Entscheidungsstichwort (Thema)

Bezeichnung des zulagenbegünstigten Wirtschaftsgutes

 

Leitsatz (NV)

Die Anforderungen an die genaue Bezeichnung der zulagenbegünstigten Maßnahme sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt. Danach genügen zur hinreichenden Individualisierung der begünstigten Investition nicht bloße Gattungsbezeichnungen. Welche Anforderungen an die "Bezeichnung" konkret zu stellen sind, kann nur anhand der tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls entschieden werden.

 

Normenkette

FGO §§ 51, 76 Abs. 1 S. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, Abs. 3 S. 3; InvZulG 1993 § 6 Abs. 3 S. 2; ZPO § 43

 

Tatbestand

1. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat gemäß §68 Satz 1 i. V. m. §123 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) analog den geänderten Investitionszulagenbescheid vom 10. Juni 1997 wirksam zum Gegenstand des Beschwerdeverfahrens gemacht (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 7. August 1991 X B 223/90, BFH/NV 1991, 834, m. w. N.). Ausweislich der Begründung dieses Bescheides durch Bezugnahme auf das angefochtene Urteil des Finanzgerichts (FG) vom 18. März 1997 wird nicht nur Investitionszulage festgesetzt, sondern bezüglich der Nrn. 1 bis 3 des Investitionszulagenantrags auch die Gewährung von Investitionszulage unverändert abgelehnt. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Nichtzulassungsbeschwerde ist mithin hinsichtlich der geltend gemachten Zulassungsgründe nicht entfallen.

 

Entscheidungsgründe

2. Die Beschwerde legt indessen die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dar (§115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 3 FGO).

a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muß sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln (s. z. B. aus jüngerer Zeit den BFH-Beschluß vom 18. Juni 1997 VIII B 72/96, BFH/NV 1997, 882, m. w. N.). Danach ist im einzelnen darzustellen, inwieweit die Problematik im allgemeinen -- also über den Streitfall hinausgehenden -- Interesse klärungsbedürftig ist und ggf. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchem Grunde sie umstritten ist (vgl. auch BFH-Beschluß vom 6. Februar 1997 III B 144/94, BFH/NV 1997, 674, m. w. N.). Zur Begründung des allgemeinen Interesses reicht der Vortrag nicht aus, die Rechtsfrage sei bislang noch nicht höchstrichterlich entschieden (vgl. BFH- Beschluß in BFH/NV 1997, 882).

b) Diesen gesetzlichen Anforderungen entspricht die Beschwerde nicht.

Nach §6 Abs. 3 Satz 2 des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1993 sind in dem Antrag die Investitionen, für die eine Investitionszulage beansprucht wird, innerhalb der Antragsfrist so genau zu bezeichnen, daß ihre Feststellung bei einer Nachprüfung möglich ist (vgl. auch BFH-Urteil vom 14. Juli 1989 III R 54/84, BFHE 158, 273, BStBl II 1989, 1024 Nr. 1. c der Entscheidungsgründe). Die unmittelbare konkrete Bezeichnung im Antrag selbst ist allenfalls dann entbehrlich, wenn sie in eindeutiger und nachprüfbarer Art aus gleichfalls innerhalb der Antragsfrist beigefügten Unterlagen, wie z. B. Rechnungen, ersichtlich ist. Für die mit der Prüfung des Antrags befaßten Beamten muß bei Fristablauf die Maßnahme, für die die Zulagenbegünstigung in Anspruch genommen wird, klar erkennbar sein. Der Antragsteller selbst soll durch die genaue Bezeichnung der Maßnahme das seinerseits Erforderliche und Mögliche zur zügigen Abwicklung des Verfahrens beitragen (vgl. Urteil des FG des Saarlandes vom 4. September 1987 1 K 54/86, Entscheidungen der Finanzgerichte -- EFG -- 1988, 37, 38, rkr.), vor allem aber soll eine möglicherweise doppelte Erfassung vermieden werden. Die Rechtsprechung hat als hinreichende Individualisierung der begünstigten Investitionen bloße Gattungsbezeichnungen nicht genügen lassen (vgl. BFH-Urteil vom 2. Juni 1978 III R 48/77, BFHE 125, 243, BStBl II 1978, 475; Urteil des FG Nürnberg vom 12. September 1996 IV 271/95, EFG 1997, 125, m. w. N.; FG Thüringen, Urteil vom 15. November 1995 I 93 und 135/95, EFG 1996, 337, rkr., betr. "Ladeneinrichtungen"; ebenso Selder in Blümich, Einkommensteuergesetz und ertragsteuerliche Nebengesetze, §6 InvZulG 1996 Rz. 9; ferner M. Söffing in Lademann, Einkommensteuergesetz, §6 InvZulG 1993 Rz. 14). Welche Anforderungen an die "Bezeichnung" konkret zu stellen sind, kann im übrigen nur anhand der tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls entschieden werden (vgl. BFH-Beschluß vom 21. März 1995 III B 136/91, BFH/NV 1995, 928, m. w. N.).

Die Beschwerde wendet sich dementsprechend auch nicht gegen die von der Rechtsprechung und ihr folgend im Schrifttum entwickelten abstrakten Maßstäbe. Sie setzt sich nicht damit auseinander. Vielmehr begehrt sie eine weitere Konkretisierung für den Streitfall. Abgesehen davon, daß hinsichtlich der Positionen Nrn. 1 und 2 des Antrages auch in den dazu beigefügten Rechnungen -- entgegen der Behauptung in der Nichtzulassungsbeschwerde -- jegliche Gebietsangaben fehlen, müßte hinsichtlich der Nr. 3 im einzelnen geklärt werden, welche Maßnahmen -- Breitbandnetz oder Breitbandanlage in Neu- oder Altbauten -- davon erfaßt werden. Des weiteren dürften -- zur Bezeichnung der Vernetzungen -- für jedes neue Planungsgebiet Unterlagen bestehen, anhand derer die einzelnen Maßnahmen präzise graphisch dargestellt werden könnten. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) weist ferner auf die Möglichkeit hin, eine Konkretisierung durch Vorlage der Gestattungsverträge herbeizuführen. Schließlich fehlt jeglicher Vortrag, welche Maßnahmen im einzelnen in welchen konkreten Gebieten durchgeführt worden sind.

Dies alles verdeutlicht, daß die Besonderheiten des jeweiligen Falles keine weitergehenden Aussagen des Senats erlauben, die für eine Vielzahl gleichartiger Fälle bedeutsam sein könnten und damit das Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berühren würden.

3. Die Beschwerde bezeichnet auch keinen Verfahrensmangel entsprechend den gesetzlichen Anforderungen (vgl. §115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Satz 3 FGO).

a) Wird gerügt, das FG habe den Sachverhalt unter Verletzung seiner Pflicht zur Amtsermittlung nach §76 Abs. 1 Satz 1 FGO unzureichend aufgeklärt, so muß u. a. dargelegt werden,

aa) welche Beweismittel zu welchem Beweisthema das FG nicht erhoben hat,

bb) warum die durch einen Prozeßbevollmächtigten vertretene Klägerin nicht von sich aus einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat,

cc) warum sich andererseits dem FG diese Beweiserhebung auch ohne besonderen Antrag hätte aufdrängen müssen und

dd) inwieweit die als unterlassen gerügte Beweisaufnahme nach der insoweit maßgebenden materiell-rechtlichen Auffassung des FG zu einer anderen Entscheidung durch dieses hätte führen können (vgl. dazu BFH-Beschluß vom 2. Januar 1997 VII B 185/96, BFH/NV 1997, 425, 426, ständige Rechtsprechung).

Die Beschwerde behauptet, ihr schriftsätzliches Vorbringen vom 1. April 1996 hätte Anlaß zur weiteren Erforschung eines möglicherweise im Rahmen der Außenprüfung entstandenen Vertrauenstatbestandes gegeben. Indessen wird dort nur vorgetragen, das FA habe sich im Rahmen der für die Investitionszulage 1992 im Kalenderjahr 1994 durchgeführten Außenprüfung der Daten für 1992 vergewissert und aufgrund dieser Kenntnisse auch für 1994 einen entsprechenden Bescheid erlassen.

Damit hat die Klägerin nicht einmal selber behauptet, es seien irgendwelche verbindlichen Erklärungen der Finanzverwaltung zur rechtlichen Beurteilung auch hinsichtlich des Streitjahres (1993) abgegeben worden. Entgegen der erstmals von der Beschwerde aufgestellten Behauptung, die Prüferin habe die Unbedenklichkeit der Bezeichnung "Breitbandanlage" ausdrücklich erklärt, ist eine solche Aussage außerdem dem schriftsätzlichen Vorbringen im finanzgerichtlichen Verfahren nicht zu entnehmen.

Die Beschwerde legt ferner nicht dar, warum der Prozeßbevollmächtigte nicht bereits in der mündlichen Verhandlung vom 18. März 1997 einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat. Dazu hätte aus Sicht der Klägerin um so mehr Veranlassung bestanden, als der Berichterstatter bereits mit seinem Aufklärungsschrieben vom 23. Februar 1996 auf rechtliche Bedenken gegen die hinreichende Bezeichnung hingewiesen hatte, dem Prozeßbevollmächtigten also die besondere rechtliche Bedeutung dieses Problems seit längerem bewußt sein mußte.

b) Soweit die Beschwerde rügt, das FG hätte sich durch Beweiserhebung kundig machen müssen, inwieweit über die Gebietsbezeichnung überhaupt eine weitergehende Bezeichnung möglich gewesen sei, fehlt es an einer Darlegung, welches konkrete Beweismittel das FG hätte erheben sollen und weshalb der Prozeßbevollmächtigte nicht von sich aus einen entsprechenden Beweisantrag gestellt, z. B. die Beiziehung von Planungsunterlagen oder die Einholung eines Gutachtens beantragt hat.

c) Der von der Beschwerde gerügte Verstoß gegen das Gebot der Unparteilichkeit ist gleichfalls nicht zulässig geltend gemacht worden.

Die Beschwerde behauptet, das Aufklärungsschreiben des Berichterstatters vom 23. Februar 1996 habe die Grenzen zulässiger und notwendiger richterlicher Aufklärung i. S. des §76 Abs. 1 FGO zu Lasten der Klägerin überschritten. Das FA habe die formell ordnungsgemäße Bezeichnung nach §6 Abs. 3 Satz 2 InvZulG 1993 erst nach diesem Hinweis beanstandet.

Unbeschadet der Frage, ob diese Rüge nach Abschluß des Hauptverfahrens im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde überhaupt noch erhoben werden könnte, ist sie jedenfalls bereits deshalb unzulässig, weil die Klägerin ihr Rügerecht gemäß §43 der Zivilprozeßordnung (ZPO) i. V. m. §51 FGO verloren hat. Danach kann eine Partei einen Richter nicht mehr wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, auf eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat, ohne die Befangenheit i. S. von §42 Abs. 1 und 2 ZPO zu rügen (vgl. BFH-Beschluß vom 27. September 1994 VIII B 64--76/94, BFH/NV 1995, 526; Koch/Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §51 Anm. 32, m. w. N.).

Die Klägerin hat nicht behauptet, daß sie im Rahmen des Folgeschriftwechsels, insbesondere aber in der mündlichen Verhandlung vom 18. März 1997 einen Ablehnungsantrag wegen Besorgnis der Befangenheit gegen den Berichterstatter gestellt hätte. Unter diesen Umständen braucht auch nicht darauf eingegangen zu werden, ob der Inhalt des Aufklärungsschreibens bei vernünftiger objektiver Betrachtung überhaupt geeignet gewesen wäre, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Berichterstatters zu rechtfertigen (vgl. dazu BFH/NV 1995, 526, 527, m. w. N.; BFH- Beschluß vom 27. Juni 1996 X B 84/96, BFH/NV 1997, 122).

Einer weiteren Begründung bedarf die Entscheidung nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs nicht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 67469

BFH/NV 1998, 1249

BBK 1998, 1203

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