Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmißbräuchliche Zwischenschaltung einer Basisgesellschaft im Ausland bei Fehlen einer wirtschaftlichen Betätigung

 

Leitsatz (NV)

1. Die tatsächliche Vermutung einer rechtsmißbräuchlichen Zwischenschaltung einer Basisgesellschaft im Ausland setzt das Fehlen wirtschaftlich beachtlicher Gründe für die Zwischenschaltung voraus. Eine wirtschaftliche Betätigung der Basisgesellschaft ist nur als Indiz zu würdigen. Fehlt sie, kommen als Indizien auch andere Umstände in Betracht.

2. Die tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Steuerumgehungsabsicht besteht im Rahmen des persönlichen Geltungsbereichs des § 6 StAnpG (§ 42 AO 1977).

 

Normenkette

StAnpG § 6 Abs. 1 (AO 1977 § 42); FGO § 96

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war in der Zeit von 1953 bis 25. Juli 1968 Geschäftsführer, ab diesem Zeitpunkt als Rechtsnachfolger seiner Ehefrau alleiniger Kommanditist einer KG.

1. Am 25. März 1964 erhielt die KG von einer liberianischen Gesellschaft (A), an der überwiegend deutsche branchengleiche Unternehmen beteiligt waren, zwei größere Auslandsaufträge. Die Aufträge wurden vom Generalmanager Z der A mündlich erteilt. Dieser führte dazu in seiner ersten Zeugenaussage vor dem Finanzgericht (FG) am 15. August 1984 folgendes aus:

,,Als unser Chefeinkäufer in Liberia zu Besuch war, teilte dieser uns die Absichten der KG mit, Auslandsaufträge in dieser Angelegenheit zu übernehmen. An dem Auftrag war auch die Firma X Liberia interessiert. Am 25. März 1964 kam dann Herr B zu mir, der zuvor bereits unsere Anlagen besichtigt hatte. Herr B machte uns interessante technische Vorschläge zur Durchführung des Projekts. Daraufhin war ich bereit, der KG den Auftrag zu erteilen, wenn diese eine liberianische Gesellschaft mit dessen Durchführung betrauen würde. Ich habe bei dieser Gelegenheit betont, daß es wünschenswert sei, aus Gründen des politischen Eindrucks in Liberia als Gesellschafter kein deutsches Unternehmen herauszustellen, sondern ein Unternehmen anderer Nationalität, um nicht die Vermutung einer etwaigen verdeckten Gewinnausschüttung unsererseits bei den Liberianern aufkommen zu lassen.

Da Herr B mit diesen Bedingungen einverstanden war, habe ich ihm daraufhin per Handschlag den Auftrag erteilt. Ich habe in der Folgezeit erfahren, daß die daraufhin gegründete liberianische Gesellschaft - jedenfalls nach außen - nicht von der KG gehalten wurde.

Daß eine Schweizer Gesellschaft eingeschaltet wurde, habe ich erst kürzlich erfahren. Über die Aktivitäten dieser eingeschalteten ausländischen Gesellschaft ist mir nichts bekannt.

Mein Bestreben war, aus der Sicht der liberianischen Behörden den Eindruck einer deutschen Verfilzung zu vermeiden."

Der Auftrag wurde am 15. Juni 1964 im Namen der A schriftlich bestätigt. In einem Schreiben vom 16. Mai 1972 führte die A aus:

,,Zu der Frage, wer als Aktionär der Gesellschaft liberianischen Rechts auftreten sollte, haben wir Ihnen keine Vorschriften gemacht. Wir haben Ihnen aber dargelegt, daß es aus Gründen des politischen Eindrucks in Liberia im allgemeinen Interesse wünschenswert sein könne, wenn nicht ein deutsches Unternehmen, sondern ein Unternehmen anderer Nationalität als Aktionär auftreten könne, damit von liberanischer Seite keine verdeckte Gewinnausschüttung unserer Gesellschaft angenommen werden könne. . ."

In seiner zweiten Zeugenaussage vor dem FG führte der Zeuge Z aus, daß er die Erteilung der Aufträge ausdrücklich von der Bedingung abhängig gemacht habe, daß die Anteilseigner der liberianischen Gesellschaft nicht als Deutsche in Erscheinung treten durften.

Am 18. Juni 1964 wurde in der Schweiz die D-GmbH gegründet. Gründer waren die damalige Ehefrau des Klägers als Treuhänderin für diesen mit einer Stammeinlage von 21000 sfr (= 70 v.H. des Stammkapitals) und der Mitgeschäftsführer der KG, C, mit einer Stammeinlage von 9000 sfr (30 v.H. des Stammkapitals). Nach § 2 der Statuten war Zweck der Gesellschaft der Erwerb von Beteiligungen an anderen Unternehmungen und deren Verwaltung sowie die Übernahme und Vertretung von Patenten und anderen Materialgüterrechten und gewerblichen Schutzrechten.

Zum Geschäftsführer der D-GmbH wurde für jährlich 2000 DM der in der Schweiz ansässige Rechtsanwalt Y bestellt, an dessen Geschäftsadresse die D-GmbH - neben zahlreichen anderen Gesellschaften - domizilierte. Nach den Angaben des Y war mit Rücksicht auf den sehr kleinen Geschäftsumfang eine eigene Organisation der D-GmbH nicht erforderlich. Seine Tätigkeit habe sich auf die Erstellung des Jahresabschlusses und der rechtlichen und steuerrechtlichen Angelegenheiten der D-GmbH sowie der Ausübung der Gesellschafterrechte im Zusammenwirken mit C beschränkt.

Mit Vertrag vom 1. Juli 1964 wurden die von der A an die KG erteilten Aufträge von dieser auf die am 4. Juli 1964 gegründete E, eine Aktiengesellschaft nach liberianischem Recht, als Nachunternehmerin übertragen. Gründungsgesellschafter dieser Gesellschaft waren C mit 98 v.H. und zwei liberianische Staatsangehörige mit je 1 v.H. Alle Anteile wurden kurz darauf auf die D-GmbH übertragen.

Die KG erhielt für die Vermittlung des Auftrags und die Übernahme des Vertragsrisikos für die ordnungsgemäße Durchführung der Arbeiten 30000 US-Dollar, 3 v.H. der Rechnungssumme als Provision und 100 v.H. Verwaltungszuschlag für die in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) gezahlten Löhne. Die E führte in den Jahren 1964 und 1965 beide Aufträge - und einige direkt erhaltene Zusatzaufträge - mit Gewinn aus.

Mit schriftlichem Darlehensvertrag vom 10. April 1965 sagte die E der KG ein erstmals am 31. Dezember 1967 kündbares und mit 3 v.H. über den jeweils geltenden Diskontsätzen der Deutschen Bundesbank verzinsliches Darlehen zu. Die KG nahm das Darlehen in der Folgezeit in Anspruch. Die E hatte in den Jahren 1966 bis 1968 außer den Zinsen aus diesen Darlehen keine weiteren Einnahmen mehr. Die von ihr erzielten und zunächst vorgetragenen Gewinne schüttete sie im Jahre 1967 in Höhe von 21568,75 sfr und im Jahre 1969 in Höhe von 1735900,61 sfr an die D-GmbH aus.

Die E wurde 1969 liquidiert. Das der KG gewährte Darlehen ging auf die D-GmbH über; es wurde im Jahre 1971 zurückgezahlt.

2. Am 7. August 1967 wurde eine weitere liberianische Gesellschaft, die F, gegründet, deren Anteile am selben Tag auf die D-GmbH übertragen wurden. In der Folgezeit führte die F einige Aufträge geringeren Volumens aus. 1970 schüttete sie an die D-GmbH für die Jahre 1967 bis 1970 eine Dividende von 129063,55 sfr aus. 1972 wurde sie ebenfalls liquidiert.

3. Im Jahr 1971 schüttete die D-GmbH 1800000 sfr an ihre Gesellschafter entsprechend dem Verhältnis ihrer Anteile aus und führte davon 30 v.H. an Steuern an die Eidgenössische Steuerverwaltung ab. Anschließend wurde sie liquidiert und der Überschuß in Höhe von 203496 sfr entsprechend den Beteiligungen auf die Gesellschafter aufgeteilt.

4. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) vertrat nach einer bei der KG und dem Kläger durchgeführten Betriebsprüfung in den nach § 225 der Reichsabgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheiden 1967 bis 1971 und in der Einspruchsentscheidung die Ansicht, daß die Einschaltung der D-GmbH rechtsmißbräuchlich und deshalb die von ihr erzielten - der Höhe nach unstreitigen - Erträge in den Streitjahren dem Kläger zu 70 v.H. unmittelbar zuzurechnen seien. Sie wurden bis zum 25. Juli 1968 - dem Zeitpunkt der Übernahme des Kommanditanteils seiner Ehefrau - als Einnahmen bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen, danach als Sonderbetriebseinnahmen des Klägers aus seiner Beteiligung an der KG erfaßt.

Die Klage hatte Erfolg.

Mit der - vom FG zugelassenen - Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts (§ 6 des Steueranpassungsgesetzes - StAnpG -, Verletzung von Denkgesetzen und Erfahrungssätzen bei der Beweiswürdigung) und - sinngemäß - die Nichtberücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens bei der Beweiswürdigung (§ 96 FGO).

Der Kläger macht zunächst mit der Gegenrüge geltend, daß die den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden zugrunde liegenden Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte der KG ihm gegenüber mangels Zustellung unwirksam seien.

Im übrigen nimmt der Kläger im wesentlichen auf die Gründe des FG Bezug.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr.1 FGO).

Die von der E und F an die D-GmbH ausgeschütteten Gewinne (1967 bis 1970) sowie die von dieser bezogenen Zinsen (1969 bis 1971) sind dem Kläger in Höhe seiner Beteiligung am Stammkapital der D-GmbH unmittelbar zuzurechnen. Die Einschaltung der D-GmbH war rechtsmißbräuchlich (§ 6 StAnpG).

1. Wie der erkennende Senat in seiner Entscheidung vom 29. Juli 1976 VIII R 142/73 (BFHE 120, 116, BStBl II 1977, 263) ausgeführt hat, erfüllen Basisgesellschaften in der Rechtsform der GmbH im niedrig besteuernden Ausland den Tatbestand des Rechtsmißbrauchs vor allem dann, wenn für ihre Einschaltung wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen und wennsie keine eigene wirtschaftliche Tätigkeit entfalten. Ob dies der Fall ist, hängt nicht allein von dem in den Statuten niedergelegten Gesellschaftszweck ab; der Gesellschaftszweck muß tatsächlich vollzogen werden und die behaupteten Gründe müssen durch wirtschaftliches Handeln der Organe in Erscheinung treten.

Diese Rechtsprechung ist mehrfach bestätigt worden (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 5. März 1986 I R 201/82, BFHE 146, 158, BStBl II 1986, 496, und zuletzt im BFH-Urteil vom 23. Oktober 1991 I R 52/90, BFH/NV 1992, 271). Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 28. Januar 1992 VIII R 7/88 (BFHE 167, 273, BStBl II 1993, 84) klarstellend darauf hingewiesen, daß das Merkmal der wirtschaftlichen Betätigung nur Indiz für das Vorliegen wirtschaftlich beachtlicher Gründe für die Einschaltung einer ausländischen GmbH ist. Er nimmt hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung auf diese Entscheidung Bezug.

Fehlt es an einer wirtschaftlichen Betätigung und sind auch sonst keine beachtlichen Gründe für die Einschaltung der ausländischen GmbH erkennbar, ist von der tatsächlichen Vermutung auszugehen, daß derjenige, der für die Zwischenschaltung einer Gesellschaft im niedrig besteuernden Ausland keine plausiblen Gründe angeben kann, mit dieser Zwischenschaltung ausschließlich die Umgehung der Besteuerung im Inland verfolgt (vgl. bereits BFH in BFHE 146, 158, BStBl II 1986, 496).

2. Als wirtschaftlicher Grund kommt u.a. in Betracht, daß die Basisgesellschaft im Basisland und/oder in Drittländern und im Inland Beteiligungen von einigem Gewicht erwerben soll, um gegenüber den Gesellschaften, an denen die Beteiligungen bestehen, geschäftsleitende Funktionen wahrzunehmen (vgl. BFH-Urteil vom 24. Februar 1976 VIII R 155/71, BFHE 120, 121, BStBl II 1977, 265). Es reicht nicht aus, daß die Basisgesellschaft ohne sonstige unternehmerische Betätigungen geschäftsleitende Funktionen nur gegenüber einer Tochtergesellschaft ausübt (vgl. BFH-Urteil vom 15. April 1970 I R 122/66, BFHE 99, 123, BStBl II 1970, 554) oder lediglich Anteile an einer oder an mehreren Tochtergesellschaften halten und sich dabei auf die Ausübung der Gesellschafterrechte beschränken soll (BFH-Urteile vom 9. Dezember 1980 VIII R 11/77, BFHE 132, 198, BStBl II 1981, 339). Das - in den Streitjahren noch nicht anwendbare - Außensteuergesetz (AStG) enthält entgegen der Ansicht des Klägers keine abweichende Regelung.

Entsprechend diesen Grundsätzen reicht es zur Widerlegung der tatsächlichen Vermutung einer Umgehungsabsicht bei Einschaltung einer ausländischen Gesellschaft nicht aus, wenn das FG eine Betätigung der ausländischen Gesellschaft nur in diesem eingeschränkten Rahmen feststellt. So aber liegt der Fall hier. Das FG hat weder weitere Beteiligungserwerbe festgestellt, wie dies dem Satzungszweck entsprochen hätte, noch sind solche ernstlich vorbereitet und betrieben worden (vgl. dazu - außer BFH in BFHE 132, 198, BStBl II 1981, 339 - auch BFH-Urteil vom 27. Juli 1976 VIII R 55/72, BFHE 120, 123, BStBl II 1977, 266). Der Senat kann bei diesem Ergebnis offenlassen, ob der vom FG wiedergegebene Sachverhalt die Differenzierungzwischen - schädlichem - Halten und - unschädlichem - Erwerb von Beteiligungen rechtfertigt.

3. Das FG geht in seinem Urteil davon aus, daß als wirtschaftlicher Grund für die Einschaltung der D-GmbH auch eine entsprechende Bedingung bei Vergabe eines Auftrags in Betracht kommen kann. Dem kann jedenfalls im Streitfall so nicht zugestimmt werden.

a) Eine wirtschaftliche Betätigung der D-GmbH im Sinne der Rechtsprechung des BFH liegt hier nicht vor. Beschränkt sich eine ausländische Gesellschaft bei den von ihr erworbenen und gehaltenen Beteiligungen auf die Ausübung von Gesellschaftsrechten, wird sie wirtschaftlich nur tätig, wenn sie damit den Aufbau eines internationalen Konzerns vorbereiten und betreiben will (vgl. insbesondere BFH in BFHE 132, 198, BStBl II 1981, 339 unter I 1b).

Dem FG ist allerdings im Ergebnis zuzustimmen, wenn es eine rechtsmißbräuchliche Gestaltung nicht stets schon wegen des Fehlens einer wirtschaftlichen Betätigung der ausländischen Basisgesellschaft annehmen will. Ist die wirtschaftliche Betätigung nur Indiz für das Vorliegen wirtschaftlich beachtlicher Gründe, kann die rechtsmißbräuchliche Zwischenschaltung einer ausländischen Gesellschaft auch dann nicht vermutet werden, wenn sich wirtschaftlich beachtliche Gründe aus anderen Umständen ergeben (vgl. auch BFH-Urteil vom 15. April 1986 VIII R 285/81, BFH/NV 1986, 509).

b) Die vom FG zur Gründung der D-GmbH in Verbindung mit den erteilten Aufträgen an die E festgestellten Umstände rechtfertigen jedoch einen solchen Schluß nicht. Das Beweisergebnis läßt die Annahme des FG, daß die Aufträge nur unter der Bedingung erteilt worden seien, daß als Gesellschafter der E keine deutschen Unternehmen auftreten, nicht zu. Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO muß das FG seine Überzeugung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewinnen, andernfalls liegt ein Verfahrensmangel vor (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 30. Mai 1984 I R 218/80, BFHE 141, 221, BStBl II 1984, 667; Klein/Ruban, Der Zugang zum Bundesfinanzhof, Rdnr. 107, 111). Das FG hat nicht alle für die Entscheidung erheblichen und aus den Akten ersichtlichen Umstände in seine Beweiswürdigung mit einbezogen: Es hätte seine Entscheidung zunächst nicht ohne weiteres allein auf die zweite Aussage des Zeugen Z stützen dürfen. Es hätte auch berücksichtigen müssen, daß diese Aussage mit den zeitnäheren Stellungnahmen dieses Zeugen und der A nicht ohne weiteres in Einklang zu bringen ist. Es hätte auch die erkennbaren Umstände prüfen müssen, die gegen die Ernsthaftigkeit der behaupteten Bedingung sprechen. Die Auftraggeberin hat sich - wie sich ebenfalls aus der Aussage des Zeugen Z ergibt - z.B. nicht weiter darum gekümmert, wer die Anteile an der Gesellschaft übernommen hat. Tatsächlich war der deutsche Geschäftsführer der KG mit 98 v.H. Gründungsgesellschafter der E; wer hinter der an seine Stelle tretenden Schweizer D-GmbH stand, war durch Einsichtnahme in das Handelsregister in der Schweiz erkennbar. Diese Gestaltung war nicht geeignet, den Eindruck einer Verfilzung mit anderen - ausländischen und vor allem deutschen - Unternehmen zu vermeiden.

Unbeachtet blieben auch die steuerrechtlich günstigen Folgen der Zwischenschaltung der ausländischen Gesellschaften in den zwischen der KG und der A zustandegekommenen Werklieferungsvertrag.

Der gebotene Belastungsvergleich ergibt schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers einen Saldo zu seinen Gunsten.

Die Ausschüttungen der D-GmbH unterlagen in den Streitjahren zudem noch dem sog. GmbH-Privileg und waren deshalb in Deutschland nicht einkommensteuerpflichtig (Art.3 Abs. 4 DBA-Schweiz 1931/59 und dazu Korn/Debatin, DBA-Schweiz, Art.3 Abs. 4 Anm.7a S. 83). Mit Liberia besteht ein DBA erst mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 1970 und damit erst nach der Liquidation der E im Jahre 1969. Die von dieser Gesellschaft erzielten Gewinne hätten somit in vollem Umfang der deutschen Steuerpflicht unterlegen, wenn sie unmittelbar und ohne die Zwischenschaltung der D-GmbH an deren Gesellschafter ausgeschüttet worden wären.

Bei diesem Beweisergebnis hätte das FG weiterhin von der Vermutung des Rechtsmißbrauchs ausgehen müssen; der Senat ist deshalb nicht gemäß § 118 Abs. 2 FGO an die tatsächlichen Feststellungen des FG gebunden.

4. Die damit begründete tatsächliche Vermutung einer Steuerumgehungsabsicht wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, daß die Gewinne zunächst innerhalb des Auslands von einer Kapitalgesellschaft auf eine andere verlagert worden sind. § 6 StAnpG will alle Fälle erfassen, in denen auf dem angemessenen Wege höhere Steuern in der Bundesrepublik zu zahlen wären als auf dem tatsächlich eingeschlagenen (BFH-Urteil vom 1. Dezember 1982 I R 43/79, BFHE 140, 129, BStBl II 1985, 2); es kommt ausschließlich auf den Bezug des steuererheblichen Sachverhalts zum Inland und zu den inländischen Steuergesetzen an (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 29. Oktober 1981 I R 89/80, BFHE 134, 245, BStBl II 1982, 150, und vom 10. November 1983 IV R 62/82, BFHE 141, 12, BStBl II 1984, 605). Dieser Bezug ist im Streitfall schon durch die Person des Klägers gegeben. Die tatsächliche Vermutung einer Steuerumgehungsabsicht besteht im Rahmen des persönlichen Geltungsbereichs des § 6 StAnpG.

5. Der Senat kann die mit der Gegenrüge vorgetragenen neuen Tatsachen im vorliegenden Verfahren nicht berücksichtigen; der Kläger hat in bezug auf die tatsächlichen Feststellungen des FG keine zulässigen Revisionsgründe vorgebracht (§ 118 Abs. 2 FGO).

a) Wird eine Gegenrüge erhoben, so muß sie den allgemeinen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge genügen (vgl. BFH-Urteil vom 4. Mai 1977 I R 27/74, BFHE 123, 20, BStBl II 1977, 802; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 120 Anm.42; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 14. Aufl., § 120 FGO Tz.67, jeweils m.w.N.). Das gilt auch, wenn im Verfahren gegen einen Folgebescheid die Unwirksamkeit eines Grundlagenbescheids geltend gemacht wird. Diese Prüfung ist zwar im Verfahren gegen den Folgebescheid durchzuführen, so daß die gesondert festgestellten Besteuerungsgrundlagen nicht berücksichtigt werden dürfen, wenn sich bei dieser Prüfung die Unwirksamkeit des Feststellungsbescheids herausstellt (BFH-Urteil vom 25. März 1986 III B 6/85, BFHE 146, 225, BStBl II 1986, 477; Urteile vom 15. April 1988 III R 26/85, BFHE 153, 98, BStBl II 1988, 660; vom 4. Oktober 1988 VIII R 161/84, BFH/NV 1989, 758, m.w.N.). Die die Unwirksamkeit des Feststellungsbescheids begründenden Tatsachen können aber - anders als ggf. die nicht ordnungsgemäße Bekanntgabe des mit der Klage angefochtenen Folgebescheids selbst (zum Bekanntgabemangel als Sachurteilsvoraussetzung vgl. z.B. BFH-Urteil vom 11.Dezember 1985 I R 31/84, BFHE 146, 196, BStBl II 1986, 474 und dazu Gräber/Ruban, a.a.O., .§ 118 Anm. 35) - im Revisionsverfahren nicht von Amts wegen festgestellt werden. Die Berücksichtigung eines Grundlagenbescheids trotz fehlender Bindungswirkung im Verfahren gegen den Folgebescheid ist kein Verfahrensfehler, sondern ein materiell-rechtlicher Mangel des Urteils (BFH-Urteil vom 2. September 1987 I R 110/86, BFH/ NV 1988, 176).

b) Ein Verfahrensmangel wäre allerdings eine in diesem Zusammenhang unterlassene weitere Aufklärung des Sachverhalts durch das FG. Insoweit hat der Kläger aber weder eine schlüssige Verfahrensrüge erhoben noch hatte das FG von seinem materiell-rechtlichen Standpunkt aus Anlaß, die Frage der ordnungsmäßigen Bekanntgabe der Gewinnfeststellungsbescheide zu prüfen. Es ging vielmehr erkennbar - und mit allen Beteiligten - davon aus, daß eine Bekanntgabe der Bescheide an die . . .-GmbH als Rechtsnachfolgerin der KG wirksam erfolgen konnte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 418525

BFH/NV 1993, 416

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