Entscheidungsstichwort (Thema)

Unentgeltliche Übertragung von Teilen von Mitunternehmeranteilen; Sonderbetriebsvermögen; Erledigung aufgrund BMF-Schreiben vom 3.3.2005 (BStBl I 2005, 458)

 

Leitsatz (NV)

Erklären die Beteiligten die Hauptsache für erledigt, weil das FA während des Revisionsverfahrens einen Änderungsbescheid erlässt, mit dem es entsprechend der Übergangsregelung zu Tz. 24 des BMF-Schreibens vom 3.3.2005, BStBl I 2005, 458 (erstmalig) von der Buchwertfortführung des übertragenen (Teil-)Gesellschaftsanteils ausgeht, entspricht es regelmäßig billigem Ermessen, dem FA die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

 

Normenkette

EStDV § 7 Abs. 1; EStG § 6 Abs. 3; FGO § 138

 

Verfahrensgang

FG München (Urteil vom 12.11.2003; Aktenzeichen 9 K 4811/01)

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) vermietete u.a. Grundstücke an die X-GmbH und ermittelte hierfür als Besitzunternehmen gewerbliche Einkünfte. An beiden Gesellschaften waren A und B zu jeweils 50 v.H. beteiligt. Unter Ansatz eines Entnahmegewinns übertrug B im Jahre 1992 unentgeltlich jeweils 12,4 v.H. der GmbH-Beteiligung seinen beiden Söhnen; im Jahre 1998 (Streitjahr) zedierte er an diese zudem jeweils 12,4 v.H. der GbR-Anteile. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) vertrat im Anschluss an eine Betriebsprüfung die Auffassung, dass auch die übertragenen GbR-Teilanteile von B entnommen worden seien und erfasste in dem geänderten Feststellungsbescheid vom 13. Februar 2001 einen Entnahmegewinn in Höhe von rd. 2,7 Mio. DM. Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage hat das Finanzgericht (FG) stattgegeben. Die Voraussetzungen der Buchwertfortführung gemäß § 7 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung --EStDV-- (a.F.) seien jedenfalls deshalb erfüllt, weil die Teilübertragungen des Jahres 1998 (betr. GbR) mit denjenigen des Jahres 1992 (betr. GmbH) im Sinne der Gesamtplanrechtsprechung miteinander verknüpft gewesen seien und B somit dem Gebot der kongruenten Mitübertragung funktional wesentlichen Sonderbetriebsvermögens (hier: GmbH-Anteile) entsprochen habe (vgl. Urteil des FG München vom 12. November 2003  9 K 4811/01, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2004, 496). Während des Revisionsverfahrens hat das FA den angefochtenen Feststellungsbescheid im Sinne des Klagebegehrens auf der Grundlage der Übergangsregelung zu Tz. 24 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 3. März 2005 (BStBl I 2005, 458) geändert. Die Beteiligten haben daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Der Rechtsstreit ist infolge der übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten in der Hauptsache erledigt, ohne dass der Senat zu prüfen hat, ob ein erledigendes Ereignis tatsächlich eingetreten ist (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. Juli 1986 V R 181/83, BFH/NV 1986, 761; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 138 Rz. 11, m.w.N.). Die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache kann auch in der Revisionsinstanz erklärt werden mit der Folge, dass das angefochtene Urteil des FG einschließlich der darin enthaltenen Kostenentscheidung gegenstandslos geworden ist. Der Senat hat nur noch über die Kosten des gesamten Verfahrens zu entscheiden. Sie sind dem FA aufzuerlegen.

a) Dies ergibt sich allerdings nicht aus § 138 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO), nach dem im Falle der Erledigung durch Erlass eines dem Klageantrag entsprechenden Änderungsbescheids die Kosten des Verfahrens grundsätzlich von der Behörde zu tragen sind (hierzu sowie zu Ausnahmen Gräber/Ruban, a.a.O., § 138 Rz. 32 f.). Denn diese Regelung ist nach ständiger Rechtsprechung dann nicht anwendbar, wenn --wie vorliegend-- das FA die angefochtenen Bescheide nicht aus Rechtsgründen, sondern nach § 163 der Abgabenordnung (AO 1977) aus Gründen sachlicher Billigkeitserwägungen geändert hat (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Juli 1998 VII R 111/96, BFH/NV 1999, 71; zur Berücksichtigung von § 163 AO 1977 im Rahmen einer Gewinnfeststellung vgl. §§ 181 Abs. 1 Satz 1 AO 1977; BFH-Beschluss vom 18. September 2000 IV B 139/99, BFH/NV 2001, 452; Kruse/Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 163 AO 1977 Tz. 12, 23, m.w.N.).

b) Gleichwohl ist bei der somit nach § 138 Abs. 1 FGO gebotenen Ermessensentscheidung nicht nur der bisherige Streit- und Sachstand, sondern auch der Umstand zu berücksichtigen, dass das FA während des gerichtlichen Verfahrens --in Abkehr von dem bis dahin vertretenen Standpunkt-- die Besteuerungsgrundlagen anderweitig festgestellt hat. Waren hierfür offenkundig auch rechtliche Erwägungen maßgebend, entspricht es regelmäßig billigem Ermessen i.S. des § 138 Abs. 1 FGO, die Verfahrenskosten der Behörde aufzuerlegen (BFH-Beschluss vom 21. Juni 1972 VII B 153/70, BFHE 106, 20, BStBl II 1972, 707). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Billigkeitsentscheidung aus Gründen des Vertrauensschutzes getroffen wird (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom 17. Dezember 2002 I R 43/02, BFH/NV 2003, 785; vom 1. April 2004 VIII R 55/03, BFH/NV 2004, 1392).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1401883

BFH/NV 2005, 1830

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