Entscheidungsstichwort (Thema)

NZB: Zur Zulassung der Revision in Erlaßfällen

 

Leitsatz (NV)

  1. Der Einwand, ein Erlaßantrag (und die Entscheidung hierüber) müsse stets sowohl unter dem Gesichtspunkt des § 163 AO 1977 als auch unter dem des § 227 AO 1977 geprüft werden, umschreibt keinen Zulassungsgrund i.S.d. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Die Frage ist nicht klärungsbedürftig, weil es als gesichert gelten kann, daß die Voraussetzungen in beiden Vorschriften dieselben sind, und nicht klärungsfähig, weil unterschiedliche Verfahren betreffend.
  2. Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage i.S.d. § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO erfordert ein auf den Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur eingehendes Vorbringen.
 

Normenkette

AO 1977 §§ 163, 227; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, Abs. 3 S. 3

 

Gründe

Die Beschwerde ist teils unzulässig, weil sie nicht in der erforderlichen Weise begründet wurde (§ 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), teils unbegründet, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht gegeben sind.

1. Von vornherein unbeachtlich in diesem Verfahren sind nach ständiger Rechtsprechung die Einwände, die allein die Richtigkeit des angefochtenen Urteils betreffen (vgl. Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, § 115 Rz. 58 und 62 f., jeweils m.w.N.). Aus diesem Grunde reicht es zur Darlegung eines Zulassungsgrundes i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht aus, grundsätzliche Bedeutung lediglich zu behaupten (vgl. z.B. Senatsbeschluß vom 2. Dezember 1998 X B 115/98, BFH/NV 1999, 943), zur Bezeichnung der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) nicht, allein die fehlerhafte Anwendung eines vom Bundesfinanzhof (BFH) aufgestellten Rechtssatzes durch das Finanzgericht (FG) zu rügen (s. z.B. BFH-Beschluß vom 21. Januar 1999 XI B 13/98, BFH/NV 1999, 1102; Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 17, m.w.N.).

2. Die Beschwerde ist insoweit jedenfalls unbegründet, als unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung vorgetragen wird, die Prüfung eines aus Billigkeitsgründen gestellten Erlaßantrages dürfe sich --generell-- nicht auf § 227 der Abgabenordnung (AO 1977) beschränken, sondern müsse sich --stets-- auch auf § 163 AO 1977 erstrecken (und umgekehrt). Eine solche Rechtsfrage aber ist weder klärungsbedürftig noch klärungsfähig. Sie stellt sich im Streitfall nicht und bedarf generell keiner Entscheidung, weil einerseits (s. dazu: Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 163 AO 1977, Rz. 80 ff., m.w.N.) die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen der beiden Vorschriften im wesentlichen dieselben sind (so daß die Verneinung der Unbilligkeit nach der einen sachlich notwendigerweise auch für die andere Gültigkeit hätte) und andererseits die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) vorausgesetzte Anspruchskonkurrenz prinzipiell daran scheitert, daß die §§ 163 und 227 AO 1977 jeweils unterschiedlichen, einander ausschließenden Verfahrensabschnitten (der Steuerfestsetzung einerseits und der Steuererhebung andererseits) zugeordnet sind (s. dazu näher: Hübschmann/Hepp/ Spitaler, a.a.O., § 227 AO 1977, Rz. 12 und 20).

3. Was das in der Beschwerdeschrift angeschnittene, mit den Begriffen "unbillig" und "Ermessen" verbundene Rechtsanwendungsproblem betrifft, so hätte es angesichts des aktuellen Meinungsstands (s. dazu Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 227 AO 1977, Rz. 6 ff., und Hübschmann/Hepp/ Spitaler, a.a.O., § 227 AO 1977, Rz. 110 ff., jeweils m.w.N.) einer detaillierten Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung und Literatur bedurft, um (weiteren) Klärungsbedarf darzutun (BFH-Beschluß vom 26. Januar 1999 X B 135/98, BFH/NV 1999, 954, 955). Angesichts der nicht ohne weiteres gegebenen praktischen Bedeutung der Problematik (s. dazu Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 227 AO 1977, Rz. 117 ff.) hätten die Kläger unter dem Gesichtspunkt der Klärungsfähigkeit außerdem aufzeigen müssen, warum hier welche Ansicht zu einem anderen Ergebnis hätte führen können oder müssen. Weder das eine noch das andere ist geschehen, so daß auch insoweit den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht genügt worden ist.

4. Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO schließlich ist mit der bloßen Berufung auf eine BFH-Entscheidung (vom 11. August 1987 VII R 121/84, BFHE 150, 502) nicht in der vom Gesetz (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO) geforderten Weise bezeichnet (s. z.B. BFH-Beschlüsse vom 4. Februar 1999 VIII B 6/98, BFH/NV 1999, 960, und in BFH/NV 1999, 1102).

 

Fundstellen

Haufe-Index 422587

BFH/NV 2000, 301

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