Leitsatz (amtlich)

Im Verfahren über die Anpassung der Einkommensteuervorauszahlungen muß das Wohnsitz-FA die voraussichtliche Existenz und Höhe auch solcher Besteuerungsgrundlagen feststellen, für die im Hinblick auf die Festsetzung der Jahreseinkommensteuer eine gesonderte Feststellung vorgeschrieben ist.

 

Normenkette

AO 1977 § 157 Abs. 2, § 179 Abs. 1, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, b; EStG 1975 § 37 Abs. 3 S. 3

 

Tatbestand

Durch Verfügung vom 9. März 1977 setzte der Beklagte, Beschwerdeführer und Antragsgegner (das Finanzamt - FA -) eine nachträgliche Einkommensteuervorauszahlung für den Veranlagungszeitraum 1976 (§ 37 Abs. 3 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes 1975 - EStG 1975 -) und Einkommensteuervorauszahlungen für den Veranlagungszeitraum 1977 zu den gemäß § 37 Abs. 1 EStG 1975 maßgebenden Terminen fest.

Mit Schreiben vom 15. März 1977 beantragte der Kläger, Antragsteller und Beschwerdegegner (Antragsteller), die Vorauszahlung für 1976 niedriger festzusetzen. Durch Verfügung vom 8. Juni 1977 lehnte das FA diesen Antrag ab. Hiergegen legte der Antragsteller Einspruch ein.

In einem weiteren Schreiben vom 15. März 1977 beantragte der Antragsteller, die Einkommensteuervorauszahlungen 1977 auf vierteljährlich je 1 400 DM festzusetzen. Das FA setzte hierauf durch Verfügung vom 13. Juni 1977 die Einkommensteuervorauszahlungen für 1977 mit Wirkung auf 10. März, 10. Juni, 10. September und 10. Dezember 1976 auf je 5 750 DM fest. Gegen diesen Vorauszahlungsbescheid legte der Antragsteller ebenfalls Einspruch ein.

Durch Einspruchsentscheidung ermäßigte das FA die nachträgliche Einkommensteuervorauszahlung für 1976; den Einspruch gegen den die Einkommensteuervorauszahlungen 1977 betreffenden Vorauszahlungsbescheid vom 13. Juni 1977 wies die Behörde zurück.

Der Antragsteller erhob Klage, mit der er beantragte, das FA zu verpflichten, die Einkommensteuervorauszahlungen für 1976 und für I bis IV/1977 auf die in den beiden Schreiben vom 15. März 1977 beantragte Höhe festzusetzen, hilfsweise in entsprechendem Umfange zu stunden. Bereits in den beiden Schreiben vom 15. März 1977 bzw. dem Einspruch vom 15. Juni 1977 habe er dem FA mitgeteilt, die Verlust- und Gewinnrechnungen der Gesellschaften, an deren Verlusten er beteiligt sei, seien bereits im März bzw. April den zuständigen Betriebs-FÄ eingereicht worden. Kopien der Erklärungen, Bilanzen und Listen der Gesellschafter habe er dem beklagten FA vorgelegt. Über die Klage ist noch nicht entschieden.

Nach Klageerhebung hat der Antragsteller beim Finanzgericht (FG) beantragt, die Vollziehung des Einkommensteuervorauszahlungsbescheides IV/1976 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Juli 1977 und die Vollziehung des Einkommensteuervorauszahlungsbescheides I bis IV/1977 vom 13. Juni 1977 auszusetzen.

Durch den vom FA mit der Beschwerde angefochtenen Beschluß hat das FG auf die Dauer des Verfahrens über die Klage die Vollziehung des Einkommensteuervorauszahlungsbescheides IV/1976 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Juli 1977 in Höhe von 8 580 DM und die des Einkommensteuervorauszahlungsbescheides I bis IV/1977 in Höhe von 17 400 DM ausgesetzt.

Im Gegensatz zum Erlaß des Bundesministers der Finanzen (BdF) vom 10. April 1975 - IV B 2 - S 2241 - 35/75/IV B 5 - S 2297-19/75 - (BStBl I 1975, 515) und zum Beschluß des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10. April 1975 I B 7/75 (BFHE 116, 83, BStBl II 1975, 778) seien für die Glaubhaftmachung von Verlustanteilen bei sog. Abschreibungsgesellschaften nicht generell Verlustbescheinigungen der Betriebs-FÄ erforderlich. Die FÄ seien zwar nicht gehindert, für die Entscheidung über die Herabsetzung von Vorauszahlungen im Hinblick auf Verlustbeteiligungen Stellungnahmen der Betriebs-FÄ einzuholen. Ein solches Verfahren möge zweckmäßig sein. Sei vom Betriebs-FA aber keine Auskunft zu erlangen, so habe das Wohnsitz-FA dem Einkommensteuerpflichtigen die Glaubhaftmachung auf andere Weise zu ermöglichen. Im Bereich der Finanzverwaltung bestehende Hindernisse dürften bei der Festsetzung oder Herabsetzung von Vorauszahlungen nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen.

Mit der vom FG zugelassenen Beschwerde beantragt das FA, die Entscheidung des FG im Hinblick auf die Festsetzung der nachträglichen Vorauszahlung für den Veranlagungszeitraum 1976 zu ändern und im Hinblick auf die Festsetzung der Vorauszahlungen für den Veranlagungszeitraum 1977 aufzuheben und den Aussetzungsantrag zurückzuweisen.

Während des Beschwerdeverfahrens hat das FA die festgesetzte nachträgliche Vorauszahlung für 1976 mit Rücksicht auf ihm inzwischen zugegangene Verlustmitteilungen auf 1 940 DM herabgesetzt. Beide Verfahrensbeteiligten haben insoweit erklärt, die Hauptsache im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung sei erledigt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72884

BStBl II 1979, 46

BFHE 1979, 37

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