Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur steuerlichen Bedeutung mündlicher Vereinbarungen unter nahen Verwandten.

Darlehen, die Schwiegereltern ihren Schwiegersöhnen gegeben haben, und die von diesen nicht zurückgefordert werden können, solange die Ehen zwischen den Töchtern und den Schwiegersöhnen bestehen, stehen unter einer auflösenden Bedingung.

 

Normenkette

StAnpG § 1 Abs. 3, § 5/1; BewG § 5 Abs. 1, § 7 Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Geldbeträge, die Schwiegereltern ihren Schwiegersöhnen als Darlehen gegeben haben, in das der Vermögensabgabe unterliegende Vermögen der Eltern einzubeziehen sind, und wenn ja, wie sie zu bewerten sind.

Die Schwiegereltern haben im Jahre 1943 ihren beiden Schwiegersöhnen Darlehen in Höhe von 11.000 RM und 24.000 RM gegeben. Die Darlehen waren laut notarieller Urkunde mit 4 1/2 v. H. zu verzinsen und beiderseits mit sechsmonatiger Frist kündbar. Auf den Grundstücken der beiden Schwiegersöhne sind entsprechende Hypotheken eingetragen worden.

Der Schwiegervater ist 1944 verstorben. Alleinerbin wurde seine Ehefrau. Sie ist mit den Hypothekenforderungen zur Vermögensabgabe herangezogen worden.

Zu der Hypothekenbestellung auf dem Grundstücke des einen Schwiegersohnes hat die Schwiegermutter in einer notariellen Urkunde im Jahre 1950 an Eides Statt erklärt, bei der Hypothekenbestellung seien sich beide Parteien darüber einig gewesen, daß eine Rückforderung des sogenannten Darlehensbetrages solange ausgeschlossen sein sollte, als die Ehe des Schwiegersohnes mit der Tochter bestand, und daß die Hypothek nach dem beiderseitigen Tode der Eltern auf die Tochter übergeht. Der wirtschaftliche Sinn der Hingabe des Geldes sei somit nicht der gewesen, dem Schwiegersohne ein Darlehen zu gewähren, sondern der Tochter einen Teil dessen, was ihr später ohnehin als Erbin zufallen würde, schon damals zukommen zu lassen. Die hypothekarische Sicherung auf dem Grundstücke des Schwiegersohnes sei nur deshalb geschehen, um im Falle etwaiger Zwistigkeiten zwischen Tochter und Schwiegersohn die Möglichkeit zu haben, den Erbteil in jedem Falle der Tochter zu erhalten. Auf Grund dieser Erklärung hat die Verwaltungsstelle einer Umstellung der Forderung im Verhältnis 1 : 1 zugestimmt. Diese Umstellung erfolgte durch gerichtliche Entscheidung auch hinsichtlich der Verbindlichkeiten und Hypotheken des zweiten Schwiegersohnes, weil das Gericht auch für diesen Fall von der notariellen Erklärung der Schwiegermutter ausgegangen ist.

Die Schwiegermutter ist im Jahre 1953 verstorben; sie wurde von den beiden Töchtern beerbt.

In den Vorinstanzen wurde im wesentlichen vorgetragen, bei den Zuwendungen im Jahre 1943 habe es sich um Maßnahmen der Erbauseinandersetzung gehandelt (vorweggenommene Erbfolge). Deshalb sei auch die Umstellung im Verhältnis 1 : 1 ausgeführt worden. Die "Darlehnsbeträge" seien in der Absicht gegeben worden, die Töchter zu bereichern, nicht ohne weiteres auch die Schwiegersöhne. Indessen hätten sich die Eltern nicht für allemals ihrer Herrschaftsbefugnis über die herausgegebenen Geldbeträge entäußern wollen. Die Ansprüche gegen die Schwiegersöhne sollten insbesondere für den Fall bestehen bleiben, daß die Schwiegersöhne in Vermögensverfall geraten oder die Ehen der Töchter in ihrem Bestande gefährdet werden. Die Gläubigerrechte seien demgemäß mit einer Bedingung behaftet gewesen, auf Grund deren die Hypotheken für die Vermögensbesteuerung weder beim Gläubiger als positives Vermögen noch bei den Schuldnern als Last (ß 6 BewG) berücksichtigt werden dürfen.

Einspruch und Berufung bleiben ohne Erfolg. In der Rb. wird, wie auch in den Vorinstanzen, eingeräumt, daß der verstorbenen Abgabenpflichtigen am 21. Juni 1948 gegen ihre Schwiegersöhne hypothekarisch gesicherte Darlehensforderungen zugestanden haben. Diese seien jedoch nicht in das abgabepflichtige Vermögen einzubeziehen. Hierzu wird in der Rb. auf die Vorschrift des § 6 Abs. 1 BewG verwiesen. Die Hypotheken hätten auch nach den Feststellungen der Vorinstanz solange nicht geltend gemacht werden dürfen, als die Ehen der Schuldner mit den Töchtern der Abgabepflichtigen bestanden. Damit hätten die Hypotheken unter einer Bedingung gestanden. Die Beurteilung der Vorinstanz hierzu - Hinausschiebung der Fälligkeit - sei rechtsirrtümlich. Es sei nicht nur der Zeitpunkt, zu dem die Hypotheken geltend gemacht werden durften, ungewiß gewesen; ungewiß sei vielmehr gewesen, ob dieser Zeitpunkt jemals eintreten werden. Damit liege eine Bedingung vor. Aber auch wenn man die Auffassung der Vorinstanz teile, die Hypotheken seien bei der Abgabepflichtigen zu erfassen, so sei die Bewertung durch die Vorinstanz mit dem Nennwerte rechtsirrtümlich. Die Umstände, daß auf die Hypotheken mindestens seit der Währungsumstellung keine Zinsen mehr gezahlt worden seien, keine Rückzahlung erfolgt sei, und daß die Gläubiger, solange die Ehen ihrer Töchter bestanden, auch keine Rückzahlung hätten verlangen können, würde es einem Erwerber der Hypotheken unmöglich gemacht haben, dem Veräußerer dafür etwas zu vergüten. Schließlich wird noch vorgetragen, wirtschaftlich seien überhaupt keine Darlehnshypotheken gegeben worden. Es handle sich vielmehr um eine Zuwendung an die Töchter, die (im Hinblick auf die tatsächliche Verfügungsbefugnis der Ehemänner über die hingegebenen Gelder) zu Lasten dieser Ehemänner als Frauengut sichergestellt worden seien.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist unbegründet.

-- I. -- Der Auffassung der Vorinstanz, die Geldbeträge seien nicht im Wege einer vorweggenommenen Erbfolge an die Kinder gegeben worden, ist zuzustimmen. Die Geldbeträge wurden nicht den Töchtern zur uneingeschränkten Verfügung überlassen, sondern deren Ehemännern als Darlehen gegeben. Von ihnen haben sich die Schwiegereltern insbesondere deswegen die Rückforderung vorbehalten, um diese Geldbeträge für ihre Töchter sicherzustellen.

-- II. -- Die Rb. räumt ein, daß der Abgabepflichtigen am 21. Juni 1948 gegen ihre Schwiegersöhne die hypothekarisch gesicherten Darlehnsforderungen zugestanden haben. Sie ist jedoch der Auffassung, die Forderungen seien auf Grund der §§ 4 ff. BewG nicht in das abgabepflichtige Vermögen einzubeziehen. Nach der Bewilligungsurkunde über die Bestellung der Hypotheken waren die Hypotheken mit 4 1/2 v. H. zu verzinsen und beiderseits mit einer sechsmonatigen Frist kündbar. Zinsen sind mindestens bis zur Währungsumstellung, wenn vielleicht auch nicht in der vollen vereinbarten Höhe, tatsächlich gezahlt worden. Ebenso sind nach den Feststellungen des Finanzamts die steuerlichen Folgerungen aus den Darlehnsverhältnissen bei der Gläubigerin und bei den Schuldnern, soweit eine Veranlagung erfolgt ist, gezogen worden. Weiter sind die Darlehen im Verhältnis 1 : 1 umgestellt worden und Schuldnachlässe erst in den Jahren 1950 und 1951 in Höhe von je 11.000 DM gewährt worden. Die über diesen Betrag hinausgehende Restschuld des einen Schwiegersohnes ist nach dem Tode der Schwiegermutter in die Erbmasse geflossen. Hiernach sind die Rechtsverhältnisse hinsichtlich der Hingabe der Geldbeträge eindeutig.

Die eidesstattliche Erklärung der Schwiegermutter für Zwecke der Umstellung der Darlehnsforderungen vor dem Notar im Jahre 1950, bei der Hypothekenbestellung seien sich die Parteien darüber einig gewesen, daß eine Rückforderung solange ausgeschlossen sei, als die Ehen der Töchter bestanden hätten, hat in den Darlehnsverträgen keinen Ausdruck gefunden. Nach ständiger Rechtsprechung sind unter nahen Verwandten getroffene Vereinbarungen steuerlich nur beachtlich, wenn sie eine klare, jeden Zweifel ausschließende Regelung enthalten. Lediglich mündliche Vereinbarungen, die inhaltlich von den rechtsgültigen schriftlichen Vereinbarungen abweichen, können grundsätzlich nicht als unzweifelhafte Regelung von Rechtsverhältnissen gelten (Urteil des Bundesfinanzhofs III 71/56 U vom 28. September 1956, BStBl 1956 III S. 345, Slg. Bd. 63 S. 389). Es kann deshalb nicht anerkannt werden, daß auf Grund der im Jahre 1950 abgegebenen Erklärung die Möglichkeit einer Kündigung der Darlehen, wie sie bei der Darlehnshingabe und der Hypothekenbestellung notariell vereinbart worden ist, in der Vergangenheit und damit nach den Verhältnissen zum Stichtage vom 21. Juni 1948 unzweifelhaft ausgeschlossen war.

Aber selbst wenn man unterstellt, daß die Darlehen nicht zurückgefordert werden konnten, solange die Ehen der Töchter mit den Empfängern der Darlehen bestanden, können die Vorschriften der §§ 4 ff. BewG über die Regelung der bedingten Rechtsverhältnisse die Zurechnung der Forderungen zu dem Vermögen der Abgabepflichtigen nicht ausschließen. Unbestritten waren die Forderungen und Schulden entstanden. War an die entstandenen Darlehnshingaben und Verbindlichkeiten die Bedingung im Sinne der Einwendungen in der Rb. geknüpft, so handelt es sich um eine auflösende Bedingung. Lasten, deren Fortdauer auflösend bedingt ist, werden nach § 7 Abs. 1 BewG wie unbedingt abgezogen. Können hiernach die Darlehnsempfänger die Darlehen als Verbindlichkeiten absetzen, so müssen andererseits die Forderungen von dem Gläubiger angesetzt werden (ß 5 Abs. 1 BewG).

Nach alledem sind die Darlehnsforderungen zu Recht zum abgabepflichtigen Vermögen herangezogen worden (ß 64 LAG).

-- III. -- Der Einwand gegen die Bewertung der Darlehnsforderungen zum Nennwerte ist nicht begründet. Die Darlehen waren mit 4 1/2 v. H. zu verzinsen und nach einer sechsmonatigen Kündigungsfrist zurückzahlbar. Am Bewertungsstichtage lag keine hiervon abweichende Regelung vor. Deshalb besteht für eine Bewertung unter dem Nennwerte kein Anlaß. Hiernach bedarf es keines Eingehens mehr auf den Einwand, wirtschaftlich seien keine Darlehnshypotheken gegeben worden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410373

BStBl III 1962, 159

BFHE 1962, 421

BFHE 74, 421

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