Leitsatz (amtlich)

1. Das FG kann die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 1 FGO) nur im Urteil oder im Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision nach § 115 Abs. 3 FGO aussprechen. In der Übersendung der Revision an den BFH (§ 120 Abs. 3 FGO) liegt keine Zulassung der Revision.

2. Der BFH kann die Revision nur im Beschwerdeverfahren nach § 115 Abs. 3 FGO zulassen.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 1, 3

 

Tatbestand

Das FG wies die Klage des Klägers und Revisionsklägers (Steuerpflichtiger), mit der er sich gegen seine Heranziehung zur römisch-katholischen Kirchensteuer mit 8,64 DM für 1966, 34,88 DM für 1967 und 28,24 DM für 1968 wandte, ab. In dem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf führte der Steuerpflichtige u. a. aus:

"Gegen das Urteil ... beantrage ich die Revision ..."

In einem späteren Schriftsatz beantragte er zur Begründung seiner "Revision" eine Fristverlängerung. Die Begründung reichte er innerhalb der ihm gesetzten Frist ein.

Auf den Hinweis des Katholischen Kirchensteueramts, die Revision sei unzulässig, weil der Wert des Streitgegenstandes 1 000 DM nicht übersteigt, führte der Steuerpflichtige u. a. aus: Der Beklagte gehe von Voraussetzungen aus, die in diesem Rechtsstreit keine Rolle spielten (Streitwert). Die Ansicht des Beklagten, das FG hätte die Revision nicht zugelassen, sei falsch; denn das FG habe die Revision gemäß § 120 Abs. 3 FGO dem BFH vorgelegt. Dieser habe die Revision angenommen und ihm auf Antrag Fristverlängerung zur Revisionsbegründung gewährt. Gleichzeitig habe der BFH unter Hinweis auf § 90 Abs. 2 FGO um Mitteilung ersucht, ob er mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden sei.

Der vom Steuerpflichtigen eingelegte Rechtsbehelf ist eine Revision, nicht etwa eine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision. Dies ergibt sich eindeutig aus der vom Steuerpflichtigen gewählten Bezeichnung seines Rechtsbehelfs, insbesondere auch aus seinem Antrage, ihm zur Begründung seiner "Revision" eine Fristverlängerung zu gewähren. Die Revision kann auch nicht etwa in eine Nichtzulassungsbeschwerde umgedeutet werden. Denn zwischen Revision und Nichtzulassungsbeschwerde bestehen erhebliche rechtliche und verfahrensmäßige Unterschiede (Beschluß des Senats VI R 216/66 vom 27. Januar 1967, BFH 88, 73, BStBl III 1967, 291). Der Steuerpflichtige muß sich also von vornherein entscheiden, welchen Rechtsbehelf er einlegen will. Im Streitfall ist der Steuerpflichtige durch die dem Urteil des FG beigefügte Rechtsmittelbelehrung auch eindeutig auf die Unterschiede zwischen Revision und Nichtzulassungsbeschwerde hingewiesen worden.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist unzulässig.

Nach § 115 Abs. 1 FGO steht den Beteiligten gegen das Urteil eines FG die Revision an den BFH zu, wenn der Wert des Streitgegenstandes 1 000 DM übersteigt oder wenn das FG die Revision zugelassen hat. Der Steuerpflichtige wendet sich gegen seine Heranziehung zur Kirchensteuer in den Jahren 1966 bis 1968 mit insgesamt 71,76 DM. Dies ist also der Betrag, um den unmittelbar gestritten wird, also der Streitwert. Da der Streitwert den Betrag von 1 000 DM nicht übersteigt, wäre die Revision nur zulässig, wenn das FG sie zugelassen hätte. Dies ist indessen nicht der Fall.

Das FG-Urteil äußert sich nicht zur Frage der Zulassung der Revision. Es enthält somit keine Zulassung. Entgegen der Auffassung des Steuerpflichtigen ist die Revision auch nicht dadurch zulässig geworden, daß das FG die Revision dem BFH vorgelegt hat. Der Ausspruch über die Zulassung der Revision gehört kraft Sachzusammenhangs in das Urteil und kann nur zusammen mit diesem ausgesprochen werden (vgl. hierzu BFH-Beschluß I B 9/68 vom 8. Mai 1968, BFH 92, 422, BStBl II 1968, 585; Beschluß des Bundesarbeitsgerichts 3 AZR 429/66 vom 6. Januar 1967, BB 1967, 611; Urteil des Bundessozialgerichts 2 RU 63/63 vom 31. Januar 1967, NJW 1968, 127; Urteil des Bundesarbeitsgerichts 4 AZR 418/68 vom 4. Juni 1969, DB 1969, 1659). Es ist insbesondere nicht zulässig, die Zulassung etwa durch einen besonderen nachträglichen Beschluß auszusprechen; denn Beschlüsse ohne mündliche Verhandlung werden nur von den drei hauptamtlichen Richtern gefaßt, während am Urteil des FG in jedem Fall fünf Richter mitzuwirken haben. Es würde gegen den Grundsatz verstoßen, daß jeder Fall vom gesetzlichen Richter entschieden werden muß, wenn man es dem Gericht freistellen würde, in welcher Besetzung es über ein und dieselbe Frage entscheiden will (vgl. Hübschmann-Hepp-Spitaler, Kommentar zur Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Anm. 42 zu § 115 FGO, Lieferung 65, Mai 1970). Wenn das FG aber die Zulassung der Revision schon nicht in einem außerhalb des Urteilsverfahrens gefaßten Beschluß aussprechen darf, so kann sie keinesfalls in der von der Geschäftsstelle des FG vorzunehmenden Übersendung der Revision an den BFH gesehen werden.

Schließlich ist die Revision auch nicht dadurch zulässig geworden, daß der BFH die Revision als bei ihm eingegangen bestätigt oder daß der Vorsitzende des Senats die Revisionsbegründungsfrist verlängert oder daß die Geschäftsstelle des Senats den Steuerpflichtigen um Mitteilung gebeten hat, ob er mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden sei. Nach § 115 Abs. 3 FGO kann die Nichtzulassung der Revision selbständig nur durch Beschwerde angefochten werden. Eine solche Beschwerde hat der Steuerpflichtige aber, wie bereits dargelegt, nicht eingelegt. Ein anderes Verfahren, mit dem die Zulassung der Revision erreicht werden könnte, kennt die FGO nicht. Die Revision konnte daher auch durch die genannten Maßnahmen der Geschäftsstelle des BFH und des Vorsitzenden des Senats nicht zulässig werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 69258

BStBl II 1971, 811

BFHE 1972, 305

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