Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer Erbschaft, Schenkung und Steuern

 

Leitsatz (amtlich)

Will der Gesellschafter einer Personengesellschaft seinen minderjährigen Kindern durch Vertrag im eigenen Namen mit sich selbst als gesetzlichen Vertreter der Kinder einen Kapitalanteil unentgeltlich zuwenden, so gehört zur Entstehung einer Schenkungsteuerschuld, daß die Tatsache des Selbstkontrahierens (ß 181 BGB) deutlich in Erscheinung tritt.

 

Normenkette

ErbStG § 3 Abs. 1 Ziff. 1, § 14/1/2

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) und seine zwei Brüder sind Gesellschafter der Firmen A, B und C in X. Durch Gesellschaftsvertrag vom 31. Dezember 1945 wurden die Rechtsverhältnisse der Firma A für die Zeit vom 1. Januar 1946 an neu geregelt. § 9 des Vertrags bestimmt: "Es soll jedem der persönlich haftenden Gesellschafter freistehen, von seinem gewinnbeteiligten Kapitalkonto Teilbeträge einschließlich der verhältnismäßig anhaftenden Beteiligung am Gewinn und Verlust auf einzelne seiner Abkömmlinge zu übertragen mit der Bestimmung, daß die übertragenen Teilbeträge in der Hand des Abkömmlings in stille Gesellschaftseinlagen umgewandelt werden, und daß diese stillen Gesellschaftseinlagen im übrigen jedoch den gewinnanteilberechtigten Kapitalkonten der persönlich haftenden Gesellschafter wirtschaftlich gleichgestellt bleiben, so daß sie insbesondere im Falle der Liquidation Anteil an etwaigen stillen Reserven und Wertsteigerungen der Anlagegelder haben." Entsprechendes wurde gleichzeitig für die beiden anderen Gesellschaften bestimmt. Mit gemeinschaftlich unterzeichneten Schreiben vom 13. März 1946 teilten der Bf. und seine zwei Brüder dem Finanzamt mit, am 31. Dezember 1945 Kapitalanteile an ihre minderjährigen Kinder übertragen zu haben. Das Finanzamt nahm zunächst als Zeitpunkt der übertragung den 31. Dezember 1945 an und setzte danach die Schenkungsteuer fest, wobei für die Bewertung der Zuwendung die Einheitswerte vom 1. Januar 1942 bzw. 1. Januar 1943 zugrunde gelegt wurden. Auf Anordnung der Aufsichtsbehörde wurde ein berichtigter Schenkungsteuerbescheid erlassen, wobei nunmehr davon ausgegangen wurde, daß die Schenkung erst am 13. März 1946 ausgeführt sei, und die auf diesen Zeitpunkt bewerteten Zuwendungen nach der durch Kontrollratsgesetz (KontrRG) Nr. 17 (Amtsblatt des Kontrollrats Nr. 4 vom 28. Februar 1946) eingeführten erhöhten Steuersätzen zur Besteuerung herangezogen wurden. Der Bf. bekämpft die Berichtigungsveranlagung, die er für unzulässig und hinsichtlich des Zeitpunktes der Durchführung der Schenkung für rechtsirrig hält. Der Bf. und seine Brüder seien darin einig gewesen, daß nur eine zu ihren Lebzeiten durchgeführte Beteiligung ihrer Kinder den Fortbestand des Unternehmens habe gewährleisten können. Jeder der drei Brüder habe daher mit seinen minderjährigen Kindern als Inhaber der elterlichen Gewalt und damit als deren gesetzlicher Vertreter durch Vertragsabschluß mit sich selbst einen Schenkungsvertrag nach § 516 BGB am 31. Dezember 1945 abgeschlossen und ihnen die Hälfte seines Kapitalanteils unentgeltlich zugewandt. Jeder der Brüder habe am gleichen Tage durch entsprechende Erklärungen auch seine Brüder über die erfolgte unentgeltliche Zuwendung und deren Annahme verständigt. Ihre Willenserklärungen hätten zugleich die zur Ausführung der Zuwendungen erforderlichen dinglichen Erklärungen umfaßt. Der Bf. nimmt zum Beweise für die Richtigkeit seiner Behauptungen auf eidesstattliche Versicherungen der Brüder Bezug. Er hat außerdem eine gutachtliche äußerung eingereicht. Einspruch und Berufung sind ohne Erfolg geblieben. Das Finanzgericht bejaht die Zulässigkeit der Berichtigungsveranlagung nach § 222 Abs. 1 Nr. 3 der Reichsabgabenordnung (AO), da das Finanzamt mit der Annahme des 31. Dezember 1945 als Zeitpunkt der Durchführung der Schenkung den Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld verkannt habe. Aber auch bei Annahme des 31. Dezember 1945 als Ausführungstag der Schenkung sei der ursprüngliche Bescheid unrichtig, da das Finanzamt bei Bewertung der Zuwendungen anstatt der sich für den 31. Dezember 1945 ergebenden höheren Werte die Einheitswerte vom 1. Januar 1942 und 1. Januar 1943 zugrunde gelegt habe. Hinsichtlich des Zeitpunkts der Durchführung der Schenkung stellt das Finanzgericht auf Grund freier Beweiswürdigung fest, daß der Bf. am 31. Dezember 1945 oder vorher keine auf übertragung von Kapitalanteilen an seine Kinder gerichtete Rechtshandlungen vorgenommen habe. Es begründet seine überzeugung mit folgenden Erwägungen: Wenn schon trotz der Höhe der übertragenen Kapitalanteile (insgesamt 216.594 RM) eine schriftliche Niederlegung dieses Vorgangs unterblieben sei, habe mindestens eine Aufzeichnung in den Handelsbüchern der Gesellschaften nahe gelegen. Auch in den im Jahre 1946 aufgestellten Handelsbilanzen zum 31. Dezember 1945 seien die Veränderungen in den Teilhaberverhältnissen nicht aufgezeigt worden. Ferner ließen sich die vom Bf. für 1945 abgegebenen Einkommen- und Gewerbesteuererklärungen nicht mit einer bereits am 31. Dezember 1945 vorgenommenen Anteilsübertragung in Einklang bringen. Denn der Bf. habe ebenso wie seine Brüder Steuervergünstigung gemäß § 3 der Steueränderungsverordnung (StändV) vom 20. August 1941 (Reichsgesetzblatt - RGBl. - I S. 510) für den nicht entnommenen Gewinn des Jahres 1945 in Anspruch genommen und hierbei seine Privatentnahmen mit nur 69.451 RM angegeben. Die übertragung von Kapitalanteilen an die Kinder im Wege der Schenkung habe als Entnahme für betriebsfremde Zwecke den Gewinnanteil des Bf. überstiegen und die Beanspruchung der Vergünstigung ausgeschlossen. Selbst bei Zugrundelegung der vom Bf. gegebenen Darstellung hätten jedoch die von ihm beabsichtigten Rechtswirkungen nicht schon am 31. Dezember 1945 eintreten können.

Denn der Bf. habe zwar gemäß § 181 BGB Schenkungsverträge im Namen der minderjährigen Kinder mit sich selbst abschließen können, da ihm die Vornahme rechtsgültiger Schenkungen gestattet sei. Zur Wirksamkeit des Selbstkontrahierens müßten jedoch Tatsachen hinzutreten, die den auch für jeden Dritten erkennbaren Vertragswillen - den Vertragsschluß - ergäben. Die behaupteten Mitteilungen der Brüder untereinander über die vollzogene übertragung von Kapitalanteilen an ihre Kinder könnten nicht als äußerlich in Erscheinung tretende Ausführungshandlung des inneren Willensvorgangs gewertet werden. In der Rechtsbeschwerde (Rb.) wird die Zulässigkeit der Berichtigungsveranlagung nicht mehr bestritten. Im übrigen verbleibt der Bf. bei seinem bisher angenommenen Standpunkt. Er rügt unzutreffende Beweisführung und unzureichende Begründung der tatsächlichen Feststellung, in letzterer Hinsicht zugleich einen Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten. Außerdem falle dem Finanzgericht ein Rechtsirrtum hinsichtlich der Erfordernisse für die Rechtswirksamkeit des Selbstkontrahierens zur Last.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

Die Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Berichtigungsveranlagung sind in der Rb. nicht mehr aufrechterhalten. Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berichtigungsveranlagung bestehen insoweit auch nicht. Ein Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten ist nicht erkennbar. Hinsichtlich des Umfangs der Beweisaufnahme ist das Finanzgericht frei. Wenn es davon abgesehen hat, von dem Angebot der Abgabe eidesstattlicher Versicherungen Gebrauch zu machen, so kann ihm daraus kein Vorwurf gemacht werden. Es trifft auch nicht zu, daß das Finanzgericht erhebliches Vorbringen des Bf. unbeachtet gelassen habe. Eine Auseinandersetzung mit sämtlichen tatsächlichen Ausführungen des Steuerpflichtigen (Stpfl.), auch solchen, die das Finanzgericht erkennbar und zutreffend für unerheblich gehalten hat, ist nicht erforderlich. Ob die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung gemäß § 3 StändV für den nicht entnommenen Gewinn des Jahres 1945 im Hinblick auf die Ausführungen im Abschn. 116 d der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1950 gerechtfertigt war, braucht hier nicht entschieden zu werden, da das angefochtene Urteil hierauf nicht beruht. Denn das Finanzgericht kommt selbst unter Zugrundelegung der Darstellung des Bf. zu der Auffassung, daß die Schenkung am 31. Dezember 1945 vom Bf. noch nicht rechtswirksam durchgeführt worden ist. Der Reichsfinanzhof hat zwar in dem Urteil III 63/42 vom 18. Juni 1942 (Reichssteuerblatt - RStBl. - 1942 S. 827), auf das sich der Bf. bezieht, ausgesprochen, daß die übertragung eines Kapitalanteils vom Vater auf die Tochter bereits mit Abschluß des Vertrages vollzogen und damit die Schenkung ausgeführt sei. Der diesem Urteil zugrunde liegende Sachverhalt unterscheidet sich jedoch wesentlich von dem hier gegebenen Tatbestand. Im Falle des Urteils nahm der Vater seine erwachsene Tochter durch Gesellschaftsvertrag in sein bisher von ihm allein betriebenes Unternehmen auf, und es wurde ihr die Hälfte des Gesellschaftskapitals zugewandt. Im Streitfall dagegen handelt es sich um die Aufnahme minderjähriger Kinder in bestehende Personengesellschaften und die übertragung von Kapitalanteilen durch behauptetes Selbstkontrahieren der Gesellschafter. § 181 BGB steht der Rechtswirksamkeit der Schenkung des Bf. an seine minderjährigen Kinder grundsätzlich nicht entgegen (Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Bd. 68 S. 177, Kammergericht in Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Bd. 22 S. 158, Palandt, Kommentar zum BGB, § 181 Anm. 2, Planck, BGB, 4. Aufl. § 181 Anm. 2 d). In jedem Falle muß jedoch die Tatsache des Selbstkontrahierens äußerlich erkennbar sein. Bei schuldrechtlichem Abschluß genügt jede Feststellbarkeit des Willens, auch auf Grund späterer Handlungen, bei dinglichen Erfüllungsgeschäften ist deutliche äußere Kenntlichmachung unentbehrlich (Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Bd. 116 S. 198; das Bürgerliche Gesetzbuch von Reichsgerichtsräten, 9. Aufl. § 181 Anm. 1; Palandt, Kommentar zum BGB, § 181 Anm. 5). Es fragt sich, ob im Streitfalle Schenkungsvertrag und Erfüllung desselben durch den Bf. nach außen hin mit hinreichender Deutlichkeit erkennbar gemacht worden sind. Der Bf. glaubt, dies bejahen zu können. Er erblickt die Kenntlichmachung in der von ihm behaupteten mündlichen Mitteilung der drei Brüder untereinander über die Vollziehung der übertragung der Kapitalanteile. Das Finanzgericht verneint dagegen die Frage, weil diese Mitteilung, ihre Richtigkeit unterstellt, nicht als äußerlich in Erscheinung tretende, für jeden Dritten erkennbare Rechtshandlung gelten könne. Die Rb. ist der Ansicht, daß das Finanzgericht sich in einem Rechtsirrtum befinde, wenn es einen für jeden Dritten erkennbaren Ausdruck des inneren Willensvorgangs fordere; es genüge, wenn dieser Wille irgendeinem beliebigen Dritten, hier also dem oder den Mitgesellschaftern gegenüber, in Erscheinung getreten sei. Es kann dahin gestellt bleiben, ob dies zutrifft. Jedenfalls ist, mindestens insoweit sich das Selbstkontrahieren auch auf das Erfüllungsgeschäft erstreckt, deutliche äußere Kenntlichmachung des Rechtsvorgangs unentbehrlich. Gerade bei Familiengesellschaften müssen klare Rechtsverhältnisse geschaffen werden, die eine einwandfreie Beurteilung ihrer Rechtsbeständigkeit gestatten. Hieran fehlt es im Streitfalle. Dies hat das Finanzgericht mit ausreichenden Gründen festgestellt. Es ist auch darauf hinzuweisen, daß der Gesellschaftsvertrag vom 31. Dezember 1945, der in § 9 die Ermächtigung an die persönlich haftenden Gesellschafter einräumt, Teilbeträge ihrer Kapitalkonten an ihre Kinder zu übertragen, nach den einleitenden Worten erst für die Zeit vom 1. Januar 1946 an gilt. Damit würde es nicht im Einklang stehen, wenn eine auf dieser Bestimmung beruhende Schenkung bereits am 31. Dezember 1945 wirksam geworden sein sollte. Das angefochtene Urteil war hierdurch aufrechtzuerhalten. Da die Schenkung des Bf. an seine Kinder erst nach dem 31. Dezember 1945 im Jahre 1946 erfolgt und damit die Steuerschuld erst nach diesem Tage entstanden ist, war die Erbschaftsteuer nach den erhöhten Sätzen des KontrRG Nr. 17 (Art. V a. a. O.) festzusetzen. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 307 Abs. 1 AO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407469

BStBl III 1952, 262

BFHE 1953, 683

BFHE 56, 683

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