Leitsatz (amtlich)

Die Frage, ob ein für ein Unternehmen angeschafftes Gebäude schon damit insgesamt i.S. des § 15 Abs.2 UStG 1980 "erstmalig verwendet" wird (BFHE 127, 238, BStBl II 1979, 394), daß ein Teil seiner Nutzfläche der Ausführung steuerpflichtiger Umsätze dient, während der andere Teil der Nutzfläche leersteht, wird uneinheitlich beantwortet und führt zur Annahme ernstlicher Zweifel i.S. des § 69 Abs.3 FGO.

 

Normenkette

UStG 1980 § 15 Abs. 2; FGO § 69 Abs. 3, 2

 

Tatbestand

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betrieb in den hier maßgeblichen Besteuerungszeiträumen 1981 und 1982 ein Vermietungsunternehmen, in das eine Speditions-GmbH (GmbH) als Organgesellschaft eingegliedert war. Ab Ende des Jahres 1980 ließ er auf eigenen Grundstücken zwei Gebäude (A und B) errichten, die als gewerbliche Räume --Gebäude B überwiegend für großflächigen Einzelhandel-- vermietet werden sollten.

Vermietung an Unternehmer zu gewerblicher Nutzung konnte ab 1981 aber nur für das Gebäude A (insgesamt) erreicht werden. Bei Gebäude B konnten --nach der Darstellung des Finanzgerichts (FG)-- nur 22,85 v.H. der Fläche vermietet werden. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren trug der Kläger --nach Maßgabe seiner Klageschrift-- vor, Gebäude B sei insgesamt ab Fertigstellung im Jahre 1981 von der Anordnung eines Nutzungsverbots durch die Baubehörde für großflächigen Einzelhandel betroffen worden. Bereits abgeschlossene Mietverträge hätten nicht durchgeführt werden können. Seitens eines der betroffenen Mieter laufe ein Klageverfahren wegen Nichterfüllung der Vermietung; mit den restlichen Mietern habe sich der Kläger hinsichtlich einer Auflösung der Mietverhältnisse einigen können. Um den Schaden durch den Mietausfall etwas zu mindern, habe der Kläger den Gebäudeteil durch die GmbH für deren --neben dem Speditionsbetrieb unterhaltenes-- Lagergeschäft in Nutzung genommen. Ab Herbst 1982 seien Möbel und Zucker eingelagert worden. Die GmbH habe nur Teile der Fläche belegt. Weitere Mieter seien nicht zu gewinnen gewesen. Ein Nutzungsverhältnis sei erst durch die Zwangsverwaltung zwischen GmbH und Zwangsverwalter entstanden. Die genutzte Fläche habe offenbar 22,85 v.H. der Gesamtfläche des Gebäudes B ausgemacht.

Nach Anordnung der Zwangsverwaltung durch Beschlüsse vom März und Februar 1983 über beide bebaute Grundstücke wurden diese am ..Mai 1984 zwangsversteigert. Der Zuschlag erfolgte durch Beschluß vom Juni 1984. Die Zwangsverwaltung wurde anschließend (für Gebäude B mit Beschluß vom ...Juni 1984) aufgehoben.

Der Kläger hatte gemäß § 9 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 auf die Steuerbefreiung der Vermietungsumsätze (§ 4 Nr.12 Buchst.a UStG 1980) verzichtet. Dementsprechend hatte er die ihm bei Gebäudeerrichtung in den Jahren 1981 bis 1983 in Rechnung gestellte Umsatzsteuer in den Umsatzsteuervoranmeldungen und -erklärungen als Vorsteuerbeträge geltend gemacht.

Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung vertrat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die Auffassung, die Vorsteuerbeträge seien nur nach dem Verhältnis abziehbar, zu dem die Gebäude vermietet gewesen seien. Bezüglich der nicht vermieteten Fläche des Gebäudes B (77,15 v.H.) sei erstmalige Verwendung (§ 15 Abs.2 UStG 1980) die steuerfreie Lieferung des bebauten Grundstücks im Rahmen der Zwangsversteigerung gewesen.

Mit (erstmaligen) Umsatzsteuerbescheiden vom 22.März 1985 setzte das FA die Umsatzsteuer 1981 in Höhe von ./. 329 255 DM und die Umsatzsteuer 1982 in Höhe von ./. 232 447 DM fest. Aufgrund des im Voranmeldungsverfahren gewährten Vorsteuerabzugs ergaben sich daraus Nachforderungsbeträge in Höhe von 1 026 401 DM für 1981 und 390 674,92 DM für 1982.

Einsprüche und Anträge auf Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 1981 und 1982 an das FA hatten keinen Erfolg. Nach Zurückweisung der Einsprüche gegen die Bescheide (Einspruchsentscheidung vom 5.Juni 1985) erhob der Kläger Klage, über die noch nicht entschieden ist.

Er stellte ferner beim FG Antrag auf Aussetzung der Vollziehung unter anderem des Umsatzsteuerbescheids 1981 im Umfang eines Betrages von 1 007 671,90 DM und des Umsatzsteuerbescheids 1982 im Umfang von 566 035,33 DM.

Das FG lehnte den Antrag ab. Bezüglich des Jahres 1982 sah es den Antrag als unzulässig an, soweit dieser über den Nachforderungsbetrag (390 674,92 DM) hinausging. Im übrigen verneinte es ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerbescheide 1981 und 1982. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus: Da das Gebäude B bis zur Zwangsversteigerung zu 77 v.H. der Fläche nicht vermietet gewesen, sondern leergestanden sei, ergebe sich insoweit als erstmalige Verwendung i.S. des § 15 Abs.2 UStG 1980 die in der Zwangsversteigerung liegende steuerbare --aber nach § 4 Nr.9 Buchst.a UStG 1980 steuerfreie-- Grundstückslieferung. Dabei könne offenbleiben, ob man bei der Zwangsversteigerung von einer Leistungskette Schuldner/Land/Ersteher oder von einer Direktlieferung des Schuldners an den Ersteher ausgehe; denn in beiden Fällen sei die Leistung des Schuldners nach § 4 Nr.9 Buchst.a UStG 1980 steuerfrei.

Entgegen der Ansicht des Klägers könne aufgrund des Verbots der Baubehörde zur Nutzung des Gebäudes B für großflächigen Einzelhandel nicht davon ausgegangen werden, es handele sich bei der Anschaffung dieses Gebäudes um eine sogenannte "erfolglose Investition". Das Gebäude habe --wie sich gezeigt habe-- auch anderweitig durch Vermietung genutzt werden können.

Weiterhin sei nicht ernstlich zweifelhaft, daß die Beurteilung des Gebäudes B als einheitliches Wirtschaftsgut zu keinem anderen umsatzsteuerrechtlichen Ergebnis führe. Bei einheitlichen Gegenständen, die zur Ausführung sowohl steuerpflichtiger als auch steuerfreier Umsätze verwendet würden, seien Steuern nach § 15 Abs.2 bis 4 UStG 1980 vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit der Gegenstand körperlich abgrenzbar zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet werde. Entgegen dem Urteil des FG München vom 12.Dezember 1984 III 216/79 U (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1985, 315) sei der vorliegende Fall nicht mit dem Fall vergleichbar, bei dem ein Gegenstand in vollem Umfang gelegentlich zur Ausführung steuerfreier und gelegentlich zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze verwendet werde.

Das FG ließ die Beschwerde gegen seinen Beschluß zu, soweit er die Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 1981 und 1982 betraf.

Mit der daraufhin eingelegten Beschwerde beantragt der Kläger, die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 1981 und 1982 auszusetzen. Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor: Im Hinblick darauf, daß Gebäude B ein einheitlicher Gegenstand sei, reiche es für die Abziehbarkeit der gesamten Vorsteuerbeträge aus der Anschaffung des Gebäudes aus, daß es mit einem Teil seiner Fläche zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze verwendet worden sei. Damit sei das Gebäude als der für das Unternehmen bezogene Gegenstand verwendet worden. Unerheblich sei, daß ein Teil der Fläche leergestanden habe. Diese Auffassung vertrete auch der Bundesminister der Finanzen (BMF) in Tz.29 seines Schreibens vom 12.Juli 1976 IV A 1 - S 7316/7312 - 3/76 (BStBl I 1976, 392). Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25.November 1976 V R 98/71 (BFHE 121, 550, BStBl II 1977, 448), auf das sich das FG berufe, betreffe einen anderen Sachverhalt; denn im genannten Urteilsfall sei das erworbene Gebäude in dem Besteuerungszeitraum, für den der Vorsteuerabzug geltend gemacht worden sei, insgesamt nicht zur Ausführung von Umsätzen verwendet worden. Entsprechendes gelte auch für das BFH-Urteil vom 25.Januar 1979 V R 53/72 (BFHE 127, 238, BStBl II 1979, 394). Damit komme --vorliegend-- eine Vorsteuerkorrektur allenfalls nach § 15a UStG 1980 für die Besteuerungszeiträume nach der erstmaligen Verwendung in Betracht; denn eine Änderung der Verwendungsverhältnisse könne erstmals durch die steuerfreie Versteigerung eingetreten sein. Zu diesem Zeitpunkt sei das Gebäude bei wirtschaftlicher Betrachtung jedoch objektiv nicht mehr verwendungsfähig gewesen. Bautechnisch sei das Gebäude --bestehend aus einem Erdgeschoß mit 8 000 qm, einem Zwischengeschoß mit 6 000 qm und einem Obergeschoß mit 8 000 qm-- für großflächigen Einzelhandel errichtet und eingerichtet worden. Durch die behördliche Nutzungsbeschränkung komme allenfalls eine Verwendung zu Lager- oder ähnlichen Zwecken in Betracht. Dafür sei letztlich aber nur das Erdgeschoß verwendbar. Zwischengeschoß und Obergeschoß hätten zu geringe Deckenstärken. Demgemäß sei das Gebäude --entgegen der Behauptung des FA-- (nach der Zwangsversteigerung) bis heute nicht vermietet worden. Bei Herstellungskosten in Höhe von insgesamt etwa 35 Mio DM für Gebäude B läge nunmehr --auch im Hinblick auf die beschränkte Verwendungsmöglichkeit der Bauruine-- der Verkehrswert bei null DM.

Mit Schreiben vom 30.Oktober 1986 ergänzte der Kläger seinen Vortrag unter Bezug auf die zwischenzeitlich vorgelegte Klagebegründung in der Hauptsache wie folgt: Er habe in der Klagebegründung vom 28.August 1986 hilfsweise die Optionserklärung i.S. des § 9 UStG 1980 bezüglich der Grundstücksweiterlieferung in der Zwangsversteigerung abgegeben. Das sei zulässig, zumal der Hauptantrag bereits aus anderen Gründen die Rechtmäßigkeit des begehrten Vorsteuerabzugs ergebe. Der hilfsweisen Optionserklärung komme nur dann Bedeutung zu, wenn das Gericht dem Hauptantrag nicht folge.

Zur Frage der Option hat der Kläger in der Klagebegründung noch ausgeführt: Die auf die steuerpflichtige Veräußerung durch die Zwangsversteigerung entfallende Umsatzsteuer sei vom Ersteigerer nachträglich anzufordern. Der Ersteigerer dürfe schon wegen seiner zwischenzeitlich investierten Umbaukosten ebenfalls optiert haben. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, daß (bei wirksamer Option) die anfallende Umsatzsteuer nicht aus dem Versteigerungserlös herausgerechnet werden dürfe. Dadurch würde dem Ersteigerer der wirtschaftlich maßgebliche Nettopreis zu Lasten des Voreigentümers unter den Betrag gemindert, den der Ersteigerer freiwillig aufgebracht hätte.

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Nach einer Entgegnung zur Beschwerdebegründung des Klägers vom 30.Januar 1986 mit Schreiben vom 14.April 1986 trägt es ergänzend vor: Nach dem zwischenzeitlich ergangenen BFH-Urteil vom 19.Dezember 1985 V R 139/76 (BFHE 146, 484, BStBl II 1986, 500) könne zwar bei Grundstücksveräußerung im Wege der Zwangsversteigerung --die nur eine Lieferung des Schuldners an den Ersteher sei-- auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr.9 Buchst.a UStG 1980 gemäß § 9 UStG 1980 verzichtet werden, so daß Vorsteuerbeträge aus der Gebäudeanschaffung bei dieser steuerpflichtigen Verwendung nicht vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind. Zum einen fehle aber im vorliegenden Fall eine wirksame Verzichtserklärung. Der Kläger habe lediglich im Klageverfahren hilfsweise (also nicht unbedingt) die Option bezüglich seiner Grundstückslieferung erklärt; vor allem aber sei diese Erklärung vom 28.August 1986 zu einem Zeitpunkt abgegeben worden, in dem der Kläger dafür nicht mehr zuständig gewesen sei. Mit Anordnung der Zwangsverwaltung sei der Zwangsverwalter zuständig geworden. Dieser habe aber den Verzicht i.S. des § 9 UStG 1980 nicht ausgesprochen. Im übrigen sei die Zwangsverwaltung für Gebäude B (mit Beschluß vom ...Juni 1984) schon aufgehoben worden.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde ist überwiegend begründet. Sie führt zur Aufhebung der Entscheidung des FG und zur Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide im Umfang der darin ausgewiesenen Rückforderung der in den jeweiligen Voranmeldungsverfahren ausbezahlten Beträge (vgl. BFH-Beschlüsse vom 28.November 1974 V B 52/73, BFHE 114, 169, BStBl II 1975, 239, und vom 5.Februar 1976 V B 73/75, BFHE 118, 149, BStBl II 1976, 435) --Berechnung am Ende der Gründe--.

Nach Ansicht des Senats bestehen ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs.3 i.V.m. Abs.2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 1981 und 1982. Entgegen der Auffassung von FG und FA sprechen gewichtige Gründe auch gegen die Rechtmäßigkeit der Bescheide, woraus sich Unentschiedenheit und Unsicherheit in der Beurteilung insbesondere der hier maßgeblichen Rechts- aber auch der Tatfragen ergibt (vgl. BFH-Beschluß vom 30.Juni 1967 III B 21/66, BFHE 89, 92, BStBl III 1967, 533).

Hinsichtlich des vom Kläger geltend gemachten Vorsteuerabzugsanspruchs für die Besteuerungszeiträume 1981 und 1982 sind jedenfalls die Voraussetzungen des § 15 Abs.1 Nr.1 UStG 1980 erfüllt: Die Bauleistungen zur Errichtung des Gebäudes B wurden in diesen Zeiträumen für das Unternehmen des Klägers ausgeführt; ferner erhielt er die Abrechnung mit gesondertem Steuerausweis in diesen Besteuerungszeiträumen. Der Abzug dieser Beträge von der für die genannten Besteuerungszeiträume berechneten Umsatzsteuer des Klägers gemäß § 16 Abs.1 UStG ist jedoch nur dann möglich, wenn ein Ausschlußgrund i.S. des § 15 Abs.2 i.V.m. Abs.3 UStG 1980 nicht gegeben ist (vgl. zur insoweit entsprechenden Vorschrift des § 15 UStG 1967 BFH-Urteil vom 25.Januar 1979 V R 53/72, BFHE 127, 238, BStBl II 1979, 394 mit Nachweisen). Übereinstimmend mit dieser Rechtsprechung ging das FG davon aus, daß die Beurteilung der "negativen Anspruchsvoraussetzung" von der erstmaligen Verwendung der bezogenen Leistung abhängt, daß es auf die tatsächliche und nicht nur auf die beabsichtigte erstmalige Verwendung der bezogenen Leistung ankommt und daß die maßgebliche erstmalige Verwendung durch Ausführung von Umsätzen auch in einem späteren Besteuerungszeitraum --mit Wirkung für den Besteuerungszeitraum der Geltendmachung der Vorsteuerbeträge-- zu berücksichtigen ist.

Der vorliegende Fall weist die Besonderheit auf, daß das Gebäude B --bestehend aus Erdgeschoß, Zwischengeschoß und Obergeschoß-- nach Fertigstellung im Jahr 1981 zwar nicht durch die beabsichtigte Vermietung an Einzelhandelsgeschäfte, aber durch Nutzung als Lagerfläche, erstmals verwendet wurde. Die weitere Besonderheit ist, daß nicht das gesamte Gebäude, sondern nur ein Teil der Fläche (22,85 v.H.) den steuerpflichtigen Lagerungsumsätzen diente, während der übrige Teil der Fläche (77,15 v.H.) bis zur Zwangsversteigerung im Jahre 1984 leerstand. Aufgrund der Erwägung, daß das Gebäude nach Maßgabe körperlich abgrenzbarer Bereiche (Flächen) zur Ausführung von Umsätzen unterschiedlicher Art verwendet werden könne, nahm das FG an, das Gebäude sei nur im körperlich abgrenzbaren Umfang von 22,75 v.H. durch Verwendung zu steuerpflichtigen Lagerumsätzen erstmals verwendet worden; nach Maßgabe des übrigen abgrenzbaren Teils von 77,15 v.H. sei damit aber noch keine Verwendung begründet worden. Diese sei erstmals durch die Weiterlieferung des gesamten Grundstücks im Wege der Zwangsversteigerung im Jahre 1984 erfolgt.

Der Kläger kann sich demgegenüber für seine Auffassung, er habe das Gebäude B als einheitlichen Gegenstand für sein Unternehmen bezogen, und mit der Verwendung eines Teils der Nutzfläche des Gebäudes zur Ausführung von steuerpflichtigen Umsätzen sei der gesamte für das Unternehmen bezogene Gegenstand "Gebäude" erstmalig verwendet worden, auf das Urteil des FG München in EFG 1985, 315 berufen. Diese Entscheidung geht offenbar davon aus, daß bei einem Gebäude, das zum Teil zur Ausführung von steuerpflichtigen Umsätzen verwendet wird und im übrigen leersteht, insgesamt von einem Verwendungsbeginn auszugehen sei und daß eine teilweise Versagung des Vorsteuerabzugs im Rahmen der Vorsteueraufteilung (jetzt nach den Grundsätzen des § 15 Abs.2 bis 5 UStG 1980) nur dann in Betracht komme, wenn das Gebäude teilweise zur Ausführung von vorsteuerabzugsschädlichen steuerfreien Umsätzen verwendet werde. Spätere Änderungen der Verhältnisse könnten nur nach § 15a UStG 1980 berichtigt werden. Zum anderen liegt die Auffassung des Klägers offenbar auf der Linie der Verwaltungsauffassung in Abschn.216 Abs.3 Satz 4 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR). Nach den darin enthaltenen Verwaltungsregelungen --zu § 15a UStG 1980-- besteht, wenn ein fertiges Wirtschaftsgut nur teilweise in Gebrauch genommen oder, gemessen an seiner Einsatzmöglichkeit, nicht voll genutzt wird, ein einheitlicher Berichtigungszeitraum für das ganze Wirtschaftsgut, der mit dessen erstmaliger Verwendung beginnt. Diese Auslegung des § 15a UStG setzt die vorgreifliche Erwägung voraus, daß die teilweise Ingebrauchnahme eines fertigen --einheitlichen-- Wirtschaftsguts dessen erstmalige Verwendung insgesamt darstellt.

Wie diese Gegenüberstellung zeigt, wird die Rechtsfrage nicht einheitlich beurteilt. Hinzu kommt eine insbesondere auch das tatsächliche Gebiet betreffende --noch zu klärende-- Frage, inwieweit ein Gebäude umsatzsteuerrechtlich als einheitlicher Gegenstand anzusehen ist.

Zu der im Rahmen des § 15 Abs.1 UStG 1967/1980 anstehenden Frage, ob ein Gebäude --nach Maßgabe der für unternehmerische und für nicht unternehmerische Zwecke verwendeten Teile-- als teilbarer Leistungsgegenstand beurteilt werden kann, mit der Folge, daß nur der unternehmerischen Zwecken dienende Teil i.S. des § 15 Abs.1 UStG für das Unternehmen bezogen wäre, hat sich der Senat bislang einer abschließenden Stellungnahme enthalten. Für die Entscheidung in den Urteilen vom 30.Juli 1986 V R 99/76 (BFHE 147, 284, BStBl II 1986, 877, mit Anmerkung von Weiß in Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 1986, 289), vom 11.Dezember 1986 V R 57/76 (BFHE 148, 361, BStBl II 1987, 233) und vom 18.Dezember 1986 V R 176/75 (BFHE 149, 78, BStBl II 1987, 350) kam es auf eine Entscheidung dieser Frage jeweils nicht an. Darüber hinaus ist ungeklärt, ob bei einem Gebäude, das einheitlich i.S. des § 15 Abs.1 UStG 1980 für das Unternehmen angeschafft wird, die (wirtschaftliche) Aufteilung im Rahmen des § 15 Abs.2 UStG 1980 bezüglich der erstmaligen Verwendung vorgenommen werden kann.

Die Unentschiedenheit in der Beurteilung dieser Fragen rechtfertigt es, die Vollziehung der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 1981 und 1982 auszusetzen. Bei dieser Lage braucht der Senat nicht auf die weitere vom Kläger angeschnittene Frage einzugehen, ob der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Gebäudes B in vollem Umfang für die Streitjahre deshalb zu gewähren sei, weil das Gebäude wegen des behördlichen Nutzungsverbots zur beabsichtigten steuerpflichtigen Verwendung nicht mehr habe eingesetzt werden dürfen (vgl. Urteil in BFHE 127, 238, BStBl II 1979, 394 unter 2., 1.Absatz a.E.; ferner Abschn.203 Abs.4 Satz 3 UStR).

Nach Maßgabe des Beschlusses in BFHE 118, 149, BStBl II 1976, 435 war die Vollziehung der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide wie folgt auszusetzen:

1981 --wie beantragt-- in Höhe von 1 007 671,90 DM;

1982 in Höhe von 390 674,92 DM. Nur in dieser Höhe enthält der angefochtene Bescheid eine Nachforderung von Vorsteuerüberschüssen, die im Voranmeldungsverfahren bereits ausbezahlt wurden. Soweit der Antrag darüber hinausgeht, hat er keinen Erfolg.

 

Fundstellen

Haufe-Index 61961

BStBl II 1987, 398

BFHE 149, 92

BFHE 1987, 92

BB 1987, 885

BB 1987, 885-886 (ST)

DB 1987, 1234-1235 (ST)

DStR 1987, 396-397 (ST)

HFR 1987, 364-365 (ST)

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