Entscheidungsstichwort (Thema)

Begründungsanforderungen an die NZB

 

Leitsatz (NV)

1. Zu den erhöhten Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung bei höchstrichterlich geklärten Rechtsfragen.

2. Stützt sich das Urteil des FG auf mehrere, selbständig tragende Gründe, muß für jede der Begründungsalternativen ein Zulassungsgrund dargelegt werden.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2, 3 S. 3

 

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

1. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht hinreichend dargelegt (§ 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 3 FGO).

Das Darlegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache erfordert substantiierte und konkrete Angaben darüber, daß im Revisionsverfahren über eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage zu entscheiden wäre und daß diese Entscheidung von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsordnung ist oder wegen ihrer tatsächlichen Auswirkung die Interessen der Allgemeinheit oder eines größeren Teils der Allgemeinheit berührt (z. B. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 26. Oktober 1995 I B 49/95, BFH/NV 1996, 436, m. w. N.). Daran fehlt es im Streitfall.

a) Die Rechtsfrage, ob der Gewerbeertrag und das Gewerbekapital einer GmbH, die als persönlich haftende Gesellschafterin mit einer nicht auf das Grundkapital geleisteten Einlage an einer KGaA beteiligt ist, nach §§ 9 Nr. 2, 12 Abs. 3 Nr. 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) um die Gewinn anteile bzw. den Wert der Beteiligung zu kürzen ist, ist durch das BFH-Urteil vom 23. Oktober 1985 I R 235/81 (BFHE 145, 76, BStBl II 1986, 72) bereits geklärt. Der Beschwerdebegründung läßt sich nichts entnehmen, woraus sich ein Interesse der Allgemeinheit an einer erneuten Entscheidung dieser Frage durch den BFH ergeben könnte. Offenkundig stellte sich die Rechtsfrage nur in wenigen Fällen; selbst für diese Fälle sind die gewerbesteuerlichen Doppelbelastungen, die die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) als verfassungswidrig ansieht, durch die Kürzungsvorschriften des § 9 Nr. 2 b GewStG i. d. F. des Kultur- und Stiftungsförderungsgesetzes vom 13. Dezember 1990 (BGBl I 1990, 2275, BStBl I 1991, 51) und § 12 Abs. 3 Nr. 2 b GewStG i. d. F. des Steueränderungsgesetzes 1991 vom 24. Juni 1991 (BGBl I 1991, 1322, BStBl I 1991, 665) ab dem Erhebungszeitraum 1991 ausgeschlossen.

b) Hinsichtlich der Rechtsfrage, ob die Abweichung von beiläufig geäußerten Rechtsansichten als Änderung der Rechtsprechung i. S. des § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) zu beurteilen ist, fehlen substantiierte Angaben zur Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit.

Da die Rechtsfrage durch den BFH geklärt ist (z. B. Urteil vom 7. Dezember 1988 X R 15/87, BFHE 155, 353, BStBl II 1989, 421), wären zur Klärungsbedürftigkeit neue Gesichtspunkte darzulegen, die eine erneute Entscheidung durch den BFH erforderlich machen könnten. Dies hat die Klägerin nicht getan; sie hat sich nur auf die Argumente einer im Schrifttum vertretenen Mindermeinung berufen, die der BFH bereits erwogen hat (vgl. BFH-Urteil in BFHE 155, 353, BStBl II 1989, 421 unter II.1. b, m. w. N.).

An der Klärungsfähigkeit einer Rechtsfrage fehlt es, wenn sich die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) auf mehrere, selbständig tragende Gründe stützt und nur für einen Grund eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt. In einem solchen Fall muß für jede Begründungsalternative ein Zulassungsgrund vorliegen, der jeweils in der Beschwerdebegründungsschrift darzutun ist (z. B. BFH-Beschluß vom 26. Oktober 1994 I B 76/94, BFH/NV 1996, 42, m. w. N.). Auch daran fehlt es. Das FG hat eine Änderung der Rechtsprechung in erster Linie deshalb verneint, weil sich die im BFH-Urteil vom 4. Mai 1965 I 186/64 U (BFHE 82, 471, BStBl III 1965, 418) beiläufig getroffene Aussage, daß das Steuerrecht persönlich haftende Gesellschafter einer KGaA als Mitunternehmer ansehe, nicht auf die im Streitfall erhebliche Frage der Mitunternehmerstellung bezogen habe. Zu dieser selbständig tragenden Begründungsalternative hat die Klägerin keinen Zulassungsgrund dargelegt.

2. Die Divergenzrüge ist nicht in der zulässigen Form erhoben worden (§ 115 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Satz 3 FGO).

Für eine verfahrensrechtliche ordnungsgemäße Divergenzrüge ist notwendig, daß der Beschwerdeführer voneinander abweichende abstrakte Rechtssätze des BFH einerseits und des FG andererseits darlegt (vgl. z. B. BFH-Beschluß vom 22. November 1995 I B 42/95, BFH/NV 1996, 483, m. w. N.). Das hat die Klägerin nicht getan. Sie räumt in der Beschwerdebegründung ein, daß das BFH-Urteil vom 21. Juni 1989 X R 14/88 (BFHE 157, 382, BStBl II 1989, 881) keinen abstrakten Rechtssatz enthält, der die vom FG entschiedene gewerbesteuerliche Frage betrifft.

3. Die Beschwerde bezeichnet auch keinen Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Satz 3 FGO). Rügen mangelnder Sachaufklärung durch das FG (§ 76 Abs. 1 FGO) sind nicht schlüssig erhoben.

a) Mit der Behauptung, das FG habe eine Verwaltungsregelung falsch gewürdigt, rügt die Klägerin keinen Verfahrensmangel, sondern einen materiell-rechtlichen Fehler. Darauf kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden.

b) Die Rüge, das FG habe nicht aufgeklärt, "inwieweit durch das Verhalten des FA ein Vertrauenstatbestand außerhalb einer Zusage oder Auskunft geschaffen wurde", ist unschlüssig. Die Beschwerde legt nicht dar, weshalb sich auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunktes des FG eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes hätte aufdrängen müssen (vgl. z. B. BFH-Beschluß vom 19. September 1994 VIII B 110/93, BFH/NV 1995, 243, m. w. N.); sie enthält ebensowenig die erforderlichen Angaben, welche Beweise das FG hätte er heben müssen und welche entscheidungs erheblichen Tatsachen sich aufgrund der Beweisaufnahme ergeben hätten.

Im übrigen ergeht dieser Beschluß gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 8. Juli 1975 (BGBl I 1975, 1861, BStBl I 1975, 932) i. d. F. des Gesetzes vom 20. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2236, BStBl I 1994, 100) ohne Begründung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421646

BFH/NV 1997, 124

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