Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsätzliche Bedeutung

 

Leitsatz (NV)

1. Wird im Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision die Verfassungswidrigkeit einer bestimmten Besteuerung geltend gemacht, so ist vom Beschwerdeführer zu erläutern, gegen welche Norm der Verfassung die Steuervorschrift seiner Ansicht nach verstößt und dies näher zu begründen.

2. Eine Bezugnahme auf frühere Ausführungen im Klageverfahren wird dem Zweck des Begründungszwangs nicht gerecht, den Bundesfinanzhof davon zu entlasten, selbst die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache anhand der Akten ermitteln zu müssen.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3; GewStG § 2 Abs. 1 S. 2; EStG § 15 Abs. 2; GG Art. 3

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist als Versicherungsvertreter tätig. Er erhob nach erfolglosem Einspruch Klage gegen die Festsetzung der Gewerbesteuermeßbeträge für die Jahre 1988 bis 1993 durch den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt) mit der Begründung, die Gewerbesteuer in der bestehenden Form verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG).

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führte u. a. aus, Art. 3 GG sei nicht dadurch verletzt, daß die Berufsgruppe der selbständigen Versicherungsvertreter zur Gewerbesteuer herangezogen werde, Freiberufler i. S. des §18 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes dagegen nicht. Bei typisierender Betrachtungsweise erscheine es nicht grob sachwidrig, eine Steuer an eine bestimmte Art der Betätigung anzuknüpfen, dagegen andere von ihr deutlich unterscheidbare Tätigkeiten (neben den Freiberuflern die Land- und Forstwirte, die nichtselbständig Tätigen sowie die Personen, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen erzielten) von der Besteuerung auszunehmen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde, die er auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache stützt.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig. Der Kläger hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht in der erforderlichen Form dargelegt (§115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

Wird die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde angefochten, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe (§115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), so muß der Beschwerdeführer innerhalb eines Monats nach Zustellung des FG-Urteils die grundsätzliche Bedeutung der Sache darlegen (§115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Darlegen bedeutet mehr als allgemeine Hinweise oder Behauptungen; es erfordert substantielle und konkrete Angaben darüber, weshalb die zur der Rechtsfrage zu treffende (Revisions-)Entscheidung aus Gründen der Rechtsklarheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 27. Juni 1985 I B 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625).

Dies gilt auch, wenn die Verfassungswidrigkeit einer bestimmten Besteuerung geltend gemacht wird. In diesem Fall ist vom Beschwerdeführer zu erläutern, gegen welche Norm der Verfassung die Steuervorschrift seiner Ansicht nach verstößt und dies näher zu begründen (BFH-Beschluß vom 1. September 1995 VIII B 12/95, BFH/NV 1996, 228, m. w. N.).

Die Ausführungen des Klägers in seiner Beschwerdeschrift entsprechen nicht den Mindestanforderungen an die Beschwerdebegründung. Der Kläger macht einen Verstoß gegen Art. 3 GG geltend, ohne ihn näher zu begründen. Dies reicht nicht aus, um von einer offenkundig grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache auszugehen (vgl. BFH-Beschluß in BFH/NV 1996, 228, m. w. N.).

Mit seiner Behauptung, die Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuer könne aufgrund der bisherigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) sowie der ständig anhaltenden Kritik an dieser Steuer jedenfalls nicht als abschließend festgestellt betrachtet werden, rügt der Kläger lediglich, daß die Entscheidung des FG, welches die Verfassungswidrigkeit verneint hat, falsch sei. Demgegenüber bezieht sich die Notwendigkeit der Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung auf die Rechtsfrage, aus der sich die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (BFH-Beschluß vom 14. Dezember 1987 V B 77/87, BFH/NV 1989, 27).

Durch den Vortrag des Klägers, die Gewerbesteuer betreffe unmittelbar eine Vielzahl von Unternehmern und mittelbar sogar die gesamte Allgemeinheit, weshalb die grundsätzliche Bedeutung der Frage, ob die Gewerbesteuer mit der Verfassung in Einklang stehe, auf der Hand liege, wird nicht dargelegt, weshalb sie verfassungswidrig sein soll. Dies gilt ebenso für die Ausführungen, aufgrund des anhaltenden Fortschritts und des damit verbundenen Wandels des Zeitgeistes, der zwangsläufig ständige Vermischungen und Umstrukturierungen der Berufsgruppen bzw. eine Veränderung der Berufsbilder mit sich bringe, entferne sich die Gewerbesteuer zunehmend vom Grundgesetz, wie auch für seinen Hinweis auf den langen Zeitraum, der seit der vom FG angeführten Entscheidung des BVerfG vom 25. Oktober 1977 1 BvR 15/75 (BVerfGE 46, 224, BStBl II 1978, 125) vergangen sei.

Das Vorbringen des Klägers, im Einspruchsverfahren sowie mit der Klage habe er die Verfassungswidrigkeit des Gewerbesteuergesetzes wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG geltend gemacht und damit die Rechtswidrigkeit der Gewerbebesteuerung begründet, ist unbehelflich. Denn eine Bezugnahme auf frühere Ausführungen im Klageverfahren wird dem Zweck des Begründungszwangs nicht gerecht, den BFH davon zu entlasten, selbst die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache anhand der Akten ermitteln zu müssen (vgl. BFH-Beschluß vom 26. April 1988 III B 1/88, BFH/NV 1990, 105).

Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne weitere Begründung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 302962

BFH/NV 1998, 1491

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