Leitsatz (amtlich)

Der IV. Senat des BFH ruft den Großen Senat gemäß § 11 Abs. 4 FGO zur Entscheidung folgender Rechtsfrage an: Kann ein Gewerbetreibender Anteile seines Gewerbebetriebs an nicht mitarbeitende Familienangehörige unentgeltlich mit der Wirkung übertragen, daß nach angemessener Abgeltung der Geschäftsführertätigkeit und der Übernahme des Haftungsrisikos durch den persönlich haftenden Gesellschafter die Familienangehörigen entsprechend ihrer Kapitalbeteiligung (als Kommanditisten oder stille Gesellschafter) am betrieblichen Gewinn beteiligt sind, ohne sich in jedem Fall mit einer Verzinsung von etwa 20 bis 25 v. H. ihrer Nominaleinlagen begnügen zu müssen?

 

Normenkette

EStG § 15 Nr. 2

 

Tatbestand

Streitig ist im einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahren 1964 die Angemessenheit der Gewinnverteilung der durch Vertrag vom 27. Januar 1964 gegründeten Familien-KG.

Beteiligt waren als Komplementär der Vater (V), der sein bisheriges Einzelunternehmen zum Buchwert in die neue Gesellschaft einbrachte, wobei er Grundstücke und Gebäude der KG nur zur Nutzung überließ, und vier seiner Kinder, und zwar zwei Kinder (A und B) als Kommanditisten, zwei Kinder (C und D) als atypische stille Gesellschafter.

Der Gesellschaftsvertrag sieht die Bildung von Festkonten, deren Höhe weder durch Einlagen oder Entnahmen noch durch Gewinn oder Verlust berührt werden, und Privatkonten vor.

In der Anfangsbilanz auf den 1. Januar 1964 wurden Festkonten des Vaters mit 800 000 DM und der Kinder mit je 50 000 DM und daneben ein Darlehnskonto des Vaters von 594 507 DM ausgewiesen. Die Einlagen der Kinder wurden durch Umbuchung vom Kapitalkonto des Vaters bei der bisherigen Einzelfirma "schenkungshalber" geleistet, soweit die Guthaben der Kinder auf den Darlehnskonten der bisherigen Einzelfirma nicht ausreichten.

Der Gesellschaftsvertrag sah folgende Gewinnverteilung vor:

Der allein zur Geschäftsführung befugte Komplementär sollte vorab eine jährliche Tätigkeitsvergütung von 60 000 DM erhalten (§ 12 Abs. 2 des Vertrages). Danach sollten ebenfalls vorab die Festeinlagen verzinst werden, und zwar die des Komplementärs mit 7 v. H. und die der Kommanditisten und atypischen stillen Gesellschafter mit 6 v. H. (§ 18 des Vertrages). Auf die neben den Festeinlagekonten geführten Privatkonten sollten 5 v. H. Haben- bzw. Schuldzinsen berechnet werden (§ 19 des Vertrages) und der Restgewinn sollte im Verhältnis der Festeinlagen zueinander verteilt werden (§ 18 Abs. 1 des Vertrages).

1964 betrug der Gewinn der KG 1 208 929 DM. Nach der Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung verteilte er sich

auf V mit 985 856 DM,

auf A mit 55 753 DM,

auf B mit 56 028 DM,

auf C mit 55 630 DM und

auf D mit 55 661 DM.

Im einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheid vom 23. Februar 1966 kürzte das FA die den Kommanditisten und atypischen stillen Gesellschaftern zugeflossenen Gewinnanteile unter Berufung auf das Urteil des BFH IV 335/61 U vom 7. November 1963 (BFH 78, 155, BStBl III 1964, 61) bis auf eine Verzinsung von 20 v. H. der Festeinlagekonten und rechnete im übrigen die Gewinnanteile dem Komplementär zu.

Der Einspruch der KG blieb erfolglos.

Auf die Klage der KG lud das FG die Kommanditisten und atypischen stillen Gesellschafter zum Verfahren bei und stellte die Gewinnverteilung anderweitig, wie folgt, fest:

V 1 034 213 DM,

A 43 664 DM,

B 43 938 DM,

C 43 541 DM,

D 43 572 DM,

Die Vorinstanz ging davon aus, daß die im Gesellschaftsvertrag vom 27. Januar 1964 vorgesehene Gewinnverteilung für das Jahr 1964 nicht angemessen, sondern durch außerbetriebliche Gesichtspunkte bestimmt worden sei. Sie führte aus, der Komplementär habe im Streitjahr als allein zur Geschäftsführung befugter Gesellschafter das Unternehmen geleitet, während die anderen Gesellschafter entweder überhaupt nicht oder nur in geringem Umfang im Betrieb tätig gewesen seien. Unter diesen Umständen sei eine Gewinnverteilung unangemessen und wäre unter Fremden nicht vereinbart worden, bei der sich der Kapitaleinsatz beim Komplementär mit 93,9 v. H. verzinst hätte, bei den neuaufgenommenen Gesellschaftern dagegegen mit 147,1 v. H. (A), 114,6 v. H. (B), 168,6 v. H. (C) und 162,3 v. H. (D). Das FG sah jedoch eine Begrenzung der Gewinnzuweisung an die neueingetretenen Gesellschafter auf 20 v. H. ihrer Festkapitalkonten nicht als erforderlich an. Die Vorinstanz schätzte die unter Fremden angemessen erscheinende Erfolgsverteilung wie folgt: Dem Komplementär sei außer der im Gesellschaftsvertrag vorgegesehenen Tätigkeitsvergütung von jährlich 60 000 DM eine zusätzliche Vorabtantieme von 10 v. H. des Jahresgewinns und eine Risikoprämie von ebenfalls 10 v. H. zuzuweisen. Die Vorwegverzinsung der Festeinlagen sei bei allen Beteiligten gerechtfertigt. Die gesellschaftsvertraglich vereinbarte Verteilung des darüber hinaus verbleibenden Restgewinns nach der Höhe der Festeinlagen stelle ebenfalls eine vertretbare Regelung dar und werde deshalb unverändert für die als angemessen erachtete Gewinnverteilung zugrunde gelegt.

Mit der Revision rügt das FA, die Vorinstanz habe eine unangemessene und unter Fremden nicht übliche Gewinnverteilung vorgenommen. Im vorliegenden Fall könne eine Kapitalverzinsung von höchstens 25 v. H. für die Kommanditisten als angemessen angesehen werden. Es beantragt, folgende Gewinnverteilung als angemessen festzustellen:

1. V

a) Tätigkeitsvergütung 60 000 DM

b) Risikoprämie 120 892 DM

c) Zinsen Festkonto 56 000 DM

d) Zinsen Darlehnskonto 21 012 DM

e) Restgewinn 901 025 DM

insgesamt 1 158 929 DM

2 A 12 500 DM

3. B 12 500 DM

4. C 12 500 DM

5. D 12 500 DM

Gesamtgewinn 1 208 929 DM

Die KG beantragt, die Revision zurückzuweisen. In der mündlichen Verhandlung führten die Vertreter der KG aus, die Bezüge des persönlich haftenden Gesellschafters in Höhe von 301 786 DM für die Führung der Geschäfte und für das Risiko der persönlichen Haftung seien auch im Vergleich zu anderen persönlich haftenden Gesellschaftern durchaus angemessen, so daß er nicht noch - im Hinblick auf einen fremden Dritten - einen Teil des "Restgewinns" für seine Tätigkeit im Interesse der Gesellschaft beanspruchen könne. Auch ein fremder Dritter als persönlich haftender Gesellschafter ohne Kapitalbeteiligung habe neben einer angemessenen Dotierung seiner Tätigkeit für die Gesellschaft keinen Anspruch auf einen Ertrag aus dem Restgewinn ("Differentialrente"; Konjunkturgewinn; Übergewinn); denn dieser entspringe dem "Goodwill" des Unternehmens, wie er gerade Anteilen an Familiengesellschaften eigen sei und zu einer im Vergleich zur Einlage hohen Rendite führe. Solch ein "ungeklärter" Rest des Gewinns fließe auch aus dem einem nicht tätigen Gesellschafter zugewendeten Kapitalanteil, denn dieser Goodwill sei essentieller und immanenter Bestandteil eines jeden der für das Unternehmen gebildeten Anteile. Das gelte auch dann, wenn einem nicht tätigen Familienangehörigen ein Anteil schenkweise mit dem Willen übertragen worden sei, ihm den vollen, dem Anteil anhaftenden Ertrag abzugeben. Mit dem Anteil an einem Personenunternehmen werde nicht ein Geldbetrag von z. B. 50 000 DM geschenkt, sondern eine Beteiligung, deren Wert weit über dem Nennbetrag liege, wenn ihr ein Goodwill eigen sei. Der Wille des Schenkers gehe auf die unentgeltliche Überlassung auch dieses Wertes. Die sich daraus ergebende Differentialrente sei auch unter Lebenden verschenkbar, denn der verschenkte Anteil werde durch die Abspaltung nicht weniger wert, und zwar sowohl im Verhältnis der Beteiligungen untereinander als auch im Verhältnis zum Unternehmen selbst.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Entscheidung hängt von der Beantwortung der im Tenor formulierten Rechtsfrage ab.

Nach ständiger Rechtsprechung der drei Ertragsteuersenate des BFH muß die Gewinnverteilung innerhalb einer Familiengesellschaft (KG und stille Gesellschaft) so geregelt sein, daß sie der Kapitaleinlage und der Tätigkeit des einzelnen Gesellschafters innerhalb der Gesellschaft in angemessener Weise Rechnung trägt. Sie muß wirtschaftlich angemessen sein und darf nicht in offenbarem Mißverhältnis zu der Beteiligung und Mitarbeit der einzelnen Gesellschafter stehen. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist ein Abweichen von der erklärten Gewinnverteilung zulässig, wenn die Bedenken gegen diese Gewinnverteilung zu einer wesentlich anderen Verteilung des Gewinns führen (vgl. BFH-Urteile I 259/60 U vom 31. Januar 1961, BFH 72, 428, BStBl III 1961, 158; IV 421/62 U vom 25. Juli 1963, BFH 78, 3 BStBl III 1964, 3; VI 339/61 U vom 13. Dezember 1963, BFH 78, 402, BStBl III 1964, 156; VI 296/62 U vom 26. Juni 1964, BFH 80, 402, BStBl III 1964, 619; IV 162/63 vom 8. Juni 1967, BFH 89, 235, BStBl III 1967, 598; IV R 139/67 vom 15. November 1967, BFH 90, 399, BStBl II 1968, 152; VI R 279/66 vom 25. April 1968, BFH 93, 130; BStBl II 1968, 741; I R 188/67 vom 9. Juli 1969, BFH 96, 397, BStBl II 1969, 690; IV R 134/70 vom 15. Oktober 1970, BFH 101, 229, BStBl II 1971, 262).

In Erweiterung dieses Grundsatzes hat der IV. Senat in seinem Urteil IV 335/61 U vom 7. November 1963 (BFH 78, 155, BStBl III 1964, 61) ausgeführt, daß die Gewinnbeteiligung eines am väterlichen Unternehmen als stiller Gesellschafter beteiligten und nicht mitarbeitenden Kindes steuerlich in der Regel nur in Höhe der Verzinsung der Kapitaleinlage anerkannt werden könne, wobei eine Verzinsung von 20 v. H. der Einlage als angemessen angesehen werde. Diese Regel wurde in den Urteilen IV 139/67 vom 15. November 1967 (a. a. O.) und IV R 134/70 vom 15. Oktober 1970 (a. a. O.) unter Hinweis auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise (§ 1 Abs. 2 StAnpG) aufrechterhalten und auch auf nicht mitarbeitende Familienangehörige als Kommanditisten ausgedehnt. Der Senat führte aus, eine der bürgerlich-rechtlichen Regelung entsprechende steuerliche Anerkennung verbiete sich, wenn eine entsprechende Regelung unter Fremden nicht vorgenommen worden wäre. Es gehe nicht um die Frage, was mit einem Anteil, der auf einen Familienangehörigen übertragen worden sei, unter Fremden geschehe, sondern darum, wie unter Fremden die aus der Beteiligung fließenden Einkünfte gestaltet worden wären, zumal wenn der Fremde nicht benötigtes Geld in die Gesellschaft einbringe und sonst keinerlei Leistungen für deren Betrieb bewirke. Fremden würde niemals ein Gewinnanteil eingeräumt werden, der ein mehrfaches der nominellen Einlage betrage.

Folgte man dieser Rechtsprechung, so wäre dem Revisionsantrag des FA ohne weiteres stattzugeben, da es sogar einer 25 %igen Verzinsung der Festkonten zustimmen will. Folgte man dagegen dem FG, das hinsichtlich der Frage der Angemessenheit der Gewinnverteilung nicht von einer Verzinsung der Festkonten ausgegangen ist, sondern die Auffassung vertreten hat, daß der nach Abzug einer angemessenen Vorabvergütung für den Komplementär verbleibende Restgewinn nach dem Verhältnis der Kapitalanteile zu verteilen sei, auch wenn sich dabei eine mehr als 20 %ige Verzinsung ergäbe, so würde man einer Gewinnzuteilung an die Kinder zustimmen müssen, die jedenfalls höher sein müßte als die vom FA anerkannte. Der Senat stimmt der Rechtsauffassung des FG zu.

Er hält allerdings daran fest, daß bei der unentgeltlichen Übertragung eines Gewinnanteils an Familienangehörige die verabredete Gewinnverteilung überprüft und unter gewissen Umständen für Zwecke der Besteuerung abgeändert werden kann.

In dieser Hinsicht hat sich im Schrifttum erhebliche Kritik an der Rechtsprechung des BFH erhoben (vgl. statt vieler Böttcher-Beinert, DB 1965, 373). Diese wendet insbesondere ein, es sei inkonsequent, wenn die Rechtsprechung (vgl. die BFH-Urteile IV 246/50 S vom 22. August 1951, BFH 55, 449, BStBl III 1951, 181; IV R 134/70) grundsätzlich die unentgeltliche Aufnahme von Familienangehörigen in ein Unternehmen anerkenne, sie indessen die anläßlich dieser unentgeltlichen Aufnahme vereinbarte Gewinnverteilung unter den genannten Umständen korrigieren wolle; für eine solche Korrektur fehle es an einer gesetzlichen Grundlage.

Insofern vermag der Senat den Kritikern nicht zu folgen. Denn bei der unentgeltlichen Einräumung einer Gesellschafterstellung, mag sie nun in der Schenkung eines Geldbetrages zum Zwecke der Einlage in ein bestehendes Unternehmen unter gleichzeitigem Abschluß eines Gesellschaftsvertrages oder in der Schenkung eines bereits vorhandenen Anteils bestehen, entäußert sich der Schenker einer Einkunftsquelle mit allen steuerrechtlichen Folgen (vgl. das Urteil des Senats IV R 139/67). Einer solchen Schenkung kann, wenn sie ernst gemeint ist und durchgeführt wird, nicht deshalb die Anerkennung versagt werden, weil sie einem nahen Angehörigen gemacht wird. Die Früchte, die aus einer solchen Einkunftsquelle hinfort fließen, sind nunmehr dem Beschenkten zuzurechnen. Es kann insofern nichts anderes gelten, als wenn ein Haus mit der darin ruhenden Möglichkeit, Mieterträge zu erzielen, verschenkt wäre oder ein Nießbrauch mit der auf Grund des Nießbrauchs bestehenden Möglichkeit, Erträge zu ziehen (vgl. das BFH-Urteil VI 124/65 vom 6. Juli 1966, BFH 86, 578, BStBl III 1966, 584). Das gilt indessen nur, soweit der Ertrag des Anteils (der Gewinn) unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Gegebenheiten tatsächlich als Frucht der verschenkten Einkunftsquelle anzusehen ist. Und das ist nur insoweit der Fall, als die Möglichkeit der Fruchtziehung dem verschenkten Gegenstand - hier also dem Anteil - immanent ist. Würde z. B. ein Hälfteanteil an einem Wohngrundstück verschenkt, aber dem Beschenkten gleichzeitig das Recht eingeräumt, die vollen Mieteinkünfte aus dem ganzen Wohngebäude zu ziehen, so wäre nicht die ganze Einkunftsquelle verschenkt, sondern würde jeweils die Hälfte der gezogenen Einkünfte verschenkt, die einkommensteuerrechtlich (nach § 12 Nr. 2 EStG) dem Schenker zuzurechnen wären. Wird ein Anteil an einer Gesellschaft verschenkt, so sind entsprechend auch die aus dem Anteil seinem wirtschaftlichen Gewicht gemäß fließenden Gewinne dem Beschenkten zuzurechnen, nicht dagegen solche Gewinne, die an sich einem Anderen Anteilsinhaber zustünden, der indessen aus außerbetrieblichen Gründen über sie verfügt und damit die seiner Einkunftsquelle zuzuordnenden Einkünfte verwendet.

Andererseits aber ergibt sich aus dieser Betrachtung, daß das Problem, was der einer Unternehmensbeteiligung immanente oder adäquate Anteil am Gewinn sei, nicht mit der bisherigen Rechtsprechung des Senats schematisch so gelöst werden kann, daß nur eine 20 %ige Verzinsung des Festkapitals anerkannt wird, die wegen der notwendig gewinnbezogenen Beteiligung eines stillen Gesellschafters bei der stillen Gesellschaft ohnehin nicht möglich wäre (vgl. die BFH-Urteile I R 188/67 und IV R 178/68 vom 22. Januar 1970, BFH 98, 405, BStBl II 1970, 416). Es ist vielmehr zu prüfen, welche Gewinnverteilung unter Fremden, also unter Ausschaltung betriebsfremder Erwägungen, verabredet worden wäre. Dabei muß vom derzeitigen Stand des Unternehmens ausgegangen werden, denn in dieses derzeitige Unternehmen wollte der Schenker den Angehörigen unter nicht gewinnrealisierender Übertragung (BFH-Urteil IV 574/53 U vom 9. September 1954, BFH 59, 275, BStBl III 1954, 317) eines gesamthänderisch gebundenen Anteils am Unternehmen auf diesen aufnehmen. Es kann also - entgegen dem Urteil des Senats IV R 134/70 - nicht von Bedeutung sein, ob der aufgenommene Angehörige nicht benötigtes Geld in die Gesellschaft eingebracht hat, weil diese ohnehin einen hohen Ertrag erbringt, oder aber ob Kapital gerade dringend benötigt wird. Derartige an der Ertragslage des Unternehmens orientierte Erwägungen können nur bei der auf vermögensrechtlichem Gebiet liegenden Frage eine Rolle spielen, was dem Angehörigen, dem ein Nominalbetrag vom Kapitalkonto des Schenkers gutgeschrieben wurde, in Wirklichkeit (als wahrer Wert dieser nominalen Beteiligung) zugewendet wurde und was also auf dem Gebiet der Schenkungsteuer zu berücksichtigen wäre. Hätte ein Fremder einen gleich hohen Anteil erwerben wollen, so hätte er hierfür nicht den Nominalbetrag, sondern den wahren Wert des Anteils vergüten müssen. Wäre ihm - und insoweit kann unter Familienangehörigen keine andere Beurteilung Platz greifen - aber aus irgendwelchen liberalen Erwägungen ein nominaler Anteil schenkweise zugewendet worden, so stünde ihm auch der diesem Anteil adäquate Anteil am Gewinn zu.

Mit Bezug auf die Frage der Angemessenheit des Gewinnanteils wäre nach Ansicht des Senats im vorliegenden Falle nicht zu beanstanden, daß nach Ausscheidung eines Vorweggewinns für die Tätigkeit des Komplementärs und die Übernahme des Haftungsrisikos durch ihn und nach einer Verzinsung der Festkonten und der Darlehnskonten der dann noch verbleibende Gewinn nach den Anteilen am Festkapital aufgeteilt wird.

Diese Art, den angemessenen Gewinn zu ermitteln, hat der VI. Senat des BFH, ohne ausdrücklich von der bisherigen Rechtsprechung des IV. Senats (bloße Verzinsung der nominalen Kapitalanteile) abzurücken, in dem unveröffentlichten Urteil VI R 332/66 vom 21. August 1970 in der Tat angewendet, so daß der IV. Senat - hätte er bei seiner früheren Rechtsprechung verbleiben wollen - den Großen Senat wegen Divergenz (§ 11 Abs. 3 FGO) hätte anrufen müssen. Da der IV. Senat indessen seine Rechtsprechung aufzugeben beabsichtigt, kommt eine Anrufung des Großen Senats nach § 11 Abs. 3 FGO nicht in Betracht. Sogenannte S-Urteile oder nach dem 1. Januar 1966 ergangene Urteile anderer Senate, die den Senat an einer Änderung der Rechtsprechung ohne Anrufung des Großen Senats hindern könnten, weil sie sich auf die Begrenzung des Gewinns auf eine 20 %ige Kapitalverzinsung festgelegt hätten, sind nicht bekanntgeworden, so daß auch aus diesem Grunde eine Divergenzanrufung ausscheidet.

Der Senat ist indessen der Ansicht, daß die Frage, die in einer Vielzahl von Fällen praktisch werden wird, grundsätzliche Bedeutung hat und daß ferner eine Entscheidung des Großen Senats zur Fortbildung des Rechts (§ 11 Abs. 4 FGO) erforderlich ist, weil die Verwaltung (Abschn. 138 Abs. 2 EStR 1969) sowie die Praxis in einzelnen Oberfinanzdirektions-Bezirken (vgl. BFH-Urteil IV R 134/70 vom 15. Oktober 1970, BFH 101, 229, BStBl II 1971, 262) die Rechtsprechung des IV. Senats übernommen hat, nach der die Gewinnbeteiligung naher Familienangehöriger in einer Familiengesellschaft auf 20 v. H. des Nominalanteils beschränkt werden soll, während in der Literatur vielfach gegen diese Grundsätze Einwendungen erhoben wurden.

Anmerkung: Die Zahlen entsprechen zum Teil nicht den wirklichen Zahlen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 69230

BStBl II 1971, 557

BFHE 1971, 279

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