten Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes vom 4. September 1962 (BGBl I 1962, 605, BZBl 1962, 817) den heutigen Wortlaut erhalten. In der Begründung der Bundesregierung für diesen Änderungsvorschlag hieß es (BZBl 1962, 817), es solle im Gesetzeswortlaut noch deutlicher zum Ausdruck gebracht werden, daß Ausgleichsabgaben nach den Bestimmungen des EWGV materiell keine Zölle seien; die Ausgleichsabgaben würden nur aus verwaltungsökonomischen Gründen innerstaatlich in Form von Angleichungszöllen erhoben. Aus dem Umstand, daß nach § 1 Abs. 1 der Verordnung die „Ausgleichsbeträge als Angleichungszoll” erhoben werden, ergibt sich schon deswegen nichts Gegenteiliges, weil für die Frage der Auslegung der Ermächtigungsnorm nur diese, nicht aber die auf ihrer Grundlage erlassene Verordnung herangezogen werden kann.

Auch aus dem Sinnzusammenhang der Ermächtigungsnorm ergibt sich nichts für die Auffassung des FG, der Gesetzgeber habe die Bundesregierung nicht zur Erhebung gerade jener Art der Abgabe ermächtigen wollen, die durch die Verordnung angeordnet wurde. Im Gegenteil: Nach der Art der im Doppelbuchstaben cc des § 21 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. f ZG aufgeführten Anordnungsgründe kann der Gesetzgeber keine andere Art der Ausgleichsabgabe als die in der Verordnung genannte gemeint haben. Denn es ist nicht ersichtlich, wie eine Ausgleichsabgabe zur Behebung der Folgen von Wechselkursänderungen anders hätte aussehen können als die durch die Verordnung eingeführte Ausgleichsabgabe.

Zu Unrecht beruft sich die Vorentscheidung auf die Systematik des Zollgesetzes. Es gibt keine Rechtsnorm, die es dem Gesetzgeber etwa geböte, einen Rechtssatz, zu dessen Erlaß er nach dem Grundgesetz berechtigt ist, in einen bestimmten Zusammenhang zu stellen. Mangelnde Systematik einer Rechtsnorm macht diese also nicht etwa nichtig. Auch kann keine Rede davon sein, daß – wie die Klägerin meint – das Zollgesetz die Erhebung von Abgaben, die nicht Zölle sind, nicht gestattet; der Gesetzgeber kann sich ohnehin nicht durch einfache Gesetze selbst binden. Die Systematik eines Gesetzes kann nur als Hilfsmittel zur Auslegung einer Rechtsnorm herangezogen werden, die ihrem sonstigen Inhalt nach zu Zweifeln Anlaß gibt. Das ist nach den obigen Ausführungen hier jedoch nicht der Fall. Darüber hinaus trifft es auch nicht zu, daß die fragliche Ermächtigung systematisch nicht in das Zollgesetz paßt. Das Gegenteil ist der Fall. Bei der Art und Weise der zu erhebenden Ausgleichsabgabe gibt es – wenn man diese nicht ohnehin als Zoll im materiellen Sinn ansehen will, was hier unentschieden bleiben kann – kein Abgabengesetz, in das die Ermächtigung besser paßte als in das Zollgesetz. Das gilt schon deswegen, weil sie „in Form von Angleichungszöllen” zu erheben ist, also das Erhebungsverfahren dasjenige des Zollgesetzes ist (vgl. auch die zitierte Begründung zum Zolländerungsgesetz vom 4. September 1962).

Offenbleiben kann auch die Frage, ob die Ausgleichsabgabe ein Zoll i. S. des Gemeinschaftsrechts ist. Denn auch wenn das der Fall wäre, könnten daraus Folgerungen für den Umfang der fraglichen Ermächtigung nicht gezogen werden, weil der Gesetzgeber, wie ausgeführt, gerade nicht nur zur Einführung eines Zolls i. S. des EWGV, sondern zur Einführung einer Ausgleichsabgabe ermächtigt hat. Es kann deswegen auch nicht darauf ankommen, ob das FG die Vorabentscheidung des EGH in dieser Sache richtig ausgelegt hat, indem es meint, der EGH habe „ausdrücklich” gesagt, die Ausgleichsbeträge seien keine Zölle. Jedenfalls hat der EGH – für den vorliegenden Fall bindend – entschieden, daß die Erhebung der Ausgleichsbeträge, wie sie durch die Verordnung vorgesehen ist, mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaften (EG) vereinbar ist. Ob diese Entscheidung darauf beruht, daß der EGH die Ausgleichsbeträge nicht als Zölle i. S. des EWGV ansah, oder darauf (wofür vieles spricht), daß der EGH in den Ausgleichsbeträgen zwar Zölle (bzw. Abgaben gleicher Wirkung) sah, ihre Einführung aber wegen der besonderen Umstände aufgrund der vorübergehenden Anwendung der Vorschrift des Art. 103 EWGV für Rechtens hielt, kann dahingestellt bleiben.

2. Nicht zu folgen ist auch der Auffassung der Klägerin, die fragliche Ermächtigung könne deswegen nicht als Grundlage für die Verordnung herangezogen werden, weil sie nur dazu ermächtige, „zusätzlich” Ausgleichsabgaben zu erheben, für die in Frage kommenden (innergemeinschaftlichen) Waren aber Zölle nicht mehr erhoben würden. Die Klägerin verkennt den Sinn des Wortes „zusätzlich”. Damit sollte klargestellt werden, daß die etwaigen Ausgleichsabgaben nicht dazu bestimmt sind, an die Stelle etwa zu erhebender Zölle (oder sonstiger Abgaben) zu treten. Eine andere Auslegung ergäbe auch keinen Sinn, da nicht ersichtlich ist, welche Gründe den Gesetzgeber hätten veranlassen sollen, die Ausnutzung der Ermächtigung davon abhängig zu machen, daß die betroffenen Waren auch noch „normalen” Zöllen unterliegen.

3. Unrichtig ist auch die Auffassung des FG, die Ermächtigung des § 21 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. f Doppelbuchstabe cc ZG gelte nur für die Behebung der Folgen solcher Wechselkursänderungen, die Folge der Festsetzung neuer amtlicher Paritäten sind. Auch hier ließ sich das FG bei seiner Auslegung mehr von Begriffen leiten und weniger von Wortlaut, Sinn und Zweck der auszulegenden Vorschrift.

Alle Verschiebungen des Wechselkurses einer Währung, die sich als Folge einer Freigabe des Wechselkurses ergeben, sind, bezogen auf die vorherige feste Parität, Änderungen dieses (festen) Wechselkurses. Schon der Wortlaut der Ermächtigungsnorm steht also der Auslegung des FG entgegen.

Berücksichtigt man den Sinnzusammenhang der Vorschrift, so wird das noch deutlicher. Die Ermächtigung soll „zur Behebung der Folgen von Wechselkursänderungen bei landwirtschaftlichen Waren” dienen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, welche Folgen von Wechselkursänderungen der Gesetzgeber dabei im Auge hatte. Mit den durch diese Verordnungsermächtigung zugelassenen Maßnahmen sollten die Schwierigkeiten bekämpft werden, die sich aus den Währungsschwankungen für das geordnete Funktionieren der gemeinsamen Marktorganisationen – die von festen Paritäten der Währungen der Mitgliedstaaten im Verhältnis zu einer Rechnungseinheit ausgehen – ergeben können (vgl. auch die Absätze 3 bis 9 der Gründe der Vorabentscheidung des EGH). Diese Schwierigkeiten waren bei jeder Änderung der bisher tatsächlich angewandten festen Parität einer der europäischen Währungen zu erwarten, gleichgültig, ob sie auf einer Änderung der dem Internationalen Währungsfonds (IWF) mitgeteilten festen Wechselkurse beruhte oder lediglich Folge einer Wechselkursfreigabe war. Bei dieser Rechts- und Sachlage ist kein plausibler Grund zu erkennen, warum der Gesetzgeber die Bundesregierung zu Abhilfemaßnahmen nur für den Fall der Änderung der festen IWF-Paritäten habe ermächtigen wollen. Es kann nicht unterstellt werden, der Gesetzgeber habe eine so unsinnig beschränkte Verordnungsermächtigung geben wollen. Ferner kann auch nicht davon ausgegangen werden, der Gesetzgeber habe den Fall der Wechselkursfreigabe schlicht vergessen. Das ist schon deswegen nicht zulässig, weil die Wechselkursfreigabe von 1971 nicht etwa eine völlig neue und überraschende Maßnahme der Bundesregierung war, sondern eine Vorläuferin in der vorübergehenden Wechselkursfreigabe im Herbst 1969 mit den gleichen Problemen für das Funktionieren der gemeinschaftlichen Marktorganisationen hatte (vgl. z. B. die Verordnung über die Erhebung einer Ausgleichsabgabe vom 29. September 1969, BGBl II 1969, 1937, BZBl 1969, 1224; dazu Urteil des erkennenden Senats vom 15. Mai 1974 VII R 79/71, BFHE 112, 434). Es kann davon ausgegangen werden, daß gerade diese Erfahrungen mit ein Grund für die Einfügung der Ermächtigung des § 21 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. f Doppelbuchstabe cc in das Zollgesetz durch das Dreizehnte Gesetz zur Änderung des Zollgesetzes vom 8. März 1971 (BGBl I 1971, 165, BZBl 1971, 310) waren.

Gegen eine solche Auslegung kann nicht eingewendet werden, die Freigabe des Wechselkurses der DM sei völkerrechtlich nicht zulässig gewesen, weswegen die fragliche Verordnungsermächtigung sie nicht habe umfassen können. Diese Auffassung trifft schon deswegen nicht zu, weil es keinen zwingenden Völkerrechtssatz (oder Rechtssatz des Gemeinschaftsrechts) gibt, durch den die Bundesrepublik Deutschland an der Wechselkursfreigabe unter allen Umständen gehindert war (vgl. Morawitz, Die Freigabe des Wechselkurses der Deutschen Mark, 1971, Europarecht 1971 S. 335 – EuR 1971, 335 –). Gegenteiliges kann entgegen der Auffassung der Klägerin aus der Vorabentscheidung des EGH in dieser Sache nicht entnommen werden. Das Urteil spricht zwar aus, daß die Mitgliedstaaten durch ihre Zusammenarbeit für die Schaffung und Erhaltung fester Wechselkurse zu sorgen haben (Abs. 26 Satz 3 der Entscheidungsgründe). Das ist aber lediglich i. S. einer Verpflichtung zu verstehen, auf ein bestimmtes Ziel hinzuarbeiten. Der EGH hat nämlich im gleichen Absatz der Entscheidungsgründe klar zum Ausdruck gebracht, daß – solange das in Art. 3 Buchst. g EWGV vorgesehene Verfahren noch nicht besteht – Art. 5 und 107 EWVG den Mitgliedstaaten bei ihrer Wechselkurspolitik einen Entscheidungsspielraum zugestehen. Das kann im Hinblick auf die vom vorlegenden Gericht gestellte Frage – ob nämlich den EWG-Mitgliedstaaten die Freigabe der Wechselkurse verboten gewesen sei – nur dahin verstanden werden, daß nach Auffassung des EGH eben diese Freigabe im Rahmen des genannten Entscheidungsspielraums der Mitgliedstaaten liegt. Im übrigen zeigt die Entwicklung der letzten Jahre – die Bundesrepublik Deutschland praktiziert mit einer Reihe anderer europäischer Staaten immer noch freischwankende Wechselkurse, ohne auf Widerspruch der Vertragspartner des IWF-Abkommens oder der EG zu stoßen –, daß von einem Verstoß gegen Völkerrecht durch die Freigabe des Wechselkurses der Deutschen Mark nicht die Rede sein kann. Daß der Gesetzgeber vom Gegenteil ausgegangen ist und deswegen die Verordnungsermächtigung des § 21 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. f Doppelbuchstabe cc ZG auf Änderungen der dem IWV mitgeteilten amtlichen Parität habe beschränken wollen, kann also nicht angenommen werden.

4. Nach allem reichte bereits die Ermächtigung des § 21 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. f Doppelbuchstabe cc ZG aus, um die Verordnung zu stützen. Die Verordnung nimmt als Rechtsgrundlage den Buchst. der genannten Ermächtigungsnorm in seiner Gesamtheit in Bezug, unterscheidet also nicht zwischen den verschiedenen Einzelermächtigungen in den Doppelbuchstaben aa bis cc. Sie hat sich damit auch auf die Regelungen in den Doppelbuchstaben aa und bb gestützt. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob dies zu Recht erfolgt ist. Denn selbst wenn das nicht der Fall sein sollte, kann in der Bezugnahme auf die gesamte Regelung des Buchst. f der Ermächtigungsnorm kein Verstoß gegen das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG gesehen werden, der die Verordnung unwirksam machte. Denn Sinn dieser Bestimmung ist es, dem Rechtsanwender die Nachprüfbarkeit der Verordnungsrechtssätze zu erleichtern (vgl. v. Mangoldt/Klein, Das Bonner Grundgesetz, 2. Aufl., Art. 80 Anm. VII 2). Die maßgebende Ermächtigungsnorm muß ohne Schwierigkeiten erkennbar sein (vgl. den bereits zitierten Beschluß des BVerfG 2 BvR 386, 478/63). Diesen Anforderungen entspricht das Zitat in der Verordnung auch dann, wenn die Voraussetzungen der Doppelbuchstaben aa und bb nicht erfüllt sein sollten (vgl. auch Beschluß des Baden-Württembergischen Verwaltungsgerichtshofs vom 3. September 1957 3 K 189/56, ESVGH 7, 49, 54, der meint, daß die Angabe einer nicht zutreffenden Ermächtigung neben einer zutreffenden wohl unschädlich sei).

5. Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung sind im Gesetz genügend bestimmt (vgl. Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG). Zur Begründung wird auf das bereits zitierte Urteil VII R 79/71 verwiesen, in dem der erkennende Senat entschieden hat, daß die Verordnung der Bundesregierung über die Erhebung einer Ausgleichsabgabe vom 10. Oktober 1969 (BGBl II 1969, 1991, BZBl 1969, 1225) den rechtsstaatlichen Anforderungen entspricht, insbesondere dem Grundsatz der Normenklarheit, wonach sich aus einer Rechtsnorm ermitteln lassen muß, was sie von den Rechtsunterworfenen verlangt.

Nach allem ist die Verordnung über die Erhebung einer Ausgleichsabgabe zur Sicherung der deutschen Landwirtschaft vom 14. Mai 1971 zu Recht auf die Verordnungsermächtigung des § 21 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. f ZG gestützt worden. Sie ist wirksam.

 

Fundstellen

Haufe-Index 514755

BFHE 1978, 262

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