Leitsatz (amtlich)

Eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in der Rechtsform einer KG ist nicht vertretungsberechtigt i. S. von Art. 1 Nr. 1 Satz 1 BFH EntlastG.

 

Normenkette

BFH EntlastG Art. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH wegen Gewerbesteuermeßbetrages 1970 abgewiesen. Das Urteil wurde der Prozeßbevollmächtigten, der X-KG, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, am 18. Dezember 1980 durch Postzustellungsurkunde zugestellt. Eine Prozeßvollmacht auf die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft lag im Verfahren vor dem FG vor.

Die Revision wurde unter dem Briefkopf der KG am 15. Januar 1981 eingelegt. Das Schreiben ist in der Wir-Form abgefaßt und mit ".... KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ..... P" unterzeichnet.

Nachdem der Vorsitzende des erkennenden Senats mit Schreiben vom 26 Februar 1981 auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Frage der Vertretungsbefugnis von Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften vor dem BFH hingewiesen hatte, legte Wirtschaftsprüfer Dipl.-Kfm. Dr. P am 17 März 1981 namens der Klägerin Revision ein und beantragte wegen Fristversäumnis Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er trägt zur Begründung vor:

Die Revisionsschrift sei versehentlich auf dem Bogen der KG gefertigt worden, weil diese in der ersten Instanz Prozeßbevollmächtigte der Klägerin gewesen sei. Seine persönliche Bevollmächtigung ergebe sich aus einem Schreiben vom 12. Januar 1981, dessen Vorlage zur Glaubhaftmachung angeboten werde auch im Hinblick auf seine langjährige Betreuung der Klägerin und seine ausführliche Erörterung der Aussichten des Rechtsstreits mit dem Vertreter der Klägerin sei er von seiner persönlichen Bevollmächtigung zur Einlegung der Revision ausgegangen (Glaubhaftmachung: eigene eidesstattliche Versicherung). Sein Versehen erscheine entschuldbar, weil "die Durchführung der organisatorischen Trennung der unterschiedlichen Mandatsverhältnisse" im Hause der X-KG (KG, Sozietät und verschiedene Einzelpraxen) noch nicht zu einer Beanstandung geführt habe. Die normalen Sicherungen, wie die Zuordnung der einzelnen Mandate zu den einzelnen Mandatsträgern im Mandantenverzeichnis und die Ablageverzeichnisse auf den Schriftstücken, könnten in diesem Fall nicht greifen, da ein Mandatswechsel für die Revision vorgesehen gewesen sei (Glaubhaftmachung: Vorlage eines Auszuges aus dem Mandantenverzeichnis).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht zulässig.

1. Vor dem BFH muß sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen (Art. 1 Nr. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs BFH-EntlastG - vom 8. Juli 1975, BGBl I 1861, BStBl I, 932, verlängert durch Gesetz vom 5. August 1980, BGBl I, 1147, BStBl I, 462). Das gilt auch für die Einlegung der Revision (Art. 1 Nr. 1 Satz 2 BFH-EnlastG). Danach sind Steuerberatungsgesellschaften und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften von der Vertretungsbefugnis ausgeschlossen. Der BFH hat dies bisher ausgesprochen für Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft (BFH - Beschluß vom 12. November 1976 III R 14-15/76, BFHE 120, 335, BStBl II 1977, 121; verfassungsrechtlich bestätigt durch Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 7. August 1978 2 BvR 26/77, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1978 S. 420; ferner BFH-Beschlüsse vom 23. November 1978 V B 21/77, BFHE 126, 270, BStBl II 1979,99 und vom 2. August 1979 V R 58/76, BFHE 128, 342, BStBl II 1979, 699), für einen Sparkassenverband (BFH - Beschluß vom 23. November 1978 I R 56/76, BFHE 126, 366, BStBl II 1979, 173) und einen eingetragenen Verein (BFH-Beschluß vom 5. September 1980 VI R 144/80, BFHE 131, 193, BStBl II 1980, 686). Das gleiche gilt für Steuerberatungsgesellschaften und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in der Rechtsform einer Personenhandelsgesellschaft, also auch einer Kommanditgesellschaft. Diese sind zwar keine juristischen Personen, die KG kann aber - ebenso wie die OHG - unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen. Sie kann vor Gericht klagen und verklagt werden (§ 124 i. V. m. § 161 Abs. 2 HGB). Ihr kann auch Vollmacht erteilt werden (vgl. Fischer in Großkommentar Handelsgesetzbuch, 3. Aufl., § 124 Anm. 3; Heymann/Kötter, Handelsgesetzbuch, 21. Aufl., § 124 Anm. 1 Abs. 2, mit weiteren Hinweisen).

Bei dieser Rechtslage muß zwischen dem Auftreten der KG, vertreten durch einen oder mehrere Gesellschafter einerseits und dem Auftreten der Gesellschafter im eigenen Namen andererseits unterschieden werden. Nur wenn die Gesellschafter im eigenen Namen auftreten, können sie - die Zulassung als Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vorausgesetzt - für dritte Personen Revision einlegen. Treten sie als Vertreter der KG auf, handeln sie im Namen einer im Revisionsverfahren nicht vertretungsberechtigten Person. Welcher Fall vorliegt, muß bis zum Ablauf der Revisionsfrist in der für Prozeßhandlungen erforderlichen Deutlichkeit erklärt werden.

Im Streitfall war die KG im Verfahren vor dem FG Prozeßbevollmächtigte der Klägerin. Im Revisionsverfahren ist sie nach dem klaren Inhalt des Revisionsschreibens vom 14. Januar 1981 gleichfalls als Prozeßbevollmächtigte der Klägerin aufgetreten. Das ergibt sich aus dem ihren Namen tragenden Briefkopf des Revisionsschriftsatzes, aus ihrer ausdrücklichen Benennung als Prozeßbevollmächtigte, aus der gewählten Wir-Form und aus der Unterschrift, mit der sich Diplomkaufmann Dr. P als Vertreter der KG ausgewiesen hat. Die Revision der KG kann weder in eine solche des Dr. P umgedeutet noch kann der Mangel der Vertretung durch Erklärungen postulationsfähiger Personen geheilt werden (BFHE 126, 366, BStBl II 1979, 173).

2. Der Klägerin kann auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, da die Einlegung der Revision durch die KG auf einem Verschulden ihres Prozeßvollmächtigten beruht (§ 56 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Der erkennende Senat geht davon aus, daß die vom Klägervertreter in seinem Schriftsatz vom 17. März 1981 vorgetragenen Gründe, die zur Verwendung des Briefkopfes der KG geführt haben, zutreffen. Diese Ausführungen sprechen jedoch für ein Verschulden des Klägervertreters. Wenn der Briefkopf der X-KG deshalb gewählt wurde, weil die KG Prozeßbevollmächtigte im Verfahren vor dem FG gewesen ist, so wurde bei Einlegung der Revision nicht beachtet, daß für das Verfahren vor dem BFH besondere Vertretungsregeln gelten. Diesen Rechtsirrtum muß die Klägerin gegen sich gelten lassen. Dabei ist nicht entscheidend, ob der Klägervertreter selbst möglicherweise zu Recht davon ausgegangen ist, er sei persönlich bevollmächtigt, Revision einzulegen. Um so mehr hätte Veranlassung bestanden, den Widerspruch zwischen persönlicher Bevollmächtigung und dem Inhalt der Revisionsschrift zu erkennen und zu vermeiden. Gerade wenn in einem Haus eine Sozietät und verschiedene Einzelpraxen nebeneinander tätig werden, muß darauf geachet werden, daß im Rechtsverkehr der jeweils richtige Bevollmächtigte auftritt. Den Klägervertreter kann es auch nicht entlasten, daß für die Klägerin ein Mandatswechsel für die Revision vorgesehen war. Dieser Umstand hätte gleichfalls Anlaß zu besonderer Sorgfalt geben müssen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413633

BStBl II 1981, 651

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