Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Behauptung, eine Anstalt liechtensteinischen Rechts habe Darlehen gewährt

 

Leitsatz (NV)

1. Behauptet der Steuerpflichtige, er habe von einer Anstalt liechtensteinischen Rechts Darlehen erhalten und dieser Darlehenszinsen gezahlt, muß er gem. § 160 AO 1977, § 16 AStG die hinter der Anstalt stehende Person benennen. Er muß indessen nicht die Möglichkeit ausschließen, daß die benannte Person Treuhänder für Dritte ist.

2. Ist der Steuerpflichtige dem Benennungsverlangen nachgekommen, können ungewöhnliche Umstände -- die benannte Person ist nicht greifbar, Darlehensgewährung angeblich durch die Überbringung von Bargeld usw. -- Anlaß zu der Annahme geben, der Steuerpflichtige habe eigenes Geld über die Grenze hin- und zurückverlagert. Hierüber entscheidet im finanzgerichtlichen Verfahren das FG nach freier Überzeugungsbildung unter besonderer Berücksichtigung dessen, ob der Steuerpflichtige seiner erhöhten Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO 1977 nachgekommen ist.

 

Normenkette

AO 1977 § 90 Abs. 2, § 160; AStG § 16; FGO § 96 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt seit 1974 einen Einzelhandel mit Textilien (Gewinnermittlung nach § 5 des Einkommensteuergesetzes -- EStG --). Er wies Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der P-Anstalt, Vaduz, Liechtenstein, aus. In den Bilanzen waren folgende Beträge passiviert:

31. Dezember 1979 236 572 DM 31. Dezember 1980 177 267 DM 31. Dezember 1981 160 715 DM. Der Kläger setzte die Zinsaufwendungen als Betriebsausgaben ab (1979: 17 345 DM; 1980: 11 260 DM; 1981: 4 822 DM).

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) ging nach einer Betriebsprüfung davon aus, daß die P-Anstalt eine Domizilgesellschaft sei und der Kläger die Frage nach den hinter der Anstalt stehenden Personen nicht ausreichend i. S. des § 160 der Abgabenordnung (AO 1977), § 16 des Außensteuergesetzes (AStG) beantwortet habe. In den Einkommensteuer-Änderungsbescheiden vom 15. September 1987 für die Jahre 1979 bis 1981 wurden die Passivierungen gewinnerhöhend aufgelöst und die vom Kläger erklärten Tilgungsbeträge und Zinsen wie Entnahmen behandelt. Es ergaben sich folgende Gewinnerhöhungen:

1979 1980 1981

DM DM DM

Auflösung der Darlehenspassivierung 236 572 177 267 160 715

abzüglich Vorjahrespassivierung -- . /. 236 572 . /. 177 267

zuzüglich Tilgungen 5 000 66 077 23 866

zuzüglich Zinsen -- 11 260 4 822

Gewinnerhöhung 241 572 18 032 12 136

Der Einspruch hatte für 1979 im wesentlichen Erfolg; er blieb für 1980 und 1981 erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 1988). Das FA führte aus: Es fehle nach wie vor an einer ausreichenden Benennung des Darlehensgebers; der vom Kläger benannte B, USA, sei unter der angegebenen USA-Adresse nicht zu ermitteln gewesen. Jedoch sei nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. März 1988 I R 151/85 (BFHE 153, 293, BStBl II 1988, 759) davon auszugehen, daß das Darlehen -- weil erfolgsneutral gebildet -- nicht erfolgswirksam aufgelöst werden dürfe. Der Gewinn 1979 sei daher lediglich um die Zinsen von 17 345 DM zu erhöhen.

Der Kläger erhob Klage und benannte in der Klageschrift A, Abu Dhabi, als Inhaber der P-Anstalt und Darlehensgeber. Das Finanzgericht (FG) erließ einen Beweisbeschluß, wonach A als Zeuge zu den Fragen gehört werden sollte, wer in den Streitjahren Gesellschafter der P-Anstalt war und wem, wann und in welcher Höhe das Konto der P-Anstalt mit den behaupteten Darlehenszahlungen belastet wurde. Der Kläger konnte den Zeugen trotz zweimaliger Terminsverlegung nicht präsentieren.

Das FG wies die Klage daraufhin mit der Begründung ab: Der Abzug der Darlehenszinsen als Betriebsausgaben scheide nach § 160 AO 1977 aus. Empfänger i. S. des § 160 AO 1977 seien nicht die P-Anstalt, die eine Domizilgesellschaft sei, sondern die hinter ihr stehenden Personen (BFH-Beschluß vom 25. August 1986 IV B 76/86, BFHE 149, 381, BStBl II 1987, 481). Die Benennung von A genüge nicht. Es fehlten Nachweise, daß A aus eigenem Vermögen die Darlehen an den Kläger gegeben habe und letztlich Empfänger der Darlehenszinsen gewesen sei.

Der Kläger macht mit der Revision geltend: Er sei dem Benennungsverlangen nachgekommen. Die Person des A sei eindeutig zu identifizieren. Er habe weiterhin nachgewiesen, daß A der Inhaber der darlehensgebenden P-Anstalt gewesen sei. Ungesetzlich seien die darüber hinausgehenden Anforderungen des FG, die das Verhältnis zwischen A und der P-Anstalt beträfen. Unabhängig davon habe er nachgewiesen, daß die Darlehen aus dem Vermögen des A stammten und die Rückzahlungen und Zinsen in das Vermögen des A geflossen seien.

Das FA erwidert: Der Kläger hätte gemäß § 160 AO 1977 i. V. m. § 90 Abs. 2 AO 1977, § 16 AStG nicht nur nachweisen müssen, daß A tatsächlich existent sei, sondern auch, daß A hinter der P-Anstalt stehe und das Darlehen aus seinem Vermögen an den Kläger ausgereicht habe. Dieser Nachweis sei nicht geführt worden. Eine weitere Sachaufklärung durch das FG sei nicht erforderlich gewesen. Den Kläger habe eine Beweisvorsorgepflicht getroffen, schon bei der Gestaltung der ausländischen Geschäftsbeziehungen dafür zu sorgen, daß die ausländischen Partner ihm die für seine inländischen Steuerangelegenheiten benötigten Beweismittel rechtzeitig zur Verfügung stellten.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

1. Wegen der Versäumung der Revisionsfrist um einen Tag ist dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ihn bzw. seinen Prozeßbevollmächtigten trifft kein Verschulden an der Versäumnis (§ 56 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Er hat glaubhaft dargelegt, daß die ansonsten zuverlässige Anwaltsgehilfin, die sein Prozeßbevollmächtigter am vorletzten Tag der Frist mit dem Einwurf der Revisionsschrift bei dem FG beauftragt hatte, diese von sich aus in den Briefkasten des BFH warf. Hier wurde die Sendung am letzten Tag der Frist dem Nachtbriefkasten entnommen und gelangte erst am Tag danach an das FG. Der Prozeßbevollmächtigte konnte diesen Verlauf nicht voraussehen und beeinflussen.

2. Die Versagung des Betriebsausgabenabzugs der an die P-Anstalt gezahlten Zinsen läßt sich entgegen der Auffassung des FG nicht aus § 160 AO 1977 herleiten.

a) Nach § 160 Satz 1 AO 1977 (= § 160 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 i. d. F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1986 vom 19. Dezember 1985, BGBl I 1985, 2436, BStBl I 1985, 735) sind Betriebsausgaben regelmäßig nicht zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige dem Verlangen der Finanzbehörde nicht nachkommt, die Gläubiger oder die Empfänger genau zu bezeichnen. Die Betriebsprüfungsstelle hatte ihr Benennungsverlangen nicht nur auf § 160 (Abs. 1) AO 1977, sondern auch auf § 16 AStG gestützt. Nach § 16 AStG hat ein Steuerpflichtiger, der unter Berufung auf Geschäftsbeziehungen mit einer ausländischen Gesellschaft, die mit ihren Einkünften aus den Geschäftsbeziehungen nicht oder nur unwesentlich besteuert wird, einen Betriebsausgabenabzug beantragt, i. S. des § 160 AO 1977 den Gläubiger oder Empfänger erst dann genau bezeichnet, wenn er alle Beziehungen offenlegt, die unmittelbar oder mittelbar zwischen ihm und der Gesellschaft bestehen oder bestanden haben.

Das FG hat zu Recht angenommen, daß der Betriebsprüfungsdienst sein Benennungsverlangen auf § 160 AO 1977 stützen konnte. Die in den Steuerakten als Darlehensgeberin und Zinsempfängerin angeführte P- Anstalt war nicht als Gläubigerin und Empfängerin anzusehen. Sie ist nach den Feststellungen des FG eine Domizilgesellschaft ohne eigene wirtschaftliche Betätigung. Die von dem Kläger mit Schriftsatz vom 26. November 1991 hierzu erhobenen Zweifel sind verspätet (nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist) vorgebracht und im übrigen nicht substantiiert worden. Empfänger einer Betriebsausgabe i. S. des § 160 AO 1977 ist regelmäßig derjenige, dem der in der Betriebsausgabe enthaltene wirtschaftliche Wert übertragen wird (BFH-Urteile vom 8. Februar 1972 VIII R 41/66, BFHE 104, 502, BStBl II 1972, 442; vom 25. November 1986 VIII R 350/82, BFHE 148, 406, BStBl II 1987, 286). Wird eine Domizilgesellschaft zwischengeschaltet, ist Empfänger der hinter ihr stehende Dritte (BFH-Beschluß vom 25. August 1986 IV B 76/86, BFHE 149, 381, 386, BStBl II 1987, 481).

Die Feststellungen des FG erlauben darüber hinaus auch die Annahme, daß die Voraussetzungen des § 16 AStG vorlagen. Die P-Anstalt war eine ausländische Gesellschaft mit Sitz in Liechtenstein und wurde dort gar nicht oder nur niedrig besteuert (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen -- BMF -- vom 11. Juli 1974, BStBl I 1974, 442, 485). Die Darlehensverträge mit ihr sind Geschäftsbeziehungen i. S. des § 16 AStG. Der Kläger hatte demgemäß den hinter der P-Anstalt stehenden Darlehensgeber und Zinsempfänger nach § 16 AStG zu bezeichnen (vgl. BFH-Beschluß vom 24. März 1987 I B 156/86, BFH/NV 1988, 208).

b) Der Kläger ist -- wenn auch erst im finanzgerichtlichen Verfahren -- dem Benennungsverlangen der Betriebsprüfungsstelle nachgekommen. Er hat in schlüssiger Weise i. S. des § 160 (Abs. 1) Satz 1 AO 1977, § 16 AStG alle Beziehungen offengelegt, die unmittelbar oder mittelbar zwischen ihm, der P-Anstalt und deren nunmehr benanntem Hintermann A bestehen und bestanden.

Das gilt zunächst für die Beziehungen des Klägers zur P-Anstalt. Die Darlehensverträge sind vorgelegt worden. Es ist im einzelnen belegt worden, wie diese Verträge bis zum Ende des Streitzeitraumes abgewikelt wurden (Tilgungen, Zinsaufwendungen). Der Kläger hat einen Handelsregisterauszug für die P-Anstalt eingereicht, der allerdings -- wie bei Domizilgesellschaften üblich -- keine Angabe über die hinter der Anstalt stehenden Gesellschafter enthält. Ferner hat er Schreiben der P-Anstalt vom 19. Oktober 1983 und des Repräsentanten der P-Anstalt vom 18. Januar 1984 vorgelegt, die das Bestehen der Darlehensverhältnisse bestätigen.

c) Der Kläger hat auch seine Beziehungen zu dem als Hintermann benannten A offengelegt. Er hat, wie selbst das FG annimmt, Nachweise über die Existenz des A vorgelegt. So ist die Fotokopie eines jordanischen Passes des A beigebracht worden.

Seine Beziehungen zu A hat der Kläger wie folgt dargestellt und belegt: Die Gründerrechte für die P-Anstalt hätten zunächst bei einem C gelegen. Dieser habe sie an B, B schließlich an A übertragen. Die Übertragung von C an B ist durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung des C vom 15. November 1985, die Übertragung von B an A durch die Vorlage einer Kopie eines notariellen Vertrages vom 19. Januar 1970 belegt worden. A hat sich zwar nicht für eine Zeugeneinvernahme im Inland zur Verfügung gestellt. Er hat indessen in einer schriftlichen Auskunft vom 9. Juni 1989, die der Kläger vorgelegt hat, bestätigt, er habe der Darlehensgewährung durch die P- Anstalt an den Kläger zugestimmt und die P-Anstalt habe mit erheblichen von ihm bereitgestellten Geldern gearbeitet. In einem weiteren englisch abgefaßten Schreiben vom 26. März 1990 führt A nochmals an, daß er in den Streitjahren Eigentümer (owner) der P-Anstalt gewesen sei. Der vom FG als Zeuge gehörte Rechtsanwalt D, der sich als Inlandsvertreter der P-Anstalt bezeichnete, hat bekundet, daß A sich bereit erklärt habe, dem Kläger über die P- Anstalt ein Darlehen zu gewähren; die P- Anstalt habe ihm Geld, das von A gestammt habe, zur Weiterleitung an den Kläger übergeben.

Das FG hat hierin keine ausreichende Benennung des Hintermannes A gesehen: Aus der eidesstattlichen Versicherung des C lasse sich nichts für die Verhältnisse der Streitjahre ableiten. B sei als Zeuge nicht erreichbar gewesen. Die Abtretungsurkunde vom 19. Januar 1970 ergebe "nicht zwingend", daß A auch wirtschaftlich hinter der P-Anstalt gestanden habe; er könne auch treuhänderisch für Dritte tätig geworden sein. A sei trotz Ankündigung nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen. Seine schriftlichen Auskünfte rechtfertigen nicht den Schluß, daß er wirtschaftlicher Darlehensgeber und Zinsempfänger gewesen sei. Es könnten Gelder dritter Personen zur Darlehensauszahlung verwandt worden sein. Die P-Anstalt habe bereits ab 1974 ein DM-Konto bei der Bank in Liechtenstein unterhalten. Wegen dieses Umstands müsse ernsthaft in Betracht gezogen werden, daß die P-Anstalt schon damals aus dem Inland stammende Gelder verwaltet und darlehensweise ausgegeben habe. Der Zeuge D habe sein Wissen vor allem vom Hörensagen. Im übrigen könnten seine Bekundungen allenfalls dahin gewürdigt werden, daß A die P-Anstalt wirtschaftlich beherrscht habe, nicht aber auch dahin, daß die Darlehensmittel gerade aus dem Vermögen des A abgeflossen und diesem letztlich die Zinsen zugeflossen seien.

d) Zu Recht rügt der Kläger, das FG habe damit die Voraussetzungen für eine Benennung i. S. von § 160 AO 1977 und § 16 AStG überspannt. Die Vorschriften verlangen von dem Steuerpflichtigen nichts Unzumutbares. Er kann nur Umstände offenlegen, die in seinem Kenntnisbereich liegen oder von denen er sich in zumutbarer Weise Kenntnis beschaffen kann. § 16 AStG verlangt demgemäß (nur) die Offenlegung der "unmittelbaren" Beziehungen des befragten Steuerpflichtigen zu einer Gesellschaft (Person) und der "mittelbaren" Beziehung des Steuerpflichtigen zu den hinter dieser Gesellschaft (Person) stehenden Dritten. Danach brauchen nicht offengelegt zu werden das Verhältnis der Gesellschaft (Person) zu dem Dritten, soweit es über das Beteiligungsverhältnis hinausgeht, und die Verhältnisse des Dritten zu weiteren Personen.

In Verkennung dieser Rechtslage hat das FG darauf abgestellt, daß die Benennung des A eine Treuhänderstellung des A für weitere Personen nicht ausgeschlossen habe. Eine solche Möglichkeit muß der befragte Steuerpflichtige nicht ausschließen. Abgesehen davon dürfte ein solcher Negativnachweis kaum zu führen sein. Es kann auch kein Nachweis darüber verlangt werden, daß das Darlehen an den Kläger aus Mitteln stammt, die der benannte Hintermann A der P-Anstalt zur Verfügung gestellt hat. Selbst wenn mit dem FG in Betracht gezogen wird, daß die P-Anstalt Inlandsgelder verwaltete und an Inländer darlehensweise ausgab, kann sich das Benennungsverlangen nicht darauf erstrecken, wie sich die P-Anstalt refinanzierte -- sei es mit Mitteln des sie beherrschenden Hintermannes A oder mit Fremdmitteln --. Dabei kann offenbleiben, wie zu entscheiden wäre, wenn in Betracht zu ziehen wäre, die P- Anstalt habe die hereingenommenen Inlandsgelder als Fremdgelder getrennt von ihrem eigenen Vermögen gehalten und bei der Darlehensvergabe verdeckt für die inländischen Geldgeber gehandelt. Bei einer solchen Gestaltung wäre allerdings denkbar, daß ein inländischer "Darlehensnehmer" sein eigenes Geld "aufnimmt".

Die Darstellung des Klägers zum Übergang der Gründerrechte von C auf B und A mag im einzelnen zu Zweifeln Anlaß geben. Sie ist jedoch, für sich genommen, schlüssig und gibt auch eine Erklärung dafür, daß zunächst B als Hintermann benannt wurde.

Das Nichterscheinen des A als Zeuge ist kein Umstand, der im Rahmen der § 160 AO 1977, § 16 AStG gegen den Kläger verwandt werden kann. Dem Kläger oblag es, den Hintermann der P-Anstalt zu offenbaren. Dem ist er mit der Benennung des A nachgekommen. Die Durchführung der vom FG für erforderlich gehaltenen Vernehmung des A oblag dem FG selbst. Das Fernbleiben des A löste nicht die Rechtsfolge des § 160 (Abs. 1) Satz 1 AO 1977 aus. Dies schließt nicht aus, daß aus anderen rechtlichen Gründen negative Folgerungen zu Lasten des Klägers gezogen werden (dazu unter 3.).

3. Die Vorentscheidung ist danach aufzuheben. Die nicht spruchreife Sache wird an das FG zurückverwiesen. Die Versagung des Betriebsausgabenabzugs kann aus anderen rechtlichen Gründen gerechtfertigt sein.

Es besteht Anlaß, den Sachverhalt auch unter dem Gesichtspunkt zu überprüfen, ob der Kläger eigenes im Ausland befindliches Geld an sich "zurückverlagert" hat und "Zins- und Tilgungszahlungen" verdeckte Einnahmen darstellen. Das FA hat in der Einspruchsentscheidung erhebliche Zweifel an dem Sachverhaltsvortrag des Klägers geäußert. Auch das FG sieht Widersprüche und hegt Zweifel an der Sachverhaltsdarstellung des Klägers. § 160 (Abs. 1) Satz 2 AO 1977 i. V. m. § 96 Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz FGO läßt das Recht des FA bzw. des FG unberührt, den Sachverhalt in anderer Richtung zu ermitteln. Ein Steuerpflichtiger wird nach § 160 AO 1977, § 16 AStG "gleichsam als Haftender" für fremde Steuerschulden in Anspruch genommen (BFH-Urteile vom 30. März 1983 I R 228/78, BFHE 138, 317, 319, BStBl II 1983, 654; vom 9. August 1989 I R 66/86, BFHE 158, 7, 10, BStBl II 1989, 995). Eine ausreichende Benennung des Empfängers im Sinne dieser Vorschriften schließt nicht aus, daß das FG -- ggf. nach weiteren Ermittlungen -- zu dem Schluß kommt, daß der Kläger für eine eigene Steuerschuld einzustehen hat, weil er den Benannten lediglich vorgeschoben hat, um eigene Gelder zu verlagern oder Betriebsausgabenzahlungen zu fingieren.

Für eine solche Prüfung besteht insbesondere dann Anlaß, wenn wie im Streitfall der Benannte im Ausland ansässig ist und die Geschäfte über eine Domizilgesellschaft laufen. Der BFH hat bei Goldtermingeschäften, die über eine Schweizer Gesellschaft unter ungewöhnlichen Bedingungen abgewickelt wurden, von dem FG verlangt, sich Gewißheit darüber zu verschaffen, ob Auslandsguthaben in das Inland zurückverlagert worden sind; bei der Prüfung könnten die Erkenntnisse der Finanzverwaltung über Auslandsbeziehungen verwertet werden; der Steuerpflichtige sei gemäß § 90 Abs. 2 AO 1977 in besonderem Maße zur Mitwirkung verpflichtet (BFH-Urteil vom 5. März 1981 IV R 94/78, BFHE 133, 379, 380 f., BStBl II 1981, 658). Hieran anknüpfend hat der BFH für die Darlehensgewährung durch eine liechtensteinische Domizilgesellschaft ausgeführt: Erschienen die Umstände der Darlehensgewährung als ungewöhnlich, bestünden begründete Zweifel, ob den Aufwendungen eine betriebliche Veranlassung zugrunde liege. In einem solchen Fall sei unter verstärkter Mitwirkung des Steuerpflichtigen (§ 90 Abs. 2 AO 1977) zu prüfen, ob ausgeschlossen werden könne, daß sich hinter der Domizilgesellschaft der Steuerpflichtige verberge; die Unaufklärbarkeit gehe nach den Regeln der Feststellungslast zu Lasten des Steuerpflichtigen (BFH-Beschluß vom 9. Juli 1986 I B 36/86, BFHE 149, 375, 379 f., BStBl II 1987, 487). Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an.

Auch im Streitfall liegen ungewöhnliche Umstände vor: Benennung des nicht greifbaren Dritten A; Darlehensgewährung durch Überbringung von Bargeld aus dem Ausland (so Zeuge D); das FG wird im Rahmen seiner freien Überzeugungsbildung (§ 96 Abs. 1 FGO) -- ggf. nach weiteren Ermittlungen und Auflagen an den Kläger -- entscheiden, ob lediglich eine Hin- und Rückverlagerung eigener Gelder des Klägers stattgefunden hat. Sollte es dies nicht ausschließen können, wäre, wie vom FA ursprünglich angenommen -- nunmehr allerdings nur noch im Rahmen des Verböserungsverbots --, der Wegfall der Darlehensverbindlichkeiten gewinnerhöhend zu erfassen. Es wäre dann davon auszugehen, daß der Kläger in Höhe der angeblichen Darlehensaufnahme betriebliche Mittel entnommen hat. Das BFH-Urteil in BFHE 153, 293, BStBl II 1988, 759 stünde dem nicht entgegen; dieses Urteil befaßt sich lediglich mit den Rechtsfolgen aus § 160 AO 1977.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420002

BFH/NV 1995, 2

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