Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschränkung der Revisionszulassung; grundsätzliche Bedeutung, Divergenz

 

Leitsatz (NV)

1. Eine Beschränkung der Revisionszulassung verlangt Klarheit und Ausdrücklichkeit. Auf einzelne rechtliche Grundlagen, die für die Steuerfestsetzung in einem ein Streitjahr betreffenden Einkommensteuerbescheid maßgeblich sind, kann die Zulassung der Revision nicht beschränkt werden (st. Rspr.).

2. Unter welchen Voraussetzungen neben einem Pauschbetrag nach § 33 b EStG ein Abzugsbetrag nach § 33 Abs. 1 EStG wegen mit der Behinderung zusammenhängender Aufwendungen in Anspruch genommen werden kann, ist u. a. durch das Urteil vom 11. Dezember 1987 III R 95/85, BFHE 152, 131, BStBl II 1988, 275 grundsätzlich geklärt.

3. Das Verhältnis von Werbungskosten und krankheitsbedingten außergewöhnlichen Belastungen (§ 33 Abs. 2 Satz 2 EStG) hat der BFH bereits in dem Urteil vom 1. März 1991 III R 66/87 (BFH/NV 1992, 17) erörtert.

 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 1, 2 S. 2, § 33b; FGO § 115 Abs. 1, 3 S. 3

 

Tatbestand

Die mit ihrem 1989 verstorbenen Ehemann zusammenveranlagte Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) machte in ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre Finanzierungskosten als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd geltend. Diese Kosten sind entstanden, um das den Eheleuten gehörende Wohnhaus für den Ehemann der Klägerin, der an den Folgen eines Schlaganfalls litt, behindertengerecht umzubauen (Errichtung eines Bades und Schlafraums im Erdgeschoß, Einbau einer Sprechanlage). Ferner begehrte die Klägerin neben dem Behinderten-Pauschbetrag nach § 33 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) einen Abzugsbetrag nach § 33 EStG wegen der Aufwendungen für die Beschäftigung von Personal zur Pflege ihres Mannes.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) hat in den Streitjahren 1984 bis 1986 die Darlehenszinsen nicht berücksichtigt, weil die Umbaukosten Werbungskosten seien; seit dem Tode des Ehemannes der Klägerin im Streitjahr 1989 seien sie nicht mehr zu berücksichtigen, weil es sich um aus dem Nachlaß zu bestreitende Nachlaßverbindlichkeiten handle. Die Pflegekosten sieht das FA als durch den Behinderten-Pauschbetrag abgegolten an.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen (Entscheidungen der Finanzgerichte -- EFG -- 1995, 1107) und die Revision hinsichtlich des Streitjahrs 1989 zugelassen.

Die Klägerin hat wegen Nichtzulassung der Revision für die Jahre 1984 bis 1989 Beschwerde erhoben, mit der sie Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und grundsätzliche Bedeutung geltend macht.

Sie trägt dazu vor, das Urteil des FG weiche von dem BFH-Urteil vom 11. Dezember 1987 III R 95/85 (BFHE 152, 131, BStBl II 1988, 275) ab. Die Pauschale nach § 33 b EStG diene ausschließlich zur Abgeltung laufender und typischer Kosten; spezielle, nachgewiesene Einzelkosten, die zur Krankheitsbekämpfung aufgewendet würden, seien stets nach § 33 Abs. 1 EStG abziehbar.§

33 Abs. 2 EStG diene lediglich der Klarstellung, daß es sich bei der außergewöhnlichen Belastung nicht um Werbungskosten oder Betriebsausgaben handeln dürfe. Krankheitskosten könnten jedoch weder das eine noch das andere sein.

Schließlich sei von grundsätzlicher Bedeutung, den Stellenwert des Pauschbetrages nach § 33 b EStG zu definieren und die Frage zu klären, ob die theoretische Möglichkeit, daß es sich bei außergewöhnlichen Belastungen um Werbungskosten oder Betriebsausgaben handle, ausreiche, das Verursachungsprinzip im Einkommensteuerrecht zu neutralisieren.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Revision gegen das Urteil des FG zuzulassen, soweit es die Einkommensteuerbescheide 1984 bis 1989 betrifft.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

1. Soweit die Beschwerde die wegen des Einkommensteuerbescheides 1989 ergangene Entscheidung des FG betrifft, fehlt es schon an einer Beschwer. Denn die Beschwerde übersieht, daß die Revision insoweit vom FG zugelassen worden ist. Allerdings ist in der Begründung der Zulassungsentscheidung im letzten Absatz der Entscheidungsgründe -- offenkundig irrtümlich -- das Streitjahr 1987 genannt; das ist indes neben dem eindeutigen Ausspruch zur Revisionszulassung im Tenor ohne entscheidende Bedeutung. Die Zulassung ist auch nicht -- wie die Beschwerde möglicherweise annimmt -- auf den Streitpunkt Aufwendungen für den Hausumbau beschränkt, weil die vom FG insofern für das Streitjahr 1989 angenommene grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache Anlaß für die Zulassung der Revision war. Denn weder ist eine solche Beschränkung in der Zulassungsentscheidung mit der erforderlichen Klarheit und Ausdrücklichkeit zum Ausdruck gebracht (BFH-Urteil vom 13. Dezember 1989 X R 83/88, BFH/NV 1990, 548), noch wäre sie wirksam; auf einzelne rechtliche Grundlagen, die für die Steuerfestsetzung in einem ein Streitjahr betreffenden Einkommensteuerbescheid maßgeblich sind, kann die Zulassung der Revision nicht beschränkt werden (BFH-Urteile vom 28. September 1990 VI R 157/89, BFHE 162, 290, BStBl II 1991, 86, und vom 21. Juni 1994 VI R 16/94, BFH/NV 1995, 216).

2. Hinsichtlich der Entscheidung des FG über die Nichtzulassung der Revision wegen der Einkommensteuerbescheide 1984 bis 1988 genügt die Beschwerde nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

a) Eine Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) ist in der Beschwerdeschrift nicht bezeichnet. Ihr kann allenfalls ein Rechtssatz aus der näher bezeichneten BFH-Entscheidung in BFHE 152, 131, BStBl II 1988, 275 entnommen werden, obwohl es schon insoweit an einer klaren Angabe fehlt, welcher der von der Beschwerde angeführten Rechtssätze in dieser Entscheidung aufgestellt worden sein soll. In jedem Fall fehlt es aber an der genauen Bezeichnung des Rechtssatzes, den das FG in seinem Urteil -- ausdrücklich oder nach dem gedanklichen Zusammenhang der Entscheidungsgründe -- aufgestellt haben soll und der zu jenem Rechtssatz des BFH in Widerspruch steht. Die Darlegungen der Beschwerde, weshalb das Urteil des FG nicht dem Gesetz entspreche, sind nicht geeignet, die eine Zulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO rechtfertigenden Voraussetzungen darzutun; sie könnten allenfalls zur Begründung einer zugelassenen Revision dienen.

b) Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist ebenfalls nicht ausreichend dargelegt. Auch dafür sind die Ausführungen der Beschwerde zu den angeblich vom FG verletzten Rechtsnormen und steuerrechtlichen Grundsätzen nicht geeignet. Wird grundsätzliche Bedeutung geltend gemacht, ist es vielmehr zur Erfüllung der Darlegungsanforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlich, eine Rechtsfrage, die sich auf der Grundlage der vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen in dem angestrebten Revisionsverfahren stellen würde, genau herauszuarbeiten und anzugeben, warum ihre Beantwortung durch den BFH für die Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder die Fortentwicklung des Rechts erforderlich ist, insbesondere ob sie in der Rechtsprechung oder im Schrifttum umstritten ist und welche unterschiedlichen Auffassungen zu ihr ggf. vertreten werden. Solche Darlegungen enthält die Beschwerdeschrift nicht; sie verkennt auch insoweit den rechtssystematischen Unterschied zwischen der Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde und der Begründung einer Revision.

Im übrigen ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen neben einem Pauschbetrag nach § 33 b EStG ein Abzugsbetrag nach § 33 Abs. 1 EStG wegen mit der Behinderung zusammenhängender Aufwendungen in Anspruch genommen werden kann, u. a. durch das von der Beschwerde selbst angeführte Urteil in BFHE 152, 131, BStBl II 1988, 275, grundsätzlich geklärt, ohne daß die Beschwerde aufzeigen würde, welche weiteren rechtlichen Grundsatzfragen bisher noch unbeantwortet geblieben wären und in dem angestrebten Revisionsverfahren geklärt werden könnten. Zu der Frage des in § 33 Abs. 2 Satz 2 EStG geregelten Verhältnisses von Werbungskosten und krankheitsbedingten außergewöhnlichen Belastungen hat der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 1. März 1991 III R 66/87 (BFH/NV 1992, 17) Stellung genommen, ohne daß in der Beschwerdebegründung neue Gesichtspunkte aufgezeigt sind, die eine darüber hinausgehende rechtsgrundsätzliche Klärung erforderlich erscheinen lassen könnten.

Die Entscheidung ergeht im übrigen gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 20. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2236) ohne Angabe von Gründen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421518

BFH/NV 1997, 24

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