Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerberater als Beistand des beklagten Finanzamts

 

Leitsatz (NV)

Das beklagte FA kann sich vor dem FG der Hilfe eines Steuerberaters als Beistand bedienen, und zwar auch wenn es sich dabei um den früheren, in der Sache des Steuerpflichtigen tätig gewordenen Außenprüfer handelt.

 

Normenkette

FGO § 62 Abs. 2 S. 1; ZPO § 90 Abs. 2

 

Tatbestand

In der mündlichen Verhandlung am 18. Juni 1992 vor dem Finanzgericht (FG) in der Gewinnfeststellungssache 1981 und 1982 der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erschienen für den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt - FA -) ein Bediensteter des FA im Beistand eines ehemaligen Außenprüfers, des früheren Steueramtsrats Sch. Dieser hatte als Prüfer die Außenprüfung bei der Klägerin durchgeführt und ist jetzt als Steuerberater selbständig tätig. Die Klägerin hielt die Mitwirkung des Sch als Beistand des FA für unzulässig.

Das FG lehnte es durch den in der mündlichen Verhandlung verkündeten Beschluß ab, den Steuerberater Sch als Beistand des FA zurückzuweisen. Zur Begründung führte es an, § 62 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebe auch dem FA das Recht, sich eines Beistandes zu bedienen. Das gelte auch ausdrücklich für Steuerberater. Eine Ausnahme davon liege hier nicht vor, insbesondere sei nicht anzunehmen, daß sich das beklagte FA nicht des früheren, in dieser streitigen Sache tätigen Außenprüfers bedienen dürfe.

Mit der Beschwerde macht die Klägerin geltend, das FA habe sich als Behörde vor dem FG eigener Angestellter und eigener Beamter zu bedienen. Darüber hinaus dürfe sie den Rat durch Sachverständige oder Beistände nur einholen, wenn sie hierzu nicht selbst in der Lage sei, z.B. bei der Beurteilung von speziellen technischen oder wissenschaftlichen Fragen.

Wenn ein Fall noch nicht endgültig abgeschlossen oder veranlagt worden sei und der betreffende Mitarbeiter auscheide, müsse das FA die Bearbeitung auf einen anderen Mitarbeiter übertragen. Das FA bringe den Steuerberater Sch durch diese Weiterbeschäftigung in eine standesrechtliche Konfliktsituation, weil er einerseits seine Mandantschaft gegen das beklagte FA vertreten müsse, das sich aber andererseits seines Beistandes gegen Steuerpflichtige bediene und dies honoriere.

Das FA trägt vor, im vorliegenden Fall sei der ehemalige Betriebsprüfer, der den vor dem FG strittigen Sachverhalt selbst über einen längeren Zeitraum geprüft habe, der richtige und effektivste Beistand. Nur diese Auswahl sei gerecht und entspreche dem Grundsatz der Gleichbehandlung. Der Hinweis auf die völlig abstrakte standesrechtiche Konfliktsituation sei unerheblich.

Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin durch den angefochtenen Beschluß selbst beschwert ist und im Hinblick auf das bereits ergangene Urteil im Klageverfahren noch ein Rechtsschutzinteresse besteht. Denn jedenfalls ist die Beschwerde unbegründet. Das FG hat den als Beistand des FA aufgetretenen Steuerberater Sch zu Recht nicht zurückgewiesen.

Gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 FGO können sich Beteiligte durch Bevollmächtigte vertreten lassen und sich in der mündichen Verhandlung eines Beistandes bedienen. Von diesem Recht darf nicht nur der Steuerpflichtige, sondern auch die beklagte Behörde Gebrauch machen (vgl. Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 10. März 1969 GrS 4/68, BFHE 95, 366, BStBl II 1969, 435). Statt sich durch einen Bevollmächtigten vertreten zu lassen, kann sich das beklagte FA auch nur eines Beistandes bedienen. Dabei unterstützt der Beistand den Beteiligten lediglich in der mündlichen Verhandlung (§ 62 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das von dem Beistand in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird (§ 155 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung).

Entsprechend diesen Grundsätzen hat das FG den Steuerberater Sch zu Recht als Beistand des beklagten FA zugelassen. Ihm fehlte weder die Fähigkeit zum geeigneten schriftlichen oder mündlichen Vortrag (§ 62 Abs. 2 Satz 1 FGO) noch leistete er dadurch unbefugt geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen (§ 62 Abs. 2 Satz 2 FGO). Unter diesen Umständen war es allein Sache des beklagten FA, wen es als Beistand benannte. Insbesondere ist nichts dagegen einzuwenden, wenn sich das FA als Beistand des aus dem öffentlichen Dienst ausgeschiedenen Beamten bediente, der in dieser Sache zuvor amtlich, und zwar als Außenprüfer, tätig war und die Verhältnisse der Klägerin genau kannte. Da ehemalige Beamte während einer Zeit von drei Jahren nach dem Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst nicht für Auftraggeber tätig werden dürfen, mit deren Steuerangelegenheiten sie innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Ausscheiden materiell befaßt waren, besteht auch die von der Klägerin aufgezeigte standesrechtliche Konfliktsituation im konkreten Fall nicht. Im übrigen ist es Sache des Beistandes zu entscheiden, ob er für das FA tätig werden will oder nicht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419180

BFH/NV 1994, 715

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