Entscheidungsstichwort (Thema)

AdV-Zugangsvoraussetzung; Behandlung der Nutzungsentgelte des Verfügungsberechtigten als VuV-Einkünfte

 

Leitsatz (NV)

1. Nach § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO ist ein Antrag auf AdV an das Gericht nur zulässig (sog. Zugangsvoraussetzung), wenn die Finanzbehörde zuvor einen bei ihr gestellten Aussetzungsantrag abgelehnt hat; auch eine nachträgliche Heilung ist nicht möglich.

2. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass Nutzungsentgelte, die dem Verfügungsberechtigten i.S.d. § 2 Abs. 3 VermG bis zur Klärung des gegen ihn gerichteten Herausgabeanspruchs zufließen, bei ihm als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.S.d. § 21 EStG der Besteuerung unterliegen.

 

Normenkette

EStG § 21; FGO § 69 Abs. 4, § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 116 Abs. 3 S. 3, § 142; VermG § 2 Abs. 3, § 7 Abs. 7; ZPO § 114

 

Tatbestand

I. Die Antragsteller werden als Eheleute zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Antragsgegner (das Finanzamt --FA--) erfasste in den Jahren 1995 und 1997 (Streitjahre) die an den Antragsteller als Verfügungsberechtigten i.S. des § 2 Abs. 3 des Vermögensgesetzes (VermG) gezahlten Nutzungsentgelte abzüglich geschätzter Werbungskosten als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Dagegen wandten sich die Antragsteller im Wesentlichen mit der Begründung, sie hätten bis zur möglichen Rückübertragung das zugeflossene Einkommen nur treuhänderisch verwaltet und entsprechend getrennt vom übrigen Vermögen verwahrt. Erst seit der Klarstellung durch Urteil des zuständigen Landgerichts vom Mai 2003, dass der Herausgabeanspruch des Restitutionsberechtigten wegen verspäteter Geltendmachung erloschen sei, seien die Nutzungsentgelte ihnen rechtlich und wirtschaftlich zuzurechnen und entsprechend --wie geschehen-- steuerlich zu erfassen.

Nach erfolglosem Einspruch wies das Finanzgericht (FG) die Klage als unbegründet ab, weil den Antragstellern die Nutzungsentgelte als Vermieter schon in den Streitjahren zuzurechnen seien. Die Revision gegen sein Urteil hat das FG nicht zugelassen. Dagegen erhoben die Antragsteller beim Bundesfinanzhof (BFH) Nichtzulassungsbeschwerde und stellten unter Verweis darauf Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) nach § 69 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Gleichzeitig beantragten sie unter Hinweis auf ihre schlechten finanziellen Verhältnisse für diese Verfahren Prozesskostenhilfe (PKH). Eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wurde nachgereicht.

 

Entscheidungsgründe

II. Der Antrag auf PKH ist unbegründet.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S. von § 142 FGO i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO); denn die begehrte AdV ist mangels Vorliegen der Zugangsvoraussetzungen nicht zulässig und hinsichtlich der Nichtzulassungsbeschwerde liegen die geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO nicht vor.

1. Der Antrag auf AdV ist bereits unzulässig. Die Zugangsvoraussetzungen des § 69 Abs. 4 FGO sind nicht gegeben.

Nach § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO ist ein Antrag auf AdV an das Gericht nur zulässig, wenn die Finanzbehörde zuvor einen bei ihr gestellten Aussetzungsantrag abgelehnt hat. Bei dieser sog. Zugangsvoraussetzung ist auch eine nachträgliche Heilung nicht möglich (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 16. Dezember 2003 IX B 203/02, BFH/NV 2004, 650, m.w.N.; s.a. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 69 Rz 70).

Nach unbestrittenem Vorbringen wurde ein entsprechender Antrag beim FA nicht gestellt. Auch ein Fall des § 69 Abs. 4 Satz 2 FGO liegt nicht vor, insbesondere hat zum Zeitpunkt der Antragstellung beim BFH die Vollstreckung nicht gedroht; denn die Steuerschuld war zu diesem Zeitpunkt noch nicht fällig. Gegenteilige Gesichtspunkte sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde verspricht keine Aussicht auf Erfolg. Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) liegt nicht vor. Entsprechend ist auch keine Entscheidung zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2  1. Alternative FGO) erforderlich.

Die aufgeworfenen Rechtsfragen zur steuerrechtlichen Behandlung von dem Verfügungsberechtigten i.S. des § 2 Abs. 3 VermG bis zur Klärung des gegen ihn gerichteten Herausgabeanspruchs zugeflossenen Nutzungsentgelten sind durch die BFH-Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteile vom 11. Januar 2005 IX R 50/03, BFHE 209, 83, BStBl II 2005, 456, und IX R 66/03, BFHE 209, 87, BStBl II 2005, 480) geklärt. Danach nutzt allein der Verfügungsberechtigte --und nicht der (potentielle) Restitutionsberechtigte-- das Restitutionsobjekt und ist bis zur Bestandskraft des Rückübertragungsbescheids als Vermieter Träger der Rechte und Pflichten, nur der Verfügungsberechtigte (hier: der Antragsteller) erzielt daher Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.S. des § 21 des Einkommensteuergesetzes (EStG); die Voraussetzungen für die Annahme eines Treuhandverhältnisses liegen nicht vor. Zudem muss man nicht (zivilrechtlicher oder wirtschaftlicher) Eigentümer sein, um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.S. des § 21 Abs. 1 EStG erzielen zu können (vgl. BFH-Urteile vom 6. September 2006 IX R 13/05, BFH/NV 2007,406; vom 19. November 2003 IX R 54/00, BFH/NV 2004, 1079, m.w.N.).

Mit der --der Revision vorbehaltenen-- Rüge der unzutreffenden Gesetzes-/Auslegung setzen die Antragsteller lediglich ihre eigene Ansicht anstelle der des FG und berufen sich auf die materielle Unrichtigkeit des FG-Urteils; die damit geltend gemachte fehlerhafte Rechtsanwendung vermag aber die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 5. März 2007 X B 146/05, BFH/NV 2007, 1125; vom 27. April 2007 VIII B 250/05, BFH/NV 2007, 1675).

3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2017671

BFH/NV 2008, 1489

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