Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorläufiger Rechtsschutz bei Ablehnung eines Antrags auf Fortschreibung durch Aussetzung der Vollziehung

 

Leitsatz (NV)

1. Vorläufiger Rechtsschutz bei Ablehnung eines Antrags auf Art- oder Wertfortschreibung ist im Wege der Aussetzung der Vollziehung zu gewähren.

2. Hat der Antragsteller vor dem Finanzgericht in Kenntnis der bisherigen Rechtsprechung den Erlaß einer einstweiligen Anordnung beantragt, obwohl der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach der geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs der geeignete Weg zur Erlangung des einstweiligen Rechtsschutzes ist, so kann im Beschwerdeverfahren dem Begehren des Antragstellers auf effektiven vorläufigen Rechtsschutz ungeachtet der Bezeichnung im Schriftsatz nur durch Zurückverweisung an das Finanzgericht Rechnung getragen werden.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 3, § 114

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) hatte beim Finanzamt - FA - (Antragsgegner und Beschwerdegegner) eine Artfortschreibung seines als Einfamilienhaus bewerteten Grundstücks zum Zweifamilienhaus auf den 1. Januar 1985 beantragt. Das FA hatte diesen Antrag abgelehnt. Der Einspruch wurde mit Entscheidung vom 12. Juni 1989 als unbegründet zurückgewiesen.

Das dagegen anhängige Klageverfahren ist noch nicht entschieden.

Mit Schriftsatz vom 17. September 1990 begehrte der Antragsteller bei dem Finanzgericht (FG) im Wege einer einstweiligen Anordnung eine ,,vorläufige Artfortschreibung" des Einfamilienhauses auf den 1. Januar 1985, in Hilfsanträgen auf den 1. Januar 1986 und 1. Januar 1987 zum Zweifamilienhaus bzw. zum gemischtgenutzten Grundstück.

Das FG lehnte die Anträge ab, da die Regelung eines vorläufigen Zustandes nicht ,,nötig" i. S. des § 114 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sei. Vorrangige private Interessen des Antragstellers seien nicht ersichtlich, seine wirtschaftliche oder persönliche Existenz werde nicht betroffen.

Mit seiner Beschwerde begehrte der Antragsteller, unter Aufhebung des FG-Beschlusses, das FA zu verpflichten, vorläufig auf den 1. Januar 1985 eine Artfortschreibung zum Zweifamilienhaus durchzuführen, hilfsweise, das FA zu verpflichten, vorläufig eine Artfortschreibung auf den 1. Januar 1986 zum Zweifamilienhaus und vorläufig eine Artfortschreibung zum gemischtgenutzten Grundstück zum 1. Januar 1987 durchzuführen, hilfsweise, den o. g. vorläufigen Rechtsschutz im Wege der Aussetzung der Vollziehung zu gewähren.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde führt zur Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§§ 132, 155 FGO i. V. m. § 575 der Zivilprozeßordnung - ZPO -; vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 8. Juli 1980 VII B 18/80, BFHE 131, 12, BStBl II 1980, 657).

Der Antragsteller hat vorläufigen Rechtsschutz durch seinen Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 114 FGO vom 17. September 1990 begehrt. Mit Beschluß vom 10. April 1991 hat jedoch der erkennende Senat erstmals entschieden, daß vorläufiger Rechtsschutz bei Ablehnung eines Antrags auf Wertfortschreibung (nach unten) im Wege der Aussetzung der Vollziehung zu gewähren sei. Dies gilt aus den gleichen Gründen auch, wenn sich der Antragsteller gegen eine Ablehnung einer Artfortschreibung wendet. Auf die Entscheidung vom 10. April 1991 II B 66/89 (BFHE 164, 101, BStBl II 1991, 549) wird verwiesen.

Zwar hat das FG zutreffend das Begehren des Antragstellers abgelehnt, weil die Voraussetzungen für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung nach § 114 FGO nicht vorlagen; jedoch ist das Begehren des Antragstellers auf vorläufigen Rechtsschutz, wie auch sein Hilfsantrag im Beschwerdeverfahren zeigt, nach der einschlägigen Vorschrift des § 69 Abs. 3 FGO zu würdigen. Da dem Antragsteller dies nicht bekannt sein konnte, kann seinem Begehren auf effektiven vorläufigen Rechtsschutz ungeachtet der Bezeichnung im Schriftsatz vom 17. September 1990 nur durch Zurückverweisung an das FG Rechnung getragen werden. Der BFH ist nicht Gericht der Hauptsache i. S. des § 69 Abs. 3 FGO; die Streitsache mußte zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen werden.

Die Kosenentscheidung wird dem FG übertragen (§ 143 Abs. 2 FGO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 417776

BFH/NV 1991, 697

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