Leitsatz (amtlich)

Die Beschwerde nach § 148 Abs. 3 Satz 2 FGO kann auch bereits vor der Zulassung eingelegt werden.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2-5, § 148 Abs. 3 S. 2

 

Tatbestand

Mit Schriftsatz vom 19. Januar 1967 an das FG erhob die Beschwerdeführerin Klage gegen das FA. Gleichzeitig beantragte sie, das Verfahren auszusetzen. Am 20. Januar 1967 ordnete der Senatsvorsitzende des FG u. a. an, daß die Klage dem FA zuzustellen sei. Für dessen Stellungnahme bestimmte er eine Frist bis zum 20. Februar 1967. Die Beschwerdeführerin nahm die Klage mit Schriftsatz vom 13. Oktober 1967 zurück. Die Geschäftsstelle des FG setzte daraufhin eine auf die Hälfte ermäßigte Prozeßgebühr in Höhe von 533,50 DM an. Die dagegen eingelegte Erinnerung wies das FG durch Beschluß vom 31. Januar 1968 als unbegründet zurück. In der Rechtsmittelbelehrung wies das FG darauf hin, daß der Beschluß unanfechtbar sei. Die Beschwerdeführerin legte gegen den Beschluß Beschwerde ein mit der Begründung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung. Dem FG könne nicht darin zugestimmt werden, daß die gerichtliche Aufforderung zur termingebundenen Stellungnahme als gerichtliche Verfügung im Sinne des § 141 FGO anzusehen sei. Die Beschwerdeführerin stellte den Antrag, die Beschwerde gegen den Beschluß des FG zuzulassen und der Beschwerde im Beschwerdeverfahren abzuhelfen. Durch Beschluß vom 13. März 1968 half das FG der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Beschwerde ab.

Die Beschwerdeführerin hat mit dem Schriftsatz vom 28. Februar 1968, mit dem sie sich gegen die Nichtzulassung der Beschwerde gewandt hat, gegen den Beschluß des FG vom 31. Januar 1968 auch in sachlicher Hinsicht Beschwerde eingelegt. Das ergibt sich aus den Ausführungen, mit denen sie sich gegen die Auffassung des FG wendet, es sei eine gerichtliche Verfügung im Sinne von § 141 Satz 1 FGO getroffen worden. Auch das Begehren der Beschwerdeführerin, die Beschwerde zuzulassen und im Beschwerdeverfahren der Beschwerde abzuhelfen, bestätigt, daß die Beschwerdeführerin mit dem Schriftsatz vom 28. Februar 1968 in sachlicher Hinsicht gegen den genannten Beschluß des FG Beschwerde einlegen wollte.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Beschwerde ist zulässig.

Der Zulässigkeit steht nicht entgegen, daß die Beschwerde vor ihrer Zulassung eingelegt worden ist (vgl. Tipke-Kruse, Reichsabgabenordnung, Kommentar, 2. bis 3. Aufl., FGO § 120 A 3; Ziemer-Birkholz, Finanzgerichtsordnung, 1966, § 120 Tz. 8; Eyermann-Fröhler, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 4. Aufl., § 139 Rdnr. 3; Koehler, Verwaltungsgerichtsordnung, 1960, § 139 II 6; Redecker - von Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, 2. Aufl., § 139 Erl. 4; Schunck - de Clerck, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 2. Aufl., § 139 Erl. 2, a, bb; anderer Ansicht Hübschmann-Hepp-Spitaler, Kommentar zur Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, V, 1. bis 5. Aufl., FGO § 120 Anm. 8; Ule, Verwaltungsgerichtsbarkeit, 2. Aufl., § 139 I 2). Zwar ist die Beschwerde damit vor Beginn der Beschwerdefrist (§§ 115 Abs. 5 Satz 4, 148 Abs. 3 Satz 3 FGO) eingelegt worden. Für die Zulässigkeit der Beschwerde ist das aber ohne Bedeutung. Durch die Beschwerdefrist soll lediglich verhindert werden, daß die Beschwerde nach Fristablauf, nicht aber, daß sie vor Fristbeginn eingelegt wird (vgl. Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts, 9. Aufl., § 68 III 1; Stein-Jonas, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 19. Aufl., vor § 214 V 5). Die Beschwerde ist auch nicht deshalb als bedingt eingelegt anzusehen, weil sie in dem Zeitpunkt, in dem sie eingelegt worden ist, noch nicht zugelassen war. Die Zulassung ist lediglich eine Rechtsbedingung (conditio iuris; vgl. Eyermann-Fröhler, a. a. O. § 139 Rdnr. 3). Durch sie wird die Wirksamkeit der Beschwerde nicht ohne weiteres von einer Bedingung abhängig gemacht. Sie gehört vielmehr zu den gesetzlichen Erfordernissen, von denen die Zulässigkeit der Beschwerde abhängt (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 28. Aufl., Einf. vor § 158, 2), und die, wie bereits dargelegt, vorgenommen werden kann, nachdem die Beschwerde eingelegt worden ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68300

BStBl II 1969, 623

BFHE 1969, 264

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