Entscheidungsstichwort (Thema)

Pensionszusage an 59jährige, nicht beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführerin

 

Leitsatz (NV)

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob die einer nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführerin im Alter von 59 Jahren erteilte Pensionszusage in jedem Falle als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen ist.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 3-4; KStG § 8 Abs. 3 S. 2

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage der Antragstellerin durch Urteil vom 22. Februar 1994 als unbegründet abgewiesen. Die Antragstellerin hat dagegen fristgerechte Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision eingelegt. Während des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde hat sie am 22. August 1994 beim Antragsgegner (Finanzamt -- FA --) Aussetzung der Vollziehung beantragt. Nach Ablehnung dieses Antrags stellte sie den gleichen Antrag beim Bundes finanzhof (BFH).

Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Durch Vertrag vom 26. Januar 1977 erwarb Frau X 50 v. H. der Geschäftsanteile der im Jahre 1976 gegründeten Antragstellerin. Die übrigen Geschäftsanteile wurden damals von zwei belgischen Kapitalgesellschaften, einer inländischen Gesellschaft und Herrn Y gehalten. Y veräußerte am 25. August 1977 seinen Anteil an die übrigen Gesellschafter (ohne X). Im Jahr 1979 schieden zwei weitere Gesellschafter aus. Danach waren X und eine belgische Gesellschaft je hälftig an der Klägerin beteiligt. Am 15. Oktober 1981 erwarb eine US-amerikanische Kapitalgesellschaft den Anteil des belgischen Gesellschafters und am 22. Oktober 1985 auch die bisher von X gehaltenen Geschäftsanteile.

Die Antragstellerin schloß am 25. Januar 1977 mit Frau X einen Anstellungsvertrag als Geschäftsführerin. Nach dem Vertrag verpflichtete sich die Antragstellerin zur Zahlung eines Festgehalts von jährlich ... DM und zum Abschluß von Lebensversicherungsverträgen mit einer Jahresprämie von ... DM. Nach § 6 des Vertrages "werden sich Gesellschaft und Geschäftsführer nach dem 1. 1. 1980, aber vor dem 1. 1. 1981 darüber verständigen, ob angesichts der geschäftlichen Lage der Gesellschaft eine Pensionszusage erteilt werden kann".

Im Dezember 1982 beschloß die Gesellschafterversammlung, Frau X eine Pension in Höhe von 2500 DM monatlich zu gewähren. Der Pensionsfall sollte bei Arbeitsunfähigkeit oder bei Erreichen der Altersgrenze von 60 Jahren eintreten. Frau X stand zu dieser Zeit im 59. Lebensjahr. Sie war später über die vereinbarte Altersgrenze für die Antragstellerin tätig.

In der Gesellschafterversammlung vom ... September 1985 wurde der Pensionsanspruch von Frau X auf monatlich 3218,20 DM erhöht. Am ... Oktober 1985 schloß die Antragstellerin eine Rückdekungsversicherung ab. Sie bildete eine Pensionsrückstellung wegen der Ruhegehalts ansprüche von Frau X und führte der Rückstellung in den Streitjahren 1982 bis 1985 folgende Beträge zu:

1982227 940 DM 198350 506 DM 198478 563 DM 198592 973 DM. Im Oktober 1985 schied Frau X aus den Diensten der Antragstellerin aus. Sie erhielt in den Jahren 1985 und 1986 Pensionszahlungen in Höhe von 6400 DM und von 38 402 DM.

Im Anschluß an eine Außenprüfung wertete das FA die Zuführungen zur Pensionsrückstellung als verdeckte Gewinnausschüttung und stellte für die Pensionszahlungen die Ausschüttungsbelastung her. Gegen die entsprechenden Änderungsbescheide legte die Antragstellerin erfolglos Einspruch ein.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die Vollziehung der einheitlichen Gewerbesteuermeßbescheide 1982 bis 1985

und der Körperschaftsteuerbescheide 1982, 1983 und 1985

jeweils bis zum Ablauf eines Monats nach Zustellung der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde vom 6. Juni 1994 auszusetzen.

Das FA beantragt, den Aussetzungsantrag abzulehnen.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag ist zulässig und begründet.

a) Das Gericht der Hauptsache kann die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 2 i. V. m. Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Der Antrag ist gemäß § 69 Abs. 4 FGO -- abgesehen von den im Streitfall nicht gegebenen Ausnahmen des § 69 Abs. 4 Satz 2 FGO -- nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat.

b) Ist die finanzgerichtliche Entscheidung über die angefochtenen Steuerbescheide mit der Nichtzulassungsbeschwerde angefochten, so ist der BFH Gericht der Hauptsache (BFH-Beschlüsse vom 30. Mai 1967 VI S 3/67, BFHE 89, 114, BStBl III 1967, 530; vom 25. Februar 1993 I S 2/92, BFH/NV 1993, 674). Die Antragstellerin hatte auch erfolglos beim FA Aussetzung der Vollziehung beantragt.

c) Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide.

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob die einer nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführerin im Alter von 59 Jahren erteilte Pensionszusage in jedem Falle als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen ist. Der erkennende Senat hat in seiner bisherigen Rechtsprechung die einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer im Alter von 60 und mehr Jahren zugesagte Pension als verdeckte Gewinnausschüttung qualifiziert. Den Entscheidungen liegt die Überlegung zugrunde, daß nicht vorhersehbar ist, ob der Geschäftsführer die ihm in höherem Alter zugesagte Pension noch erdienen kann (vgl. BFH-Urteile vom 13. April 1988 I R 284/82, BFH/NV 1989, 395; vom 25. Mai 1988 I R 107/84, BFH/NV 1989, 195; vom 11. April 1990 I R 95/88, BFH/NV 1991, 659, und vom 20. Mai 1992 I R 2/91, BFH/NV 1993, 52). Es bedarf der Entscheidung, ob diese Grundsätze auch dann gelten, wenn für einen nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer das sog. Rückwirkungsverbot nicht gilt, die Zusage bereits im Alter von 59 Jahren erteilt wurde und möglicherweise zusätzliches Gehalt für bereits vergangene Tätigkeiten darstellt. Es bedarf ferner der Prüfung, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung auch dann anzunehmen ist, wenn dem Geschäftsführer bei seiner Bestellung eine Pensionszusage nach Ablauf einer "Bewährungszeit" in Aussicht gestellt und sich die Zusage nach erfolgreicher Sanierung des Unternehmens als Erfüllung dieser Vereinbarung darstellt. Im Streitfall ist zwar nicht auszuschließen, daß die Zuführungen zur Pensionsrückstellung bereits wegen unangemessener Höhe der Gesamtbezüge von Frau X als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen sind. Insoweit fehlen jedoch entsprechende Feststellungen des FG. Dabei wird von Bedeutung sein, daß sich die Gewinne der Antragstellerin während der Tätigkeit von Frau X wesentlich verbesserten und die Gesamtvergütung möglicherweise als Entgelt für besondere Leistungen noch als ange messen zu beurteilen ist. Jedenfalls werden die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerbescheide durch die Höhe der Bezüge noch nicht beseitigt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420469

BFH/NV 1995, 731

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