Entscheidungsstichwort (Thema)

Durchsetzung der Pflicht zur Abgabe von Steuererklärungen

 

Leitsatz (NV)

1. Zur Erfolgsaussicht als Voraussetzung der Bewilligung einer Prozeßkostenhilfe für die Beschwerde gegen die Ablehnung einer Prozeßkostenhilfe.

2. Die Ablehnung der Rücknahme eines bestandskräftigen Zwangsgeldfestsetzungsbescheids ist in der Regel nicht ermessensfehlerhaft.

3. Die Pflichten zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung und einer Umsatzsteuererklärung können auch durch Aufforderung der Finanzbehörde, eine Steuerklärung abzugeben, begründet werden.

4. Zur Frage, ob gegen den Antrag auf Anordnung einer Ersatzzwangshaft in Fällen, in denen eine Zwangsgeldfestsetzung nicht durchgesetzt werden kann, eine Klage an das FG gegeben ist. Der Antrag ist kein Verwaltungsakt.

 

Normenkette

FGO § 142 Abs. 1; ZPO § 114; AO 1977 §§ 118, 130 Abs. 1, § 149 Abs. 1 S. 2, §§ 328, 332-334

 

Gründe

Der Antrag auf Prozeßkostenhilfe kann keinen Erfolg haben.

Die Bewilligung einer Prozeßkostenhilfe setzt voraus, daß die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -, § 114 der Zivilprozeßordnung - ZPO -). Daran fehlt es im Streitfall.

1. Maßgebend für die Beurteilung der Erfolgsaussicht ist die Beschwerde gegen den Beschluß des Finanzgerichts (FG), durch den die Bewilligung einer Prozeßkostenhilfe für den Rechtsstreit vor dem FG wegen der Zwangsgeldfestsetzungen und des Antrags auf Ersatzzwangshaft abgelehnt worden ist. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob diese Beschwerde schon deshalb keine Aussicht auf Erfolg hat, weil die Beteiligten inzwischen den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, folglich nur noch nach § 138 FGO über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden und die Kostenentscheidung nicht anfechtbar ist (Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG -), so daß bereits jetzt davon ausgegangen werden muß, daß das Hauptsacheverfahren nicht mehr an den Bundesfinanzhof (BFH) gelangen kann, und sich deshalb die Frage stellt, ob die Beschwerde, für die Prozeßkostenhilfe gefordert wird, statthaft ist (vgl. Beschluß des BFH vom 14. Mai 1982 VIII B 1/82, BFHE 136, 53, BStBl II 1982, 600). Auch wenn der Senat davon ausgeht, daß die Beschwerde statthaft ist, hat sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

2. Die Erfolgsaussicht ist unter dieser Voraussetzung danach zu beurteilen, ob das FG die Bewilligung einer Prozeßkostenhilfe zu Recht mit der Begründung abgelehnt hat, die Klage habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Senat kommt bei summarischer Prüfung dieser Frage zu dem Ergebnis, daß das zutrifft.

a) In den Gründen der angefochtenen Entscheidung des FG kommt zutreffend zum Ausdruck, daß die Rücknahme (Aufhebung) der streitbefangenen bestandskräftigen Zwangsgeldfestsetzungsbescheide, die der Antragsteller mit der Klage angestrebt hat, nach § 130 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) in das Ermessen des FA gestellt war und daß die Ablehnung der Rücknahme eines bestandskräftigen Bescheids in der Regel nicht als ermessensfehlerhaft angesehen werden kann, wenn der Betroffene in der Lage war, die Gründe, die nach seiner Auffassung eine Rücknahme rechtfertigen, bei fristgerechter Einlegung des statthaften außergerichtlichen Rechtsbehelfs vorzubringen (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 9. Juli 1985 VII R 108/83, BFH/NV 1986, 441). Anhaltspunkte dafür, daß der Antragsteller dazu nicht in der Lage gewesen wäre, vermag der Senat nicht zu erkennen.

Aber auch wenn der Senat davon ausgeht, daß die Rechtmäßigkeit der streitbefangenen Festsetzungsbescheide im gerichtlichen Verfahren in vollem Umfang nachprüfbar gewesen wäre, sofern der Rechtsstreit sich nicht in der Hauptsache erledigt hätte, ist dem FG zuzubilligen, daß es eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage zu Recht verneint hat.

Das FG ist bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, daß der Antragsteller verpflichtet sei, für das Jahr 1982 eine Einkommensteuererklärung und eine Umsatzsteuererklärung abzugeben. Bei der Entscheidung darüber braucht nicht geprüft zu werden, ob die Pflicht nach § 149 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 i. V. m. § 56 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) und § 18 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) bestanden hat. Die Pflicht kann auch durch Aufforderung der Finanzbehörde, eine Steuererklärung abzugeben, begründet werden (§ 149 Abs. 1 Satz 2 AO 1977). Da das FA den Antragsteller im Streitfall zur Abgabe der Einkommensteuererklärung und der Umsatzsteuererklärung für 1982 aufgefordert hat, muß davon ausgegangen werden, daß die Pflicht des Antragstellers zur Abgabe dieser Erklärungen zumindest durch diese Aufforderung entstanden ist.

Der Senat vermag aufgrund der Einwendungen des Antragstellers bei summarischer Prüfung nicht zu der Überzeugung zu gelangen, daß die Pflicht zur Abgabe der Erklärungen nicht entstanden sei. Insbesondere vermag der Senat nicht zu erkennen, daß von dem Antragsteller Steuererklärungen verlangt worden sind, zu deren Abgabe er nicht in der Lage gewesen wäre. Nach dem bisherigen Sachverhalt ist davon auszugehen, daß das FA Anhaltspunkte dafür hatte, der Antragsteller habe Einkünfte aus unselbständiger Arbeit als Geschäftsführer der GmbH und aus Vermietung eines Lieferwagens an die GmbH und daß er wegen der Einnahmen aus der Vermietung des Lieferwagens auch Umsatzsteuer zu zahlen habe. Es ist nicht erkennbar, weshalb die Angaben darüber in den dem Antragsteller übersandten Vordrucken für die Steuererklärungen mit solchen Schwierigkeiten verbunden gewesen sein sollen, daß der Antragsteller zur Abgabe der Erklärungen nicht in der Lage gewesen wäre. Auch der Antragsteller hat das nicht näher dargelegt.

Die Anordnung zur Abgabe der Steuererklärungen konnte durch Androhung und Festsetzung von Zwangsgeldern durchgesetzt werden (§§ 328, 332, 333 AO 1977). Gründe, durch die das FA im Streitfall daran hätte gehindert sein können, sind nicht ersichtlich.

b) Soweit der Antragsteller mit der Klage eine Rücknahme des Antrags auf Anordnung der Ersatzzwangshaft anstrebt, teilt der Senat die Auffassung des FG, daß der Klage eine hinreichende Erfolgsaussicht deshalb fehlt, weil bei summarischer Prüfung nach der FGO keine Klage gegeben ist, mit der die Rücknahme des Antrags gefordert werden könnte, und die Klage folglich unzulässig erscheint.

Auch der Senat ist der Auffassung, daß der genannte Antrag kein Verwaltungsakt ist, so daß er auch nicht nach § 130 AO 1977 durch einen Verwaltungsakt zurückgenommen werden kann. In dem Antrag kann nach Auffassung des Senats nicht eine auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtete Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme i. S. des § 118 AO 1977 gesehen werden.

Kann aber die Rücknahme des Antrags nicht als Verwaltungsakt angesehen werden, so kommt eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage (§ 40 Abs. 1 FGO) nicht in Betracht.

Die Rücknahme des Antrags kann bei summarischer Prüfung auch nicht als eine Leistung i. S. des § 40 Abs. 1 FGO angesehen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414872

BFH/NV 1987, 669

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