Leitsatz (amtlich)

1. Bei einer Bargründung ist als Gegenleistung für den ersten Erwerb der Gesellschaftsrechte an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gemäß § 2 (Abs. 1) Nr. 1, § 8 Nr. 1 Buchst. a KVStG 1959 nur der Teil der Stammeinlage heranzuziehen, der bis zur Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister einbezahlt ist. Die späteren Leistungen auf die Stammeinlagen unterliegen der Gesellschaftsteuer gemäß § 2 (Abs. 1) Nr. 2 KVStG.

2. Weist der beurkundete Gesellschaftsvertrag eine Bargründung aus, so kann, wenn die Stammeinlagen voll einbezahlt sind, in einem für die Gesellschaft vorteilhaften Kauf von Sachen oder Rechten eine verschleierte Sachgründung nicht allein deshalb gesehen werden, weil sie dem mit der Gründung der Gesellschaft beabsichtigten Ziel entspricht, es sei denn, diese Übernahme wäre - wenn auch unwirksam - von den Gründern vereinbart (BFH 94, 148).

2. Weist der beurkundete Wortlaut des Gesellschaftsvertrags eine Bargründung aus und sind vor der Eintragung die erforderlichen Bareinlagen geleistet worden, unterliegen spätere Sacheinlagen der Gesellschaftsteuer nicht gemäß § 2 (Abs. 1) Nr. 1 KVStG, sondern nach Maßgabe des § 2 (Abs. 1) Nrn. 2 oder 4 KVStG. Die Besteuerung aus § 2 (Abs. 1) Nr. 2 KVStG wegen (unzulässiger) Sachübernahmegründung setzt voraus, daß die Sachübernahme schon bei der Gründung der Gesellschaft vereinbart war.

2. Aus dem Motiv einer Bargründung, daß die entstandene Gesellschaft einen bestimmten Betrieb zu Eigentum übernehmen solle, folgt nicht zwingend, daß die Übernahme dieses Betriebs Inhalt des Gesellschaftsvertrags war.

2. Das Einbringen eines Betriebs in eine Kapitalgesellschaft führt gesellschaftsteuerrechtlich nicht zu der Frage, ob ein Geschäftswert als selbständiger Gegenstand einer Leistung anzusehen ist (BFH 94, 155); der Betrieb ist im ganzen zu bewerten (BFH 99, 420).

 

Normenkette

KVStG 1959 § 2 (Abs. 1) Nrn. 1-2, 4 Buchst. c, § 8 Nrn. 1-2

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ist durch eine Kommanditgesellschaft und einen weiteren Gesellschafter gegründet worden. Dessen Stammeinlage betrug ein Fünfhundertstel des Stammkapitals; er hat seinen Geschäftsanteil später an die Kommanditgesellschaft abgetreten. Ziel der Gründung war, die Klägerin solle eine Betriebsabteilung der Kommanditgesellschaft übernehmen und weiterführen; es war von vornherein beabsichtigt, daß sie zu diesem Zwecke deren Vermögenswerte übernehme. Der beurkundete Gesellschaftsvertrag enthält darüber keine Aussage.

Die Stammeinlagen der Gesellschafter sollten nach dem Gesellschaftsvertrag zu einem Viertel sofort in bar geleistet, der Restbetrag dagegen jederzeit auf Verlangen der Gesellschaft einbezahlt werden. Ein Viertel der Stammeinlagen ist sofort einbezahlt worden. Das FA - nunmehr Beklagter - stellte nach Eintragung der Klägerin in das Handelsregister fest, daß sich deren Gesellschaftsteuerschuld mit der geleisteten Vorauszahlung aus einem Viertel des Stammkapitals decke, und teilte dies der Klägerin mit.

Nachdem die Klägerin zunächst die Übernahme der Aktiven und Passiven der Betriebsabteilung der Kommanditgesellschaft mitgeteilt hatte, zeigte sie "die volle Einzahlung des Kapitals ... durch Verrechnung mit Forderungen" der Kommanditgesellschaft an. Das FA setzte daraufhin Gesellschaftsteuer aus dem restlichen Betrag der Stammeinlagen fest.

Später forderte das FA durch den angefochtenen, in der Einspruchsentscheidung im wesentlichen aufrechterhaltenen Steuerbescheid unter Bezugnahme auf § 223 AO Gesellschaftsteuer nach, weil es zu der Auffassung gelangt war, es liege eine verschleierte Sachgründung vor. Der angesetzte Besteuerungsmaßstab enthält ein "materielles Einbringen nominal", den Ansatz "geringwertiger Wirtschaftsgüter", den Wert abgeschriebener Geräte und einen "Firmenwert" der übernommenen Betriebsabteilung abzüglich der bereits versteuerten, dem "materiellen Einbringen nominal" gleichen Grundlage.

Das FG hat die Gesellschaftsteuerforderung herabgesetzt, weil seiner Ansicht nach der "Firmenwert" (Geschäftswert) nicht angesetzt werden könne, und im übrigen die Klage abgewiesen. Die Entscheidungsgründe sind auszugsweise in den EFG 1967, 189 wiedergegeben. Das FG geht davon aus, daß die Klägerin den Teilbetrieb der Kommanditgesellschaft übernommen hat; Zeitpunkt und Modalitäten der Überleitung des Betriebs von der Kommanditgesellschaft auf die Klägerin sind nicht festgestellt.

Mit der Revision beantragt der Beklagte, den Steuerbescheid in der Fassung der Einspruchsentscheidung "wiederherzustellen". Er rügt fehlerhafte Anwendung eines Rechtsgedankens des § 2 Nr. 4 KVStG 1959. Die Klägerin hat sich der Revision angeschlossen und beantragt, die Besteuerung auf den Nominalwert der Stammeinlagen zu beschränken. Sie ist der Ansicht, das weitere Einbringen könne den Wert der Gesellschaftsrechte nicht erhöhen, weil sie ihre Ergebnisse an die Kommanditgesellschaft abführen müsse.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Das angefochtene Urteil war auf Revision und Anschlußrevision aufzuheben (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

Zwar kann die Rüge der Revision nur bedingt durchgreifen, weil sie § 222 AO außer acht läßt (vgl. Urteil des BFH II 53/63 vom 15. Oktober 1968, BFH 94, 79, BStBl II 1969, 86); auch die Rüge der Anschlußrevision ist offensichtlich unbegründet. Das Urteil des BFH II 87/61 vom 8. November 1967 (BFH 90, 236, BStBl II 1968, 38), auf das sich die Klägerin beruft, trifft diesen Fall nicht, sondern den einer zinslosen Kreditgewährung unter dem Gesichtspunkt des § 2 Nr. 3 KVStG 1955. Die Anwendung materiellen Bundesrechts (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO) ist aber in den Grenzen des mit der Revision (§ 120 Abs. 2 FGO) und der Anschließung (vgl. Urteil des BFH I R 188/67 vom 9. Juli 1969, BFH 96, 397 [400 f.], BStBl II 1969, 690) zulässig verfochtenen Begehrens (§§ 121, 96 Abs. 1 Satz 2 FGO) in vollem Umfang nachzuprüfen (§ 118 Abs. 3 Satz 2 FGO).

Die festgestellten Tatsachen (§ 118 Abs. 2 FGO) erweisen nicht den Besteuerungsgrund des § 2 Nr. 1 KVStG 1959; sie lassen keine abschließende Beurteilung zu, ob der Tatbestand des § 2 Nr. 2 KVStG 1959 oder ob und inwieweit der Tatbestand des § 2 Nr. 4 Buchst. c KVStG 1959 erfüllt ist. Die Bewertung der Leistung - sei es gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. b KVStG, sei es gemäß § 8 Nr. 2 KVStG - führt, sofern ein Betrieb eingebracht wurde, nicht zu der Frage, ob ein Geschäftswert als selbständiger Gegenstand einer Leistung anzusetzen ist (vgl. dazu Urteil des BFH II 159/65 vom 29. Oktober 1968, BFH 94, 148 [155]); der Betrieb ist im ganzen zu bewerten (Urteil des BFH II 95-96/64 vom 16. Juni 1970, BFH 99, 413 [418 ff.], BStBl II 1970, 690). Den festgestellten Tatsachen (§ 118 Abs. 2 FGO) ist nicht zwingend zu entnehmen, zugunsten welches Beteiligten sich die veränderte rechtliche Beurteilung auswirkt. Die Sache ist daher sowohl auf die Revision als auch auf die Anschlußrevision an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

Gemäß § 2 Nr. 1 KVStG 1959, den das FG seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, unterliegt der Gesellschaftsteuer der Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kapitalgesellschaft durch den ersten Erwerber; Steuermaßstab ist entweder die Gegenleistung für diesen Erwerb oder der Wert der Gesellschaftsrechte (§ 8 Nr. 1 KVStG). Durch diese Vorschriften wird aber nur der Gründungsvorgang selbst erfaßt, also der Erwerb der Geschäftsanteile (§ 14 GmbHG) an der Gesellschaft auf Grund des Gesellschaftsvertrags (§§ 2, 3 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG) und der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister (§ 11 GmbHG) nach erfolgter Einzahlung eines Viertels der Stammeinlagen (§ 7 Abs. 2 GmbHG). Dieser Vorgang ist indessen bereits durch Verrechnung (§ 6 Abs. 3 KVStDV) mit der Vorauszahlung (§ 7 Abs. 1 Satz 2 KVStDV) versteuert.

Weiter reichen der Besteuerungstatbestand des § 2 Nr. 1 KVStG 1959 und der Besteuerungsmaßstab des § 8 Nr. 1 KVStG nicht, vorausgesetzt, daß eine Bargründung (§ 5 GmbHG) vorliegt (zu dieser vgl. Urteil des BFH II 159/65 vom 29. Oktober 1968, BFH 94, 148 [151 ff.]) und keine weiteren Leistungen im Vollzug der von den Gesellschaftern bei der Gründung der Gesellschaft übernommenen Verpflichtungen vor deren Eintragung erbracht worden sind (BFH 94, 154).

Allerdings ist in handelsrechtlicher Betrachtung Gegenleistung für den ersten Erwerb der Gesellschaftsrechte nicht nur die gemäß § 7 Abs. 2 GmbHG notwendige Mindesteinzahlung auf die Stammeinlage, sondern auch die Verpflichtung der Gesellschafter, den Restbetrag der Stammeinlage (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG) bei Einforderung (§ 46 Nr. 2 GmbHG) zu leisten (§ 19 GmbHG). Dieser Beurteilung ist jedoch das KVStG bewußt nicht gefolgt (vgl. die Begründung zum KVStG vom 16. Oktober 1934, RStBl 1934, 1460 [1464]). Bei einer Bargründung (§ 5 GmbHG) ist vielmehr als Gegenleistung für den ersten Erwerb von Gesellschaftsrechten (§ 8 Nr. 1 Buchst. a KVStG) nur der Teil der Stammeinlage heranzuziehen, der bis zur Eintragung geleistet ist; die unverzichtbaren (§ 19 Abs. 2 Satz 1 GmbHG) späteren Leistungen auf die Stammeinlagen sind als "weitere Einzahlungen" im Sinne des § 2 Nr. 2 KVStG 1959 "Leistungen, die von den Gesellschaftern ... auf Grund einer im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung bewirkt werden".

Nicht zu verkennen ist, daß der Wortlaut des § 8 Nr. 1 KVStG auch die Auslegung zuließe, bei der Gründung einer Kapitalgesellschaft (§ 5 KVStG) sei stets die volle Stammeinlage zu versteuern (also auch insoweit, als sie noch nicht einbezahlt ist) mit der Folge, daß § 2 Nr. 2 KVStG entsprechend enger ausgelegt werden müßte. Die vorstehende, dem Steuerpflichtigen günstige Auslegung ist jedoch gewohnheitsrechtlich fixiert. Leistungen für den ersten Erwerb der Gesellschaftsrechte an einer neu gegründeten Kapitalgesellschaft, die nicht schon während des Gründungsvorganges zu erbringen sind, unterliegen demnach nicht der Besteuerung aus § 2 Nr. 1 KVStG 1959, sondern erst aus § 2 Nr. 2 KVStG 1959.

Demzufolge kann hier die Besteuerung aus § 2 Nr. 1 KVStG 1959 nicht allein damit gerechtfertigt werden, daß eine verschleierte Sachgründung vorliege. Unter diese Vorschrift fällt die verschleierte Sachgründung nur, wenn bereits an Stelle der gemäß § 7 Abs. 2 GmbHG (bzw. § 36 Abs. 2, § 54 Abs. 3 AktG) vor der Eintragung in das Handelsregister zu erbringenden baren Zahlungen auf die Stammeinlage entgegen dem Wortlaut des Gründungsvertrages (und entgegen dem Gesetz) Sachleistungen erbracht werden. Werden aber erst die weiteren Zahlungen, welche nach der Entstehung (§ 11 Abs. 1 GmbHG bzw. § 41 Abs. 1 Satz 1 AktG) der Gesellschaft zu leisten sind (§§ 19, 46 Nr. 2 GmbHG bzw. § 63 AktG), in dieser (unzulässigen) Weise durch Sachleistungen ersetzt, kann allenfalls die Besteuerung aus § 2 Nr. 2, § 8 Nr. 2 KVStG 1959 Platz greifen (vgl. noch § 52 AktG), sofern es sich nicht um freiwillige Leistungen im Sinne des § 2 Nr. 4 KVStG 1959 handelt.

Dabei ist zu berücksichtigen, daß nahezu jede Kapitalgesellschaft, welche ohne jeden Vorbehalt bar gegründet worden ist, sich für einen gewissen - je nach dem Gesellschaftszweck größeren oder geringeren - Teil ihres Kapitals bereits vorhandene oder noch herzustellende Anlagen oder andere Gegenstände (vgl. § 52 Abs. 1 Satz 1 AktG) beschaffen muß, um ihren Zweck erfüllen zu können. Notwendigkeiten, die sich allein schon aus dem Gesellschaftszweck ergeben, führen einer baren Leistung der Stammeinlagen gegenüber für sich allein noch nicht zu einer verschleierten Sachgründung. Sind auch § 5 Abs. 4 GmbHG und der darüber hinausreichende § 27 AktG im Interesse der Gläubiger der Gesellschaft - bei Aktiengesellschaften auch der Aktionäre, welche nicht Gründer (§ 28 AktG) der Gesellschaft sind - streng zu interpretieren, so zeigt doch § 52 AktG, obschon er als Vorschrift über die "Nachgründung" überschrieben ist und dem § 27 AktG vergleichbare Schutzvorschriften enthält (vgl. noch § 53 AktG), daß die freiwilligen, nicht durch eine Vereinbarung der Gründungsgesellschafter gebundenen Sachübernahmen der Gesellschaft nicht in dieselbe Kategorie fallen wie die schon im Gesellschaftsvertrag (im materiellen Sinne) vereinbarten Sachübernahmen. Vielmehr tritt bei diesen späteren, freiwilligen Sachübernahmen an Stelle der Verantwortung der Gründer die Verantwortung der Geschäftsführer bzw. des Vorstands und des Aufsichtsrats (vgl. § 53 Satz 2 AktG).

Des weiteren ist zu berücksichtigen, daß die verschleierte Sachgründung handelsrechtlich einen anderen Aspekt hat als regelmäßig bei der Gesellschaftsteuer. Die vorerwähnten handelsrechtlichen Vorschriften sollen davor schützen, daß der Gesellschaft weniger Vermögen zugeführt wird, als dem durch das Handelsregister ausgewiesenen Stammkapital entspricht, und daß die ordnungsgemäß zugeführten Leistungen auf die Stammeinlagen nicht ihren Deckungswert verlieren durch die Übernahme von Gegenständen, welche weniger wert sind als das für ihren Erwerb aufgewendete Kapital. Bei der Festsetzung der Gesellschaftsteuer geht es dagegen unter der Bezeichnung "verschleierte Sachgründung" meist - so auch hier - darum, daß die Gesellschafter der Gesellschaft mehr zuführen, als ihrer Einlagepflicht bei einer Bargründung entspräche. Auch diese Vorgänge können - zumal die Frage des höheren oder geringeren Wertes zunächst offen ist - unter § 19 Abs. 3 GmbHG bzw. § 27 AktG fallen. Wegen des umgekehrten Akzents der handelsrechtlichen Betrachtung kann aber, wenn die Bareinlagen voll einbezahlt sind (was hier nicht geschehen ist), in einem für die Gesellschaft vorteilhaften Kauf von Sachen oder Rechten eine verschleierte Sachgründung nicht allein deshalb gesehen werden, weil sie dem mit der Gründung der Gesellschaft beabsichtigten Ziel entspricht, es sei denn, diese Übernahme wäre - wenn auch unwirksam - von den Gründern vereinbart gewesen (vgl. aber auch § 52 AktG). Die gesellschaftsteuerrechtliche Beurteilung ist nicht grundsätzlich anders. Denn die freiwillige Überlassung von Gegenständen eines Gesellschafters an die Gesellschaft zu einer den Wert nicht erreichenden Gegenleistung wird durch § 2 (Abs. 1) Nr. 4 Buchst. c KVStG erfaßt, sofern die Leistung geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen.

Allerdings ist das handelsrechtliche Merkmal der verschleierten Sachgründung erfüllt, sofern es im Verhältnis der Gesellschafter zueinander Inhalt der Gesellschaftsvereinbarung gewesen sein sollte, die Einzahlungen der restlichen drei Viertel auf die Stammeinlagen nicht zu erbringen, sondern statt dessen einen Betrieb der Kommanditgesellschaft einzubringen (BFH 94, 151); der beurkundete Wortlaut des Gesellschaftsvertrags wiese dann nur eine Bargründung aus, während in Wahrheit vorgesehen wäre, daß die Klägerin ein Teilvermögen der Kommanditgesellschaft in Anrechnung auf drei Viertel der Stammeinlagen übernehmen solle. Eine solche Vereinbarung ist unwirksam (§ 5 Abs. 4, § 2 Abs. 1 GmbHG, § 125 Satz 1 BGB); die Gründungsgesellschafter (§§ 2, 5, 21 ff., 16 Abs. 3 GmbHG) bleiben auch nach dem Einbringen des Betriebs weiterhin zur baren Einzahlung der restlichen drei Viertel der Stammeinlage verpflichtet (§ 19 Abs. 3 GmbHG). Die Unwirksamkeit dieser Vereinbarung steht zwar der Besteuerung nicht entgegen; § 5 Abs. 3 StAnpG läßt aber die Entscheidung offen, ob es sich im Sinne der § 2 Nr. 1, § 8 Nr. 1 KVStG 1959 um eine Gegenleistung für den ersten Erwerb der Gesellschaftsrechte oder um eine nachträgliche Leistung im Sinne des § 2 Nr. 2 KVStG handelt (vgl. BFH 94, 154).

Diese Frage ist zwar materiellrechtlich nur bedingt erheblich, weil im Falle des § 2 Nr. 2 KVStG 1959 der Wert der Leistung zugrunde zu legen (§ 8 Nr. 2 KVStG), im Falle des § 2 Nr. 1 KVStG 1959 zumindest von diesem auszugehen ist (§ 8 Nr. 1 Buchst. b KVStG). Für die materielle Anwendung (Urteil des BFH V 134/65 vom 20. Juni 1968, BFH 93, 209 [211], BStBl II 1968, 755) des formellen Rechts bedeutsam ist aber, daß der angefochtene Steuerbescheid auf § 223 AO gestützt ist und in dieser Vorschrift keine Deckung finden kann; Gesellschaftsteuerbescheide können vielmehr nur auf Grund und nach Maßgabe des § 222 AO zum Nachteil des Steuerpflichtigen geändert werden (Urteil des BFH II 53/63 vom 15. Oktober 1968, BFH 94, 79, BStBl II 1969, 86). Wäre das Einbringen des Betriebs dem gemäß § 2 Nr. 1 KVStG 1959 zu erfassenden Gründungsvorgang zuzurechnen, könnte folglich - da die Aufsichtsbehörde keinen Fehler aufgedeckt hat (§ 222 Abs. 1 Nr. 3 AO) - die angefochtene Steuerfestsetzung einem früheren, ebenfalls auf den Gründungsvorgang bezogenen Steuerbescheid (§ 211 AO) gegenüber nur dann Bestand haben, wenn dem Beklagten nach Erlaß dieses Bescheids neue Tatsachen oder Beweismittel bekanntgeworden wären (§ 222 Abs. 1 Nr. 1 AO). Würde es sich dagegen um eine auf dem Gesellschaftsvertrag beruhende (§ 2 Nr. 2 KVStG 1959, § 5 Abs. 3 StAnpG) oder auch freiwillige (§ 2 Nr. 4 Buchst. c KVStG 1959) nachträgliche Leistung handeln, so wäre dieser Vorgang sowohl den bei der Gründung erbrachten Leistungen als auch jeder späteren Leistung eines anderen Gegenstandes gegenüber selbständig. Der ergangene Bescheid wäre in diesem Falle ein erstmaliger (§ 211 AO) und von § 222 AO nicht betroffen.

Nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, daß das Einbringen eines Betriebs der Kommanditgesellschaft zum Gründungsvorgang der Klägerin gehört. Denn die gemäß § 7 Abs. 2 GmbHG für die Anmeldung der Klägerin zum Handelsregister erforderlichen Einzahlungen von je einem Viertel der beiden Stammeinlagen sind bar (durch Bankeinzahlung) geleistet worden; dies war in der Anmeldung zu versichern (§ 8 Abs. 2 GmbHG). Auf Grund dieser Anmeldung ist die Klägerin in das Handelsregister eingetragen worden (§ 10 GmbHG), während das Registergericht die Eintragung hätte ablehnen müssen, sofern ihm eine nicht zum Inhalt des vorgelegten (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG), notariell beurkundeten (§ 2 GmbHG) Gesellschaftsvertrags gewordene, trotzdem aber zum Inhalt der Gründungsvereinbarung gemachte (§ 154 BGB; vgl. §§ 125, 139 BGB) Sachübernahmeverpflichtung bekanntgeworden wäre (§ 5 Abs. 4 GmbHG). Nur bezüglich der "weiteren Einzahlung" (§ 2 Nr. 2 KVStG 1959) der restlichen drei Viertel der Stammeinlagen könnten unzulässigerweise Sacheinlagen angerechnet (§ 5 Abs. 4 GmbHG) oder eine unzulässige und unwirksame Aufrechnung erklärt (§ 19 Abs. 3 GmbHG) worden sein.

Dem steht zwar gegenüber, daß der Betrieb der Klägerin "mit Wirkung" von einem Stichtag übernommen worden ist, zu dem die Klägerin mangels Eintragung noch gar nicht entstanden war (§ 11 Abs. 1 GmbHG). Selbst die Leistung eines Gesellschafters an die Gründungsgesellschaft wäre aber noch nicht notwendig eine Gegenleistung für den Erwerb der Gesellschaftsrechte und unterfällt nicht notwendig § 2 Nr. 1 KVStG (vgl. BFH 94, 153). "Mit Wirkung" bedeutet indessen nicht "an diesem Tage"; es kann auch nur heißen, daß die Wirkungen einer späteren Übertragung auf diesen Tag zurückbezogen werden, die Vertragschließenden sich also so stellen wollen, wie wenn die Wirkungen des späteren Rechtsgeschäfts bereits früher eingetreten wären (§ 159 BGB).

Ein anderer Inhalt des Übertragungsgeschäfts ist hier kaum konstruierbar (vgl. § 140 BGB). Denn § 11 Abs. 2 GmbHG sagt nicht, daß schon vor dem Bestehen der Gesellschaft mit unmittelbarer Wirkung gegen diese (§ 164 Abs. 1 Satz 1 BGB) gehandelt werden könne (vgl. Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Bd. 117 S. 192: "... als eine Verbindlichkeit der Gesellschaft begründet gewesen wäre, wenn sie bei Abschluß des Vertrages schon bestanden hätte"). Er regelt nur die Rechtsfolgen eines Handelns im Namen der noch nicht bestehenden Gesellschaft; die Handelnden haften persönlich und solidarisch (§ 11 Abs. 2 GmbHG). Die Gesellschaft kann die vor ihrer Entstehung in ihrem Namen geschlossenen Verträge nach ihrer Eintragung in das Handelsregister genehmigen (§ 177 Abs. 1 BGB), sofern eine solche Genehmigung nicht durch das Gesetz ausgeschlossen ist (vgl. § 5 Abs. 4, § 19 Abs. 3 GmbHG; § 41 Abs. 3 AktG). Rechte und Pflichten aus den zuvor abgeschlossenen Verträgen gehen aber, sofern sie nicht durch den beurkundeten (§ 2 GmbHG) und angemeldeten (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG) Inhalt des Gesellschaftsvertrags gedeckt sind (vgl. § 10 Abs. 3, § 5 Abs. 4 GmbHG) oder der Gesellschaft nur einen rechtlichen Vorteil bringen (BFH 94, 153), nicht schon kraft Gesetzes mit der Entstehung der Gesellschaft auf diese über (RGZ 105, 228).

Erwägt man dies, und beachtet man weiterhin, daß der Besteuerungstatbestand des § 2 Nr. 1 KVStG 1959 in Verbindung mit dem Besteuerungsmaßstab des § 8 Nr. 1 KVStG nicht alle Leistungen auf den Stammanteil erfaßt, so bleibt nach den gegebenen tatsächlichen Feststellungen offen, ob die Steuer gemäß § 2 Nr. 2 KVStG 1959 oder gemäß § 2 Nr. 4 Buchst. c KVStG 1959 eingreift. Unterstellt man, wie zuvor, daß die Abrede, einen Betrieb der Kommanditgesellschaft als Teil der Stammeinlage einzubringen, eine den §§ 2, 5 Abs. 4 GmbHG zuwider nicht beurkundete Abrede des Gesellschaftsvertrags war (vgl. § 75 GmbHG!), müßte allerdings zufolge § 5 Abs. 3 StAnpG der Tatbestand des § 2 Nr. 2 KVStG eingreifen. Doch ist nicht alles, was mit der Gründung einer Kapitalgesellschaft bezweckt wird, auch Inhalt des Gründungsvertrags. Vielmehr ist - anders als nach dem angefochtenen Urteil und nach dem Standpunkt des Beklagten - zu unterscheiden zwischen den Motiven der Gründungsgesellschafter, die diese zur Errichtung der Gesellschaft bewogen haben, nebst den Erwartungen, die sie mit der Gründung verbinden, und den Vereinbarungen, die sie bei der Gründung getroffen haben (vgl. die Unterscheidung zwischen Erwerbszweck und Erwerbsmotiv in dem Urteil II 45/65 vom 17. November 1970, BFH 101, 305 [307], BStBl II 1971, 340). Der Umstand, daß ein Gründungsgesellschafter später unzulässigerweise (§ 19 Abs. 3 GmbHG; vgl. § 66 Abs. 1 Satz 2 AktG) eine auf die Stammeinlage geschuldeten Leistung gegenüber die Aufrechnung mit einer Vergütung für die Übertragung von Gegenständen an die Gesellschaft erklärt hat, zwingt nicht in jedem Falle zu dem Schluß, daß eine entsprechende Erlaubnis bereits - mangels Beurkundung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GmbHG) und Eintragung (§ 10 Abs. 3 GmbHG) unwirksamer (§ 5 Abs. 4 GmbHG) - Inhalt des Gründungsvertrags gewesen wäre.

Hier hatte zwar, soweit bislang ersichtlich, die Gründung der Klägerin nur Sinn unter dem Aspekt, daß sie den - später übernommenen - Betrieb der Kommanditgesellschaft weiterführen soll. Trotzdem ist derzeit nicht zu erkennen, was die Kommanditgesellschaft als Gründungsgesellschafterin hätte veranlassen sollen, dem anderen Gründungsgesellschafter und - als Bestandteil des Gründungsvertrags - der Klägerin gegenüber die Verpflichtung zu übernehmen, diesen Betrieb einzubringen, und umgekehrt die Klägerin mit der statutarischen Verpflichtung zu belasten, diesen Betrieb zu übernehmen. Denn die Kommanditgesellschaft, der in der Gesellschafterversammlung mehr als 99 von Hundert der Stimmen zustand (§ 47 Abs. 2 GmbHG), konnte mit Hilfe dieser Mehrheit jederzeit die Übernahme ihres Betriebs erzwingen. Geht man davon aus, daß der einzubringende Betrieb weit mehr wert war als der zunächst nicht eingelegte Teil der Stammeinlagen, so hätten gegen einen Kauf dieses Betriebs um den Preis des Einzahlungsrestes auch keine rechtlichen Bedenken bestanden, sofern nur die Gründungsgesellschafter die restlichen Einlagen zuvor in bar einbezahlt und dadurch eine Verletzung des § 19 Abs. 3 GmbHG vermieden hätten.

Wäre das Vorhaben, einen Betrieb der Kommanditgesellschaft in die Klägerin einzubringen, nicht zum - hier wegen Mißachtung des § 5 Abs. 4 GmbHG unzulässigen - Inhalt des Gesellschaftsvertrages geworden, so läge weder handelsrechtlich noch gesellschaftsteuerrechtlich eine verschleierte Sachgründung vor; das Einbringen des Betriebs unterläge der Besteuerung gemäß § 2 Nr. 4 Buchst. c KVStG 1959. Bei dieser Würdigung wäre volle Übereinstimmung mit der bürgerlichen Rechtslage zu erreichen. Denn gemäß § 19 Abs. 3 GmbHG sind die Gesellschafter durch das Einbringen des Betriebs nicht von ihrer Verpflichtung (§ 19 Abs. 1 GmbHG) entbunden worden, die restlichen Einzahlungen auf ihre Stammeinlagen zu erbringen.

Das Einbringen des Betriebs war, sofern die Wertvorstellungen der Beteiligten zutreffen, geeignet, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen (§ 2 Nr. 4 Satz 2 KVStG 1959). Das etwaige Bestehen eines Gewinnabführungsvertrages, auf den die Anschlußrevision abhebt, ist hierauf ohne Einfluß. Denn die Ergebnisabführung kann sich nur auf die Erträge der Klägerin, nicht aber auf deren Vermögenssubstanz beziehen (Urteile des BFH I 262/63 vom 18. Oktober 1967, BFH 90, 370 [373 ff.], BStBl II 1968, 105, und II 206/65 vom 21. April 1970, BFH 99, 498 [499], BStBl II 1970, 689). Daher ist das Urteil des BFH II 87/61 vom 8. November 1967 (BFH 90, 236 [239 f.], BStBl II 1968, 38), das sich auf eine zinslose Kreditgewährung bezog, für den hier zu entscheidenden Fall ohne Bedeutung. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch § 30 Abs. 1 GmbHG.

Hinsichtlich der Bewertung des eingebrachten Betriebs kann dem angefochtenen Urteil nicht gefolgt werden (vgl. Urteil des BFH II 95-96/64 vom 16. Juni 1970, BFH 99, 413 [418 ff.], BStBl II 1970, 690). Ihm ist allerdings darin beizutreten, daß ein Betrieb in den Fällen des § 2 Nr. 1 KVStG 1959 in Verbindung mit § 8 Nr. 1 Buchst. b KVStG nicht anders bewertet werden kann als im Falle des § 2 Nr. 4 Buchst. c, § 8 Nr. 2 KVStG 1959 (BFH 99, 419); in beiden Fällen ist aber der Betrieb - ein Gegenstand im Sinne des § 2 (Abs. 1) Nr. 4 Buchst. c KVStG - als Gesamtheit zu bewerten (BFH 99, 420). Damit entfällt der selbständige Ansatz eines Geschäftswerts (BFH 99, 419); da der Geschäftswert als Differenz zwischen dem Gesamtwert eines Unternehmens und der Summe der einzelnen aktivierbaren Wirtschaftsgüter abzüglich der Schulden und Lasten zu bestimmen ist (Urteil des BFH I 77/64 vom 18. Januar 1967, BFH 88, 198 [199 f.], BStBl III 1967, 334), kann er nicht seinerseits zur Bestimmung des Gesamtwerts herangezogen werden.

Der Gesamtwert des Betriebs läßt sich nicht dadurch ermitteln, daß - wie in dem Steuerbescheid des Beklagten geschehen - zum "Nominalwert" der Wert einzelner Wirtschaftsgüter hinzugezählt wird. Denn das nominale Stammkapital ist eine Rechnungsgröße, welche nicht den Wert bestimmter Gegenstände des Gesellschaftsvermögens repräsentiert. Nur die baren Stammeinlagen sind als solche vorhanden; hier ging es aber nicht um diese, sondern um den Wert des eingebrachten Betriebs. Dieser richtet sich nach dem Preis, der unter gewöhnlichen Umständen bei einer Veräußerung zu erzielen wäre (BFH 99, 420 f.).

Die Feststellung dieses Preises ist Ergebnis tatrichterlicher Würdigung (BFH 99, 422); das Revisionsgericht kann ihr nicht vorgreifen. Zwar kann der Wert eines Betriebs regelmäßig nicht geringer (wohl aber höher) sein als die Summe der positiven und negativen Teilwerte seiner Wirtschaftsgüter (vgl. Urteil des BFH II 91/61 U vom 22. Mai 1963, BFH 77, 142 [144], BStBl III 1963, 369). Trotzdem war aber auch der Anschlußrevision der Klägerin stattzugeben, weil nicht zu ersehen ist, auf welcher tatsächlichen Grundlage der vom FG übernommene Besteuerungsmaßstab beruht und welche Bewertungsmaßstäbe das Finanzgericht insoweit zugrunde gelegt hat. Unklar ist unter anderem auch, wie der Satz der Einspruchsentscheidung, der Betrieb sei "unter Zugrundelegung der Bilanz vom 31. Dezember 1959 eingebracht" worden, mit dem Ergebnis der Einspruchsentscheidung zu vereinbaren ist, wonach der Betrieb allein unter Verrechnung mit der runden Summe der Stammeinlagen eingebracht worden wäre. Andererseits hat der Beklagte von dem angesetzten Betriebswert nicht nur den Verrechnungsposten von 375 000 DM, sondern noch weitere 125 000 DM als bereits versteuert abgezogen, obwohl der Betrag auf eine bare Einzahlung entfällt und weder die Einspruchsentscheidung noch das angefochtene Urteil annehmen, daß dieser Betrag - möglicherweise unter Verstoß gegen § 30 Abs. 1 GmbH - an die Kommanditgesellschaft zurückgeflossen wäre.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413137

BStBl II 1972, 578

BFHE 1972, 290

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