Entscheidungsstichwort (Thema)

Klage der Ehefrau, die keine Einkünfte bezogen hat, gegen einen auch gegen sie ergangenen LJA-Bescheid; Verfassungsmäßigkeit des Grundfreibetrages, des Kinderlastenausgleichs und des Ausbildungsfreibetrages

 

Leitsatz (NV)

1. Richten sich ein Lohnsteuer-Jahresausgleichsbescheid und die Einspruchsentscheidung auch an die Ehefrau, obwohl diese keine Einkünfte bezogen hat, so kann sie dagegen Klage nur mit der Begründung erheben, der Bescheid habe ihr gegenüber nicht ergehen dürfen.

2. Die Fragen der Verfassungsmäßigkeit des Grundfreibetrages, des Kinderlastenausgleichs für Eltern mit drei und mehr Kindern und des Ausbildungsfreibetrages für das Jahr 1987 haben keine grundsätzliche Bedeutung mehr.

3. Zur Höhe des Streitwerts, wenn die Verfassungsmäßigkeit des Grundfreibetrages ohne einen genau bezifferten Klageantrag angegriffen worden ist.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; GKG § 25 Abs. 2 S. 1 i.d.F. des Kostenrechtsänderungsgesetzes 1994; EStG 1987 § 42 Abs. 5

 

Tatbestand

Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Eheleute. Im Streitjahr (1987) bezog nur der Kläger Einkünfte (aus nichtselbständiger Arbeit). Gleichwohl richtete der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) den Lohnsteuer-Jahresausgleichsbescheid 1987 und die Entscheidung über den dagegen erhobenen Einspruch -- entgegen § 42 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für das Streitjahr gültigen Fassung -- an beide Eheleute.

Die Kläger erhoben daraufhin gemeinsam Klage wegen Lohnsteuer-Jahresausgleichs 1987. Mit der Klage machten sie geltend, daß der im Steuertarif berücksichtigte Grundfreibetrag, die Kinderfreibeträge für ihre drei Kinder sowie der für eines dieser Kinder gewährte Ausbildungsfreibetrag aus verfassungsrechtlichen Gründen zu niedrig seien.

Das Finanzgericht wies die Klage ab und ließ die Revision nicht zu.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger, mit der sie sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Sache berufen. Die grundsätzliche Bedeutung sehen die Kläger in der Frage der Verfassungsmäßigkeit des Grundfreibetrages, der drei Kinderfreibeträge und des Ausbildungsfreibetrages.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde der Klägerin zu 1) ist unzulässig.

Die Klägerin selbst hätte den Lohnsteuer- Jahresausgleichsbescheid und die Einspruchsentscheidung allenfalls mit der Begründung angreifen können, sie hätten nicht auch ihr gegenüber ergehen dürfen (s. hierzu z. B. das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 11. Mai 1988 I R 12/86, BFHE 154, 56, BStBl II 1988, 928, Abschn. II Nr. 3 der Entscheidungsgründe). Entsprechend hätte sie dann auch ihre Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision begründen müssen.

Da dies nicht geschehen ist, fehlt für die Beschwerde der Klägerin im Ergebnis jegliche Begründung i. S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO -- (s. Beschluß des erkennenden Senats vom 3. August 1994 III B 137/94, BFH/NV 1995, 142).

2. Die Beschwerde des Kläger zu 2) ist unbegründet.

Im gegenwärtigen Zeitpunkt hat keine der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen mehr grundsätzliche Bedeutung.

a) Die Frage der Verfassungsmäßigkeit des bei der Lohnsteuer für das Streitjahr (1987) zu berücksichtigenden Grundfreibetrages ist durch den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 25. September 1992 2 BvL 5/91 u. a. (BVerfGE 87, 153, BStBl II 1993, 413) geklärt worden (vgl. auch Senatsbeschluß vom 18. März 1994 III B 543/90, BFHE 173, 506, BStBl II 1994, 473). Daran ändert nichts der Umstand, daß die Grundfreibetragsregelung für das Jahr 1987 nicht unmittelbar Gegenstand der verfassungsgerichtlichen Entscheidung war. Wegen der im wesentlichen gleichen Verhältnisse gelten die vom BVerfG für die Jahre 1986 und 1988 gemachten Ausführungen auch für das Jahr 1987.

b) Auch die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Kinderlastenausgleichs für Eltern mit drei und mehr Kindern im Streitjahr 1987 ist durch das BVerfG entschieden worden. Das BVerfG hat die Entlastung von Eltern mit drei und mehr Kindern in den Jahren 1986 und 1987 -- bestehend aus Kinderfreibeträgen und dem in einen fiktiven Steuerfreibetrag umgerechneten Kindergeld -- im Beschluß vom 14. Juni 1994 1 BvR 1022/88 (BStBl II 1994, 909) als verfassungsgemäß angesehen.

c) Schließlich hat das BVerfG zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des Ausbildungsfreibetrages mit Beschluß vom 26. Januar 1994 1 BvL 12/86 (BStBl II 1994, 307) entschieden, daß es aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zu beanstanden ist, wenn die Absetzbarkeit von Aufwendungen für die Berufsausbildung von Kindern auf die Hälfte der üblicherweise anfallenden Kosten begrenzt wird.

3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 25 Abs. 2 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. des Kostenrechtsänderungsgesetzes 1994 vom 24. Juni 1994 (BGBl I 1994, 1325). Dabei hat der Senat die von den Klägern erstrebten Kinderfreibeträge mit den von diesen angegebenen Mindestbeträgen (von 4 500 DM pro Kind) und den begehrten Ausbildungsfreibetrag mit 995 DM berücksichtigt, was zu einer Steuerminderung von ... DM führen würde. Den von den Klägern für erforderlich gehaltenen Grundfreibetrag nimmt der Senat in Anlehnung an seinen Beschluß vom 24. November 1994 III B 281/90 (BFH/NV 1995, 510) mit 10 368 DM an. Er hat dabei die Beträge berücksichtigt, die das BVerfG im Grundfreibetragsbeschluß in BVerfGE 87, 153, BStBl II 1993, 413 als Sozialhilfebedarf für Erwerbstätige für 1986 und für 1988 angesetzt hat. Der Betrag von 10 368 DM entspricht dem mittleren Betrag zwischen den beiden Mittelwerten der vom BVerfG in Betracht gezogenen Beträge für 1986 und 1988.

Weiter geht der Senat (in Fortentwicklung des Beschlusses in BFH/NV 1995, 510) davon aus, daß die Kläger für die Klägerin einen Grundfreibetrag in derselben Höhe erstreben wollten. Dafür spricht zum einen, daß bei Anwendung des Splittingverfahrens im Ergebnis auch im Streitjahr (1987) ein doppelter Grundfreibetrag zu gewähren war (§ 32 a Abs. 5 Satz 1 i. V. m. § 32 a Abs. 1 EStG 1986). Ebenso sieht § 32 d Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 EStG n. F. für zusammen zu veranlagende Eheleute eine Verdoppelung des zu verschonenden Existenzminimums vor. Gleiches gilt für die ab 1996 angestrebte Gesetzesänderung (vgl. z. B. noch Art. 1 Nr. 27 des Entwurfs eines Jahressteuergesetzes 1996, BTDrucks 13/901, S. 11, zur sog. Grundentlastung nach § 34 a Abs. 1 EStG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 420930

BFH/NV 1996, 407

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