Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Beiladung ausgeschiedener Gesellschafter einer KG nach § 60 Abs. 3 FGO

 

Leitsatz (NV)

Es bedarf keiner Beiladung ausgeschiedener Gesellschafter einer KG zu einem Klageverfahren, das nur Fragen zum Gegenstand hat, die nur andere Gesellschafter persönlich angehen.

 

Normenkette

FGO § 48 Abs. 1 Nr. 3, § 60 Abs. 3

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Die Kläger und Beschwerdeführer zu 1 und 2 (Kläger zu 1 und 2) waren zu Beginn des Streitjahres 1970 Kommanditisten der Firma X-KG. Weitere Gesellschafter waren Dr. A und Frau B. Diese ist zwischenzeitlich verstorben; ihre Erben sind Frau C, Frau D, Frau E und Frau F.

Die Kläger zu 1 und 2 waren des weiteren zu je 25 v. H. an der X-AG beteiligt.

Mit Vertrag vom 17. Februar 1970 veräußerten sowohl die Klägerin zu 1 als auch der Kläger zu 2 ihre Kommanditanteile an der X-KG und ihre Aktien an der X-AG an die Gesellschafter der Firma . . . OHG.

In 1979 sind auch Dr. A und Frau B bzw. deren Erben aus der X-KG ausgeschieden.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) erfaßte im Gewinnfeststellungsbescheid 1970 für die X-KG neben dem Gewinn aus laufender normaler Geschäftstätigkeit und den tarifbegünstigten Gewinnen der Kläger zu 1 und 2 aus der Veräußerung ihrer KG-Anteile die Gewinne, die die Kläger zu 1 und 2 jeweils aus der Veräußerung ihrer Aktien der X-AG erzielt hatten, und rechnete diese Gewinne jeweils den Klägern zu 1 und 2 als nicht tarifbegünstigte Gewinnteile zu. Gegen diesen Gewinnfeststellungsbescheid erhoben die Kläger zu 1 und 2 nach erfolglosem Einspruch Klage mit dem Antrag, die Einspruchsentscheidung insoweit aufzuheben, als sie die Veräußerung der Aktien der X-AG betrifft und die auf die Klägerin zu 1 und den Kläger zu 2 jeweils entfallenden Teilbeträge ,,von der Einkommensteuer freizustellen oder hilfsweise als Veräußerungsgewinn im Sinne von § 16 EStG zu behandeln".

Mit Beschluß vom 2. April 1985 hat das Finanzgericht (FG) die Firma X-KG, vertreten durch ihren Geschäftsführer, sowie Dr. A und die Erben der Frau B gemäß § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beigeladen. Streitig sei, ob Aktien, die von zwei Kommanditisten der X-KG gehalten und veräußert worden seien, deren Sonderbetriebsvermögen oder Privatvermögen gewesen seien. Da die Entscheidung über die gesonderte Feststellung der Einkünfte der X-KG gegenüber allen Beteiligten einheitlich zu ergehen habe, seien die Firma X-KG, der zwischenzeitlich aus der KG ausgeschiedene Gesellschafter Dr. A und die Erben der zwischenzeitlich verstorbenen früheren Gesellschafterin B notwendig beizuladen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der beiden Kläger. Sie machen geltend, Gegenstand der Klage sei ausschließlich die Frage, ob die Kläger aus der Veräußerung ihrer Aktien Sonderbetriebseinnahmen erzielt hätten. Insoweit seien nur die Kläger, nicht auch die Beigeladenen klagebefugt; diese seien deshalb auch nicht notwendig beizuladen.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist teilweise begründet.

Gemäß § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO sind Dritte, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, zum Klageverfahren notwendig beizuladen. Dies gilt jedoch nicht für Mitberechtigte die nach § 48 FGO nicht klagebefugt sind.

1. Gegenstand des Klageverfahrens ist im Streitfall der einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellungsbescheid 1970 für die X-KG.

Einheitlich und gesondert festgestellt wird der sog. Gesamtgewinn. Dieser umfaßt den Steuerbilanzgewinn der Gesellschaft einschließlich der Ergebnisse etwaiger Ergänzungsbilanzen für einzelne Gesellschafter, Vergütungen einzelner Gesellschafter gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG), die Ergebnisse etwaiger Sonderbilanzen einzelner Gesellschafter einschließlich der Gewinne oder Verluste aus der Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen, sonstige Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben einzelner Gesellschafter und die Ergebnisse aus der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen.

Im vorliegenden Verfahren ist nur streitig, ob das FA die Gewinne aus der Veräußerung der Aktien der Kläger zu 1 und 2 an der X-AG zu Recht als Gewinne aus der Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen erfaßt hat. Insoweit handelt es sich um Fragen, die die Kläger zu 1 und 2 (und nur diese) persönlich angehen; klagebefugt sind deshalb grundsätzlich nur die Kläger zu 1 und 2 als diejenigen Gesellschafter, die durch die Feststellungen über die Frage berührt werden (vgl. § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO). Wie der Bundesfinanzhof (BFH) aber bereits mehrfach entschieden hat, ist auch in einem Verfahren, das nur eine einzelne Gesellschafter persönlich berührende Frage zum Gegenstand hat, neben den Gesellschaftern, die von der zu entscheidenden Frage persönlich betroffen werden, die Gesellschaft selbst, vertreten durch den geschäftsführenden und vertretungsberechtigten Gesellschafter, klagebefugt, weil ,,die Betroffenen und zur Geschäftsführung nicht berufenen Gesellschafter . . . ganz allgemein die Geschäftsführer mit der Wahrnehmung ihrer Belange, und zwar auch der aus der Betätigung der Gesellschaft in stehenden steuerlichen Belange, betraut" haben (Urteile vom 15. November 1967 IV R 281/66, BFHE 90, 428, BStBl II 1968, 122; vom 4. Mai 1972 IV 251/64, BFHE 105, 449, 455, BStBl II 1972, 672). Hiernach hat das FG die X-KG, vertreten durch ihren geschäftsführenden und vertretungsberechtigten Gesellschafter, zu Recht beigeladen.

2. Mit Fragen, die einzelne Gesellschafter persönlich angehen, sind aber - außer der Gesellschaft selbst - nur diejenigen Gesellschafter klagebefugt, die durch die Feststellungen zu diesen Fragen berührt werden; andere Gesellschafter sind nicht klagebefugt. Es kann deshalb nicht zweifelhaft sein, daß im vorliegenden Verfahren die Beigeladenen Dr. A, C, D, E und F nicht klagebefugt und demgemäß auch nicht beizuladen wären, wenn sie noch Gesellschafter der X-KG wären.

Allerdings vertritt der BFH in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß ein nicht zur Geschäftsführung in Vertretung berufener Gesellschafter einer Personengesellschaft bei einem Streit über die Höhe des Steuerbilanzgewinns der Gesellschaft, also eines Teils des einheitlich und gesondert festzustellenden Gesamtgewinns, nur während seiner Zugehörigkeit zur Gesellschaft gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO von der Klagebefugnis ausgeschlossen ist; die Beschränkung der Klagebefugnis entfällt mit dem Ausscheiden des Gesellschafters aus der Gesellschaft (z. B. Beschluß vom 28. November 1973 IV B 33/73, BFHE 110, 506, BStBl II 1974, 220). Diese Rechtsprechung, die im Schrifttum mit beachtlichen Argumenten kritisiert wird (z. B. Knobbe / Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 4. Aufl., S. 329), kann jedoch jedenfalls keine Klagebefugnis eines ausgeschiedenen Gesellschafters auch in Fragen rechtfertigen, die nur andere Gesellschafter persönlich angehen. Denn insoweit ist nur ein Rechtsverhältnis im Streit, an dem der ausgeschiedene Gesellschafter - anders als am Steuerbilanzgewinn der Gesellschaft - nicht unmittelbar beteiligt ist (vgl. § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO). Es bedarf daher auch keiner Beiladung ausgeschiedener Gesellschafter zu einem Klageverfahren, das nur Fragen zum Gegenstand hat, die andere Gesellschafter persönlich angehen. Dies gilt unabhängig davon, ob und inwieweit die Entscheidung über die einzelnen Gesellschafter persönlich berührende Fragen mittelbar, z. B. über die Höhe der Gewerbesteuer, Einfluß auf den Steuerbilanzgewinn der Gesellschaft hat. Demgemäß war im vorliegenden Verfahren die Beiladung der Beigeladenen Dr. A, C, D, E und F ersatzlos aufzuheben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414119

BFH/NV 1987, 584

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