Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtliche Bedeutung der Auskünfte des Bundesamts für Finanzen

 

Leitsatz (NV)

  1. Die Auskünfte des Bundesamts für Finanzen beruhen auf der Sammlung von Tatsachen. Sie sind als solche zu würdigen. Unmittelbare Rechtswirkungen kommen ihnen nicht zu.
  2. Die Benennung einer ausländischen Gesellschaft, die lediglich zur Entgegennahme von Geldern zwischengeschaltet wurde, entspricht nicht einer ordnungsgemäßen Empfängerbenennung i.S. des § 160 AO 1977.
 

Normenkette

AO 1977 § 160

 

Gründe

1. Soweit die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) Nichtzulassungsbeschwerde für das Streitjahr 1993 eingelegt hat, ist diese mangels Begründung unzulässig. Gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) muss in der Beschwerdeschrift die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH), von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden. Fehlt es ―wie im Streitfall für das Streitjahr 1993― an jeglicher Begründung, ist die Beschwerde schon aus diesem Grund unzulässig.

2. Betreffend die Streitjahre 1991 und 1992 ist die Nichtzulassungsbeschwerde teils mangels formgerechter Begründung unzulässig, teils unbegründet, so dass sie insoweit insgesamt als unbegründet zurückzuweisen ist.

a) Soweit die Klägerin höchstrichterlich geklärt wissen will, ob Auskünfte des Bundesamts für Finanzen (BfF) "Aussagekraft wie ein Grundbuchauszug" oder "nur die Vermutung der Richtigkeit haben bzw. nur dann die Vermutung der Richtigkeit haben, wenn nachprüfbare Quellenangaben vorhanden sind oder ihnen lediglich Indizfunktion zukommt", ist die Nichtzulassungsbeschwerde mangels Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage unbegründet.

Eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des BFH nur in Betracht wegen einer klärungsbedürftigen und klärungsfähigen Rechtsfrage (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 10. Dezember 1998 XI B 54/98, BFH/NV 1999, 664; vom 16. September 1998 VI B 155/98, BFH/NV 1999, 457). An der Zulässigkeitsvoraussetzung der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn sich die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt oder bereits durch eine Entscheidung des BFH geklärt worden ist (vgl. z.B. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rdnr. 9, m.w.N.).

aa) Die in der von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfrage mittelbar enthaltene Vorfrage, ob die Finanzgerichte (FG) auf Auskünfte des BfF zurückgreifen dürfen, hat der BFH bereits wiederholt bejaht (vgl. BFH-Beschluss vom 25. August 1996 IV B 76/86, BFH/NV 1997, 13; BFH-Urteile vom 6. März 1981 IV R 94/78, BFHE 133, 379, BStBl II 1981, 658; vom 30. August 1995 I R 126/94, BFH/NV 1996, 267). Sie ist mithin geklärt. Gründe, die eine erneute Klärung notwendig machen könnten, hat die Klägerin nicht dargelegt.

bb) Den bezeichneten Entscheidungen lässt sich ferner mit ausreichender Klarheit entnehmen, dass es sich bei den Auskünften des BfF um "Erkenntnisse" handelt, die dieses aufgrund der Sammlung und Auswertung von Unterlagen über steuerliche Auslandsbeziehungen (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 6 des Finanzverwaltungsgesetzes) erworben hat. Es handelt sich folglich um die Sammlung von Feststellungen tatsächlicher Art. Diese beruhen zum Teil auf amtlichen Nachschlagewerken (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 16. September 1993 IV B 50/93, BFH/NV 1994, 449) oder auf Anfragen/Informationen von Finanzämtern o.Ä. Dies hätte die Klägerin auch den im Klageverfahren vorliegenden Unterlagen (blauer Halbhefter; vgl. FG-Urteil S. 3 unten) entnehmen können.

Unrichtige Tatsachenfeststellungen können durch Richtigstellung, ggf. entsprechenden Nachweis widerlegt werden. Damit ist geklärt, dass die vom BfF mitgeteilten Erkenntnisse zwar faktische Bedeutung erlangen, ihnen aber unmittelbar keine Rechtswirkungen zukommen. Vielmehr hat das FG die Erkenntnisse des BfF in gleicher Weise in tatsächlicher Hinsicht zu würdigen, wie die Angaben und Erkenntnisse der Steuerpflichtigen. Davon ist im Übrigen auch die Vorinstanz ausgegangen. Wenn es den Angaben der Person, die den Kontakt zwischen der Klägerin und der Schweizer Gesellschaft hergestellt hat, "keinerlei Beweiswert" (vgl. Urteil S. 7) beimisst, wird deutlich, dass es auch die Angaben des BfF wie Tatsachenfeststellungen behandelt hat. Nur Tatsachen können widerlegt oder bewiesen werden.

b) Soweit die Klägerin Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO rügt, ist die Nichtzulassungsbeschwerde mangels formgerechter Darlegung der Abweichung unzulässig.

Nach übereinstimmender Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte muss der Beschwerdeführer insoweit dartun, dass das vorinstanzliche Gericht seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit einem näher bezeichneten abstrakten Rechtssatz der Rechtsprechung des Revisionsgerichts nicht übereinstimmt. Eine Abweichung ist dann nicht ordnungsgemäß bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer lediglich geltend macht, das FG habe einen vom Revisionsgericht aufgestellten abstrakten Rechtssatz unzutreffend ausgelegt oder fehlerhaft auf den Streitfall angewendet (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rdnr. 63, m.w.N.).

Die Ausführungen der Klägerin in der Beschwerde beschränken sich inhaltlich darauf, die Nichtbeachtung der Rechtsprechungsgrundsätze des BFH im Urteil vom 13. März 1985 I R 7/81 (BFHE 145, 502, BStBl II 1986, 318) durch das FG zu rügen. Das reicht nicht aus. Im Übrigen hat der BFH in der bezeichneten Entscheidung keinen Rechtssatz dahingehend aufgestellt, wonach Zahlungen an eine in der Schweiz ansässige Gesellschaft stets anzuerkennen seien, weil die Schweizer Gesellschaft nicht der deutschen Steuerpflicht unterliege. Es entspricht vielmehr nunmehr ständiger Rechtsprechung, dass die Benennung einer ausländischen Gesellschaft, die lediglich zur Entgegennahme von Zahlungen zwischengeschaltet wurde, den Anforderungen einer ordnungsmäßigen Empfängerbenennung i.S. des § 160 der Abgabenordnung (AO 1977) nicht genügt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 10. November 1998 I R 108/97, BFHE 187, 211, BStBl II 1999, 121). Im Übrigen hat es die Klägerin selbst für möglich gehalten, dass die von ihr für das Gutachten (Markt- und Standortanalyse mit Wirtschaftlichkeitsberechnung für ein Tenniscenter am Sitz der Klägerin) gezahlten Beträge an Inländer geflossen sind.

Soweit die Klägerin Divergenz zur Entscheidung des erkennenden Senats in BFHE 187, 211, BStBl II 1999, 121 rügt, weil das FG ihr keine Möglichkeit gegeben habe darzulegen, dass die ausländische Gesellschaft neben dem Firmen- und Verwaltungssitz auch einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb unterhalten habe, entspricht dies nicht den Tatsachen. Das FG hat die eigenen Erkenntnisse der Klägerin nicht zurückgewiesen. Es hat ihnen nur keinerlei Beweiswert zugemessen. Seiner Entscheidung ist zwar nicht zu entnehmen, aus welchen Gründen es in seinem Urteil nicht auf das von der Klägerin in Auftrag gegebene Gutachten einer Detektei eingegangen ist. Eine Divergenz zu der bezeichneten Entscheidung lässt sich hieraus aber nicht ableiten. Einen Verfahrensmangel (mögliche Verletzung des § 96 Abs. 1 FGO) hat die Klägerin insoweit nicht geltend gemacht. Von Amts wegen kann ein solcher Verstoß ―sollte er vorliegen― nicht berücksichtigt werden.

c) Soweit die Klägerin Verletzung des § 76 FGO rügt, fehlt es an einer ordnungsmäßigen Darstellung des behaupteten Verfahrensfehlers.

Sollte die Klägerin insoweit rügen wollen, dass das FG die von ihr angebotenen Beweise nicht erhoben hat, so hätte sie das Beweisthema und den Schriftsatz ―mit Seitenzahl―, in dem der Beweisantritt erfolgt sein soll, genau bezeichnen müssen. Ferner wäre anzugeben gewesen, was das Ergebnis der Beweisaufnahme erbracht hätte und weshalb das angefochtene Urteil auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann.

Wird mangelnde Sachaufklärung mit der Begründung gerügt, das FG hätte auch ohne Beweisantritt von Amts wegen aufklären müssen (hier: Erkenntnisquellen des BfF), so ist für eine ordnungsmäßige Verfahrensrüge die genaue Angabe des Beweismittels erforderlich, die das FG nicht erhoben hat, deren Erhebung sich ihm aber ohne besonderen Antrag als noch erforderlich hätte aufdrängen müssen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 9. Januar 1990 VII B 111/89, BFH/NV 1990, 715; vom 8. Juli 1992 II B 66/92, BFH/NV 1993, 181; vom 18. Juli 1994 III B 63/94, BFH/NV 1995, 139). Im Übrigen waren dem FG die "Erkenntnisquellen" des BfF aufgrund des ihm vorliegenden Hefters bekannt.

Die Rüge mangelnder Sachaufklärung ist ferner auch ohne die Darlegung, die Klägerin habe auf eine weitere Sachaufklärung nicht gemäß § 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozeßordnung verzichtet, nicht formgerecht erhoben (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 17. Dezember 1998 VII B 239/87, BFH/NV 1999, 1093).

d) Soweit die Klägerin rügt, das FG habe die Erkenntnisse des BfF nicht kritisch hinterfragt, wendet sie sich gegen die Tatsachenwürdigung des FG. Selbst wenn diese unrichtig wäre, läge darin kein Verfahrensfehler, sondern ein materieller Fehler (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rdnr. 28, m.w.N.), der nicht zur Revisionszulassung führen könnte. Der Katalog der Zulassungsgründe in § 115 Abs. 2 FGO ist abschließend.

 

Fundstellen

Haufe-Index 424931

BFH/NV 2000, 677

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