Leitsatz (amtlich)

Gewinnanteile, welche ein Kommanditist als Früchte seiner unentgeltlich erworbenen, mit überhöhter Gewinnbeteiligung ausgestatteten Gesellschafterstellung bezieht, unterliegen nicht deshalb gesondert der Schenkungsteuer (neben der Steuer auf den unentgeltlichen Erwerb der Gesellschafterstellung einschließlich der überhöhten Gewinnbeteiligung), weil sie bei der Einkommenbesteuerung teilweise als Einkünfte des Schenkers des Gesellschaftsanteils behandelt worden sind.

 

Normenkette

ErbStG § 3 Abs. 1 Nrn. 1-2

 

Tatbestand

Der Vater des Klägers hatte diesem zum 1. Januar 1956 unentgeltlich die Stellung eines Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft verschafft, an der er selbst als persönlich haftender Gesellschafter mit einer übereinstimmenden Kapital- und Gewinnbeteiligung von 40 v. H. beteiligt blieb. Dem Kläger wurde ein Kapitalkonto von 25 000 DM - ein Zehntel des Wertes aller Kapitalkonten - zugeschrieben und eine Gewinnbeteiligung von 10 v. H. eingeräumt.

Bei der einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus der Kommanditgesellschaft für die Jahre 1956 bis 1961 wurde die Gewinnbeteiligung des Klägers nur mit 5 v. H. des Gesamtgewinns für angemessen erachtet. Die weiteren 5 v. H. wurden dem Vater zugerechnet. Diese Feststellungsbescheide wurden nicht angefochten.

Bei Veranlagung der Schenkungsteuer des Klägers hat das FA (Beklagter) eine Besteuerungsgrundlage von 113 986 DM angenommen und aus dieser 3 775,50 DM Steuer festgesetzt. Dabei ist der Kommanditanteil mit einem Wert von 53 354 DM und sind Gewinnanteile für 1956 bis 1960 mit einem Wert von 60 632 DM angesetzt.

Das FG hat die Schenkungsteuer auf 3 365,55 DM herabgesetzt. Es verneint gesonderte Schenkungen von Gewinnanteilen und hat unter Berücksichtigung des Wertes der überhöhten Gewinnbeteiligung den Wert des geschenkten Kommanditanteils mit 57 754 DM angesetzt.

Mit der Beschwerde begehrt der Beklagte die Zulassung der Revision. Er macht grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend wegen der Frage, "ob eine einkommensteuerlich nicht anerkannte Übergewinnbeteiligung dennoch für die Schenkungsteuer als existent angesehen werden kann".

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Beschwerde des Beklagten ist unbegründet.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Zwar würde die angeschnittene Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berühren, wenn die Antwort zweifelhaft sein könnte. Es kann aber kein Zweifel daran bestehen, daß die "einkommensteuerliche Vorentscheidung" (so der Beklagte) für die schenkungsteuerrechtliche Beurteilung nicht als solche bindet, daß die erbschaftsteuerrechtlichen (schenkungsteuerrechtlichen) Tatbestände des § 3 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 ErbStG "Zuwendungen" im Sinne des bürgerlichen Rechts voraussetzen (§ 516 Abs. 1 BGB, § 3 Abs. 1 Nr. 2, § 14 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG), und daß eine solche Zuwendung durch die einkommensteuerrechtliche Beurteilung (zu dieser vgl. Beschluß des BFH Gr. S. 4/71 vom 29. Mai 1972, BFH 106, 504) nicht erzeugt werden kann. Mit der Ansicht, daß "das Betriebs- und Wohnsitzfinanzamt... den Vertrag über die Geschäftsbeteiligung des Beschwerdegegners faktisch geändert" habe, verkennt der Beklagte die Bedeutung des Steuerrechts und die Stellung der Finanzämter.

Das Gewinnbeteiligungsrecht des Kommanditisten ist Teilinhalt seiner Stellung als Gesellschafter (§§ 167, 120, 121 Abs. 1 und 2 HGB) und von dieser nicht trennbar (Urteil des BFH II 131/63 vom 25. Juni 1969, BFH 96, 416 [419], BStBl II 1969, 653). Die einzelnen Gewinnanteile sind Früchte (§ 99 BGB) dieser Stellung (BFH 96, 420). Der mit dem Anteil an einer Personengesellschaft Beschenkte bezieht sie also kraft seiner bereits zuvor erworbenen Stellung als Gesellschafter und nicht kraft besonderer, neuer Zuwendungen.

§ 12 Nr. 2 EStG ist in diesem Zusammenhang ohne Belang. Denn er ist eine Vorschrift allein des Einkommensteuerrechts. Er erfaßt "freiwillige Zuwendungen" auch dann, "wenn diese Zuwendungen auf einer besonderen Vereinbarung beruhen". Das ist bei laufenden Geldeingängen mit dem schenkungsteuerrechtlichen Begriff der "freigebigen Zuwendung" (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) vereinbar, soweit es um Vereinbarungen geht, welche kein Stammrecht begründen (vgl. Urteil des BFH II 72/63 vom 28. November 1967, BFH 91, 104 [106], BStBl II 1968, 239). Werden in § 12 Nr. 2 EStG auch Früchte eines dem Bezieher bereits zustehenden Stammrechts einbezogen, wäre sein Zuwendungsbegriff aber ein anderer als der des bürgerlichen Rechts. In diesem Falle können für die erbschaftsteuerrechtliche (schenkungsteuerrechtliche) Beurteilung aus § 12 Nr. 2 EStG auch keine mittelbaren (vergleichenden) Schlüsse gezogen werden.

Die Frage, ob die Gewinnbeteiligung des mit einem Kommanditanteil Beschenkten "angemessen" oder "unangemessen" ist, kann in schenkungsteuerrechtlicher Beurteilung demnach nur bei der Schenkung des Kommanditanteils selbst oder bei einer Änderung der Gewinnverteilung auftreten. Dem können § 6 Abs. 1 und 2 STAnpG nicht entgegengesetzt werden. Denn Schenker und Beschenkter haben das, was sie wollten, nämlich die Schenkung eines Kommanditanteils mit kapitalentsprechender - und damit wegen § 164 Satz 1 Halbsatz 1 HGB (verglichen mit § 114 Abs. 1 HGB) "überhöhter" - Gewinnbeteiligung auf dem geraden Weg erreicht. Auch das Steuerrecht erwartet von ihnen nicht, daß sie statt dessen - um eine höhere Schenkungsteuerbelastung zu erreichen - eine Gewinnbeteiligung von 5 v. H. und die Abtretung weiterer 5 v. H. aus den künftigen Gewinnen des Schenkers vereinbaren. Der prozentuale Mehrwert der Gewinnbeteiligung war vielmehr gemäß § 3 BewG entsprechend dem Urteil des BFH II 131/63 vom 25. Juni 1969 (BFH 96, 416, BStBl II 1969, 653) beim Erwerb des Kommanditanteils anzusetzen und ist dabei auch berücksichtigt worden.

Daß der über den Anteil an der Summe der substantiellen Werte hinausgehende Mehrwert der Beteiligung am Gesamtvermögen der Kommanditgesellschaft dabei nicht anzusetzen ist, ist allein eine Folge der in § 23 Abs. 6 ErbStG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 Satz 1 BewG a. F. (§ 109 Abs. 4 Satz 1 BewG 1965), gegebenenfalls noch in § 23 Abs. 2 ErbStG, bewußt getroffenen Entscheidung. Wenn bei Schenkung eines Betriebs an einen Einzelkaufmann die hohe Rendite dieses Betriebs nicht berücksichtigt werden kann, kann sie es gemäß § 23 Abs. 1 ErbStG, § 3 BewG auch nicht bei der Schenkung des Anteils an einer Personengesellschaft, der ein solcher Betrieb gehört. Es steht weder der Verwaltung noch der Rechtsprechung zu, das Gesetz zu Lasten des Steuerpflichtigen zu korrigieren (Art. 20 Abs. 3 GG).

Der Beklagte räumt zwar ein, daß "grundsätzlich die Schenkung der überhöhten Gewinnbeteiligung mit dem Abschluß des ursprünglichen Vertrags... ausgeführt worden ist". Er meint aber, daß "es sich insoweit, als ein Übermaß an Gewinnbeteiligung vorgelegen hat, um auflösend bedingte Erwerbe (§ 5 BewG) gehandelt" habe. Für diese Annahme gibt jedoch das bürgerliche Recht - und auf dieses allein kommt es an - keinen Anhalt. Zwar kann u. U. ein Vertrag unter die Bedingung seiner steuerlichen "Anerkennung" gestellt sein; das ist aber nicht geschehen. In anderen Fällen kann die Erwartung bestimmter steuerlicher Folgen Geschäftsgrundlage des Vertrags gewesen sein; es kann, wenn diese Erwartung trügt, gemäß §§ 157, 242 BGB ein Anspruch auf Anpassung der vertraglichen Vereinbarungen bestehen. Ist das aber nicht der Fall, so deckt sich der "formale Sachverhalt" (so der Beklagte) mit seinem "wirtschaftlichen Gehalt"; der Beschenkte bezieht seine "überhöhten" Gewinnanteile nicht "ohne ausreichende Rechtsgrundlage" und verdankt sie nicht einer neuen Zuwendung des Schenkers. Etwas anderes ist auch dem Urteil des BFH II 282/58 U vom 29. November 1961 (BFH 75, 151, BStBl III 1962, 323) nicht zu entnehmen; dessen Standpunkt ist übrigens in dem Urteil des BFH II 131/63 vom 25. Juni 1969 (BFH 96, 416 [418]; BStBl II 1969, 653) aufgegeben worden.

Die Bemerkung des Beklagten, die Finanzverwaltung räume in solchen Fällen regelmäßig den Beteiligten das Wahlrecht ein, die "handelsrechtliche Gestaltung rückwirkend an die steuerliche anzugleichen, d. h. die überhöhten Gewinnanteile auf das Konto des Schenkers zurückzubuchen", enthält ein unzulässiges Argument. Denn nicht das Gesetz ist am Verhalten der Finanzverwaltung, sondern das Verhalten der Finanzverwaltung am Gesetz zu messen. Zwar mögen hinreichende Gründe bestehen, in dem Zusammenfallen einkommensteuerlicher und schenkungsteuerlicher Belastung bei fehlgegangenen Verträgen eine unbillige Härte im Sinne des § 131 Abs. 1 AO zu sehen. Daraus folgt aber nichts für die Besteuerungstatbestände.

Das Urteil des BFH VI 156/64 U vom 20. August 1965 (BFH 83, 565 [568]; BStBl III 1965, 706) erlaubt nicht den Schluß, den der Beklagte aus ihm ziehen will. Dort ist zwar gesagt, daß wichtige Gründe vorliegen müßten, wenn tatsächliche Vorgänge, die sowohl im Ertragsteuerverfahren als auch im Erbschaftsteuerverfahren von Bedeutung sind, verschieden gewürdigt werden sollen, aber nicht, ohne daß im Satze zuvor ausgesprochen wäre, daß beide Verfahren voneinander unabhängig sind (BFH 83, 567 f.). Beide Sätze leuchten ein. Anders als in dem dort entschiedenen Fall geht es hier aber nicht um tatsächliche Vorgänge und deren tatsächliche oder bürgerlich-rechtliche Würdigung, sondern um die Anwendung unterschiedlicher Steuergesetze auf denselben Sachverhalt. Insofern läßt sich zwar eine die Steuerpflicht eingrenzende Auslegung rechtfertigen, welche eine doppelte Belastung desselben Vorgangs mit Einkommensteuer und mit Erbschaftsteuer zu vermeiden sucht, nicht aber eine erweiternde Auslegung, die zu einer Besteuerung führen würde, ohne daß der Tatbestand erfüllt wäre, an den das Gesetz die Steuerpflicht knüpft.

Entgegen der Ansicht der Beklagten wird daher die Problematik des vorliegenden Falles durch die Rechtsausführungen des Urteils des BFH II 131/63 vom 25. Juni 1969 (BFH 96, 416 BStBl II 1969, 653) erschöpft. Diese zweifelt auch der Beklagte nicht an. Die Rechtssache hat daher keine grundsätzliche Bedeutung. Die mit dem Ziele einer Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO erhobene Beschwerde war daher zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 70147

BStBl II 1973, 14

BFHE 1973, 231

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