Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung und der Divergenz

 

Leitsatz (NV)

1. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage ist schlüssig darzulegen. Dafür reicht die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, nicht aus. Der Beschwerdeführer muß vielmehr konkret darauf eingehen, inwieweit die aufgeworfene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist. Dazu gehört auch, daß der Beschwerdeführer bereits vorhandene Rechtsprechung und Literatur zu der von ihm für klärungsbedürftig gehaltenen Rechtsfrage berücksichtigt und vorträgt, weshalb nach seiner Ansicht eine Klärung bislang noch ausstehe.

2. Die Darlegung einer Abweichung erfordert, daß der Beschwerdeführer einen abstrakten Rechtssatz herausarbeitet, der das erstinstanzliche Urteil trägt. Diesem Rechtssatz ist ein abweichender, ebenfalls tragender Rechtssatz aus der Rechtsprechung des BFH (oder des Bundesverfassungsgerichts oder des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes) gegenüberzustellen.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, Abs. 3 S. 3

 

Gründe

Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil Zulassungsgründe i. S. von §115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht in einer den Anforderungen des §115 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise dargelegt werden.

1. Zur grundsätzlichen Bedeutung

a) Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage ist schlüssig darzulegen. Dafür reicht die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, nicht aus. Der Beschwerdeführer muß vielmehr konkret darauf eingehen, inwieweit die aufgeworfene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist (vgl. z. B. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 21. August 1986 V B 46/86, BFH/NV 1987, 171). Dazu gehört auch, daß der Beschwerdeführer bereits vorhandene Rechtsprechung und Literatur zu der von ihm für klärungsbedürftig gehaltenen Rechtsfrage berücksichtigt und vorträgt, weshalb nach seiner Ansicht eine Klärung bislang noch ausstehe (vgl. z. B. BFH- Beschluß vom 26. November 1986 II B 112/86, BFH/NV 1988, 304; ferner Kühn/Hofmann, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 17. Aufl., §115 FGO Anm. 7 a).

b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

aa) Das Finanzgericht (FG) hat seine Entscheidung, daß die streitigen Pensionsrückstellungen nicht hätten gebildet und die streitigen Pensionszahlungen nicht als Betriebsausgaben hätten abgezogen werden dürfen, primär auf die Erwägung gestützt, daß schon die zivilrechtlichen Voraussetzungen für eine wirksame Pensionszusage nicht erfüllt gewesen seien. Beide streitigen Pensionszusagen hätten entsprechend ihrem Inhalt und der in Bezug genommenen Pensionsordnung der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) u. a. erfordert, daß die Pensionsbegünstigten bei Eintritt in den Ruhestand auf eine zwölfjährige Betriebszugehörigkeit i. S. von §1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974 (BetrAVG, BStBl I 1975, 22) hätten verweisen können. Diese Voraussetzung hätten beide Zusageempfänger nicht erfüllt:

Der begünstigte Vater des Hauptgesellschafters der Klägerin (KG) habe dem Betrieb als Arbeitnehmer bei Eintritt in den Ruhestand im Jahr 1987 lediglich sechs Jahre und zwei Monate, nämlich seit seinem Ausscheiden als Mitunternehmer am 2. Januar 1981, angehört. Die Zeit vor dem 2. Januar 1981, in welcher der Begünstigte dem seinerzeit in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) geführten Unternehmen der Klägerin als Mitunternehmer angehört habe, könnten nicht berücksichtigt werden. Dies folge, so das FG, bereits aus dem BetrAVG, das sich nicht auf die Versorgung von Gesellschaftern erstrecke.

Die begünstigte Mutter des Hauptgesellschafters der Klägerin habe dem Betrieb als Arbeitnehmerin beim Eintritt in den Ruhestand ebenfalls nicht die erforderlichen zwölf Jahre, sondern nur rund neun Jahre angehört. Auch für sie gelte, daß die Zeiten als Mitunternehmerin (vor dem 1. Juli 1976 als GbR-Gesellschafterin und nach dem 30. Oktober 1985 bis zum Eintritt in den Ruhestand als Kommanditistin) außer Betracht zu bleiben hätten. Abgesehen davon scheitere die zivilrechtliche Wirksamkeit der Pensionszusage an die Mutter des Hauptgesellschafters an der weiteren Voraussetzung, daß zwischen der Pensionszusage (Dezember 1983) und dem Ende ihrer Arbeitnehmereigenschaft (Eintritt in die Klägerin als Kommanditistin am 31. Oktober 1985) nicht die erforderlichen drei Jahre (vgl. §1 Abs. 1 Satz 1, zweiter Spiegelstrich BetrAVG) gelegen hätten.

bb) Die Klägerin hält die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, "ob die Zeiten einer Mitunternehmerstellung eines Gesellschafters einer Personengesellschaft als ,Betriebszugehörigkeitszeit` bei der Prüfung der Voraussetzungen einer Pensionszusage zu berücksichtigen sind". Höchstrichterlich geklärt und bejaht sei zwar die Rechtsfrage, ob bei einem Arbeitnehmer, der bei seinem früheren Arbeitgeber eine Mitunternehmerstellung erlange, die während der Arbeitnehmerzeit erdiente Pensionsanwartschaft "einzufrieren" sei (vgl. BFH-Urteile vom 8. Januar 1975 I R 142/72, BFHE 115, 37, BStBl II 1975, 437; vom 22. Juni 1977 I R 8/75, BFHE 123, 127, BStBl II 1977, 798; vom 24. November 1983 IV R 14/83, BFHE 139, 549, BStBl II 1984, 431). Nicht geklärt sei jedoch die Frage, ob ein ehemaliger Mitunternehmer einer Personengesellschaft in analoger Anwendung der zitierten BFH-Urteile "im Umkehrschluß zu der höchstrichterlich entschiedenen Einfrierung der Pensionszusage die Zeiten der Mitunternehmerschaft als Betriebszugehörigkeitszeiten anerkannt bekommt bzw. ein fiktiver Anerkennungswert zu ermitteln ist".

cc) Die vorstehenden Ausführungen der Klägerin reichen für eine substantiierte Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der von ihr aufgeworfenen Rechtsfrage nicht aus. Der schlichte Hinweis der Klägerin darauf, daß sich der BFH mit der in Rede stehenden Frage noch nicht befaßt habe, genügt im Streitfall deswegen nicht den Anforderungen des §115 Abs. 3 Satz 3 FGO, weil es sich bei der Auslegung des Begriffs der "Betriebszugehörigkeit" i. S. des §1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG um eine zivilrechtliche Frage handelt. Zur Darlegung deren Klärungsbedürftigkeit hätte sich die Klägerin folglich insbesondere mit der (in den Kommentaren zum BetrAVG -- vgl. z. B. Höfer, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, 4. Aufl., Band I, Arbeitsrecht, §1 Rdnr. 1444 i. V. m. §17 Rdnrn. 3735 ff.; ferner Blomeyer/Otto, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, Kommentar, 2. Aufl., §1 Rdnr. 146, m. w. N. -- zitierten) höchstrichterlichen Zivilrechtsprechung (vgl. z. B. Urteil des Bundesgerichtshofs -- BGH -- vom 4. Mai 1981 II ZR 100/80, Der Betrieb -- DB -- 1981, 1716) auseinandersetzen müssen. Daran fehlt es.

2. Zur Divergenz

a) Die Darlegung einer Abweichung erfordert, daß der Beschwerdeführer einen abstrakten Rechtssatz herausarbeitet, der das erstinstanzliche Urteil trägt. Diesem Rechtsschutz ist ein abweichender, ebenfalls tragender Rechtssatz aus der Rechtsprechung des BFH (oder des Bundesverfassungsgerichts oder des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes) gegenüberzustellen (vgl. z. B. Herrmann, Die Zulassung der Revision und die Nichtzulassungsbeschwerde im Steuerprozeß, Rdnr. 174, m. w. N.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §115 Rdnr. 63, m. w. N.).

b) Daran mangelt es im Streitfall. Die Klägerin hat in substantiierter Weise weder einen abstrakten Rechtssatz der Vorentscheidung noch einen solchen der vermeintlichen Divergenzurteile in BFHE 115, 37, BStBl II 1975, 437, in BFHE 123, 127, BStBl II 1977, 798 und in BFHE 139, 549, BStBl II 1984, 431 herausgearbeitet. Der bloße Hinweis darauf, daß die Vorentscheidung von den zitierten BFH-Urteilen abgewichen sei, weil nach dem Regelungsgehalt dieser BFH-Entscheidungen die auf die Mutter des Hauptgesellschafters der Klägerin entfallende Pensionszusage mit dem erdienten Wert zum 31. Oktober 1985 "einzufrieren" gewesen sei, entspricht diesen Erfordernissen nicht.

Entsprechendes gilt für die Rüge der Klägerin, das FG sei auch von den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 16. Dezember 1992 II R 57/89, BFHE 169, 524, BStBl II 1993, 270 abgewichen.

3. Verfahrensmängel

Die dahingehenden Rügen (betreffend Verletzung des Rechts auf Gehör, der Sachaufklärungspflicht und des Verstoßes gegen den klaren Inhalt der Akten) sind schon deswegen unschlüssig, weil die Klägerin nicht -- wie geboten (vgl. Herrmann, a. a. O. Rdnr. 219, m. w. N.; Gräber/Ruban, a. a. O., §120, Rdnr. 38 und 39, m. w. N.) -- dargelegt hat, daß die Entscheidung des FG bei Zugrundelegung dessen materiell-rechtlichen Standpunkts auf den gerügten Verfahrensfehlern beruhen könne.

 

Fundstellen

Haufe-Index 154191

BFH/NV 1999, 353

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