Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozeßkostenhilfe: Einreichung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse; Ablehnung eines Vertagungsantrages

 

Leitsatz (NV)

1. Die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für eine noch einzulegende Revision setzt voraus, daß die Erklärung des Antragstellers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 117 Abs. 2 ZPO) innerhalb der Rechtsmittelfrist eingereicht wird. Einer besonderen Belehrung hierüber bedarf es nicht.

2. Eine rechtswidrige Ablehnung eines Vertagungsantrages kann nicht mit der zulassungsfreien Revision nach § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO (Mangel der gesetzlichen Vertretung), sondern lediglich mit der Nichtzulassungsbeschwerde als Versagung des rechtlichen Gehörs (§ 119 Nr. 3 FGO) geltend gemacht werden.

 

Normenkette

FGO §§ 142, 116 Abs. 1 Nr. 3, § 119 Nr. 3; ZPO § 117 Abs. 2

 

Gründe

Der Antrag auf Prozeßkostenhilfe (PKH) ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 142 FGO i. V. m. § 114 der Zivilprozeßordnung - ZPO -).

1. Die von der Antragstellerin beabsichtigte Einlegung der Revision hat schon deshalb keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil die Revision jedenfalls wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist als unzulässig abgewiesen werden müßte. Zwar ist nach § 56 FGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn der Antragsteller ohne Verschulden durch Mittellosigkeit gehindert ist, das Rechtsmittel durch einen dazu befugten Vertreter einzulegen. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn er alles getan hat, um das in der Mittellosigkeit liegende Hindernis zu beseitigen, und innerhalb der Rechtsmittelfrist sämtliche Voraussetzungen für die Bewilligung der PKH schafft (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 30. Juli 1985 VII S 4-5/85, BFH/NV 1985, 47; vom 7. April 1987 VII S 35/86, BFH/NV 1987, 736). Hierzu gehört insbesondere, daß der Antragsteller innerhalb der Rechtsmittelfrist gemäß § 117 Abs. 2 bis 4 ZPO die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem gesetzlich dafür vorgesehenen Vordruck vorlegt, sofern er nicht hieran wiederum ohne Verschulden gehindert ist (BFH-Beschlüsse vom 5. Mai 1989 VII S 11/89, BFH/NV 1989, 802; vom 12. Januar 1989 X S 14/88, BFH/NV 1989, 661; vom 3. April 1989 III S 7/88, nicht veröffentlicht - NV -). Die Antragstellerin hat eine solche formgerechte Erklärung nicht abgegeben. Hinderungsgründe sind nicht ersichtlich. Die Forderung einer formgerechten Erklärung ist verfassungsrechtlich auch dann nicht zu beanstanden, wenn keine besondere Belehrung über die Pflicht zur Erklärung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse innerhalb der Rechtsmittelfrist erfolgt ist (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 14. Juni 1983 1 BvR 277/83, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Finanzgerichtsordnung, § 142, Rechtsspruch 33). Ob eine Ausnahme dann in Betracht kommen kann, wenn sich bei einer weitgehend vollständigen Erklärung auf vorgeschriebenem Vordruck die fehlenden Angaben aus beigefügten oder in Bezug genommenen Unterlagen entnehmen lassen (BFH-Beschluß vom 17. März 1987 VII B 152/86, BFH/NV 1987, 733) oder die Lücke erkennbar auf einem Versehen beruht (Beschluß vom 25. April 1988 X B 180/87, BFH/NV 1989, 122) oder wenn bei fehlender formgerechter Erklärung die im Vordruck verlangten Angaben anderweitig und in einer vergleichbaren, übersichtlichen zuverlässigen und eindeutigen Weise dem Gericht zur Verfügung stehen (Beschluß vom 25. März 1986 III S 2/86, BFH/NV 1986, 558; Beschluß des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 16. März 1983 IVb ZB 73/82, StRK, Finanzgerichtsordnung, § 142, Rechtsspruch 32), braucht nicht entschieden zu werden. Denn auch diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.

2. Im übrigen kann der Antrag auch aus folgenden Gründen keinen Erfolg haben. Die Antragstellerin begehrt PKH für die Revision mit der Begründung, die rechtswidrige Ablehnung des Vertagungsantrags habe den Mangel einer gesetzlichen Vertretung i. S. des § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO bewirkt. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH kann jedoch die Ablehnung eines Vertagungsantrags - auch wegen Krankheit - nicht mit der zulassungsfreien Revision nach § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO, sondern allenfalls als Versagung des rechtlichen Gehörs gemäß § 119 Nr. 3 FGO und damit als Verfahrensmangel i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO mit Hilfe der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 115 Abs. 3 FGO) geltend gemacht werden (Beschlüsse vom 14. Dezember 1989 IV R 78-81/89 und vom 25. Juli 1988 IV R 54/88, beide NV; vom 9. Februar 1988 VII B 86/87, BFH/NV 1988, 585; vom 15. Dezember 1987 VIII R 132/86, BFH/NV 1988, 506; vom 2. Dezember 1987 IX R 279/87, BFH/NV 1988, 382; vom 11. Februar 1987 IX R 133/86, BFH/NV 1987, 452; vom 16. Januar 1986 III B 71/84, BFHE 145, 497, BStBl II 1986, 409; vom 9. Oktober 1985 I R 195/84, BFH/NV 1986, 539, und vom 11. April 1978 VIII R 215/77, BFHE 125, 28, BStBl II 1978, 401; v. Wallis in Hübschmann / Hepp / Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 116 FGO Anm. 6; anderer Ansicht Gräber / Ruban, Finanzgerichtsordnung, § 119 Tz. 20, und Tipke / Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 116 FGO Tz. 17, jeweils ohne nähere Begründung). Bei der im PKH-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Senat im Streitfall von dieser ständigen Rechtsprechung des BFH abweichen wird.

3. Ob der Antrag auf PKH für eine zulassungsfreie Revision, wenn der Antragsteller nicht durch einen rechtskundigen Bevollmächtigten vertreten ist, auch als Antrag auf PKH für eine Nichtzulassungsbeschwerde behandelt werden kann (vgl. Beschluß des BFH vom 8. April 1987 X S 3/87, BFH/NV 1988, 179), kann offenbleiben, da es jedenfalls, wenn die Geltendmachung der Versagung des rechtlichen Gehörs angenommen wird, an einer ordnungsgemäßen Begründung des PKH-Antrags gemäß § 142 FGO i. V. m. § 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO fehlt.

Nach diesen Vorschriften hat der Antragsteller das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen, so daß das Gericht aus dieser Darstellung ersehen kann, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg hat (Beschlüsse des BFH vom 21. April 1986 IV B 9/86, BFH/NV 1986, 762; vom 2. Juni 1987 VIII B 20/87, BFH/NV 1988, 261, Gräber/Ruban, a.a.O., § 142 Anm. 14). Zur Darlegung der Erfolgsaussichten einer Nichtzulassungsbeschwerde wegen der Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO gehört aber, daß der Antragsteller aufzeigt, was er vorgetragen haben würde, wenn ihm rechtliches Gehör gewährt worden wäre (Urteile des BFH vom 17. Juli 1985 I R 142/82, BFH/NV 1986, 412; vom 3. Februar 1982 VII R 101/79, StRK, Finanzgerichtsordnung, § 120, Rechtsspruch 134; Beschluß vom 16. Januar 1986 III B 71/84, BFHE 145, 497, BStBl II 1986, 409). Hieran fehlt es auch unter Berücksichtigung der an einen Laien zu stellenden geringeren Anforderungen an den erforderlichen Ausführungen. Die Antragstellerin hat nicht vorgetragen, was sie bei Gewährung der im Termin beantragten Vertagung noch vorgetragen hätte. Die Antragsschrift läßt auch nicht erkennen, daß für eine Nichtzulassungsbeschwerde mit der Begründung, das Verfahren leide an mangelnder Aufklärung, hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht. Hierzu fehlt es ebenfalls an den erforderlichen Darlegungen der Antragstellerin.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417145

BFH/NV 1991, 336

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