Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Körperschaftsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die mit Abschluß eines Lebensversicherungsvertrages unmittelbar zusammenhängenden Kosten, die der Versicherungsnehmer dem Versicherungsunternehmen vertraglich nicht zu erstatten hat, sind nach den allgemeinen Grundsätzen des Bilanzsteuerrechtes zu aktivieren und auf die voraussichtliche Laufzeit des Vertrages zu verteilen.

Die grundsätzliche Aktivierungspflicht wird durch die lange Dauer eines Lebensversicherungsvertrages nicht berührt.

Zu den aktivierungspflichtigen unmittelbaren Kosten gehören nicht die im allgemeinen im Innendienst eines Versicherungsunternehmens durch die büromäßige Bearbeitung des Vertrages entstehenden Kosten.

Soweit Versicherungsnehmer vertraglich verpflichtet sind, dem Versicherungsunternehmen Abschlußkosten zu erstatten, z. B. im Rahmen der Zillmerung, ist der Erstattungsanspruch aktivierungspflichtig.

Es bestehen keine Bedenken, wenn ein Versicherungsunternehmen mit Rücksicht auf die innere Verbundenheit der einzelnen Versicherungsverträge keine Einzelberechnung für die nach Ziff. 1 aktivierungspflichtigen Kosten aufstellt, sondern der Aktivierungspflicht mit Hilfe eines Pauschbetrages für den Gesamtbestand Rechnung trägt. Es genügt dann, den Pauschbetrag lediglich bei wesentlichen änderungen im Versicherungsbestand zu erhöhen oder zu ermäßigen.

 

Normenkette

EStG § § 5, 6/1/2, § 6/1/3; KStG § 6

 

Tatbestand

Der Bundesminister der Finanzen hat dem Bundesfinanzhof gemäß § 63 der Reichsabgabenordnung folgende Fragen zur Begutachtung vorgelegt:

Sind die Kosten, die bei Abschluß eines Lebensversicherungsvertrages dem Versicherungsunternehmen erwachsen und nicht gezillmert worden sind, von diesem zu aktivieren und auf die voraussichtliche Dauer des Versicherungsvertrages zu verteilen oder sind sie Aufwand des Wirtschaftsjahres, in dem sie verausgabt worden sind?

Ist die Beantwortung der Frage zu 1. von der Dauer des Lebensversicherungsvertrages abhängig?

Sind die Fragen zu 1. und 2. in gleicher Weise bei Vorliegen eines Krankenversicherungsvertrages zu beantworten?

In verschiedenen Zweigen der Sachversicherung wird die Abschlußprovision nach der Dauer des Versicherungsvertrages bemessen. Hat dieser Umstand für die steuerrechtliche Behandlung dieser Aufwendungen Bedeutung?

Der I. Senat des Bundesfinanzhofs hat nach einer mündlichen Aussprache am 4. November 1959, an der Vertreter des Bundesministers der Finanzen, des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungs- und Bausparwesen und des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft e. V. teilgenommen haben, in der Sitzung vom 26. Januar 1960 wie folgt Stellung genommen:

Das Gutachten wird auf die Verhältnisse der Lebensversicherung beschränkt.

2.-6. s. obige Rechtssätze Nrn. 1-5.

 

Entscheidungsgründe

Gründe

Umfang des Gutachtens Gegen die Erstattung von Gutachten durch den Bundesfinanzhof werden in der Literatur zum Teil erhebliche Bedenken geltend gemacht (siehe z. B. Friedrich in Steuer und Wirtschaft - StuW - 1959 Sp. 201 ff.). Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit der Frage der Erstattung von Gutachten durch Gerichte in seinem Beschluß 1 PBvV 1/52 vom 8. Dezember 1952, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bd. 2 S. 79, 86, 87, befaßt.

Die Gerichte bringen ihre Rechtsauffassung im Rahmen streitiger Rechtsfälle zum Ausdruck. Für die Entscheidungen der oberen Bundesgerichte ist es wesentlich, daß im allgemeinen der Tatbestand und das Rechtsproblem bereits bei gerichtlichen Vorinstanzen eingehend erörtert worden sind. Die Erstattung von Gutachten durch den Bundesfinanzhof muß deshalb auf Ausnahmefälle beschränkt werden, bei denen gewichtige Gründe im Interesse der Steuerpflichtigen und der Verwaltung vorliegen, die Rechtsfrage nicht im gerichtlichen Rechtsmittelverfahren durch den Bundesfinanzhof entscheiden zu lassen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn eine beschleunigte Klärung durch den Bundesfinanzhof im Interesse der Rechtssicherheit notwendig erscheint.

Der Senat hat den Bundesminister der Finanzen auf diese Gesichtspunkte hingewiesen und um äußerung gebeten, ob eine Ausnahmelage in diesem Sinne gegeben sei. Der Bundesminister der Finanzen hat das in seinem Schreiben vom 4. September 1959 bejaht. Der Senat hält es unter Würdigung der gesamten Verhältnisse für vertretbar, im Rahmen eines Gutachtens die allgemeinen Grundsätze, die für das Rechtsproblem bedeutsam erscheinen, darzustellen. Dabei erscheint es dem Senat zweckmäßig, sie an Hand der Lebensversicherungsverträge zu entwickeln. Er hält jedoch die Voraussetzungen für die Erstreckung des Gutachtens auf die Krankenversicherungsverträge und die Sachversicherungsverträge nicht für gegeben. Es ist zu beachten, daß die Beantwortung der vom Bundesminister der Finanzen gestellten Fragen teilweise auch in erheblichem Umfang noch eine weitere Klärung tatsächlicher Verhältnisse voraussetzen würde.

Stellungnahme DER Beteiligten Der Senat gab dem Bundesminister der Finanzen, dem Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (Gesamtverband) und dem Bundesaufsichtsamt für das Versicherungs- und Bausparwesen (BAV) Gelegenheit, sich schriftlich und mündlich zu äußern.

Stellungnahme des Bundesministers DER Finanzen

Nach Ansicht des Bundesministers der Finanzen sind die Kosten für den Abschluß eines Lebensversicherungsvertrages und für seine Einverleibung in den Versicherungsbestand (unmittelbare Abschluß- oder Erwerbskosten) zu aktivieren und auf die Laufzeit des Versicherungsvertrages zu verteilen. Zu den unmittelbaren Kosten seien insbesondere die Abschlußprovisionen, die Aufnahmekosten und die Kosten für die Bearbeitung des Antrages zu rechnen. Die Auffassung der Versicherungswirtschaft, für die bilanzmäßige Behandlung der Abschlußkosten im Steuerrecht seien die handelsrechtlichen Vorschriften des BAV maßgebend, die für die Versicherungsunternehmen bindend seien, stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs.

Die Frage nach der steuerrechtlichen Behandlung der unmittelbaren Abschlußkosten sei eine Frage der Ermittlung des richtigen Periodengewinns. Die Ansicht der Versicherungswirtschaft, Abschlußkosten seien Aufwand des Jahres, in dem sie ausgegeben würden, führe zu dem Ergebnis, daß in Geschäftsjahren mit erheblichem Neuzugang und damit in besonders günstigen Wirtschaftsjahren möglicherweise ein Verlust als Jahresergebnis ausgewiesen würde. Zwar habe der Reichsfinanzhof im Urteil I 259/40 vom 24. März 1942 (RStBl 1942 S. 724, Slg. Bd. 51 S. 299) vom Standpunkt der Vereinfachung aus keine Einwendungen dagegen erhoben, die Abschlußkosten als Aufwand des Abschlußjahres zu behandeln. Jedoch ergebe sich aus der Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 58/43 vom 10. November 1943 (RStBl 1944 S. 19, Slg. Bd. 54 S. 27), daß jeder einzelne Versicherungsvertrag ein Wirtschaftsgut sei und deshalb die Aufwendungen für den Erwerb dieses Wirtschaftsgutes auf die Laufzeit des Vertrages verteilt werden müßten. Der Betrag der auf die Laufzeit des Versicherungsvertrages zu verteilenden Abschlußkosten könne nicht auf den Zillmersatz beschränkt werden. Die Abschlußkosten seien keine Vertriebskosten.

Stellungnahme DER Versicherungswirtschaft

Nach Auffassung des Gesamtverbandes wird die Ansicht der Finanzverwaltung der Eigenart und dem Wesen der Lebensversicherungsunternehmen nicht gerecht. Bereits der Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 25. Juli 1936 (RStBl 1936 S. 825) habe anerkannt, daß das Versicherungsgeschäft Besonderheiten aufweise, die zu Schwierigkeiten bei der buchmäßigen Behandlung führten.

Die Abschlußkosten gliederten sich nach den Rechnungslegungsvorschriften des BAV für größere Versicherungsunternehmen vom 23. September 1954 (Veröffentlichungen des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungs- und Bausparwesen 1954 S. 180, Bundesanzeiger 1954 Nr. 213 S. 2; Sonderheft 1 der Veröffentlichungen des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungs- und Bausparwesen) in der Verlust- und Gewinnrechnung in Abschlußkosten (Erwerbskosten) zu Lasten des Geschäftsjahres (Abschn. B Ziff. VIII) und rechnungsmäßig gedeckte Abschlußkosten (bei der Deckungsrückstellung verrechnet) - Abschn. B Ziff. XV -. Die Aktivierung rechnungsmäßig nicht gedeckter Abschlußkosten sei nach den für die Versicherungswirtschaft bindenden handelsrechtlichen Vorschriften nicht zulässig. Diese Vorschriften seien auch steuerrechtlich maßgebend. Nach den Feststellungen des BAV für das Jahr 1955 überschritten die eigentlichen Abschlußkosten den Satz von 35 Promille der Versicherungssumme zumeist nicht oder nur mit geringen Spitzen. Für die Beurteilung der Frage komme es allerdings auch entscheidend auf die Abgrenzung der Abschlußkosten an. Zu den unmittelbaren Erwerbskosten im Sinne der Ausführungen des Bundesministers der Finanzen gehörten nur die Abschlußprovisionen. Zudem seien die Abschlußkosten Vertriebskosten, die nach § 133 Ziff. 1 Abs. 3 des Aktiengesetzes (AktG) nicht aktiviert werden dürften.

Der Reichsfinanzhof habe im Urteil I 58/43 vom 10. November 1943 jeden einzelnen Versicherungsvertrag als Wirtschaftsgut von errechenbarem Wert bezeichnet. Dies sei nicht unbedenklich. Der einzelne Versicherungsvertrag sei nicht selbständig bewertbar. Einzelne Verträge würden nicht gehandelt. Die auf sie entfallenden Abschlußkosten seien schon aus diesem Grunde nicht bilanzierungsfähig.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs dürften an die Periodenabgrenzung keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Es dürfe insbesondere auch nach den Grundsätzen der dynamischen Bilanz das Prinzip der Vorsicht nicht außer acht gelassen werden. Die Lebensversicherungsverträge erstreckten sich über eine Dauer von 20 bis 30 und noch mehr Jahren. Im Gegensatz zum Versicherungsunternehmen könnten die Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag jederzeit kündigen oder die Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung verlangen.

Stellungnahme des BAV Das BAV vertritt im wesentlichen die von der Versicherungswirtschaft dargelegte Auffassung. Die eigentlichen Abschlußkosten würden im allgemeinen durch die Zillmerung der Deckungsrückstellung erfaßt. Die Aktivierung und Verteilung der den geschäftsplanmäßigen Zillmersatz eventuell übersteigenden Abschlußkosten könnten in der Handelsbilanz nicht zugelassen werden. Dies gelte insbesondere auch dann, wenn nicht gezillmert werde. Es entspreche dem Prinzip der Vorsicht, die außerrechnungsmäßigen Abschlußkosten im Jahre der Ausgabe als Aufwand zu verbuchen.

Die Anschaffungskosten und die Herstellungskosten im allgemeinen Steuerrecht

Gegenstand des Gutachtens ist eine Frage, die das Rechtsproblem der bilanzmäßigen Behandlung von schwebenden Verträgen zum Gegenstand hat. Es erscheint deshalb zweckmäßig, einige grundlegende Ausführungen zur Bilanzierung schwebender Verträge zu machen.

Bei schwebenden Verträgen ist es bei einer teilweisen Erfüllung für die Bilanzierung von entscheidender Bedeutung, ob Wirtschaftsgüter bereits entstanden und welche Kosten für diese Wirtschaftsgüter aufgewandt worden sind. Dies führt zu dem Begriff der Anschaffungskosten, der zweckentsprechend aus dem Begriff der Herstellungskosten entwickelt wird.

DIE Herstellungskosten Das EStG fordert in § 6 Abs. 1 Ziff. 2 (EStG 1955) die Aktivierung der Anschaffungskosten oder Herstellungskosten. Die Rechtsprechung wurde bisher eingehender für die Herstellungskosten entwickelt. Bei ihnen wird zwischen Einzelkosten oder unmittelbaren Kosten (auch produktive Kosten genannt) und Gemeinkosten (auch mittelbare oder unproduktive Kosten genannt), den Fertigungsgemeinkosten und den Verwaltungsgemeinkosten unterschieden. Nach der Begründung zum Einkommensteuergesetz 1934 (RStBl 1935 S. 33, 38) umfassen die Herstellungskosten alle auf die Herstellung verwendeten Kosten. Schmalenbach definiert in "Kostenrechnung und Preispolitik", 7. Aufl., S. 6: "Kosten sind die in der Kostenrechnung anzusetzenden Werte der für Leistungen verzehrten Güter"; ähnlich auch Mellerowicz in "Kosten und Kostenrechnung", 3. Aufl., Bd. I, Theorie der Kosten, Abschn. 11 und Bd. II, 1. Teil, Verfahren, Abschn. 15 110, S. 72: "Kosten sind wertmäßiger produktionsbedingter Gutsverzehr". Zur Unterscheidung der Begriffe Kosten und Aufwand siehe u. a. Schmalenbach, a. a. O., S. 6 ff., und Mellerowicz, a. a. O., Bd. I, Abschn. 12. Beachtlich ist hierbei, daß der Güterverzehr auch dem Aufwandsbegriff eigentümlich ist, siehe Schmalenbach in "Dynamische Bilanz", 12. Aufl., S. 41 ff., S. 67 ff.

Zu § 261 HGB a. F. war es umstritten, ob zu den Herstellungskosten (Herstellungspreisen) neben den Materialien (Materialkosten) und den unmittelbaren Fertigungslöhnen auch Gemeinkosten zu rechnen seien (Staub, Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 14. Aufl., § 261 Anm. 6; Schlegelberger- Quassowski, Aktiengesetz, 3. Aufl., § 133 Anm. 8, und die bei Staub, Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 11. Aufl., unter § 261 Anm. 21 aufgeführte Literatur). Die Betriebswirtschaftslehre, vor allem Schmalenbach, hat sich im Interesse der richtigen Periodenabgrenzung für die Zulässigkeit der Einbeziehung von Gemeinkosten in die Herstellungskosten ausgesprochen. Siehe hierzu Schmalenbach, "Die Generalunkosten als Produktionskosten in der Bilanz der Aktiengesellschaft", Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung, 1907/ 1908, S. 161 ff., ferner "Dynamische Bilanz", 6. Aufl., Vorwort, und 12. Aufl., S. 138 ff.; Ruth-Schmaltz, "Die neue Bilanz der Aktiengesellschaft", S. 32 ff.; Schlegelberger-Quassowski-Schmölder, Verordnung über Aktienrecht, 1932, § 261 Anm. 7. Diesen Forderungen der Betriebswirtschaftslehre haben § 261 HGB n. F. (Verordnung des Reichspräsidenten über Aktienrecht, Bankenaufsicht und über eine Steueramnestie vom 19. September 1931, RGBl 1931 I S. 493) und § 133 AktG vom 30. Januar 1937 (RGBl 1937 I S. 107) dadurch entsprochen, daß sie ausdrücklich ein Wahlrecht eingeräumt haben, bei den Herstellungskosten in angemessenem Umfange Abschreibungen und angemessene Anteile an den Betriebs- und Verwaltungskosten anzurechnen. Für das Steuerrecht hat das Gutachten des Reichsfinanzhofs Gr. S. D 7/38 vom 4. Februar 1939 (RStBl 1939 S. 321, Slg. Bd. 46 S. 150) die Einbeziehung der Fertigungsgemeinkosten in die Herstellungskosten allgemein gefordert.

Im Gegensatz zu den Fertigungsgemeinkosten werden die Verwaltungsgemeinkosten bei Bemessung der Herstellungskosten nicht als aktivierungspflichtige Kosten angesehen. Auch das Gutachten des Reichsfinanzhofs Gr. S. D 7/38 hat daran nichts geändert. Siehe hierzu auch EStR 1955 Abschn. 33.

Die unmittelbaren Herstellungskosten setzen sich zusammen aus den Stoffkosten (Materialkosten) und den Fertigungslöhnen.

Zu den Fertigungsgemeinkosten (einschließlich Stoffgemeinkosten) gehören in der Regel folgende Kostenarten: Gehälter und Löhne für Lagerverwaltung, Werkstattverwaltung, Lohnbüro, die Kosten der Kraftanlage, der Reinigung der Produktionsräume und der Geräte, die sozialen Aufwendungen, die Kosten für Energie und Brennstoffe, die Betriebsstoffe (kleine Werkzeuge und Bürobedarf), die laufende Instandhaltung von Betriebsbauten und Betriebseinrichtungen, die Abschreibungen auf die der Fertigung dienenden Anlagegüter, die Kosten der Sachversicherung und Steuern, soweit sie zum Fertigungsbereich zu rechnen sind. Im einzelnen siehe unter anderem Leitsätze für die Preisermittlung auf Grund der Selbstkosten bei Leistungen für öffentliche Auftraggeber (LSö) vom 15. November 1938 (RGBl 1938 I S. 1624, und 1942 S. 89) Nr. 25 ff., ferner: Grundsätze und Gemeinschafts-Richtlinien für das Rechnungswesen, Ausgabe Industrie, Teil II, Gemeinschafts- Richtlinien für die Kosten- und Leistungsrechnung (GRK), Grundwerk (Bd. 2).

Verwaltungsgemeinkosten entstehen im wesentlichen bei folgenden Kostenstellen: Geschäftsleitung, Rechnungswesen (Buchführung, Betriebsabrechnung, Statistik, Kalkulation), Personalwesen, Rechts- und Versicherungsabteilung. Im einzelnen siehe unter anderem LSö Nr. 27 und GRK, Abschn. 3/324.

Anschaffungskosten Aus den gleichen Erwägungen wie bei den Herstellungskosten können auch bei den Anschaffungskosten anteilige Verwaltungsgemeinkosten nicht als aktivierungspflichtig behandelt werden. Zweifelhaft kann die Einbeziehung von Kosten sein, die den Fertigungsgemeinkosten (Stoffgemeinkosten) bei der Anschaffung eines Wirtschaftsgutes entsprechen. Derartige Gemeinkosten können bei der Beschaffung von Wirtschaftsgütern dort entstehen, wo eine Beschaffungsabteilung für Rohstoffe eines Großbetriebes vorliegt, die Rohstoffe in außereuropäischen Ländern durch besonders beauftragte Vertreter einkauft. Betriebswirtschaftlich wird der Begriff der Anschaffungskosten teilweise weiter gefaßt als handelsrechtlich (vgl. z. B. Heinen, "Betriebswirtschaftliche Kostenlehre", I, S. 61). Die überwiegende Auffassung in der Literatur geht dahin, daß nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung handelsrechtlich bei den Anschaffungskosten Gemeinkosten nicht aktivierungsfähig sind (siehe Schlegelberger- Quassowski, Aktiengesetz, 3. Aufl., § 133 Anm. 7; Adler-Düring- Schmaltz, "Rechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft", 3. Aufl., § 133 Anm. 64, siehe aber auch Sandig in "Gegenwartsprobleme der Betriebswirtschaft" - Verlag Lutzeyer in Baden-Baden - Frankfurt (Main), S. 145 ff.). Auch der Große Senat des Reichsfinanzhofs hat in seinem Gutachten Gr. S. D 7/38 im letzten Satz ausgeführt, daß bei den Anschaffungskosten die Gemeinkosten nicht eingerechnet werden könnten. Allerdings bleibt hier offen, wie diese Schriftsteller bzw. der Große Senat des Reichsfinanzhofs die unmittelbaren Kosten von den Gemeinkosten abgrenzen. Zu den Gemeinkosten im Sinne dieser Auffassungen werden nicht die Kosten eines Vertreters oder eines beauftragten Angestellten zu rechnen sein, der z. B. im Ausland Wolle oder sonstige Rohstoffe einkauft. Diese Kosten gehören zu den aktivierungspflichtigen Kosten. Siehe auch Adler-Düring-Schmaltz, a. a. O., § 133 Anm. 53, wo die Provisionen ausdrücklich als Anschaffungsnebenkosten erwähnt werden.

Bei der Bilanzierung der Anschaffungskosten erscheint es gerechtfertigt, diejenigen Güter besonders zu behandeln, die ähnlich den schwebenden Geschäften keine materiellen Gegenstände darstellen, sondern abstrakter Natur sind. Diese Bilanzansätze werden vielfach als Rechnungsabgrenzungsposten bezeichnet.

Für die abstrakten Wirtschaftsgüter ist der Senat der Ansicht, daß es den Grundsätzen des Handelsrechtes und der ordnungsmäßigen Buchführung entspricht, den Begriff der aktivierungsfähigen Kosten eng zu fassen. Der das Handelsrecht beherrschende Grundsatz der Vorsicht bei der Bewertung ist auch für die Steuerbilanz bedeutsam (siehe auch Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 46/57 U vom 13. August 1957, BStBl 1957 III S. 350, Slg. Bd. 65 S. 307). Er spielte bereits bei der Abgrenzung der aktivierungspflichtigen Herstellungskosten eine wesentliche Rolle. Das führt zu dem Ergebnis, daß bei der Bilanzierung des schwebenden Vertrages als solchen in der Hauptsache nur Kosten als aktivierungspflichtig angesehen werden können, die durch den Abschluß des Vertrages unmittelbar ausgelöst werden. Gleichartige Gedanken kommen bereits in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bei der Aktivierung der Anwartschaften des Handelsvertreters zum Ausdruck (Entscheidungen IV 255/53 U vom 28. Januar 1954, BStBl 1954 III S. 109, Slg. Bd. 58 S. 516, und I 46/57 U vom 13. August 1957, a. a. O.). Auch diese Aufwendungen von der Aktivierungspflicht grundsätzlich auszuschließen, erscheint mit den Bestimmungen des § 6 EStG über die Mindestansätze nicht vereinbar. Im Ergebnis würde hierdurch eine Verzerrung der Periodenabgrenzung herbeigeführt, und es würden stille Reserven in einem Ausmaße gebildet, die steuerlich nicht vertretbar erscheinen (siehe hierzu Entscheidungen des Bundesfinanzhofs I 103/55 U vom 25. September 1956, BStBl 1956 III S. 349, Slg. Bd. 63 S. 396 - Umsatzvergütungen; I 290/56 U vom 13. Mai 1958, BStBl 1958 III S. 331, Slg. Bd. 67 S. 154, und IV 222/56 U vom 22. Mai 1958, BStBl 1958 III S. 333, Slg. Bd. 67 S. 160 - Umsatzsteuer für Anzahlungen; I 207/58 U vom 17. März 1959, BStBl 1959 III S. 320, Slg. Bd. 69 S. 153 - Bierbezugsverpflichtungen; I 207/57 U vom 9. Juli 1958, BStBl 1958 III S. 416, Slg. Bd. 67 S. 370 - Bilanzmäßige Behandlung entgeltlich erworbener Rechte aus schwebenden Verträgen. Besonders beachtlich erscheint für das Rechtsproblem die Entscheidung I 18/57 U vom 13. August 1957, BStBl 1957 III S. 349, Slg. Bd. 65 S. 304 - Verkaufsverluste beim Erwerb von Pfandbriefen als Teil der Anschaffungskosten; Damnum).

Die Abschlußkosten des Lebensversicherungsvertrages

Das BAV hat in seinem Schreiben vom 5. August 1959 die Abschlußkosten wie folgt abgegrenzt:

"Unter Abschlußkosten versteht man die Gesamtheit aller bei oder durch den Abschluß der Versicherung entstehenden Kosten oder, negativ ausgedrückt, denjenigen Teil der Kosten in einem Versicherungsbetrieb, der nicht anfiele, wenn man auf jegliches Neugeschäft verzichten und lediglich die bestehenden Verträge abwickeln würde. Die negative Definition zeigt, daß nicht nur die Abschlußprovision und die Kosten, die der Werbeaußendienst verursacht, zu den Abschlußkosten gehören, sondern auch diejenigen Kosten des Innendienstes, die im allgemeinen den Verwaltungskosten im engeren Sinn zugeordnet werden. Die Abschlußkosten müssen demnach in äußere und innere eingeteilt werden.

Die äußeren Abschlußkosten überwiegen in der Regel die inneren. Von besonderer Bedeutung sind bei den äußeren Kosten die Abschlußprovisionen, die nicht nur innerhalb der Abschlußkosten, sondern auch gelegentlich innerhalb der Gesamtkosten eines Versicherungsunternehmens die Hauptausgaben darstellen. Die Abschlußprovisionen werden für die Vermittlung von Versicherungen gewährt".

Diese Stellungnahme umfaßt die Gesamtheit der Abschlußkosten, die einem Versicherungsunternehmen in Verbindung mit dem Abschluß eines Vertrages wirtschaftlich entstehen. Steuerlich ist, wie bereits oben ausgeführt wurde, nur ein Teil dieser Kosten aktivierungspflichtig.

Die allgemeinen Verwaltungskosten scheiden für die Aktivierungspflicht in gleicher Weise wie bei den Herstellungskosten ohne weiteres aus, also z. B. die Kosten der Geschäftsleitung. Der Bundesminister der Finanzen erwähnt als mittelbare, nicht aktivierungspflichtige Kosten die Ausgaben für die allgemeine Werbung, den Organisationsaufbau, die Schulung und Unterrichtung des Außendienstes.

Aber auch sonstige Gemeinkosten sind nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht aktivierungspflichtig. Zweifelhaft kann jedoch die Abgrenzung der Gemeinkosten von den aktivierungspflichtigen unmittelbaren Kosten sein. Der Bundesminister der Finanzen bezeichnet als unmittelbare Erwerbskosten folgende Kostenarten: Abschlußprovisionen, Superprovisionen, Aufnahmekosten, Vertragsausfertigungskosten, Kosten, die bei der Risikoprüfung entstehen, Kosten, die bei der Antragsbearbeitung entstehen.

Wie unter Ziff. 1. ausgeführt, können in dem Gutachten nicht alle einzelnen Kostenarten behandelt werden, da für ihre Beurteilung teilweise in erheblichem Umfange noch Ermittlungen tatsächlicher Natur erforderlich wären. Das Gutachten beschränkt sich auf allgemeine Grundsätze.

Soweit der Senat den Tatbestand übersehen kann, wird zu den oben aufgeführten Kosten wie folgt Stellung genommen:

Zu den aktivierungspflichtigen unmittelbaren Kosten gehören die Abschlußprovisionen und die Kosten der ärztlichen Untersuchung. Dagegen ist es zweifelhaft, ob die Kosten für die Antragsbearbeitung im Büro des Versicherungsunternehmens sowie die Vertragsausfertigungskosten den unmittelbaren Kosten in diesem Sinne zugerechnet werden müssen. Wie oben dargestellt, ist der Senat der Ansicht, daß bei der Bilanzierung des schwebenden Vertrages als solchen in besonderem Ausmaße dem Grundsatz der Vorsicht Rechnung zu tragen ist. Aus diesen Erwägungen heraus hält er es für vertretbar, die in dem Versicherungsunternehmen im allgemeinen im Innendienst entstehenden Kosten für die Bearbeitung des Versicherungsvertrages zu den nicht aktivierungspflichtigen Kosten zu rechnen. Soweit der Senat die Verhältnisse übersieht, gehören auch die sogenannten Superprovisionen zu den Kosten des inneren Dienstes.

Von den Versicherungsunternehmen wird geltend gemacht, daß auch im Außendienst erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Versicherungsunternehmen auftreten. Ein Teil der Versicherungsunternehmen arbeite mit fremden selbständigen Vertretern; andere Versicherungsunternehmen bedienten sich auch bei der Vermittlung von Lebensversicherungsverträgen angestellter Kräfte. Die Angestellten bezögen zum Teil nur Arbeitslohn, zum Teil erhielten sie daneben auch Provisionen. Zuweilen arbeiteten Angestellte des Außendienstes mit Provisionsvertretern zusammen, und zwar in der Weise, daß die Vertreter den persönlichen Kontakt zum Publikum herstellten, während die Angestellten des Außendienstes die sachlichen Arbeiten erledigten. Auch bei den ärztlichen Untersuchungen werde es bei den einzelnen Versicherungsunternehmen verschieden gehandhabt. Teilweise bedienten sie sich angestellter, teilweise selbständiger ärzte.

Der Senat hält es sachlich nicht für gerechtfertigt, bei den einzelnen Versicherungsunternehmen Unterschiede nach der Art des Verfahrens zu machen, dessen sie sich bedienen. Das hat zur Folge, daß auch dort, wo der Außendienst mit eigenen Angestellten durchgeführt wird, ein entsprechender Betrag des Aufwandes als aktivierungspflichtig anzusehen ist. Er muß im Wege der Schätzung ermittelt werden. Hierbei können Erfahrungssätze verwendet werden, die gegebenenfalls auf der Grundlage der Provisionen für selbständige Vertreter errechnet werden.

Die Versicherungsunternehmen stellen in ihrer Buchführung (Verlust- und Gewinnrechnung) ihre Abschlußkosten zusammen. Es liegt offen, daß hierbei der Begriff der Abschlußkosten anders abgegrenzt wird, als es nach den oben dargestellten Grundsätzen für die aktivierungspflichtigen Abschlußkosten geschieht. Die Versicherungsunternehmen werden von gleichartigen Gedanken ausgehen, wie sie oben in der Abgrenzung des BAV zum Ausdruck kommen. Es muß der Unterschied zwischen den aktivierungspflichtigen und den tatsächlichen Abschlußkosten beachtet werden.

Einwendungen gegen DIE Aktivierung Gegen die Aktivierung der Abschlußkosten werden eine Reihe von Einwendungen gemacht:

Der einzelne Versicherungsvertrag stelle für das Versicherungsunternehmen keinen Wert dar. Er erlange seine Bedeutung erst im Rahmen der großen Zahl der Verträge, durch die das Versicherungswagnis ausgeglichen werde. Des weiteren sei es außerordentlich schwierig, für die einzelnen Verträge die Abschlußkosten festzuhalten. Für die ordnungsmäßige Abgrenzung des Periodengewinnes sei die Verteilung der Abschlußkosten bei der langen Laufzeit der Verträge nicht wesentlich.

Diesem Vorbringen kann nur innerhalb bestimmter Grenzen die Berechtigung zugesprochen werden.

Der Reichsfinanzhof hat in der Entscheidung I 58/43 vom 10. November 1943 ausgesprochen, daß jeder einzelne Versicherungsvertrag für das Versicherungsunternehmen ein Wirtschaftsgut von errechenbarem Wert darstelle. Diese Tatsache werde besonders deutlich bei der Veräußerung ganzer Versicherungsbestände. Daher seien grundsätzlich die Kosten für den Abschluß von Versicherungen auf die wahrscheinliche Dauer der Verträge zu verteilen. Die Verteilung der Erwerbskosten auf die Nutzungsdauer solle unliebsame Gewinnverlagerungen verhindern. Der Senat tritt diesen Grundsätzen des Reichsfinanzhofs bei. Sie decken sich auch mit der Rechtsauffassung des Bundesministers der Finanzen. Es ist nicht zu erkennen, warum Lebensversicherungsverträge anders als andere schwebende Verträge behandelt werden sollen (siehe auch Entscheidung des Reichsfinanzhofs V A 572/29 vom 7. November 1930, RStBl 1931 S. 164, Slg. Bd. 27 S. 278). Die Verträge haben für die Versicherungsunternehmen einen entscheidenden Wert. Für ihren Abschluß werben die Versicherungsunternehmen unter Aufwand erheblicher Mittel. Sie bilden die Grundlage ihres Handelsgewerbes.

Der Versicherungswirtschaft kann allerdings darin beigepflichtet werden, daß der innere Zusammenhang der einzelnen Versicherungsverträge im Rahmen des Versicherungsunternehmens mit Rücksicht auf den Risikoausgleich von Bedeutung ist. Dies läßt es vertretbar erscheinen, für die vorliegende Rechtsfrage (den Ansatz der Anschaffungskosten) den Versicherungsbestand gleich einer wirtschaftlichen Einheit zu behandeln. Der Senat trägt keine Bedenken, wenn für die Bilanzierung der außerrechnungsmäßigen Abschlußkosten der gesamte Bestand als Einheit behandelt und in Anhalt an die Kosten der einzelnen Verträge ein Pauschbetrag für den Gesamtbestand ermittelt wird. Das hat zur Folge, daß das Versicherungsunternehmen von einer laufenden Einzelberechnung für die einzelnen Versicherungsverträge absehen und im Wege der Schätzung einen Pauschbetrag für den Gesamtbestand einsetzen kann, der nur bei wesentlichen Veränderungen angemessen zu erhöhen oder angemessen zu senken ist (ähnlich auch die Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 259/40 vom 24. März 1942).

Diese Grundsätze werden auch den Ausführungen in der Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 58/43 gerecht. Im Anschluß an die oben wiedergegebenen Ausführungen fährt diese Entscheidung des Reichsfinanzhofs fort: Der Reichsfinanzhof habe zwar gemäß den Gepflogenheiten der Versicherungswirtschaft gestattet, die Erwerbskosten im Abschlußjahr im regelmäßigen Geschäftsverlauf voll über Unkosten zu verbuchen. Dagegen habe er die Erwerbskosten bei übernahme eines ganzen Versicherungsbestandes nicht voll zu Lasten des Gewinnes des Erwerbsjahres abziehen lassen.

Man wird den Fall der Neubildung des Versicherungsbestandes und der wesentlichen Erhöhung des Versicherungsbestandes dem Fall des Erwerbes eines Versicherungsbestandes wirtschaftlich gleichsetzen müssen. Im Sinne der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs können dann dort, wo der Versicherungsbestand im wesentlichen die gleiche Größe behält, die außerrechnungsmäßigen Abschlußkosten über Unkosten gebucht werden. Von gleichartigen Erwägungen geht auch das Urteil des Reichsfinanzhofs I 259/40 vom 24. März 1942 aus; es mißt dem Grundsatz der Vereinfachung der Buchführung wesentliche Bedeutung zu. Es führt unter anderem aus, daß die sofortige Abbuchung vom Standpunkt der Vereinfachung der Buchführung aus zweckmäßig sei. Dies wirke sich, auf die Dauer gesehen, bei geringen Schwankungen im Zugang neuer Versicherungen nicht sonderlich auf den steuerpflichtigen Gewinn aus. Diese Vereinfachung sei aber beim Erwerb ganzer Versicherungsbestände nicht ohne weiteres zulässig (vgl. jedoch auch Urteil des Reichsfinanzhofs III 50/38 vom 23. Juni 1938, RStBl 1938 S. 747, Slg. Bd. 44 S. 175).

Bei diesen Erwägungen ist auch der Grundsatz der Rechtsprechung des Senats zu beachten, daß an eine Buchführung nur Anforderungen gestellt werden dürfen, die nach dem Zweck der Buchführung angemessen erscheinen. Der Senat hat deshalb gegen eine entsprechende Vereinfachung der Buchführung dann keine Bedenken erhoben, wenn hierdurch die ordnungsgemäße Periodenabgrenzung nicht beachtlich gestört wurde. Dies hat er insbesondere für sogenannte Rechnungsabgrenzungsposten ausgesprochen (siehe Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 290/56 U vom 13. Mai 1958, BStBl 1958 III S. 331, Slg. Bd. 67 S. 154).

Des weiteren wird geltend gemacht, die Länge der Verträge und das mit ihnen verbundene Risiko verbiete die Aktivierung. Es sei richtig, daß nach dem augenblicklichen Stand der Sterblichkeit und dem augenblicklichen Stand des landesüblichen Zinsfusses aus der Gesamtheit der Verträge alljährlich ein beachtlicher überschuß entstehe. Es sei aber keineswegs gewährleistet, daß sich diese Verhältnisse in der langen Laufzeit der Verträge nicht änderten. Ein erheblicher Prozentsatz der heute abgeschlossenen Verträge habe eine Laufzeit über das Jahr 2000 hinaus. Nach den Erfahrungen der Vergangenheit seien Katastrophen wie Kriege und Inflationen nicht ausgeschlossen. Die Sterblichkeit könne ansteigen. Der landesübliche Zinsfuß könne den rechnungsmäßigen erreichen. Es müsse mit einem Steigen der Verwaltungskosten gerechnet werden. Auch wenn die Sozialversicherungspflicht erheblich erweitert werde, berühre das den Gewerbebetrieb der Versicherungsunternehmen. Des weiteren weisen die Versicherungsunternehmen auf die Bedeutung des Stornos hin. Der Versicherungsnehmer sei jederzeit zur Kündigung berechtigt, nicht aber das Versicherungsunternehmen.

Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Das einem Geschäft innewohnende Risiko gilt der Kaufmann dadurch ab, daß er den Leistungen seiner Kunden eine seinem Risiko Rechnung tragende geringere Gegenleistung gegenüberstellt. Die übernahme des Risikos (Versicherungsrisikos) ist ein Teil seiner Leistung gegenüber den Kunden. Der Bruttogewinn soll das Risiko ausgleichen und wird deshalb höher kalkuliert. Ein mit einem Risiko behaftetes Geschäft ist bei seinem Abschluß unter normalen Bedingungen ebenso ausgeglichen wie ein risikofreies Geschäft. Siehe Entscheidungen des Bundesfinanzhofs I 267/55 vom 5. Juni 1956, Steuerrechtsprechung in Karteiform, EStG, § 5 Rechtsspruch 207; I 99/56 U vom 4. Dezember 1956, BStBl 1957 III S. 16, Slg. Bd. 64 S. 43; I 118/55 U vom 3. Juli 1956, BStBl 1956 III S. 248, Slg. Bd. 63 S. 133. Bei der Bilanzierung müssen die Verhältnisse des Bilanzstichtages zugrunde gelegt werden. Allgemeine Risiken können nur insoweit berücksichtigt werden, als sie den nach der Marktlage zu bemessenden Teilwert beeinflussen. Nicht die optimistische oder pessimistische Beurteilung der Zukunft durch den einzelnen Kaufmann ist entscheidend, sondern die allgemeine Beurteilung, wie sie in der Marktlage ihren Ausdruck findet. Siehe hierzu auch Entscheidung des Obersten Finanzgerichtshofs I 5/47 vom 17. Juli 1947, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Reichsabgabenordnung, § 174 Rechtsspruch 1 b. Dies gilt auch hinsichtlich der Befürchtung erhöhter künftiger Unkosten. ähnlich wie bei den Pensionsrückstellungen sind sie als Vorgänge der Jahre zu behandeln, in denen sie eintreten.

Auch die lange Laufzeit der Verträge steht der Aktivierung nicht entgegen. Rechtsprechung und Verwaltungsübung haben weniger Bedenken, Ausgaben als Aufwand des Jahres der Verausgabung anzusehen, wenn sich die Unkosten in verhältnismäßig kurzer Zeit ausgleichen und es sich um geringere Beträge handelt. Eine bedeutsame Rolle spielt diese Frage im Rahmen der gesetzlichen Regelung für kurzlebige und geringwertige Wirtschaftsgüter. Zur Frage des Stornos ist der Bundesminister der Finanzen in seiner Stellungnahme der Ansicht, daß die Gefahr der Kündigung bilanzmäßig nur in dem Umfang ihren Niederschlag finden kann, als erfahrungsgemäß Kündigungen zu erwarten sind und aus diesen Kündigungen den Unternehmen ein Verlust droht.

Der Rechtsauffassung des Bundesministers der Finanzen in dieser Frage wird beigepflichtet. Der Möglichkeit der Kündigung durch den Versicherungsnehmer kann bilanzmäßig nur in dem Umfang Rechnung getragen werden, wie es nach den bisher mit Kündigungen gemachten Erfahrungen gerechtfertigt erscheint. Das Prinzip der Vorsicht kann hierbei angemessen beachtet werden.

Des weiteren wird geltend gemacht, die Abschlußkosten seien deshalb nicht bilanzierungsfähig, weil es sich um Vertriebskosten handle. Die Versicherungsgesellschaften produzierten Versicherungsschutz. Ihre Vertreter vermittelten ihnen die Käufer dieses Produktes, indem sie Versicherungsanträge hereinholten. Die Vertreterorganisation der Versicherungsunternehmen sei die Organisation für den Vertrieb von Versicherungsschutz. Die Abschlußprovision an die Vertreter seien die typischen Vertriebskosten in der Versicherungswirtschaft. Es sei wohl zutreffend, daß die Gewährung von Versicherungsschutz keine Ware sei, sie sei aber eine Dienstleistung.

In übereinstimmung mit der Ansicht des Bundesministers der Finanzen wird diesem Einwand nicht gefolgt. Es mag zutreffen, daß es Aufgabe des Versicherungsunternehmens ist, Versicherungsschutz zu schaffen. Aber dieser Versicherungsschutz wird nicht vom Versicherungsunternehmen unmittelbar gewährt, sondern er hat den Abschluß einer großen Anzahl von Versicherungsverträgen zur Voraussetzung. Der Versicherungsbestand und damit die einzelnen Verträge geben dem Versicherungsunternehmen erst die Grundlage, den Versicherungsschutz zu gewähren. Die Versicherten in Verbindung mit dem Versicherungsunternehmen schaffen die Grundlage für den Versicherungsschutz. Im Sinne des Steuerrechtes entstehen Vertriebskosten dort, wo Versicherungsverträge oder ein Versicherungsbestand durch ein Versicherungsunternehmen abgegeben werden, nicht aber beim Abschluß von Versicherungsverträgen. Im übrigen müssen, wie bereits oben ausgeführt, für Versicherungsverträge die allgemeinen Grundsätze der Rechtsprechung für schwebende Verträge angewendet werden.

Des weiteren wird geltend gemacht, der steuerlichen Aktivierung stehe ein handelsrechtliches Verbot entgegen. Das BAV verbiete den Versicherungsunternehmen die Aktivierung. Die Versicherungsunternehmen seien an diese Weisung gebunden.

Auch dieser Einwand kann nicht zum Erfolg führen. Es trifft wohl zu, daß die Steuerbilanz von der Handelsbilanz abhängig ist. Unzutreffend ist es aber, eine gleichartige Abhängigkeit der Handelsbilanz von der Steuerbilanz anzunehmen. Die Beziehungen des Versicherungsunternehmens zum Versicherungsnehmer werden durch die Handelsbilanz bestimmt. Die Aktivierung der Abschlußkosten in der Steuerbilanz zwingt nicht zu entsprechender Aktivierung in der Handelsbilanz. (Siehe auch Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 145/57 U vom 3. Februar 1959, BStBl 1959 III S. 138, Slg. Bd. 68 S. 354.)

Das Steuerrecht weicht verschiedentlich vom Handelsrecht ab, so z. B. bei der Behandlung der Personensteuern und der Bilanzierung des Geschäftswertes. Steuerlich müssen ferner die Mindestansätze, wie sie im § 6 EStG gefordert werden, beachtet werden. Die sich daraus ergebende höhere Steuer ist allerdings ein Unkostenfaktor für das handelsbilanzmäßige Ergebnis. Aber diese Wirkung liegt im Wesen der Steuer begründet. Daß die Bilanzierungsanweisungen des BAV steuerlich nicht binden, hat der Reichsfinanzhof wiederholt ausgesprochen, so in den Entscheidungen I A 147/33 vom 19. September 1933 (RStBl 1933 S. 1203, Slg. Bd. 34 S. 161), I 388/37 vom 4. April 1939 (RStBl 1939 S. 892, Slg. Bd. 46 S. 334), siehe auch Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 99/56 U vom 4. Dezember 1956 (BStBl 1957 III S. 16, Slg. Bd. 64 S. 43) sowie Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 25. Juli 1936 (RStBl 1936 S. 825 unter IV Ziff. 2).

Für die Beurteilung des Problems ist des weiteren die Gewinnbeteiligung der Versicherungsnehmer von Bedeutung. Bei einem erheblichen Teil der Versicherungsunternehmen sind die Versicherten bis zu 95 % am Gewinn beteiligt. Das bedeutet, daß insoweit Rückvergütungen auf die vom Versicherungsnehmer geleisteten Versicherungsbeträge vorgenommen werden, wobei es nicht entscheidend ist, ob die Rückvergütung sofort oder erst nach Ablauf des Vertrages erfolgt. Es tritt die Frage auf, ob für den steuerlich errechneten Mehrgewinn eine Rückstellung gebildet werden kann, die den Rückvergütungsansprüchen der Versicherungsnehmer Rechnung trägt.

Mit dieser Frage haben sich die Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 208/38 vom 29. November 1938 (RStBl 1939 S. 274) und die Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 145/57 U vom 3. Februar 1959 (BStBl 1959 III S. 138, Slg. Bd. 68 S. 354) befaßt. Grundsätzlich ist die Rechtsprechung der Ansicht, daß ein Passivposten für den Rückvergütungsanspruch erst dann in der Bilanz angesetzt werden kann, wenn über den Anspruch des Versicherungsnehmers durch Genehmigung der Handelsbilanz entschieden ist. Die Rechtslage wird also ähnlich wie bei den Warenrückvergütungsansprüchen der Genossen von Verkaufsgenossenschaften angesehen (Urteil des Bundesfinanzhofs I 38/53 U vom 25. August 1953 und Gutachten I D 2/52 S vom 8. September 1953, BStBl 1954 III S. 36, 38, Slg. Bd. 58 S. 320, 329). Im Ergebnis soll bei dieser Rechtsprechung der Ausgleich in der Weise erfolgen, daß der Rückvergütungsanspruch steuerlich dann ausgewiesen werden kann, wenn er auch handelsbilanzmäßig gegeben ist.

Die Zillmerung Im Rahmen des Rechtsproblems spielt die sog. Zillmerung eine wesentliche Rolle.

Das nach dem Versicherungsmathematiker Zillmer (Beiträge zur Theorie der Prämienreserve bei Versicherungsanstalten, Stettin, 1863) benannte Verfahren hängt mit der Bildung der Deckungsrückstellung (Deckungsrücklage, § 65 des Gesetzen über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmungen und Bausparkassen - VAG -; Deckungskapital; Prämienreserve) zusammen. Die Deckungsrückstellung gründet sich auf die Prämienleistungen des Versicherungsnehmers (Gutachten des Reichsfinanzhofs I D 1/20 vom 5. November 1920, Slg. Bd. 3 S. 338, 341 ff.; I D 1/43 vom 26. November 1943, RStBl 1944 S. 171, Slg. Bd. 54 S. 29; Begründung zu Art. I der Verordnung betreffend die änderung des Gesetzes über die privaten Versicherungsunternehmungen vom 29. April 1920, Veröffentlichungen des Reichsaufsichtsamtes für Privatversicherung 1920 S. 129; vgl. auch Falter-Hoffmann im Handwörterbuch des Versicherungswesens, Stichwort "Prämienreserve", Sp. 1619 ff.).

Die Bruttoprämie läßt sich aufteilen in die sog. Nettoprämie und in die Unkostenteile. Nettoprämie ist der Teil der laufend vom Versicherungsnehmer zu erbringenden Leistungen, die sich auf reine Versicherungsleistungen beziehen sollen. Die Nettoprämie kann wieder aufgegliedert werden in die Sparprämie, die der Ansammlung der Deckungsrückstellung dient, und in die Risikoprämie, die das Versicherungsrisiko im Hinblick auf die Deckung der gegenwärtigen Sterblichkeit ausgleichen soll (Koenige-Petersen, Gesetz über die privaten Versicherungsunternehmungen, 3. Aufl., § 11 Rand-Ziff. 2; Berliner-Fromm, Versicherungs- und Bausparkassen-Aufsichtsgesetz, 4. Aufl., § 11 Anm. 8). Die Bruttoprämie umfaßt neben der Nettoprämie die Unkostenteile für die Verwaltung einschließlich der Abschlußkosten (vgl. zur mathematisch errechneten Prämie, Bruck-Möller, Versicherungsvertragsgesetz, 8. Aufl., § 35 Anm. 17 bis 19; Berliner-Fromm, a. a. O., § 11 Anm. 2).

Der Begriff der Deckungsrückstellung ist gesetzlich nicht festgelegt. Er wird in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Lebensversicherungen - ALB - (so die Anm. zu § 5 ALB a. F., Veröffentlichungen des Reichsaufsichtsamtes für Privatversicherung 1932 S. 117, vgl. auch Veröffentlichungen des Reichsaufsichtsamtes für Privatversicherung 1920 S. 130; ähnlich Abschn. III Ziff. 7 der geschäftsplanmäßigen Erklärungen zu den Musterbedingungen für die Lebensversicherung, Veröffentlichungen des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungs- und Bausparwesen 1957 S. 60) wie folgt umschrieben:

"Das Deckungskapital einer Versicherung wird durch verzinsliche Ansammlung eines Teils der für die Versicherung gezahlten Prämien gebildet. Der zur Ansammlung verwendete Teil jeder Prämie ist ebenso wie der Zinsfuß durch den von der Aufsichtsbehörde genehmigten Geschäftsplan der Gesellschaft bestimmt. Der Rest der Prämie dient besonders dazu, die durch Tod fällig werdenden Versicherungssummen zu zahlen und die Kosten der Verwaltung, vor allem die Abschlußkosten, zu decken".

Zur Sicherung der Deckungsrückstellung wird im Deckungsstock, dem der Deckungsrückstellung entsprechenden Aktivposten der Bilanz, ein bestimmtes Vermögen angesammelt. Der Deckungsstock ist gesondert vom anderen Vermögen des Versicherungsunternehmens zu verwalten und der Aufsicht eines besonderen Treuhänders unterstellt. über die im Deckungsstock als einer Art Sondervermögen angesammelten Werte kann das Versicherungsunternehmen nur mit Zustimmung des Treuhänders verfügen (§§ 66 ff. VAG). Deshalb wird die Deckungsrückstellung nicht als Kapital der Versicherungsgesellschaft angesehen, sondern als ein Schuldposten der Versicherung gegenüber dem Versicherungsnehmer (Gutachten des Reichsfinanzhofs I D 1/43, Urteil I 339/36 vom 12. Juli 1938, RStBl 1938 S. 1046, 1048, Slg. Bd. 44 S. 288; Prölss - von der Thüsen, "Die versicherungstechnischen Rückstellungen im Steuerrecht", 2. Aufl., von der Thüsen S. 11, Fischer- von der Thüsen S. 16).

Bei der Zillmermethode dienen die ersten Jahresprämien (erstes bis drittes Jahr) ganz oder teilweise zur Deckung der beim Abschluß der Versicherung entstandenen Kosten; die Bildung der Prämienreserve (Deckungsrückstellung) wird daher verzögert (Begründung zu § 11 VAG, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 10. Legislaturperiode, II. Session 1900 bis 1902, Aktenstück Nr. 5 S. 182). Nach Zahlung der ersten Prämie entsteht bei der gezillmerten Deckungsrückstellung keine oder nur eine geringe Deckungsrückstellung; sie ist auch in den Folgejahren niedriger als eine auf Grund der Nettomethode berechnete Deckungsrückstellung (vgl. dazu Berliner-Fromm, a. a. O., § 11 Anm. 8; Manes, Versicherungswesen Bd. 3 S. 54 ff.; Falter-Hoffmann, a. a. O., Sp. 1624). In den Folgejahren wird der gezillmerten Deckungsrückstellung ein erhöhter Betrag zugeführt, da die vom Versicherungsnehmer dem Versicherungsunternehmen zu erstattenden Abschlußkosten, die in die Prämie einkalkuliert sind, aus den ersten Prämien abgedeckt sind. Die nach der Zillmermethode berechnete Deckungsrückstellung nähert sich der nach der Nettomethode berechneten immer mehr, weil nach Deckung der Abschlußkosten die künftigen Prämieneinnahmen (von Risikoteilen und Verwaltungskosten abgesehen) ganz für die Deckungsrückstellung zur Verfügung stehen (Veröffentlichungen des Reichsaufsichtsamtes für Privatversicherung 1920 S. 131, 1932 S. 138). Bis zum Ablauf der Versicherungsdauer ist die gleiche Deckungsrückstellung wie bei der Nettomethode angesammelt.

über die bilanzmäßige Bedeutung des Zillmervorgangs bestehen zwischen der Versicherungswirtschaft und dem BAV einerseits und der Finanzverwaltung andererseits gewisse Meinungsverschiedenheiten. Die Finanzverwaltung sieht in der Zillmerung eine Aktivierung und Verteilung der Abschlußkosten (Höchstsatz für Zwecke der Zillmerung 35 Promille der Versicherungssumme). Nach Ansicht der Versicherungswirtschaft und des BAV hat der Zillmervorgang die Aufgabe, die Abschlußkosten dem Versicherungsnehmer zu Beginn der Versicherung zu belasten. Das Versicherungsunternehmen habe die Möglichkeit, seine Abschlußkosten aus den ersten Jahresprämien zu decken. Dies sei vertraglich vereinbart, denn die geschäftsplanmäßige gezillmerte Deckungsrückstellung sei die Grundlage für die Errechnung des Rückkaufwertes und der beitragsfreien Versicherungsleistungen. Im Ergebnis handle es sich rechtlich um den gleichen Vorgang, wie er bei den Bausparkassen in Form der Abschlußgebühr für den Bausparvertrag gegeben sei.

Die Ansicht der Versicherungswirtschaft führt zu dem Ergebnis, daß es sich bei der Zillmerung nicht um die Bilanzierung eines Rechnungsabgrenzungspostens handelt, sondern um die bilanzmäßige Behandlung eines obligatorischen Anspruches des Versicherungsunternehmens gegen den Versicherungsnehmer. Der Senat tritt der Ansicht des BAV und der Versicherungswirtschaft bei. Durch die Zillmerung wird dem Anspruch des Versicherungsunternehmens Rechnung getragen. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob der Anspruch des Versicherungsunternehmens mit dem Anspruch des Versicherungsnehmers gegen das Versicherungsunternehmen, der in Form der Deckungsrückstellung bilanzmäßig ausgewiesen wird, in der Bilanz verrechnet wird oder nicht. Der Zillmersatz ist eine Rechnungsgrundlage in der durch § 65 in Verbindung mit § 11 VAG vorgeschriebenen Berechnung der Deckungsrückstellung. Die Deckungsrückstellung muß gemäß § 65 VAG auf Grund des vom BAV genehmigten Geschäftsplanes (§§ 5, 8, 11, 13 VAG) berechnet werden. Der Begriff der geschäftsplanmäßig ermittelten Deckungsrückstellung ist Bestandteil des einzelnen Versicherungsvertrages. Er ist in den §§ 5 Abs. 2, 6 Abs. 3 ALB a. F. (Veröffentlichungen des Reichsaufsichtsamtes für Privatversicherung 1932 S. 117) und in den §§ 4 Abs. 2, 7 und 8 ALB n. F. in Verbindung mit Abschn. III Ziff. 7 der geschäftsplanmäßigen Erklärung zu den Musterbedingungen für die Großlebensversicherung (Veröffentlichungen des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungs- und Bausparwesen 1957 S. 58, 61) enthalten.

Steuerliche Beurteilung der Zillmerung

Man muß unterscheiden zwischen den dem Versicherungsnehmer unmittelbar (durch Zillmerung) in Rechnung gestellten Abschlußkosten - Abschn. B Ziff. XV der Verlust- und Gewinnrechnung - (Anspruch des Versicherungsunternehmens) und den sog. außerrechnungsmäßigen Abschlußkosten - Abschn. B Ziff. VIII der Verlust- und Gewinnrechnung -. Soweit ein Versicherungsunternehmen einen unmittelbaren Ersatzanspruch gegen den Versicherungsnehmer hat, muß dieser Ersatzanspruch nach den allgemeinen Grundsätzen des Steuerrechtes für die Bilanzierung von Ansprüchen behandelt werden. Dies hat zur Folge, daß bei Versicherungsunternehmen, die zillmern, dieser Zillmeranspruch in der Bilanz nicht unter seinem Teilwert angesetzt werden darf.

Nach der Darstellung des BAV und der Versicherungswirtschaft übersteigt der Betrag der unmittelbaren Abschlußkosten im oben dargestellten Sinne in der weit überwiegenden Mehrzahl aller Fälle den Zillmersatz von 35 Promille nicht (vgl. dazu auch Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 388/37 vom 4. April 1939, RStBl 1939 S. 892, 893 zu 3., Slg. Bd. 46 S. 334, 337 f.). Es mag zutreffen, daß der Anspruch des Versicherungsunternehmens auf Grund der Zillmerung und die unmittelbaren Abschlußkosten im oben dargestellten Sinne (Rechnungsabgrenzungsposten) sich inhaltlich nicht voll decken und daß man hieraus Rechtsfolgen herleiten könnte. Der Senat ist aber der Ansicht, daß dort, wo die gesamten unmittelbaren Abschlußkosten (ohne Berücksichtigung, ob ein Erstattungsanspruch besteht oder nicht) nicht über dem Zillmersatz liegen, es den gesetzlichen Bestimmungen genügt, wenn von den Versicherungsunternehmen lediglich der Zillmersatz angesetzt wird. Unwesentliche Schwankungen in den einzelnen Jahren können hierbei außer Betracht bleiben. Dies hat zur Folge, daß ein Versicherungsunternehmen zur Bilanzierung außerrechnungsmäßiger Abschlußkosten dann nicht verpflichtet ist, wenn der Zillmersatz durch die unmittelbaren Abschlußkosten (unter Außerachtlassung des Erstattungsanspruches des Versicherungsnehmers gegen das Versicherungsunternehmen) nicht überschritten wird.

Bei den Erörterungen über das Rechtsproblem ist auch die Frage angeschnitten worden, wie dort zu verfahren ist, wo die Zillmerung im Ergebnis zu einem negativen Deckungskapital führt, also zu einem Betrag, der seiner Natur nach auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesen werden muß. Ausdrücklich sei bemerkt, daß es steuerlich nicht zulässig ist, die negative Deckungsrückstellung auf "Null" zu stellen.

Die Versicherungswirtschaft unterscheidet zwischen rechnungsmäßig gedeckten (Abschn. B Ziff. XV der Verlust- und Gewinnrechnung) und außerrechnungsmäßigen (Abschn. B Ziff. VIII der Verlust- und Gewinnrechnung) Abschlußkosten. Als rechnungsmäßig gedeckt sieht sie die im Rahmen der Zillmerung vom Versicherungsnehmer zu erstattenden Abschlußkosten an. Sie ist somit der Auffassung, daß die Erstattung durch den Versicherungsnehmer im Rahmen der Bruttoprämie, gegebenenfalls in Verbindung mit dem Ausgleichsanspruch nach § 176 Abs. 4 des Versicherungsvertragsgesetzes, wirtschaftlich eine andere Natur hat, als die Erstattung im Rahmen der Zillmerung. Der Senat tritt dieser Auffassung bei. Es ist ein wesentlicher Unterschied, ob der Versicherungsnehmer kurzfristig im Rahmen der Zillmerung erstattet oder ob das Versicherungsunternehmen sich im Rahmen der Bruttoprämie und somit verteilt auf die lange Laufzeit des Versicherungsvertrages wegen seiner Unkosten befriedigt. Es erscheint deshalb gerechtfertigt, soweit die Erstattung nicht im Rahmen der Zillmerung erfolgt, sich grundsätzlich mit dem oben dargestellten transitorischen Posten zu begnügen. Im übrigen dürfte dem Problem insofern keine beachtliche Bedeutung zukommen, als nach Mitteilung des BAV nunmehr alle Versicherungsgesellschaften zur Zillmerung übergegangen sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409606

BStBl III 1960, 191

BFHE 70, 508

BB 1960, 545

DB 1960, 568

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