Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung; behauptete Verfassungswidrigkeit einer Steuerbefreiung

 

Leitsatz (NV)

Mit der bloßen Behauptung, eine Steuerbefreiungsvorschrift sei verfassungswidrig, weil sie zu eng sei und weitere Tatbestände erfassen müsse, wird eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargelegt.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3; UStG 1980 § 4 Nr. 21

 

Tatbestand

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), ein Rechtsanwalt, lebt seit mehreren Jahren weit überwiegend von seinen Einkünften als selbständig tätiger Klavierlehrer.

In seiner Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr (1990) erklärte er steuerpflichtige Umsätze in Höhe von 39490 DM (netto) und nahm einen Steuerabzugsbetrag gemäß § 19 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 a.F. in Höhe von 2853,08 DM in Anspruch. Er vermerkte in der Erklärung, er halte es für rechtswidrig und für eine grob unbillige Ungleichbehandlung, daß er als Klavierlehrer im Gegensatz zu Musikschulen oder Schullehrern, die nebenher privaten (Nachhilfe-) Unterricht erteilten, Umsatzsteuer abführen solle.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) veranlagte den Kläger erklärungsgemäß bis auf den Steuerabzugsbetrag, den es verweigerte, weil § 19 Abs. 3 UStG 1980 a.F. mit Ablauf des Jahres 1989 weggefallen sei.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Zur Begründung führte es aus: Die Umsätze des Klägers seien nicht nach § 4 Nr. 21 UStG 1980 steuerfrei, weil er nicht die nach Buchst. b der Vorschrift erforderliche Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde vorgelegt habe. Die Streichung des § 19 Abs. 3 UStG 1980 a.F. sei nicht zu beanstanden.

Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger unter Hinweis auf Grundrechtsverletzungen grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie einen Verfahrensmangel geltend.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

1. Die Zulässigkeit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision setzt u.a. voraus, daß einer der in § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) abschließend bezeichneten Zulassungsgründe geltend gemacht wird und daß in der Beschwerdeschrift die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH), von der das Urteil des FG abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).

2. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muß klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar sein. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muß in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert dargelegt werden. Das gilt auch dann, wenn - wie im Streitfall - die grundsätzliche Bedeutung auf einen Verstoß gegen das Grundgesetz (GG) gestützt wird (vgl. BFH-Beschluß vom 14. Dezember 1987 V B 77/87, BFH/NV 1989, 27 unter b).

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift nicht. Der Kläger begründet die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache mit seiner Auffassung, sämtliche nicht gewerbliche Unterrichtstätigkeit auch außerhalb von staatlich anerkannten Schulen müsse grundsätzlich umsatzsteuerfrei sein; er rügt in diesem Zusammenhang, § 4 Nr. 21 UStG 1980 verstoße insbesondere gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Seine Begründung erschöpft sich jedoch im Kern in der bloßen Behauptung der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift. Dies reicht nicht aus (vgl. BFH-Beschluß vom 27. März 1992 III B 547/90, BFHE 168, 17, BStBl II 1992, 842 unter 2c; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Rz. 62 m.w.N.).

Insbesondere fehlen Darlegungen dazu, daß der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit (vgl. dazu z.B. Bundesverfassungsgericht, Beschluß vom 11. Februar 1992 1 BvL 29/87, BVerfGE 85, 238, 244) nicht eingehalten hat (vgl. BFH-Beschluß vom 29. Mai 1991 V B 14/91, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Umsatzsteuergesetz 1980, § 4 Nr. 16, Rechtsspruch 1 unter 4.; Bundesverwaltungsgericht, Beschluß vom 10. Februar 1967 VIII B 1.66, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 448.3, § 7 UStG Nr. 1).

3. Der Kläger bezeichnet auch keinen Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO, indem er rügt, das FG habe sich mit der Frage, ob hier eine Grundrechtsverletzung vorliege, offenbar überhaupt nicht befaßt. Eine Nichtbeachtung oder fehlerhafte Anwendung von Verfahrensvorschriften (vgl. dazu Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 25ff.) ist damit nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen bezeichnet (vgl. dazu Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 65 i.V.m. § 120 Rz. 37ff.).

4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.

 

Fundstellen

BFH/NV 1994, 425

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