Entscheidungsstichwort (Thema)

Verdeckte Einlage einer wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft und anschließender Verkauf der anderen Gesellschaft: ernstliche Zweifel an Anwendung des § 17 EStG und an der Bewertung der Einlage, Gestaltungsmißbrauch - Anfechtung einer unter der Bedingung der Sicherheitsleistung gewährten Vollziehungsaussetzung und Umfang der gerichtlichen Nachprüfung - keine abschließende Entscheidung im summarischen Vollziehungsaussetzungsverfahren - Gestaltungsmißbrauch: nicht bei Gestaltungen zur Steuervermeidung, Nachweis eines zweckgerichteten Handelns durch Indizienbeweis - rechtspolitische Bedenken gegen eine Steuerrechtsnorm: "Abhilfe" durch ergebnisorientierte Auslegung oder Annahme eines Gestaltungsmißbrauchs unzulässig - keine Grenzziehung zwischen zulässigen und unzulässigen Gestaltungen im Vollziehungsaussetzungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Es bestehen ernsthafte Zweifel, wie eine im Jahr 1991 --also vor der Neuregelung in § 17 Abs.1 Satz 2 EStG durch das StÄndG 1992-- verdeckt eingelegte, im Privatvermögen gehaltene wesentliche Beteiligung bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft und dem an dieser ebenfalls wesentlich beteiligten Einlegenden zu bewerten ist und ob die stillen Reserven der eingelegten wesentlichen Beteiligung im Rahmen einer kürzeren Zeit nach der Einlage vorgenommenen Veräußerung der an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft bestehenden wesentlichen Beteiligung zu realisieren sind.

 

Orientierungssatz

1. Ausführungen mit Hinweisen auf BFH-Rechtsprechung und Literatur zur Frage, ob die aufnehmende Kapitalgesellschaft die verdeckt eingelegte wesentliche Beteiligung entsprechend § 6 Abs.1 Nr.5 Buchst.b EStG mit dem Teilwert bzw. dem gemeinen Wert oder den historischen Anschaffungskosten anzusetzen hat, ob die im Streitfall gewählte Gestaltung rechtsmißbräuchlich ist und ob § 17 EStG eine durch Rechtsanalogie zu schließende Gesetzeslücke enthält.

2. Begehrt die Antragstellerin eine Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung und bewilligt sie das FA nur unter der aufschiebenden Bedingung einer solchen, ist die Bedingung als Nebenbestimmung des Steuerbescheides nicht selbständig, sondern nur zusammen mit dem Verwaltungsakt anfechtbar, zu dem sie ergangen ist. Die Aussetzung der Vollziehung als Verwaltungsakt ist mit der Begründung anfechtbar, nur die Sicherheitsleistung sei rechtswidrig und es sei eine sicherheitslose Aussetzung zu beantragen. Da aber die Aussetzung der Vollziehung erst durch Erbringung der Sicherheitsleistung wirksam wird, muß das FG auch die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 69 Abs.3 Satz 1 i.V.m. Abs.2 Satz 2 FGO prüfen (vgl. BFH-Rechtsprechung).

3. Für eine Aussetzung der Vollziehung ist es nicht erforderlich, daß die für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakt sprechenden Gründe überwiegen. Ist die Rechtslage nicht eindeutig, ist über die zu klärende Frage im summarischen Beschlußverfahren nicht abschließend zu entscheiden (vgl. BFH-Rechtsprechung).

4. Kein Steuerpflichtiger ist verpflichtet, den Sachverhalt so zu gestalten, daß ein Steueranspruch entsteht. Vielmehr steht es ihm frei, die Steuer zu vermeiden und eine Gestaltung zu wählen, die eine geringere Steuerbelastung nach sich zieht. Eine sog. Steuervermeidung bleibt folgenlos. Steuerumgehung ist die durch den Mißbrauch qualifizierte Steuervermeidung (vgl. BFH-Rechtsprechung).

5. Rechtspolitische Bedenken gegen eine Steuerrechtsnorm berechtigen weder, diese durch eine entsprechende ergebnisorientierte Auslegung der Vorschrift zur Geltung zu bringen, sofern nicht ausnahmsweise eine Lücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes nachweisbar ist, noch dürfen sie mit Hilfe der Annahme eines Rechtsmißbrauchs i.S. von § 42 AO 1977 durchgesetzt werden (vgl. BFH-Rechtsprechung).

6. Die Annahme eines Gestaltungsmißbrauchs i.S. von § 42 Satz 1 AO 1977 erfordert eine zweckgerichtete Handlung zur Umgehung eines Steuergesetzes. Dabei kann der Indizienbeweis verwendet werden, wenn eine bestimmte Gestaltung regelmäßig den Schluß auf eine bestimmte Umgehungsabsicht zuläßt (vgl. BFH-Rechtsprechung).

7. Es ist nicht Aufgabe des summarischen Verfahrens der Aussetzung der Vollziehung, die Grenze zwischen steuerrechtlich zulässigen und unzulässigen Gestaltungen i.S. des § 42 AO 1977 zu ziehen, wenn die Anwendbarkeit der Norm auf die im Streitfall gewählte Gestaltung überhaupt nach der Behandlung im Schrifttum zweifelhaft ist.

 

Normenkette

AO 1977 § 42 Sätze 1-2; BewG 1974 § 1 Abs. 1, § 9 Abs. 1; EStG 1990 § 17 Abs. 1 S. 2 Fassung 1992-02-25, Abs. 2, § 52 Abs. 1 Fassung 1992-02-25, § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b Fassung 1993-12-21; FGO § 69 Abs. 2 Sätze 2-3, Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 1, Abs. 5-6; ZPO § 575

 

Tatbestand

I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) war seit 1984 --neben einer weiteren Gesellschafterin S-- zu 49 v.H. an der X GmbH (H I) beteiligt. Geschäftszweck war im wesentlichen die treuhänderische Verwaltung von Schiffsbeteiligungen, welche von einem in H ansässigen Emissionshaus konzipiert und vertrieben wurden, ferner das Halten jeweils geringfügiger Beteiligungen an diesen Gesellschaften. Die H I hat das Unternehmen gemeinsam mit diesem Emissionshaus aufgebaut.

Zum 27. Oktober 1987 erwarb die A-GmbH sämtliche Geschäftsanteile an der H I von den Gesellschafterinnen. Die Antragstellerin erwarb am 2. November 1987 sämtliche Anteile an der A-GmbH zum Kaufpreis von 5 000 DM, und zwar zum Nennwert von 73 500 DM für sich und einen weiteren Geschäftsanteil von nominell 76 500 DM treuhänderisch für S.

Die H I wurde zum 18. Dezember 1987 auf die A-GmbH verschmolzen, die gleichzeitig in Y GmbH (H II) umfirmierte.

Die Gesellschafterinnen übertrugen am 11. September 1991 ihre Anteile an der H II ohne Gegenleistung auf die im Mai 1990 gegründete T Gesellschaft mbH (T-GmbH), die bis dahin noch keine Geschäfte betrieben hatte. Deren gesamte Geschäftsanteile hielt die B GmbH ausweislich der notariellen Urkunde vom 11. September 1991 treuhänderisch für die Antragstellerin zu 49 v.H. und zu 51 v.H. für S.

Die B-GmbH übertrug am 23. März 1992 die gesamten Anteile an der T-GmbH ausweislich einer notariellen Zusatzvereinbarung vom gleichen Tage treuhänderisch für die Antragstellerin und S auf die Alleingesellschafterin der B-GmbH, nämlich die C-GmbH mit den Gesellschaftern X und Y zum Kaufpreis von 12 Mio DM. Der Kaufpreis entfiel lt. notarieller Zusatzvereinbarung vom gleichen Tage zu 49 v.H. auf die Antragstellerin und zu 51 v.H. auf S. Nach Ziffer 3 der Zusatzvereinbarung übernahm die C-GmbH unter Anrechnung auf den Kaufpreis mit schuldbefreiender Wirkung Verbindlichkeiten der Antragstellerin in Höhe von 988 296,99 DM und für die S in Höhe von 433 070,34 DM gegenüber der H II, die eine 100 %ige Tochtergesellschaft der C-GmbH ist. Danach standen der Antragstellerin ein anteiliger Kaufpreis von 5 011 703,01 DM und S in Höhe von 5 566 929,66 DM zu. Nach dem Stichtag am 23. März 1992 sich ergebende Veränderungen der Valutenstände waren nach Ziffer 4 zu berücksichtigen.

Die C-GmbH erwarb am gleichen Tage sämtliche Anteile der T-GmbH an der H II zum Kaufpreis von 671 000 DM. Gleichzeitig wurde die H II auf die C-GmbH --rückwirkend zum 31. Juli 1991-- verschmolzen und firmierte fortan als W GmbH (H III).

Die H III veräußerte zum 11. Juni 1992 sämtliche Anteile an der T-GmbH an die Z GmbH zum Kaufpreis von 690 000 DM. Die T-GmbH und die Z-GmbH sind in der Zwischenzeit liquidiert worden.

Die C-GmbH veräußerte zum 24. Juni 1994 die gesamten Anteile an der H III an die R-GmbH.

Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) erfaßte im Einkommensteuerbescheid für 1992 vom 11. Dezember 1996 für die Antragstellerin einen gewerblichen Veräußerungsgewinn nach § 17 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 5 853 050 DM. Dabei ging es entsprechend den in einer Anlage gegebenen schriftlichen Erläuterungen davon aus, daß der auf die Antragstellerin entfallende Anteil von 49 v.H. am Veräußerungserlös von 12 Mio DM um die ursprünglichen Anschaffungskosten ihrer wesentlichen Beteiligung an der T-GmbH mit 5 000 DM und weitere nachträgliche Anschaffungskosten durch die Einlage ihrer wesentlichen Beteiligung an der H II in die T-GmbH in Höhe von nominell 50 000 DM (ursprüngliche Anschaffungskosten dieser Beteiligung) zu mindern sei.

Die Antragstellerin hat insoweit gegen die Einkommensteuerfestsetzung Einspruch eingelegt und beantragt, die Einkommensteuer um 1 550 477 DM herabzusetzen. Über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ist noch nicht entschieden worden. Zugleich beantragte sie, den Vollzug der Steuerfestsetzung nebst Zinsen und Solidarzuschlag in Höhe von insgesamt 1 763 669,88 DM auszusetzen.

Zur Begründung machte sie u.a. geltend, die verdeckte Einlage ihrer wesentlichen Beteiligung an der H II in die T-GmbH sei mit dem gemeinen Wert im Einlagezeitpunkt als nachträgliche Anschaffungskosten zu bewerten. Danach ergäbe sich kein Veräußerungsgewinn mehr, weil dem anteiligen Veräußerungserlös ursprüngliche Anschaffungskosten der Beteiligung an der T-GmbH in Höhe von 24 500 DM sowie nachträgliche Anschaffungskosten in Höhe von 5 855 500 DM gegenüberstünden.

Das FA gewährte mit Bescheid vom 24. Januar 1996 Aussetzung der Vollziehung in der beantragten Höhe unter der aufschiebenden Bedingung, daß die Antragstellerin in gleicher Höhe Sicherheit leiste.

Daraufhin beantragte die Antragstellerin beim Finanzgericht (FG) gemäß § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Einkommensteuerfestsetzung für 1992 Aussetzung der Vollziehung.

Die verdeckte Einlage der wesentlichen Beteiligung an der H II dürfe nicht entsprechend § 6 Abs. 1 Nr. 5 b EStG nur mit deren ursprünglichen Anschaffungskosten angesetzt werden. Vielmehr sei der gemeine Wert im Einlagezeitraum zu berücksichtigen. Gegen den erstmals vom FA im gerichtlichen Antragsverfahren geltend gemachten rechtlichen Gesichtspunkt des Gestaltungsmißbrauchs nach § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) wandte sie ein, der Gesetzgeber habe § 17 Abs. 1 EStG durch die Einfügung des Satzes 2 erstmals mit Wirkung zum 1. Januar 1992 geändert, nachdem durch die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27. Juli 1988 I R 147/83 (BFHE 155, 52, BStBl II 1989, 271), wonach eine verdeckte Einlage kein Veräußerungsgeschäft i.S. von § 17 Abs. 1 EStG sei, eine Besteuerungslücke entstanden sei.

Bis zur Änderung des Gesetzes sei auch der Gesetzgeber von einer nicht schon nach § 42 AO 1977 steuerrechtlich unbeachtlichen Gestaltung ausgegangen. Zudem hätten im Hinblick auf die negativen Wirkungen des sog. "Gerlach-Reports" vernünftige, außersteuerliche Gründe für die Einlage bestanden.

Angesichts ihres erheblichen Vermögens sei der Steueranspruch auch nicht gefährdet. Mithin dürfe keine Sicherheitsleistung verlangt werden.

Sie beantragte, den Einkommensteuerbescheid für 1992 in der im Einspruchsverfahren beantragten Höhe ohne Sicherheitsleistung auszusetzen.

Das FA beantragte die Zurückweisung dieses Antrags.

Die Aussetzung der Vollziehung rechtfertigende ernstliche Zweifel seien bereits wegen eines Gestaltungsmißbrauchs nicht gegeben. Es liege eine unangemessene Gestaltung vor, weil die Antragstellerin am 11. September 1991 ihren Anteil an der H II unentgeltlich auf die T-GmbH übertragen und kurze Zeit später, nämlich am 23. März 1992, den im übrigen nicht werthaltigen Anteil an der T-GmbH zu dem beträchtlichen Kaufpreis von 5 880 000 DM an die C-GmbH veräußert habe. Die Antragstellerin sei allein vertretungsberechtigte Geschäftsführerin der C-GmbH gewesen.

Der Gerlach-Report spreche gerade die H II und nicht allein die Antragstellerin an, so daß insoweit keine vernünftigen Gründe für die Gestaltung erkennbar seien.

Das FG habe gewichtige Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Besteuerung des Veräußerungsgewinns verneint. § 17 EStG erfasse auch im Privatvermögen entstandene Wertzuwächse vor Entstehung einer wesentlichen Beteiligung und stelle auf die tatsächlichen Anschaffungskosten ab. Entnehme man § 17 EStG eine Regelung zur Bewertung der Anschaffungskosten allerdings nicht, so könne jedenfalls § 6 Abs. 1 Nr. 5 b EStG unbedenklich angewendet werden, so daß der in die T-GmbH eingelegte Geschäftsanteil ebenfalls mit den ursprünglichen Anschaffungskosten anzusetzen sei. Eine steuerverschärfende Analogie sei damit angesichts der Zielsetzung des § 17 EStG, die Besteuerung wesentlicher Beteiligungen an diejenige von Mitunternehmern anzunähern, nicht verbunden. Die stillen Reserven würden nicht doppelt erfaßt. Die Besteuerung entspreche vielmehr derjenigen von im Betriebsvermögen gehaltenen Beteiligungen. § 17 EStG erfasse anläßlich der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung alle bis dahin entstandenen stillen Reserven. Ob sie zu einem späteren Zeitpunkt bei einem anderen Rechtsträger ebenfalls realisiert werden würden, sei dafür unerheblich, zumal ihre Erfassung auch ungewiß sei.

Selbst wenn aber § 17 EStG nicht unmittelbar anwendbar sei, müßten die stillen Reserven mittels § 42 AO 1977 besteuert werden. Das Gesamtbild der gewählten Gestaltung spreche überwiegend dafür, daß die Antragstellerin die Besteuerung der bei der H II angesammelten stillen Reserven mißbräuchlich habe umgehen wollen. Der sog. Gerlach-Report habe keine Veranlassung gegeben, die Beteiligung in die T-GmbH einzulegen, bei welcher die Antragstellerin Geschäftsführerin gewesen sei. Dabei sei im Hinblick auf die Entscheidung des BFH in BFHE 155, 52, BStBl II 1989, 271 unerheblich, ob im Zeitpunkt der Einlage bereits die Veräußerung der Beteiligung an die T-GmbH vorgesehen gewesen sei.

Für die Veräußerung dieser Beteiligung nur sechs Monate nach der Einlage sei zudem kein wirtschaftlich sinnvoller Grund erkennbar. Die T-GmbH sei nach dem Gesamtablauf offensichtlich nur zum Zwecke des Zwischenerwerbs mit dem Ziel der unversteuerten Realisation der stillen Reserven der H II eingeschaltet worden. Nach § 42 Satz 2 AO 1977 sei der Vorgang so zu besteuern, als hätte die Antragstellerin ihren Anteil an der H II unmittelbar an die C-GmbH veräußert. Der Gesetzesbegründung zum Steueränderungsgesetz (StÄndG) 1992 vom 25. Februar 1992 lasse sich insoweit nichts über rechtlich zulässige Gestaltungen entnehmen. Der Anwendung des § 42 AO 1977 lasse sich auch nicht die Steuerverhaftung der stillen Reserven bei der aufnehmenden Gesellschaft entgegenhalten; denn deren Erfassung sei nicht nur in die Zukunft verschoben, sondern durch die Gestaltung bei der aufnehmenden Gesellschaft völlig ungewiß. Deshalb müßten sie steuerlich bei dem Rechtsgeschäft abgeschöpft werden, bei welchem sich der Wert der Beteiligung tatsächlich realisiere, also bei der Übertragung des Anteils an der T-GmbH auf die C-GmbH.

Mit der vom FG zugelassenen Beschwerde, welcher das FG nicht abgeholfen hat, verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren unverändert weiter.

Das FG habe nicht nachvollziehbar insofern einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, als es davon ausgehe, daß die T-GmbH keine eigenen Geschäfte betrieben habe. Dies sei von den Beteiligten nicht vorgetragen worden. Die Akten der T-GmbH seien vom FG auch nicht beigezogen worden. Die T-GmbH sei am 27. April 1990 gegründet und am 22. Mai 1990 in das Handelsregister eingetragen worden. Gründungsgesellschafterin sei die Bürovorsteherin des beurkundenden Notars gewesen, die die Gesellschaftsanteile treuhänderisch für die Antragstellerin und S gehalten habe. Zum 11. September 1991 sei die C-GmbH als Treuhänderin eingesetzt worden. Die T-GmbH habe im Mai/Juni 1990 mit der treuhänderischen Verwaltung eines Anlagemodells begonnen, an welchem bis zu 1 400 Anleger beteiligt gewesen seien. Für jeden Anleger sei ein Anlagekonto mit monatlicher Abrechnung geführt worden (Anlage ASt 14 und 15). Hierzu hat die Antragstellerin eine eidesstattliche Versicherung des steuerlichen Beraters der T-GmbH vom 22. April 1997 vorgelegt. Des weiteren habe das FG die Gesamtwürdigung weit über den Zeitpunkt hinaus ausgedehnt, bis zu dem die Antragstellerin die Entwicklung habe beeinflussen können. Mit der Veräußerung ihres Anteils an der T-GmbH habe sie weder rechtlich noch tatsächlich den weiteren Geschehensablauf beeinflussen können.

Die rechtliche Würdigung des FG verstoße in mehreren Punkten gegen geltendes Recht. Die Bewertung der verdeckten Einlage der wesentlichen Beteiligung an der H II in die T-GmbH mit den historischen Anschaffungskosten und nicht mit dem gemeinen Wert, weiche von der Rechtsprechung des BFH und der herrschenden Meinung im Schrifttum ab. Nach der Rechtsprechung erhöhten sich die Anteile eines Gesellschafters um den Wert der von ihm dieser Gesellschaft zugeführten Einlage (vgl. BFH-Urteile vom 24. März 1987 I R 202/83, BFHE 149, 542, BStBl II 1987, 705; vom 30. Mai 1990 I R 97/88, BFHE 160, 567, BStBl II 1990, 875; Beschluß vom 26. Oktober 1987 GrS 2/86, BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348). Lediglich Schmidt (Einkommensteuergesetz, 11. Aufl., § 17 Anm. 19 g und 24 d) wolle ohne nähere Begründung nach der geänderten rechtlichen Beurteilung der verdeckten Einlage durch das BFH-Urteil in BFHE 155, 52, BStBl II 1989, 271 dadurch entstehende Besteuerungslücken durch eine entsprechende Anwendung des § 6 Abs. 1 Ziff. 5 b EStG schließen. Es sei bereits ernstlich zweifelhaft, ob eine Analogie zu Lasten eines Steuerpflichtigen zulässig sei. Angesichts des Ausnahmecharakters des Besteuerungstatbestandes in § 17 EStG sei die Analogiefähigkeit der Norm fraglich. § 17 EStG sei eine lex imperfecta. Nicht jegliche Besteuerungslücke stelle eine dem Gesetzgeber zuzurechnende Regelungslücke dar. Rechtspolitische Fehler oder Systemwidrigkeiten dürften nicht ohne weiteres durch Analogien zu Lasten der Steuerpflichtigen korrigiert werden (so auch BFH-Urteil vom 30. März 1993 VIII R 44/90, BFH/NV 1993, 597). Auch die spätere Korrektur durch den Gesetzgeber und vor allem die inhaltliche Gestaltung sprächen dagegen. Er setze sich nicht mit dem Unterschied zwischen den Anschaffungskosten i.S. von § 17 EStG und der Bewertung nach § 6 EStG auseinander.

Ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestünden nach höchstrichterlicher Rechtsprechung jedenfalls regelmäßig dann, wenn die der Steuerfestsetzung zugrundeliegende rechtliche Beurteilung im Widerspruch zur herrschenden Meinung stehe. Im summarischen Verfahren sei die Rechtsfrage auch nicht endgültig zu entscheiden.

Soweit das FG § 42 AO 1977 hilfsweise für anwendbar halte, gehe es von einem unzutreffenden Sachverhalt aus. Entgegen der Annahme des FG habe die aufnehmende T-GmbH von ihrer Eintragung im Handelsregister ein umfangreiches Treuhandgeschäft betrieben. Sie sei keineswegs nur zum Zwecke des Zwischenerwerbs gegründet worden. Das FG habe zudem präsente Beweismittel, nämlich die eidesstattlichen Versicherungen und einen weiteren Aktenvermerk nicht gewürdigt. Dementsprechend führe es unzutreffend aus, die Antragstellerin habe zum wirtschaftlichen Zweck des Zwischenerwerbs durch die T-GmbH nichts vorgetragen. Die Antragstellerin habe bereits mit der Antragsbegründung vom 22. Februar 1996 den wirtschaftlichen Geschehensablauf schlüssig dargestellt, noch bevor sich das FA überhaupt erstmals auf den rechtlichen Gesichtspunkt des § 42 AO 1977 berufen habe. Dieser rechtliche Einwand sei mit Schriftsatz vom 18. Juni 1996 widerlegt worden. § 42 AO 1977 sei allenfalls anwendbar, wenn die Anteile in die T-GmbH ausschließlich zu dem Zweck eingelegt wurden, sie nach Ablauf einer gewissen Zeitspanne weitgehend steuerfrei weiterveräußern zu können und die gewählte rechtliche Gestaltung als unangemessen zu beurteilen sei. Beide Voraussetzungen lägen indessen nicht vor. Im Zeitpunkt der Einlage sei ausweislich der eidesstattlichen Versicherungen von Steuerberater und Wirtschaftsprüfer A und des Rechtsanwaltes Dr. B eine Weiterveräußerung keinesfalls geplant gewesen. Die verdeckte Einlage habe der Anonymisierung der Beteiligung der Antragstellerin an der H II gedient. Den Gesellschafterlisten bei dem Handelsregister sollten keine natürlichen Personen mehr zu entnehmen sein. Die T-GmbH habe eine Art "Holding-Funktion" erhalten sollen. Von der Gründung einer weiteren Tochtergesellschaft der T-GmbH zur Entwicklung geschlossener Immobilienfonds in den neuen Bundesländern sei aber wegen der letztendlich negativen wirtschaftlichen Aussicht abgesehen worden.

Die Angemessenheit der Gestaltung richte sich nicht danach, ob sie notwendig oder sinnvoll gewesen sei. Das FG meine, angemessen wäre die Veräußerung der Anteile an der H II durch die T-GmbH gewesen und nicht die Veräußerung der Anteile an der T-GmbH durch die Antragstellerin und S. Es verkenne damit aber, daß die T-GmbH einen eigenen Geschäftsbetrieb gehabt habe, von dem sich die Antragstellerin habe trennen wollen. Zum anderen verlange das FG in Übereinstimmung mit dem FA, daß der Steuerpflichtige einen besonders steueraufwendigen Weg zur Erreichung des wirtschaftlichen Ziels hätte wählen müssen, um dem Vorwurf des Gestaltungsmißbrauchs zu entgehen. Die steuerlichen Berater würden sich damit jedoch einem zivilrechtlichen Regreßanspruch aussetzen.

Im übrigen dürften steuerliche Wahlrechte gerade aus steuerlichen Gründen ausgeübt werden. Jedenfalls sei es ernsthaft zweifelhaft, ob mit Hilfe des § 42 AO 1977 die durch die geänderte BFH-Rechtsprechung entstandene Besteuerungslücke geschlossen werden dürfe. Auch im Schrifttum werde die Anwendung dieser Vorschrift auf allenfalls eng umgrenzte Sonderfälle beschränkt. § 42 AO 1977 sei keinesfalls eine Art ultima ratio zur Verhinderung mißliebiger wirtschaftlicher Ergebnisse.

Die Antragstellerin beantragt, den Beschluß des FG vom 10. November 1996 aufzuheben und den Vollzug des Einkommensteuerbescheides für 1992 in der vom FA gewährten Höhe ohne Sicherheitsleistung auszusetzen.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Im Rahmen des summarischen Aussetzungsverfahrens müsse sich das FG nicht an die herrschende Meinung im Schrifttum halten. Die Antragstellerin trage unverändert keine wirtschaftlich nachvollziehbaren Gründe vor, die die Annahme widerlegten, die T-GmbH sei allein zum Zwecke des Zwischenerwerbs mit dem weiteren Ziel der unversteuerten Realisation der stillen Reserven bei der H II eingeschaltet worden.

Das FG sei den eidesstattlichen Versicherungen nicht gefolgt, weil die darin dargelegten Überlegungen den tatsächlichen Verhältnissen offenkundig widersprächen. Objektiv betrachtet habe der Gerlach-Report keinen Anlaß für die verdeckte Einlage gegeben; denn danach sei öffentlich bekannt gewesen, daß die Antragstellerin Geschäftsführerin bei der T-GmbH gewesen sei.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

Das FG hat zu Unrecht ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts verneint.

1. Der Antrag nach § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO ist zulässig, weil die Antragsgegnerin dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Steuerfestsetzung für 1992 nur eingeschränkt stattgegeben hat (vgl. § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO).

Begehrt die Antragstellerin eine Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung und bewilligt sie das FA nur unter der aufschiebenden Bedingung einer solchen, ist die Bedingung als Nebenbestimmung des Steuerbescheides nicht selbständig, sondern nur zusammen mit dem Verwaltungsakt anfechtbar, zu dem sie ergangen ist. Die Aussetzung der Vollziehung als Verwaltungsakt ist mit der Begründung anfechtbar, nur die Sicherheitsleistung sei rechtswidrig und es sei eine sicherheitslose Aussetzung zu beantragen (BFH-Urteil vom 25. Oktober 1989 X R 109/87, BFHE 159, 128, BStBl II 1990, 278, 279 zum Vorläufigkeitsvermerk; Beschluß vom 28. Oktober 1981 I B 69/80, BFHE 134, 239, BStBl II 1982, 135 betreffend Sicherheitsleistung; vom 20. Juni 1979 IV B 20/79, BFHE 128, 306, BStBl II 1979, 666, 667; Tipke/ Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 69 FGO Rz. 13; Vor § 241 AO 1977 Rz. 3; § 120 AO 1977 Rz. 5 und 11). Da das FA nur unter der Bedingung einer Sicherheitsleistung ausgesetzt hat, ist die Aussetzung erst wirksam, wenn eine Sicherheitsleistung erbracht worden ist.

Dementsprechend mußte das FG auch die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO prüfen (vgl. BFH-Beschluß vom 30. August 1989 I B 39/89, BFH/NV 1990, 161).

2. a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines Verwaltungsakts ganz oder teilweise gemäß § 69 Abs. 2 Sätze 2 bis 6 FGO aussetzen. Die Vollziehung soll ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Steuerbescheides neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (BFH-Beschluß vom 20. Dezember 1994 VIII B 143/94, BFHE 176, 262, BStBl II 1995, 262; seit BFH-Beschluß vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182, ständige Rechtsprechung). Ist die Rechtslage nicht eindeutig, ist über die zu klärende Frage im summarischen Beschlußverfahren nicht abschließend zu entscheiden (BFH-Beschlüsse vom 3. Februar 1993 I B 90/92, BFHE 170, 197, BStBl II 1993, 426, 428; vom 31. Juli 1970 III B 44/69, BFHE 100, 166, BStBl II 1970, 846, 848, mit weiterer Begründung).

Es ist überdies nicht erforderlich, daß die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (BFH-Beschluß vom 27. September 1994 VIII B 21/94, BFHE 175, 516, 517, m.w.N. zur ständigen Rechtsprechung).Die Rechtslage bezüglich der Bewertung von nachträglichen Anschaffungskosten auf die wesentliche Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, in die eine im Privatvermögen gehaltene wesentliche Beteiligung verdeckt eingelegt worden ist, war jedenfalls bis zur Neufassung des § 17 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 EStG durch das StÄndG 1992, entgegen der Darstellung im angefochtenen Beschluß, keineswegs eindeutig.

Werden Anteile auf eine andere Kapitalgesellschaft übertragen, an welcher ein Steuerpflichtiger bereits beteiligt ist, und erhält der Steuerpflichtige weder neue Gesellschaftsanteile noch eine nach dem Wert der übertragenen Anteile bemessene Vergütung, so liegt eine verdeckte Einlage vor. Unter Aufgabe früherer Rechtsprechungen (vgl. das Urteil des erkennenden Senats vom 12. Februar 1980 VIII R 114/77, BFHE 130, 378, BStBl II 1980, 494) und in Anwendung der Grundsätze des Großen Senats des BFH in BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348, hat der BFH diesen Vorgang als unentgeltliche Übertragung beurteilt, weil die Wertsteigerung der Anteile an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft keine Gegenleistung, sondern nur eine Reflexwirkung darstellten (vgl. BFH-Urteile vom 27. Juli 1988 I R 147/83, BFHE 155, 52, BStBl II 1989, 271, 273; vom 28. Februar 1990 I R 43/86, BFHE 160, 180, BStBl II 1990, 615, 616).

Das Schrifttum hat sich zur Bewertung kontrovers geäußert. Ganz überwiegend wurde allerdings die Auffassung vertreten, die Anschaffungskosten der Anteile an der aufnehmenden Gesellschaft erhöhten sich um den gemeinen Wert der verdeckt eingelegten Anteile im Einlagezeitpunkt (vgl. §§ 1 Abs. 1, 9 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes --BewG--; vgl. Ludwig Schmidt in seiner Anmerkung in BFHE 149, 542, BStBl II 1987, 705, 706 in Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1987, 560, 561 --Verkehrswert--;

Felix, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 1989, 207; Döllerer, DStR 1989, 331, 337; Wassermeyer, DStR 1990, 158, 163 --Teilwert--; derselbe, Der Betrieb --DB-- 1990, 855, 859; Seibold, DStR 1990, 719, 721; Thiel, DStR 1992, 1, 6; Dötsch in Dötsch/ Eversberg/Jost/Witt, Körperschaftsteuergesetz, § 17 EStG Rz. 37; Hörger in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuergesetz, 15. Aufl., § 17 Rz. 31 und 57; Widmann in Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht --JbFSt-- 1990/91, 387, 394, und Gassner, JbFSt 1990/91, 397 --zwingend--; ferner Groh, Finanz-Rundschau --FR-- 1990, 528, 531; Knobbe-Keuk, DStZ 1984, 335, 336; a.A. Ludwig Schmidt, FR 1989, 113, und derselbe, DStR 1989, 141; sowie im Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 15. Aufl., § 17 Rz. 166, der --ausnahmsweise-- bei einer verdeckt eingelegten wesentlichen Beteiligung zur Vermeidung einer sonst entstehenden Besteuerungslücke höchstens die ursprünglichen Anschaffungskosten ansetzen will; ferner Krebs, JbFSt 1990/91, 395, der in § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b EStG eine bewußte Ausnahme von dem Grundsatz der Einlage mit dem Teilwert sieht, die steuerliche Erfassung von Wertsteigerungen, die während der Zugehörigkeit der Beteiligung zum Privatvermögen entstanden sind, auch noch dann sicherzustellen, wenn die Beteiligung später aus dem Betriebsvermögen heraus veräußert wird, hilfsweise auch § 17 Abs. 2 Satz 2 EStG anwenden will im Hinblick auf die Unentgeltlichkeit der Einlage; ferner Wismeth, FR 1990, 275, 276; Knobbe-Keuk in Betriebswirtschaftliche Steuerlehre und Steuerberatung, Festschrift für Rose, 1991, 155, 162; Fichtelmann, GmbH-Rundschau --GmbHR-- 1988, 72 f., der sich generell gegen den Ansatz nachträglicher Anschaffungskosten ausspricht und nur in Ausnahmefällen Herstellungskosten annehmen will).

§ 17 Abs. 2 EStG sieht nach der in ständiger Rechtsprechung vorgenommenen Auslegung dieser Vorschrift eine besondere --stichtagsbezogene-- Gewinnermittlung nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung für die Ermittlung eines Veräußerungsgewinns/-verlustes vor (BFH-Urteile vom 3. Juni 1993 VIII R 81/91, BFHE 172, 407, BStBl II 1994, 162, 163 und 164, m.w.N.; vom 7. März 1995 VIII R 29/93, BFHE 178, 116, BStBl II 1995, 693, 696, und vom 3. Juni 1993 VIII R 23/92, BFH/NV 1994, 459, 460). Darüber hinaus hat der erkennende Senat in jüngeren Entscheidungen (vgl. BFH-Urteile vom 7. Juli 1992 VIII R 24/90, BFHE 168, 551, BStBl II 1993, 333, 334; vom 27. Oktober 1992 VIII R 87/89, BFHE 170, 53, BStBl II 1993, 340, 342, m.umf.N.) den Begriff der Anschaffungskosten i.S. des § 17 Abs. 2 EStG weit ausgelegt. Ebenso hat der erkennende Senat im Privatvermögen angefallene Wertzuwächse auch dann erfaßt, wenn erst zu einem späteren Zeitpunkt eine wesentliche Beteiligung entstanden (vgl. BFH-Urteil vom 10. November 1992 VIII R 40/89, BFHE 173, 17, BStBl II 1994, 222, 223) oder --dem gleichgestellt-- die unbeschränkte Steuerpflicht eingetreten ist (vgl. BFH-Urteile vom 19. März 1996 VIII R 15/94, BFHE 180, 146, BStBl II 1996, 312, mit Anmerkung in Höchstrichterlicher Finanzrechtsprechung --HFR-- 1996, 499; vom 30. März 1993 VIII R 44/90, BFH/NV 1993, 597, m.w.N.).

Indessen hat der erkennende Senat auch unter Berücksichtigung der vorgenannten Gesichtspunkte aus § 17 Abs. 2 EStG keine eigenständige Bewertungsregelung in dem vom FG angenommenen Umfang abgeleitet. Die Rechtsfrage kann keinesfalls im Rahmen des summarischen Beschlußverfahrens endgültig entschieden werden.

Ob § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b EStG entsprechend anwendbar ist, begegnet zumindest erheblichen rechtlichen Zweifeln; denn die wesentliche Beteiligung wird in das Betriebsvermögen der aufnehmenden Kapitalgesellschaft eingelegt und nicht in ein eigenes Betriebsvermögen des wesentlich Beteiligten. Der wesentlich Beteiligte hat kein Betriebsvermögen (vgl. BFH-Urteil vom 19. Januar 1993 VIII R 74/91, BFH/NV 1993, 714, 715, m.w.N.; Beschluß vom 27. November 1995 VIII B 16/95, BFH/NV 1996, 406, 407). § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG qualifiziert lediglich den Gewinn aus der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung als gewerbliche Einkünfte.

Zudem wird in der entsprechenden Anwendung der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b EStG eine unzulässige steuerverschärfende Analogie gesehen (vgl. Seibold, DStR 1990, 719, 722; Binger, DB 1992, 856; einschränkend ebenfalls Wassermeyer in DB 1990, 855, 859, und derselbe, DStR 1990, 158, 163). Diese Rechtslage hat wohl auch der Gesetzgeber ausweislich der Begründung zum StÄndG 1992 nicht anders beurteilt (vgl. BTDrucks 12/1108, Begründung zu Nr. 16 --§ 17 EStG--, S. 59), denn andernfalls wäre er nicht von einer durch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zu schließenden Besteuerungslücke ausgegangen.Der erkennende Senat teilt ebensowenig die Auffassung des FG, im Streitfall liege --sofern die nachträglichen Anschaffungskosten mit dem gemeinen Wert zu bewerten seien--, zweifelsfrei ein Gestaltungsmißbrauch nach § 42 Satz 1 AO 1977 vor, der steuerrechtlich zu dem Ergebnis führen müsse, von einer unmittelbaren Veräußerung der Anteile der Antragstellerin an der H II an die C-GmbH auszugehen (vgl. § 42 Satz 2 AO 1977).

Kein Steuerpflichtiger ist verpflichtet, den Sachverhalt so zu gestalten, daß ein Steueranspruch entsteht. Vielmehr steht es ihm frei, die Steuer zu vermeiden und eine Gestaltung zu wählen, die eine geringere Steuerbelastung nach sich zieht. Eine sog. Steuervermeidung bleibt folgenlos. Steuerumgehung ist die durch den Mißbrauch qualifizierte Steuervermeidung (vgl. BFH-Urteile vom 12. September 1995 IX R 54/93, BFHE 178, 542, BStBl II 1996, 158, 159, m.w.N.; vom 28. März 1995 IX R 47/93, BFHE 177, 416, BStBl II 1996, 59; Tipke/Kruse, a.a.O., § 42 AO 1977 Rz. 2).

Nach § 42 Satz 1 AO 1977 kann durch Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Nach ständiger Rechtsprechung liegt ein solcher Mißbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten vor, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die zur Erreichung des erstrebten wirtschaftlichen Ziels unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerrechtliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (vgl. BFH in BFHE 170, 197, BStBl II 1993, 426, 428, m.umf.N.).

Eine rechtliche Gestaltung ist dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zur Erreichung eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll (vgl. BFH-Urteile vom 16. Januar 1996 IX R 13/92, BFHE 179, 400, BStBl II 1996, 214, 215, m.w.N.; vom 10. Dezember 1992 V R 90/92, BFHE 170, 299, BStBl II 1993, 700), was für jede Steuerart gesondert zu entscheiden ist.

Rechtspolitische Bedenken gegen eine gesetzliche Vorschrift berechtigen weder, diese durch eine entsprechende ergebnisorientierte Auslegung der Vorschrift zur Geltung zu bringen, sofern nicht ausnahmsweise eine Lücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes nachweisbar ist, noch dürfen sie mit Hilfe der Annahme eines Rechtsmißbrauchs i.S. von § 42 AO 1977 durchgesetzt werden (vgl. BFH-Urteile vom 13. Juli 1989 V R 8/86, BFHE 158, 166, BStBl II 1990, 100, 102; vom 19. Mai 1993 I R 124/91, BFHE 172, 37, BStBl II 1993, 839, 890).

Die Annahme eines Gestaltungsmißbrauchs i.S. von § 42 Satz 1 AO 1977 erfordert überdies eine zweckgerichtete Handlung zur Umgehung eines Steuergesetzes. Dabei kann der Indizienbeweis verwendet werden, wenn eine bestimmte Gestaltung regelmäßig den Schluß auf eine bestimmte Umgehungsabsicht zuläßt (vgl. BFH-Urteile vom 5. Februar 1992 I R 127/90, BFHE 166, 356, BStBl II 1992, 532, 536; vom 6. März 1996 II R 38/93, BFHE 179, 443, BStBl II 1996, 377, 378; BFHE 158, 166, BStBl II 1990, 100, 102), wonach keine allgemeine Vermutung besteht.

An diesen Maßstäben gemessen, begegnet die Annahme eines Gestaltungsmißbrauchs nach § 42 Satz 1 AO 1977 jedenfalls ernsthaften Zweifeln. Es ist nicht Aufgabe des summarischen Beschlußverfahrens, die Grenze zwischen steuerrechtlich zulässigen und unzulässigen Gestaltungen zu ziehen (BFHE 170, 197, BStBl II 1993, 426, 429), wenn die Anwendbarkeit des § 42 AO 1977 auf die im Streitfall gewählte Gestaltung überhaupt nach der Behandlung im Schrifttum zweifelhaft ist (vgl. dazu auch Knobbe-Keuk in Festschrift für Rose, 1991, 155, 163).

Ob der Weg über die verdeckte Einlage einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung und deren spätere Veräußerung der ebenfalls im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft generell oder unter besonderen Umständen im Einzelfall die Voraussetzungen eines Gestaltungsmißbrauchs erfüllen kann, ist höchstrichterlich bislang nicht entschieden und wird im Schrifttum ebenfalls unterschiedlich beurteilt (ablehnend Dötsch, a.a.O., § 17 EStG Rz. 37; Hörger, a.a.O., § 17 Rz. 31 und 57; Seibold, DStR 1990, 719, 722; Felix, DStZ 1989, 207, 208, der von einem steuerorientierten Wahlrecht des wesentlich Beteiligten spricht; Thiel, DStR 1992, 1, 6; ferner Ludwig Schmidt, DStR 1987, 560, 561, und derselbe FR 1989, 113; einschränkend Döllerer, DStR 1989, 331, 338 für den Fall, daß die aufnehmende Kapitalgesellschaft allein zum Zwecke des steuerfreien Transfers gegründet worden sei).

Infolge der geänderten Rechtsprechung des BFH zur Unentgeltlichkeit einer verdeckten Einlage einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung wurde der Anwendungsbereich des § 17 EStG, der grundsätzlich eine entgeltliche Veräußerung voraussetzte, erheblich eingeschränkt. Hierbei handelt es sich freilich nicht um eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes; denn § 17 EStG erfaßt grundsätzlich nur entgeltliche Übertragungen (vgl. BFH-Urteil vom 5. März 1991 VIII R 163/86, BFHE 164, 50, BStBl II 1991, 630 u.ä.). Auch der Gesetzgeber hat ausweislich der Begründung zum StÄndG 1992, BTDrucks 12/1108, S. 59, die Gleichstellung der verdeckten Einlage mit einer Veräußerung durch den neu eingefügten Satz 2 in § 17 Abs. 1 EStG nicht mit einer den gesetzgeberischen Wertungen zuwiderlaufenden Umgehung begründet, sondern es lediglich als gerechtfertigt angesehen, den Vorgang wie bei betrieblich gehaltenen Beteiligungen gewinnrealisierend zu behandeln.

Der erkennende Senat hat zwar in den Fällen, in denen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 EStG im Zeitpunkt der Veräußerung der wesentlichen Beteiligung erfüllt waren, auch im Privatvermögen entstandene Wertzuwächse vor dem Entstehen der wesentlichen Beteiligung in die Besteuerung einbezogen (vgl. BFHE 180, 146, BStBl II 1996, 312; BFH/NV 1993, 597; BFHE 173, 17, BStBl II 1994, 222, 223). Mit diesen Fallgestaltungen ist indessen die verdeckte Einlage einer wesentlichen Beteiligung nicht vergleichbar. Es fehlt nach der im Zeitpunkt der Einlage geltenden Rechtslage an einem Realisationstatbestand. Im Zeitpunkt der späteren Veräußerung der wesentlichen Beteiligung an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft sind neben deren ursprünglichen tatsächlichen Anschaffungskosten zusätzliche nachträgliche Anschaffungskosten anzusetzen. Noch nicht abschließend geklärt und ebensowenig höchstrichterlich entschieden ist, ob die tatsächlichen Anschaffungskosten der eingelegten wesentlichen Beteiligung hingegen bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft angesetzt und im Falle der Veräußerung der eingelegten Beteiligung realisiert werden. Zwar hatte die aufnehmende Gesellschaft nach der überholten Rechtsprechung des BFH (BFHE 130, 378, BStBl II 1980, 494), nach welcher verdeckte Einlagen zu einer Realisation der darin enthaltenen stillen Reserven führten, die wesentliche Beteiligung mit dem Teilwert anzusetzen. Nach Aufgabe dieser Rechtsprechung durch das Urteil des BFH in BFHE 155, 52, BStBl II 1989, 271 wird nach der ganz überwiegenden Auffassung im Schrifttum am Ansatz des Teilwerts jedoch nicht mehr festgehalten. Vielmehr sollen nunmehr bei der aufnehmenden Gesellschaft entsprechend § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 lit. b EStG die Anschaffungskosten des einlegenden Gesellschafters anzusetzen sein (vgl. Döllerer, DStR 1989, 331, 337; Ludwig Schmidt, FR 1989, 113; Wassermeyer, DStR 1990, 158, 163; derselbe, DB 1990, 855, 858; Groh, FR 1990, 528, 531; Thiel, DStR 1992, 1, 6; Knobbe-Keuk, JbFSt 1990/91, 394, und Gassner, JbFSt 1990/91, 397; Wismeth, FR 1990, 275, 276; Topp, DB 1995, 1249, 1250 f.; Schmidt, a.a.O., § 17 EStG Rz. 90). Damit blieben die stillen Reserven der --eingelegten-- wesentlichen Beteiligung bei der aufnehmenden Gesellschaft verstrickt. Dies führte zwar zu einer Verschiebung hinsichtlich des einen evtl. Veräußerungsgewinn zu versteuernden Steuersubjekts. Indessen tritt dieser Sachverhalt generell in Fällen unentgeltlicher Übertragungen ein (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 5, Abs. 2 Satz 3 EStG; ferner Döllerer, DStR 1989, 331, 337). Der I. Senat des BFH hat diesen sich aus der konsequenten Anwendung der Rechtsprechung des Großen Senats in BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348 zur verdeckten Einlage für den Bereich des § 17 EStG entstehenden Gestaltungsspielraum sehr wohl gesehen (vgl. Wassermeyer, DB 1990, 855, 857). Die Gesetzeslücke im Bereich des Veräußerungsbegriffs des § 17 Abs. 1 EStG ist indessen durch den Gesetzgeber zu schließen. Dies muß der Gesetzgeber nicht anders gesehen haben (vgl. BTDrucks 12/1108, S. 59). Selbst wenn die Realisation der stillen Reserven möglicherweise nicht in der gleichen Weise sichergestellt wäre wie bei der Erfassung bei dem wesentlich beteiligten Gesellschafter, könnte die Erfassung bei ihm, sei es im Wege der Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b, sei es mit Hilfe des § 42 AO 1977 jedenfalls im Grundsatz die Gefahr einer doppelten Besteuerung der stillen Reserven herbeiführen, würde der im Schrifttum mehrheitlich erhobenen Forderung entsprochen, die eingelegte wesentliche Beteiligung bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft mit ihren ursprünglichen Anschaffungskosten zu bewerten (vgl. ebenso Thiel, DStR 1992, 1, 6; Seibold, DStR 1990, 719, 722; Gassner, JbFSt 1990/91, 397; Knobbe-Keuk in Festschrift für Rose, 1991, 155, 161 f., die deshalb für die umgekehrte Lösung eintritt: historische Anschaffungskosten beim Einlegenden und Teilwert bei der empfangenden Kapitalgesellschaft; Bedenken auch bei Groh, FR 1990, 528, 531).

Die Rechtsprechung hatte die Zwischenschaltung einer Schenkung bei Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung vor Inkrafttreten des StÄndG 1965, durch welches in § 17 Abs. 1 ein Satz 4 a.F. eingeführt worden war, als Gestaltungsmißbrauch behandelt (vgl. BFH-Urteile vom 12. Juli 1988 IX R 149/83, BFHE 154, 93, BStBl II 1988, 942, 944; vom 28. Januar 1972 VIII R 4/66, BFHE 104, 300, BStBl II 1972, 322, 323). Indessen sind diese Sachverhalte nicht mit denen bei der verdeckten Einlage vergleichbar, sofern hier die Reserven --wie zuvor ausgeführt-- allenfalls verschoben, nicht hingegen grundsätzlich endgültig der Besteuerung entzogen werden würden.

3. Der angefochtene Beschluß des FG, der auf einer abweichenden Rechtsauffassung beruht, ist aufzuheben (vgl. §§ 132, 155 FGO i.V.m. § 575 der Zivilprozeßordnung). Die Sache wird an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen (BFHE 134, 239, BStBl II 1982, 135, 137).

Das FG hat --von seinem Rechtsstandpunkt aus zu Recht-- weder die Höhe der auszusetzenden Beträge noch die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung geprüft.

Der erkennende Senat ist zwar im Beschwerdeverfahren zugleich Tatsacheninstanz. Gleichwohl ist eine Zurückverweisung an das FG zulässig (vgl. auch BFH-Beschluß vom 31. Januar 1996 VIII B 67/95, BFH/NV 1996, 528, 530) und erscheint insbesondere zur Frage der Sicherheitsleistung auch zweckmäßig, nachdem die Beteiligten sich dazu bislang nicht abschließend geäußert haben.

Zu den Voraussetzungen der Sicherheitsleistung verweist der Senat, insoweit ohne Bindungswirkung, u.a. auf die nachfolgenden Entscheidungen, BFH-Beschlüsse vom 17. Januar 1996 V B 100/95 (BFH/NV 1996, 491, m.umf.N.); vom 13. August 1991 VIII B 14/87 (BFH/NV 1992, 688, 689); in BFH/NV 1990, 161, 162, m.w.N.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66217

BFH/NV 1997, 462

BFHE 183, 174

BFHE 1998, 174

BB 1997, 1782 (Leitsatz)

DB 1997, 1747-1750 (Leitsatz und Gründe)

DStRE 1997, 798-803 (Leitsatz und Gründe)

HFR 1997, 750-752 (Leitsatz)

StE 1997, 543 (Leitsatz)

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