Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung zur Tatbestandsberichtigung -- Begründungserfordernisse

 

Leitsatz (NV)

1. Durch einen Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach §108 Abs. 1 FGO wird die Beschwerde(begründungs)frist des §115 Abs. 3 Sätze 1 und 3 FGO nicht verlängert. -- Soweit sich die Kläger gegen den die beantragte Tatbestandsberichtigung ablehnenden Beschluß des FG wenden, befinden sie sich im falschen Verfahren.

2. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung erfordert ein konkretes Eingehen auf die Rechtsfrage und eine Auseinandersetzung mit den zu dieser Frage vertretenen Auffassungen. Ein zur Ermittlung des Spekulationsgewinns dem Streitfall nachgebildetes Beispiel genügt bei fehlender Schlüssigkeit des Beispiels nicht.

3. Anforderungen an Divergenzrüge

4. Soweit die Kläger das Fehlen von Entscheidungsgründen i. S. des §116 Abs. 1 Nr. 5, §119 Nr. 6 FGO geltend machen, können sie hiermit im NZB-Verfahren nicht gehört werden. Eine Umdeutung der (insoweit unzulässigen) Nichtzulassungsbeschwerde in eine zulassungsfreie Verfahrensrevision kommt nicht in Betracht.

5. Wird als Verfahrensmangel ein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht (§76 Abs. 1 FGO) gerügt, sind für beide Arten der Sachaufklärungsrüge (Beweiserhebung von Amts wegen, übergangener Beweisantrag) u. a. Ausführungen zum voraussichtlichen Beweisergebnis und zur Entscheidungserheblichkeit des geltend gemachten Verfahrensmangels auf der Basis des materiell-rechtlichen Standpunktes des FG erforderlich.

 

Normenkette

FGO § 76 Abs. 1, § 108 Abs. 1-2, § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, Abs. 3 Sätze 1, 3, § 116 Abs. 1 Nr. 5

 

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die Beschwerdebegründung entspricht nicht den Darlegungserfordernissen des §115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

1. Das Vorbringen nach Ablauf der Beschwerdefrist von einem Monat (§115 Abs. 3 Satz 1 FGO) ist unbeachtlich, soweit es sich nicht darauf beschränkt, die innerhalb der Beschwerdefrist abgegebene Begründung zu erläutern, zu ergänzen oder zu vervollständigen (vgl. dazu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, §115 Rz. 51, 55 und 60). Auch durch einen Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach §108 Abs. 1 FGO wird die Beschwerde(begründungs)frist des §115 Abs. 3 Sätze 1 und 3 FGO nicht verlängert (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 11. Dezember 1992 III B 28/91, BFH/NV 1993, 610; vom 1. Juli 1994 III B 96/94, BFH/NV 1995, 51).

2. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend "dargelegt", d. h. nicht substantiiert und schlüssig dargetan, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig erscheint. Dies erfordert ein konkretes Eingehen auf die Rechtsfrage und eine Auseinandersetzung mit den zu dieser Frage vertretenen Auffassungen (vgl. z. B. BFH-Beschlüsse vom 2. Oktober 1996 VIII B 101/95, BFH/NV 1997, 354; vom 4. November 1996 I B 24/95, BFH/NV 1997, 491, sowie vom 15. Oktober 1996 X B 32/96, BFH/NV 1997, 414, je m. w. N.).

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Soweit die Kläger in der Ermittlung des Spekulationsgewinns nach §23 des Einkommensteuergesetzes (EStG) eine "ungerechtfertigte übermäßige steuerliche Belastung des privaten Veräußerers" gegenüber dem betrieblichen Bereich sehen und aus einem dem entschiedenen Fall nachgebildeten Beispiel einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und den der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ableiten, fehlt es insbesondere an der Schlüssigkeit des aufgezeigten Beispiels. Denn hinsichtlich der Frage der Gewinnrealisierung beim Tauschvorgang im betrieblichen Bereich (vgl. dazu im einzelnen Schmidt/Weber-Grellet bzw. Glanegger, Einkommensteuergesetz, §5 Rz. 632f., §6 Rz. 124; Winkeljohann in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, §6 EStG Anm. 325, 331; Werndl in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, §6 Rn. B 69: Aktivierung des erworbenen Wirtschaftsguts mit dem gemeinen Wert/Verkehrswert des hingegebenen Wirtschaftsguts, mithin grundsätzlich einer Gewinnrealisierung in Höhe der Differenz zu dessen Buchwert) ist das dargestellte Beispiel (Bilanzierung des Grundstücks mit den Anschaffungskosten ohne Gewinnauswirkung) unvollständig, wenn nicht unzutreffend, mithin nicht schlüssig. Auch reichen der Hinweis auf fehlende BFH-Rechtsprechung zur "Rechtsfrage der Gewinnberechnung bei einem Spekulationsgeschäft mittels Tausches" sowie die behauptete große Bedeutung "für eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle in der Praxis" zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache, insbesondere deren Klärungsbedürftigkeit, nicht aus (vgl. BFH-Beschluß vom 16. Oktober 1996 II B 35/96, BFH/NV 1997, 193). Ebensowenig wird die grundsätzliche Bedeutung allein mit verfassungsrechtlichen Einwänden dargelegt (vgl. Gräber/Ruban, a. a. O., §115 Rz. 62).

Mangels durchgreifender Verfahrensrügen (s. dazu unter 4. und 5.) ist auch die erforderliche Klärungsfähigkeit im Streitfall nicht ersichtlich.

3. Die Kläger haben die Abweichung des finanzgerichtlichen Urteils von einer Entscheidung des BFH nicht hinreichend "bezeichnet". Hierzu ist darzutun, daß das Finanzgericht (FG) seiner Entscheidung -- zumindest konkludent -- einen tragenden abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der von einem tragenden abstrakten Rechtssatz in einer Entscheidung des BFH abweicht (vgl. BFH-Beschlüsse vom 31. August 1995 I B 62/95, BFH/NV 1996, 226; vom 9. Januar 1996 VII B 171/95, BFH/NV 1996, 612; vom 16. September 1996 VIII B 135--136/95, BFH/NV 1997, 298). An der hierzu erforderlichen Gegenüberstellung der divergierenden Rechtssätze fehlt es im vorliegenden Fall.

4. Soweit die Kläger das Fehlen von Entscheidungsgründen i. S. des §116 Abs. 1 Nr. 5, §119 Nr. 6 FGO geltend machen, können sie hiermit in diesem Verfahren nicht gehört werden. Eine Umdeutung der (insoweit unzulässigen) Nichtzulassungsbeschwerde in eine zulassungsfreie Verfahrensrevision kommt nicht in Betracht (vgl. BFH-Beschlüsse vom 8. November 1996 I B 56/96, BFH/NV 1997, 576; vom 20. November 1996 VIII B 51/96, BFH/NV 1997, 422; Offerhaus in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, §115 FGO Rz. 19, m. w. N.).

5. Weitere Verfahrensmängel haben die Kläger nicht hinreichend "bezeichnet".

a) Wird als Verfahrensmangel ein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht (§76 Abs. 1 FGO) mit der Begründung gerügt, das FG hätte auch ohne entsprechenden Beweisantritt bzw. Sachvortrag von Amts wegen eine Beweiserhebung vornehmen bzw. den Sachverhalt weiter aufklären müssen, oder wird gerügt, das FG habe einen Beweisantrag übergangen, so sind nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. zur unterlassenen, aber gebotenen Amtsermittlung: Beschlüsse vom 21. Juli 1995 V B 37/95, BFH/NV 1996, 55; vom 21. Juni 1996 VIII B 89/95, BFH/NV 1996, 920; vom 19. März 1997 X B 262/96, BFH/NV 1997, 514; sowie zum übergangenen Beweisantrag: Beschlüsse vom 9. Februar 1996 X B 199/95, BFH/NV 1996, 620; vom 2. August 1996 VIII B 74/95, BFH/NV 1997, 133) genaue Angaben bzw. schlüssige Ausführungen zu bestimmten Punkten erforderlich.

Insoweit fehlen für beide Arten der Sachaufklärungsrüge Ausführungen zum voraussichtlichen Beweisergebnis und zur Entscheidungserheblichkeit des geltend gemachten Verfahrensmangels auf der Basis des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG.

b) Die darüber hinaus erhobenen Verfahrensrügen sind ebenfalls nicht ordnungsgemäß, sondern nur pauschal und unspezifiziert erhoben (vgl. zu den Anforderungen im einzelnen BFH-Beschlüsse vom 15. Februar 1995 II B 97/94, BFH/NV 1995, 987; vom 10. Juli 1995 V B 15/95, BFH/NV 1996, 150; vom 12. September 1996 X B 76/96, BFH/NV 1997, 246; vom 7. Oktober 1996 VIII B 138/95, BFH/NV 1997, 412; zur Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs: BFH-Beschlüsse vom 25. April 1995 II B 7/95, BFH/NV 1995, 914; vom 30. August 1996 VIII B 15/95, BFH/NV 1997, 241).

6. Soweit sich die Kläger gegen den die beantragte Tatbestandsberichtigung ablehnenden Beschluß des FG wenden, befinden sie sich im falschen Verfahren (dazu vgl. BFH-Beschlüsse vom 30. November 1993 V B 161/93, BFH/NV 1995, 310; vom 16. Januar 1997 VI B 130/96, BFH/NV 1997, 427; zur Zuständigkeit des FG: BFH- Beschluß vom 6. November 1995 III B 135/95, BFH/NV 1996, 414).

7. Im übrigen ergeht der Beschluß gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66831

BFH/NV 1998, 707

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